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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Freitag, den 4. Oktober 4918

Heidelberger Zeitung

Fernsprecher Nr. 82 und 182

Ee-
Mr

* Staatsminister Dr. v. Bodman und Minister
Dr. Düringer Ha-Len stck zu den Bundesrats-
beratungen nach Berlin begeben.
* Das neue Banner -es Baltenlandes. Wie
die Dorpater Zeitung berichtet, will man als Ban-
ner des Baltenlandes das schwarze Kreuz auf dem
weißen Felde wieder erstehen lassen, auf dem
sich als Symbol der Vereinigung mit dem Deut-
schen Reiche in der linken oberen Ecke der deut-
sche Reichsadler befindet. Dieses neue Danner
soll, wie es ausdrücklich heißt, nicht Kampf und
Streit bedeuten, sondern es soll ein Zeichen sein
für alle, die unter seinem Schuh Kulturarbeit lei-
sten wollen.

ten zu Ministern macht, damit allein ist nicht ge-
holfen.. sondern es ist auch notwendig, daß die so-
zialdemokratischen Zeitungen und andere Blatter
sich entschließen, nicht alles durch dL« Par-
teibrille zu sehen und zu kritisieren,
sondern dem Volke in der Stunde der Not und Gs.
fahr Worte der Ermunterung und Zuversicht zu-
zurufen. Diese Stimmung muß geschaffen wÄben,
aber auch ein geschlossenes Volk der nationalen
Verteidigung, ein Volk, das einig ist in dem
danken: Deutschland muß leben, und wenn
sterben müssen. (Stürmische Zustimmung).

Die Riesenschlacht
Der deutsche Widerstand wäHft
Reuters Korrespondent Leim englischen Heer
in Frankreich meldet, daß der Widerstand der
Deutschen in den jüngsten Tagen erheblich
kräftiger geworden ist. Er vsmutet. daß die
Deutschen jetzt versuchen würden, H a l t zu machen,
um. sich nicht weiter verdrängen zu lassen. Dies
ergebe sich aus dem heftigen Charakter der gegen-
wärtigen Kämpfe.
Der Kriegsberichterstatter des Pariser ..R-adical"
kalt es nicht für ausgeschlossen, daß von deutscher
Seite in -er nächsten Zeit ein großer Mässenanariff
an der Westfront, vielleicht in der Champagne, un-
ternommen werden wird, der unter Umständen
nicht nur den Vormarsch der Verbündeten auf-
ba l t -e n. sondern sie auch sogar rum Rückzug zwin-
gen könnte. Mf alle Falle lei die EestrmtlaB« der
Deutschen nicht so unterlegen, daß ein solcher Plan
unausführbar erscheine.
* Der Kriegsberichterstatter des Netwyork -Aerald
drabtet daß seit zwei Taaen nächtliche Artillerie-
kämpfe an der amerikanischem Front wüten. Die
Deutschen haben ein furchtbares Artilleriefeuer bei
St. Mibiel eröffnet. Auch an den WhLnaen b«r
Araonnen Hecken die Amerikaner neuerdings sehr
heftige EeaenKnariffe -er Deutschen zu bestehen.
Nosselaere irr Mammen
Wie aus London von der belaÜcksn Front gemel-
det wird, stebt dr-s flandrische Stadt R o - v-e l a ere
in Flammen.
Slegemantt über das oeutsche
StM«ngsfysiem
Zur großen Abwehrschlacht der Deutschen im
Westen schreibt der Militärkritikei: des Verner
..Bund" unter andern::
..Dis Defemffivstellungon. in die die Deutschen in
den ersten Taaen des September wieder eingerückt
waren, sind nickt als unverrückbar zu betrach-
ten, sondern «ls die Suber« Schickt-eines tief-
gestaffelten. nacheinander auf der SLelds. der
Maas, der GebiLgslinie. Hobe Venn-Vogesen und

