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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Fernsprecher Nr. 62 uns IT2

"leir^ana -

Badische Politik
Gesetzes- and Verordnungblatt veröffent-
vom letzten Landtag genehmigte Gösetz-
Rechtsverhiiltnisse und Vie Verwaltung
-. Gleichzeitig veMfentlichsn die

Kleine KriegsnachrichLen
* Ein Bündnisvertrag. Wie der Torr irre della
Sera berichtet, wunde in Washington ein Bünd-
nisvertrag zwischen Italien und den Verein.
Staaten abgeschlossen.

spricht die Ausrundung, die Schlichter dielen Schöp-
fungen einer abenteuernden Romani k durch Hine
Bilder aus der Erfahrungswelt Les All-
tags gäbt: ferner die diabolische Psychologie sei-
ner Bildnisse: vor allem aber die dumvf -avotalyp-
tische Stimmung die über Blättern wie .Mnvstische
Hymne" und .Die Kat-astrovhe" nieder-drückend ge-
breitet liegt. Ls ist das qu älende Bewußtsein der
großen Weltkatastrorchs. die Men bitteren Stern
Wermut schon an den verfinsterten Himmel ge-
heftet bat. ein Weltgefühl. wie es dis Visionen
Alfred Kubins. des Zeichners, Georg Hey ms
des Dichters — um aus vielen nur zwei Nahmen zu
nennen — von Anbeginn bis rum Ende beherrscht.
In Schlichters pl/antastischer Kunst steht dieses
chaotische Weltbild geschrieben. Doch aus Lein
Chaos flüchtet er in die Zucht des strengsten Form-
gesetzes. Er treibt es zum Bruch mit seinem bis-
herigen Schaffen und läßt es ein Ende sein mit al-
ler RiüMhau auf das bis gestern Geleistete. Dem
realistischen Verweilen, das ihn die Gegenständ-
lichkeiten! dieses Lebens so grausam drEchanen
ließ, entweicht er. Er entwindet sich der Fesselung
an das Inhaltlich-Eogsbene. Zn den neuen Schöp-
fungen lagert es nur mehr wie das von fernher
angesivülte Strandgut losester Erinncrunsss-ag-
mente. Die Grenzenlosigkeit feiner Bilderbogen
wird «bgeNt Lurch die Gebundenheit streng zen-
trierter Gestaltung. Die Sinnlichkeit, mit Ser er
das Bildgeschehen bisher in ornamentaler Rhyth-
mik entfaltete, gebt unter in dem rechnenden Ver-
stände der nach der Disziplin einer unerbittlich ra-
tionalen Tektonik strebt. Und schon fand er in dem
neuen Stile so ungemein fesselnde Wsimaen. wie sie
t«s große Gemälde „Cafe-Musik" und saHlrei-che
graphische Blätter weisen. Zn diesen Werken ist
ein MillensentschlvH von grober Tragweite vollzo-
gen. Wir anerkennen darin gl-e'chermaßen die
künstlerische Selbstbesinnung und die Tat ebner ri-
gorosen Selbstzucht.' Denn ohne Zweifel: Schlich-
ter gab manches auf und er mußte sich von.-Vielem
trennen, was bisher seine Stärks war. Er wird
sich duM den rücksichtslos unternommenen Schritt
das Publikum noch mehr entfremden. Doch gerade
dies läßt uns hoffen. Denn es ist heute, wo in
den wsitbinselagerten Stätten der neuen Knust

» Das
licht das
Mer di«
der «Stiftungen.
Ministerien des. Kultus und Unterrichts, sowie des
Inneren den Wortlaut des Stiftungsge-
sstzes in seiner neuesten Fassung. Damit treten
die neuen Vorschriften in Kraft, wozu die beiden
Ministerien die erforderlichen Vollzugsvorschriften
erlassen werden.