dem Rbsin aufsttzsnden Verteibinungssystems an-
ruieben. Hat die deutsche Heeresleitung als vor-
sickttse Rechnerin dies« Linie rechtzeitig armiert, so
ist kiein der Lage, dis Kr i egfübrunadanach
einsurickten und darauf »urückzu-
aeben. wenn die politischen Umstände dies als
notwendig erscheinen lassen. Unter allen Umstän-
den aber müssen die Deutschen, die Oester reicher
und Ungarn alle Kräfte susammenfassen und auf
den immeren Linien genau Haushalten um lick
nickt abzudecken und Truppen in. Mazedonien zu
opfern, die die Schelde decken oder am Taslia-
mento gebraucht werden."
Stoavmann betont im übrigen, daß in der gro-
ßen Echliacktenfolse im Westen nickt mehr um
Celändeaewinn oder Verlust gekämpft, sondern Ai«
innere Festigkeit geprüft wird.
Die Engländer vor Damaskus
Laut Basler Nachrichten eldet Kavas. daß die
Engländer sich vier Kilometer vor Damas-
kus entfernt befinden. Die Eroberung der Stadt
steht bevor. Die französische Reiterei rückt gegen
Beirut vor.
London, 3. Oktober. . (Reuter). Die alliierten
Regierungen beschlossen, die als Hilfstruppen auf
feiten der Alliierten gegen den gemeinsamen Feind
in Palästina und Syrien kämpfenden Araber
als Kriegführende anzuerkennen.
Krawallszenen im österreichischen
Abgeordnetenhaus
Das österreichische Abgeordnetenhaus ist ain
Mittwoch mit einer Programmrede des Minister-
präsidenten v. Hujsarek eröffnet worden, die
über das. was von österreichischen Ministerpräsi-
denten an dieser Stelle gesagt zu werden pflegt,
rächt hinausging, dafür aber bei jenen Stellen der
Rede, die vom Festhalten am VürÄmis. mit dem
deutschen Reich sprach, den Tschechen Gelegenheit
zu Zwischenrufen wie „Las von Deutschland! Los
von Len Hohenzollern!" u. a. gab. Uebertrvfsen
wurde die,er „Eindruck". noch durch die Debatte,
in der der Tscheche St an ec eine wüste Radau-
und Hetzrede hielt, der Lsr deutsche Abg. Teufel
entgesentrat. Es kam hierauf zu Lärmszenen,
in deven Verlauf verschiedene tschechische Abgeord-
nete Teufel tätlich bedrohten.
Hierzu meldet die deutsch - böhmische Korre-
spondenz: Die Rede des Abg. jStanec isf in den
deutschen Abgeordnetenkreisen große Erre-
gung hervor. Eine Abordnung begab sich zuiz
Ministerpräsidenten, der während der Riede Stanec
bei einer Konferenz im Auswärtigen Amt weilte,
um von ihm die schroffste Zurückweisung
der Ausfälle des Abgeordneten Stauer zu ver-
langen. Die Erregung kam auch darin zum
Ausdruck, daß der Leitungsausschuß des Verban-
des der deutsch - nationalen Parteien seinen Ob-
mann ermächtigte, mit den Christlich-sozialen, den
deutschen Sozialdemokraten und den Wiener Frei-
heitlichen Fühlung zu nehmen, um ein gemein-
sames Vorgehen sämtlicher deutschen
Abgeordneten zu ermöglichen.
Wie die Reichspost meldet, wird eins Ausam-
menkunft der Christlich-Sozialen. der Deutsch-
Nationalen und der sozialdemokratischen Führer
im Abgeordnetenhause stattfinden. um eine ge-
meinsame Richtlinie für das deutsche
Volk zu sichern. Cs handelt sich nicht um die
Erneuerung einer defensiven Eemeinwirtschaft.
sondern um eine einheitliche nationale
Willensbildung in den Existenzfra-
gon-Les Staates und zum Zwecks der Verstän?
digung mit den anderen Nationen.

Fort mit den Vertuschungen!
Der Verrat Malinows und -er Abfall
gariens hätte die deutsche Oeffentlichkeit nickst
furchtbar überraschend getroffen, wenn st« beim
ten auf einen Umschwung der Dinge in Sofia
bereitet gewesen wäre. Daß sich etwas in E
garten anbahnte, ist. wie die Nordd. Allsem-
inttterlt. der deutschen Regierung wohlbekannt » .
wesen. Aber selbst, nachdem die ersten HiobspE,
erngetroffen waren, konnte die Presse nichts st",
res erfahren, da die amtlichen Quellen wie versch
waren. Das wäre begreiflich gewesen, wenn '
sich darum gehandelt hätte, daß die Dinge noä.!
der Schwebe und infolge dessen auslandspolE
noch beeinflußbar waren. Wenn aber ganz A
stimmte Nachrichten schon vorliegen, sollte man
eigenen Oeffentlichkeit gegenüber damit
zurückhalten wollen. Tas ist eine durchaus
fehlte Regie. Nicht beschwichtig
und beschönigen, sondern den gan z s,
Ernst der Lage zeichnen, darauf mit aü,
Kraft Hinweisen, daß wir alle von oben bis
ten und von unten bis oben zum gemeinsam,
Schicksal, zur Abwehr bis zum Aeußersten v<
pflichtet sind, ist Pflicht der Stunde. Zähne «4
einander! Das Äeschwichtigenwollen macht
schwache Nerven. Es geht jetzt jedem Deutschen^
dis einfachsten Bedingungen im Kampf ums A
sein. Dis Entente ist mit ihrem Erfolg sichern?
weniger denn je zuvor bereit, von ihrem Berni»
tungsprogramm abzulassen. das die gesamte de»
sche Arbeitskraft, die Vorbedingungen für
Arbeits- und würdige Ernährungsmöglichkeit
der Familie, jedes Beamten und jedes Arbeit
treffen würde. Wir müssen uns bewußt sein.
wir nötigenfalls auch „mit dem Rücken gegen d>
Wand" uns wehren müssen. Darum seht es
nicht länger, die möglichen Folgen, soweit sie
die Charakterisierung lediglich als Möglichkeit
verdienen, aus unsere Bulgarien benachbart
Verbündeten zu verschleiern. Diese Verbündet
schauen jetzt anf uns. Ein Wertustheln müßt'
sie als Schwäche auslegen. In dem UebergaE
stadium der Regierungskrise ist die eigentM
Verantwortlichkeit für die za ahaft enVer schlei eruE
versuche nur schwer anzugeben. Es handelt
auch weniger um Persönlichkeiten, als um
Mittelchen, an deren Stelle jetzt die Mittel,!,
treten haben. Und in dickem Fall sollen unßs
Verbündeten und unsere Feinde wissen, daß d»
Leutlche Volk wahrhaftig noch stark genug ist,
Tatsachen klar, offenen Blicks, aber mit herabE
genom Visier ins Auge zu sehen. Ein oder M
Tage mit Schweigen oder Verschweigen zu aM
ten, oder halbe, in der Stilistik der Diplom^
von 1815 absefaßte Dementis vorzubrinsck-
geht nicht mehr.