Deutsches Reich
* Keine Wohnungssteuer. Zn der Dresse wird
die Mitteilung verbreitet, wonach dem Reichs-
tage in feiner Herbsttagung ein Gesetzentwurf
über eine nach der Zahl der Zimmer gestaffelte
Wohnung sst euer zugehen soll. Diese Nach-
richt M unzutreffend. Dem Reichstage wird
in der Herbsttagung keine Steuemorlage susehen.

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Ne. 203
Aus 1

Nr. Lvv
AuZ Vaden
Mannheim, 30. Aug. Gestern nachmittag
Uhr arbeitete der 17 Jahre alte Schlösserlehvli»»
Philipp Ottinger im Betriebe der Obernheim*
scheu Eisenbahngefellschaft in Rheinau. Aus Mut*
willen kroch er in den Schubkasten des Gesengt
nichts des im Hofe ausgestellten Kohlen aufzus^
und wurde von dem ungefähr 1500 Kilogramm
schweren Gewicht erfasst und ihm das Geni»
ab gedrückt, so dass der Tod aus der Stelle
eintrat.
Mannheim, 30. Aug. Der Wasserstand sing i»
Len Wussten Tagen noch weiter zurück. Einschrän-
kungen in der Beladung waren zur Vermeidung
von Leichterungen bei den großen Kähnen not-
wendig. Die llmschlagsoorrrichtungen waren in
allen Häfen voll in Anspruch genommen. Zn de»
Koblenfrachten trat keine Veränderung ein.
Hornberg. 30. Aug. Dieser Tage gelang es der
hiesigen Gendarmerie, vier Kinder einer Tri-
berger Familie wegen Obstdiebstahls festzuneb-
m e n. Sie waren von ihren Eltern mit dein
Auftrag, Obst zu suchen, fortgeschickt worden, u«d
kamen bis auf die bissige Gemarkung, wo sie aus
dem Felde des Schuhmachermeisters Bärmann W
an den Qbstbäumen vergriffen halben. Sie wur-
den npch in letzter Minute auf dem hiesigen Bahn-
hof festgsnommen und batten fast einen halber
Zentner von dem gestohlenen Obst bei sich.
Hohenbodman sA. UeHerlingens. 31. Aug. Das
4jährige Söhnchen des hiesigen PoliseidienerS
Allwaiers ist nach -dem Genuß von Tollkir-
schen gestorben.
Freiburg, 30. Aug. Verhaftet wurde eins
ledige Frauensperson aus Neckarsteinach, di«
sich dadurch Geld erschwindelte, dass sie. als
Krankenpflegerin gekleidet, eine Sammlung vo->
Haus zu Haus, angeblich für Krüppel. Waisen-
Säuglinge usw. vornahm.
Waldshut, 30. Aug. Wie der Albbote mitteilt,
verstarb in Höchenschwand die Gemahlin des
Kaiserlichen Gesandten a. D. Erz. Frhr. v. Wal L
Kausen. -Frau v. Makdhausen hat sich Lur-ä
Einrichtung des v. Waldhausenschen LaLarettzuges
und Leitung der Essener Nähstube um die Essener
Verwundetenfürsorge große Verdienste erworben
Die Leiche wurde nach ihrer Heimat übevführt.
Konstanz. 30. Äug. Hier bat man auf dem Kö-
nigsbau eine Geheimfchlächterei festgestellt,
die von dem Schuhmacher Bucher betrieben
wurde. Bei einer Haussuchung wurden elf Kalb-
felle vovgefunden. die zweifellos aus geheimen
Schlachtungen stammten. Das Fleisch wurde in
kleinen Mengen an die hiesig« Bevölkerung ver-
kauft.
Nachbarstaaten
Ludwigshafen a. Rh., 80. Ans. Beim Sy:--
in einer Sandgrube wurde im Stadtteil Munden- z
heim ein achtjähriges Mädchen verschüttet
und konnte nur noch als Leiche geborgen wer-
den. — Ein aus Pirmasens gebürtiges
Mädchen von 8 Jahren, das bei einer Tante in
der Mundenheimerstratze zu Besuch weilte, wollft
mit Petroleum Feuer anzünden. Das Kind zog sick/
dabei so schwere Brandwunden W. dass es
noch im Laufs des Abends starb.

AnZUft i:
Zur Lage in Portugiesisch-
Ostafrika
Amtlich haben unsere Feinde in letzter Zeit über
dis Kämpfe in Ostafrika fast keinerlei Nachrichten
mehr veröffentlicht, und doch gebt aus privaten
Meldungen, die hier und da in englischen und por-
tugiesischem Zeitungen auftauchen, mit aller Deut-
lichkeit hervor, daß im Bezirk Quelimane von
PortusieKÄ-Ostafrika während des Monats Juli
eine Reihe recht erbitterter Gefechte
stattgefumden.» haben müssen. Zn diesen Gefechten
wollen die von den Engländern unterstützten Por-
tugiesen den privaten Nachrichten zufolge immer
siegreich gewesen sein. Hier und da finden sich je-
doch in den Meldungen Einzelheiten eingsstreut,
die uns wohl berechtigen, in diese restlosen Sieges-
meldungen einen gewissen Zweifel zu setzen.
So finden wir in einer Zeitung einen Bericht
wisdergegsben. aus dem klar hervorseht. daß es
den deutschen Truppen gelungen ist. verschiedene
portugiesische Pasten uud Depots zu nehmen und
mit den -dort aufgestavsltem Waffen und Lebens-
mitteln neue Möglichkeiten für den weiteren Wi-
derstand zu finden. Zn einem anderem Bericht,
der im Lissaboner „Seculo" unter dem 3. August
veröffentlicht wurde heißt es. daß die nach Norden
zurückgehemden deutschen Abteilungen zwanzig por-
tugiesische Offiziers als Gefangene mitgenommen
Hütten. Das sieht nicht so aus, als ob diese deut-
schen Abteilungen sich geschlagen- muff der Flucht be-
funden hätten. Dieser Eindruck wird noch verstärkt
durch sine andere Mitteilung, dis sich in der Zeitung
„Eommercio do Porto" unter dem 2. August sinder,
der zufolge die Deutschen ein Lazarett bei Namkrnr
zurück-gelassen hätten, in welchem sich ein deutscher
Arzt, zehn Asvari und zwanzig Verwundete Lesum
den hätten. Das spricht für ganz verschwindend ge-
ringe Verluste in der,.Sch l a cht b ei N a m i r n i"
die einen von den großen portugiesischen Erfolgen
darstellen sollte. Eine Mitteilung, kehrt jedoch in
fast allen feindlichen Verlantbaruwsen wieder,
nämlich, das; die -deutschen Abteilungen nach dem
erfolgreichen Vorstoß in den reichen und frucht-
baren Bezirk Quelim-ane wieder auf dem Marsche
nach dem Norden zu sich befinden.
Das Bild, das man aus allen diesen zum Teil
recht verworrenen feindlichen Pressemeldungen ge-
winnen kann, ist das daß General v. Lettow-
Worbeck nach Durchbrechung der feindlichen Ein-
kreisung im Bezirks Mmmmhique in kühnem Vor-
stoß in den Bezirk QuelimMie einLrang. um dort
seine Bestände an Kriegsmaterial und Lebensmit-
teln zu ergänzen, und daß er sich nunmehr aus dem
vom Feinde nicht oder nur schwach beeinflußten
Marsch nach Norden in ein neues Opera-
tionsgebiet befindet, dadurch die eng-isch-
portugieUche Truppemfübriung zu neuen kostspie-
ligen und zeitraubenden Gegenzügen zwingend.

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Krregsfürsorge
VeMlaubung von Rebleuten ««tz Küfer«. DM
Präsidium des Bad. Bauernvereins bot an- Las
stellv. Generalkommando in Karlsruhe -eine E n-
gcebe gerichtet, in der gebeten wird. .Küfer und
Rebleute für das HevUtgeschäft in wertashenWem
Maße zu beurlauben, da der Herbstausfall ein gu-
ter sei und einen grossen, volkswirtschaftlicher»
Wert darstells. Zm vorigen Zahr hat das stellv.
Generalkommando auf eins ähnliche Eingabe des
Bauernvereins in dankenswerter Weise «eanidwok-
tet, daß -es die Truppenteile angewiesen habe. Len
Gesuchen bezüglich Beurlaubung von RMemterr
und Küfern zur Weinernte rechtzeitig und soweit
dienstlich irgend angängig, zu entsprechen. Es M
zu erwarten, daß das Generalkommando auch in
diesem Zqhre den Wünschen des Rebbaues eutge-
senkommen wird.
sich schon so geräumige Quartiere kriegsgewinnew
der Jluste Milieu — CrpressionUen dehnen, woW
tuend zu sehen, wenn ein Unerschrockener u-nibedenb
lich den noch in unwirtlichem Borland lagernden
Hütten sustrebt. die in das Morgen gebaut si»Ä
F r a e n g e r.
Der Erfinder des Gas-
ßlühsichts
Zum KS. Geburtstage Auers v. Welsboch sl. Sevt-1
Den Auerstrumpf und den Namen seines Grün-
ders. des Freiherrn Karl Ausr v. Welsbach, kenn'
die ganze Welt. Wenige Erfindungen gibt es, w«
wie diese die ganze Welt erobert haben und allen
Völkern zugute gekommen sind. Auer, der WNgs«
Sohn des Leiters der Hof- uns Staatsdruckerei ,!»»
Wien Alois Ritter Auer von Melsbach, hat Ä
Heidelberg m- Nter Bunsen studiert»
seine Untersuchungen über seltene Erden, die "
dort begann führten ihn zur Erfindung des
glühlichtes. Es handelt sich dabei nicht etwa u'"
eine Zufallserfindung, sondern Schritt für Schrrt»
ging Auer vor, als er erkannt hatte, daß die
tcchniker auf einem falschen SUege waren und dU
vielmehr eine wirtschaftlichere Gasbeleuchtung d?'
durch zu erzielest wäre, daß man gewisse Stob»
in der enüeuchteten Flamme des Bunse-nbrem:"^
zum Glüben brächte. Eine ganze Reibe von Stof-
fen hat Auer ausgeprobt, ehe er zu dem Glub
strumvfe gelangte, der noch heute verwendet wM
Dr Wussangsstoff war die Erbinerde die in ds
Gasflamme grün leuchtete: hiermit wurde he
erste Strumpf getränkt. Der alte Bunsen iÄu-
telte den Kopf und wollte nicht recht daran sra"
ben. daß Ornde sich so in einer zusammenhängen-
den Form gestalten ließen: er war nickt wenig «h
staunt, als Auer ihm seinen ersten Eluhstr-b
zeigte. Die große Leuchtkraft des ersten Glu»
strunnpfes beruhte auf der Verwendung von La>-
tbangoryd. Dieser Stoff bereitete aber eine Em
täuschung: er war nicht beständig genug. Erst W
Verwendung von Tbororvd machte den Strumu
verwendbar, und so trat Auer damit an die L-eu
fentlichkeit. obwohl ein hervorragender Fachm« '

L Rudolf Schlichter
Z« seiner Ausstellung im Heidelberger
Kunstverein
Bilder von Schlicht er gibt es. die zucken vor-
über in der stoßenden Haft sich abspu-lender Filme.
Andere drehen sich vorbei in dem kreisenden Einer-
lei der Meßkwruselle. Dritte regen sich im starren
Hüpfen puppiger Marionetten. Und viels si-:D
nichts anderes als jäh aufplatzende Ervlosion.
Linien sind Aa. die ihren Gegenstand — fast
sagt man ihr Opfer— wie auf geräuschlosem
Mokassin umschleichen. Plötzliche, wie Lassos aus
tückischem Hinterhalt zielsicher gs>chleudrrt. Verge-
waltigende. die Has darzuftellends Ding mit er-
drosselndem Griffe würgen. — Aber auch Linien,
die genießerisch verweilen und- in einen Umriß ver-
,inrrt. ibn immer wieder lüstern um-,streichen. Die
sich nicht ersüttisen können, sich im die Formen
seckenbast zu graben und krallig sich einzu,hacken.
Und Farben, die sich von den Paletten jener na-
menlosen Expressionisten Lerüberstahlcn. die die
schwankenden Leinwänden der Schaubuden mit -der
Blu-trünstigkeit der Erstürmungen von Port Arthur
«und des Schircka-iPasses kratz bekleifterten. — Aber
auch Farben, die in prismatischer Reinheit wkv
gläsern durchleuchtet sind, und gleitend M durch-
einandemlechten wie die bunten Kugeln des ge-
schüttelten KäleidMopes. Zn allen Bildern Schlich-
ters. die bewegtes Loben schildern, rattert Radau.
Da sind solche, die gröhlen. wie scheiternde Gram-
mophone. und andere brechen betäubend aus. wie
der plötzliche Tusch von Militärkapellen.
Nur dis Foomgegebenheiten dieser Bilder braucht
man -u überprüfen: sch-on entfaltet sich vor dem
Betrachter das Besondere von Schlichters künstle-
rischer Wesensart: Die regsame Energie eines uu-
ftät ^abenteuernden Geistes, dessen Formsinnlichleit
rn der Zeichnung die ganze Spannweite rhyth-
mischer und ÄnamMer Ausdrucksmöslichköiten in-
Uinktti-sf beherrscht. Der Welt der Farbe gegen-
über evrvevft sie sich so ungebrochen, daß sie ren
volkstümlich rudimentären Geschmack an greller
Buntheit, wie an der um allen ..Vortrag" unbe-
sorgten Koloristtk der AMbudenbildcr völlig teilt.

Ein Maler von solcher Gr undveran lagung wird
sich schwer den Ansprüchen Men, die ein gestriges
Publikum an eine wohlemverierte Malerei za- stel-
len pflegt: Hier ist zu viel unbeschnittene Vitalität.
Ohne sich selbst auksusebLn vermöchte sie nicht in
die Bräuche einer nach schullmitem Rezept und
durchschnittvorbindlicher EeschmacksALereinkunift ge-
pflügten .Kunst" einsugehen. Sie bleibt ausser-
halb der Palisaden, womit eine solche sich um-
zäunte. stehen. Schlichter suchte fick, seine eigene
Welt. Doch nein: Er suchte sie nicht. -Don keMt
wuchs sie Mn zu. aus jener tiefer gelagerten
Ebene seelischen Trieblebens, aus der seine künst-
lerische Be-gabun-g in» besonderen emporstblug: Di«
gespannte Formsinnlichkeit. Lio überall die heftige
Bewegtheit sucht, ist nur ein Arm -an dem Körper,
der mit allen Trieben nach dem geistigen Aben-
teuer strebt. Er findet es in dem PhantMeerleb»
nis vevwes.sstsr Bsgebenheiten in Wildwest, der
Schauer grausamer Lhinoiserien. und der Fabel-welt
des Orients. — Betrachtet man Schlichters -Blät-
ter. dis ihren Stoff mit Ler ganzen Unbefangen-
heit Lilderbogenhafter ErzLblungsart hinbverten,
auf ihre innere Dvam-a-tU. so möchte man angesichts
der fast dämonischen Lebendigkeit mit der er solche
Szenen vsvgegenwürtig.t. sagen: Game Jahres-
reiben sind ihm von der Verwehung, in Ler der sich
häufende Flugsand mehr und mehr emvorwachsen-
der Bildunssschichien diese bunte Welt begräbt,
bewahrt geblieben.
Wir würden vor der Tatsache, daß dieser den
Andern so bald entsinksnidu ErlebniÄMs für
Schlichter noch eine solche Verbindlichkeit und ban-
nende Kraft der Anziehung besitzt, vor allem aber
ansestchts Ler Hartnäckigkeit der Phantasstaufge-
bots. die imr zur Verlübendigung wilder Zndianer-
kämvfs und blnt-a--r Niedermetzelungen bestellt
sind, von einem fast noch knabenhaften Pathos
sprechen, zeigte sich nicht die Leidenschaftlichkeit sesi
ner StoMsgceifung unheimlich vertieft durch eins
satarrMJcke Grsa^nbeft in Len KomvleLen aller
Grausamkeiten. Eine Erfahrenheit, von der es
schwer r» entscheid- n ist, ob sie aus einer ganz ele-
mentaren Sinnlichkeit in verzehrender Flamme
emvorflackt. oder- üb sie die sehr bewußte Voss etnes
Kindes vom „sin ds siecle" sei. Für letzteres

Heidelberger Zeitung

Seite 2

/EÄ-S7 X/L7S F/rsk >-//?//»?

,«ls daher dem erfahrenen Parlamentarier Hert-
ing die Reichskanzlerischaft angeboten wurde, da
Lbat er sich Bedenkzeit zur Schaffung dceser
tzruadlagem. im Einvernehmen mit Len arbeits-
willigen Parteien des Reichstags. Erst als in
jien eingel-eiteton Verhandlungen sich ein fachlich
-urchführbares Arbeitsprogramm feststellen lieb,
Lberirahmen die drei Führer Hertling,
Friedmann und v. Pay er die Bildung einer
Negierung der Persönlichkeiten.
. Will »der deutliche Staatsbürger die Eigenart
feser für ibn neuen Regierungsform verstehen, so
muß er durchdrungen werden von Lem grund-
sätzlichen Unterschied einer Beamt en-
»egierung und ebner Regierung der
Persönlichkeiten. Der Beamte erhält das
Bestehende, er verwaltet als Beauftragter. Aus
Lieser Aufgabe folgt geradezu seine fehlende Eig-
nung für schöpferische Arbeit. Die Persönlichkeit in
der PolitiS ist dazu das Gegenstück. Sie sucht in
HaiMung und Form zu bilden, indem sie nach
ihren Evundsätzen regiert. Es entspricht diesem
Gegensatz, wenn der Beamte Lurch persönliche An-
griffe fortgeckelt werden muß, während der po-
litische Führer sich so lange in der Macht behaup-
tet. als er sich Ler sachlichen Grundlagen seiner
Wirkungsmöglichkeit sicher weiß. Persönliche An-
griffe können ihn als Menschen deswegen viel
leichter kalt lassen, aber sie können als Minen un-
ter seinem Arbeitsfelds durch Erschütterung des
Vertrauens der Mehrheit der nationalen Entwick-
lung um so gefährlicher werden. Es ist daher zu
hoffen, Latz unser öffentliches Leben die Vertreter
'kleinlichster persönlicher Politik im Zntrresse der
Erhaltung der Arbeftsgrundlagen einer Regie-
rung der Persönlichkeiten unschädlich macken wnL.
Amerika und der Londoner
Vertrag
Die Neue Korrespondenz berichtet aus Bern,
Laß Zn dortigen politischen Kreisen das Gerücht
umgehe, die amerikanische Regierung werde näch-
stens eine Erklärung veröffentlichen, die einer Zu-
stimmung «um Londoner Vertrag
sleichkomme. Mit großem Nachdruck wird leit eini-
ger Zeit in den italienischen Blättern, namentlich
im Torriere della Sera, gefordert, daß über die
Stellung Amerikas zum Londoner Vertrag Auf-
klärung gegeben werde-
Bor einer „sensationellen" Entente-
Erklärung
Der Evening Standard meldet, Latz die alliier-
ten Regierungen in den nächsten Wichen wahr-
scheinlich ein« sensationelle politische Erklärung ab-
geben werden. Diese Sensation werde die Ber»
kSndnng der Beschlüsse der in London abgehalteneu
Ailiievtenkonserenr sein
Die Amerikaner als Fachs letzter
Trumpf?
-Di« Züricher Post berichtet aus Varis: Di«
Humanite teilt mit. daß die gegenwärtige Gewalt-
«ffensive tatsächlich die letzte Kraftanstreng-
» ng Fachs sei: die berühmten Reserven seien
bereits alle ins Feuer geworfen worden. Diesem
Kraftaufwand und der groben Masse der verwen-
deten Tanks sei -die UeLerlssenheit der letzten An-
griff« zu verdanken gewesen. Zetzt habe Fach -nur
Hoch den einen Trumpf ausMpielen. und das
leien die Amerikan er.
Zm Petit Parisien berichtet Oberst Rouss« t.
daß der HauvtfÄlag durch die Amerika-
ner im Westen erfolgen werde. Die Operationen
her englisch-franMischen Armeen hätten nur Len
Zweck, den Koulenschlwg vorzubereitsn. mit dessen
Ausführung idis amerikanischen Freunde betraut
sein würden. Zn dieser großen Aufgabe, die dem
amerikanischen Verbündeten zu-gedacht sei, liege
eine hohe Anerkennung und «ine Selbstver-
leugnung. Es verlautet, daß die alliierte Heeres-
leitung den Augenblick abwarte, da die deutschen
Rosem en gebunden feien, um dann den Hauvtteil
der Amerikaner an einer neuen Front
einzusetzen. um die Zertrümmerung der deut-
sche» Front zu erzielen.

Es ist nur gut. daß dis geschwätzigen franzö-
sischen Zeitungen so offenherzig die nächsten Pläne
cmsplaudorn. Hindenburg wird auch diesem
Schlage zu -begegnen wissen
Deutschland und Spanien
Die Times erfährt aus Santander, daß die spa-
nische Regierung noch keinen Bericht bezüg-
lich ihrer Note an Deutschland veröffent-
licht hat. Die Zensur ist sehr streng, worüber
die öffentliche Meinung unzufrieden ist. Es sind
Anzeichen ldafür vorhanden, daß ein Lieber ein-
kommen zwischen Deutschland -und Spanien er-
zielt werden wird
Erst stiehlt man den Deutschen die
Kenntnisse, dann sperrt man sie ein
Der Ausschuss, der sich mit der Frage der In-
ternierung feindlicher Fremden befasst, hat nach
dem „Glasgow Herald" die Fälle von 400
nicht naturalisierten Deutschen beraten, dis bisher
frei waren, da ihre MLHrMhl in kriegswichtigen
BetrieL«n beschäftigt wurde und er hat bestimmt,
dass 800 dieser Leuie eingesperrt werden sollen. Der
Minister des Innern hat diese Entscheidung bestä-
tigt. Sie tritt nach Ablauf von vier Tagen in
Kraft. Die Arbeit, für welche sich diese Männer
besonders eigneten, zum Beispiel, verschiedene
Zweige der optischen Industrie, kann —
so stellt das Blatt triumphierend fest — jetzt
auch vom britischen Arbeiter ausgeführt werden.
Als die Deutschen bei Besinn des Krieges von
der Festnahme befreit wurden, war Las noch
nichtderFall.
* Die diplomatische Vertret»»« Bayerns und
Sachsens. Bayern wird in der Weise in Bul-
garien, vertreten sein, dass der -bayerische Gesandte
am Wiener Hof auch in -Sofia beglaubigt ist. Auch
der sächsische Gesandte in Men wird in Sofia
beglaubigt werden.
- Bei dem aest-riqen «roßen Brande in Konstan-
tinopel sind über tausend Häuser vernicklet. Die
Zahl der Menschenopfer ist glücklicherweise sehr
gering.
 
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