Deutsches Reich
* Pressekammern? Die meisten Berufe ha^
dem Staate gegenüber ihrs geordnete VertretE
Handels- und Landwirtschaftskammern wirken s^
Jahrzehnten, Arbeitskammern sind im Werdck
Run ist auch der Wunsch nach Pressekammern
geworden, die sich gutachtlich -ei allem Zw-nstv
fragen oder Gerichts-Entscheidungen in PE
angelegenheiten äußern sollen. Die literarisch"
Sachverständigenkammern, in denen wohl oinm
her als eine tatsächliche Vertret^
der Presse nicht angesehen werden,^
die Presseörganisation«n äuif die Berufung dE
Mitglieder keinen Einfluß «usMen könne»,„ M
Reichsverband der deutsch«« Presst
als Vertretung der Tasesschriststeller, wird A
nun voraussichtlich dicker von vielen Pressevere^
auf seiner diesjährigen Tagung ffr Hannover. Ä
6. und 6. Oktober anschließen. Wie die „N. G.
aus parlanientariscken Kreisen hört, steht man
Reichstags und in den Einzellandtagen
Wünschen der Press« durchaus wohlwollend gsB,
über auch die Regierung dürste keine Schwirl
leiten machen.
* Keine Ansichtskarten nach -em Auslände. V
Versendung von Ansichtskarten nach dem perb»»
deten und neutralen Auslande ist verbot^"'
ebenso auch nach den besetzten Gebieten.

Seite 2
b^reckmuaen wurden gestern fortgesetzt.. Sämt-
liche Minister der Bunbesbnatep Laben lick nach
Berlin begeben.
Eine Urrfreundlichkeir gegen den
Abg. Rietzer
leistet sich die F r >a n k f u r t e r Z e i t u n a in einer
Polemik gegen die in den neuen nationalliberalM
Richtlinien ausgestellte Forderung, daß ..mit dem
Wegfall der Krieasnotwendiskeiten nack Wrsester
Urberg angsseit die staatlicke Zwangs-
wirtschaft ein Ende nehmen müsse. Dazu sagt
das Frankfurter Matt:
In Wirklichkeit betast di«I-r Sack überbauvt
«nichts, denn da auch er nut erner Aebergangszeit
rechnet, für diele allo die Notwendigkeit irgend
«ick>en staatlichen Eingreifens nickt zu leugnen
wagt, io bleibt die Frage, dis er su beantworten
scheint. — nämlick wann die Wirtlckait wieder
Nanz frei sein solle — völlig offen. Dis ganze
tFassung ist nur darauf berechnet, denjenigen Krei-
sen der Wirtschaft eine unverbindliche Annehmlich-
leit m sagen. die durch die UnannohmlickÄeitM der
Kriegswirtschaft natürlich lebr leicht für den Ruf
nach der Freux-it der Wirtschaft zu haben sind. Tat-
säMich aber sind gerade diejenigen zwei nationäl-
liberailon Reickstaasabgeordneten. die in erster
Linie für das ReiÄswirtlckaftsamt aenannt wer-
den in diesem Punkte sehr viel mehr festgelsgr. als
die nationaAiberalen Richtlinien ergeben, und
zwar festgeleat aus eine Regierung der beute schon
fsomsit die Zukunft überhaupt übersehbar ist) na-
hWU sickier zu erwartenden Notwendiakeitsni der
Psber«nsswirtlckaft. Dieser doktrinär« und
jsn Wirklichkeit sehr oberflächliche Stand-
punkt entspricht nun aber bestimmt nickt Lea Air-
sicht der Sachkenner in den drei großen Mehrheits-
parteien. was sich ja in den Frübjahrsdebatten des
Reichstages, in denen es namentlich mit Herrn
Ni eß er reckt lebhafte Auseinandersetzungen gab,
mehrfach gezeigt bat. Soll trotzdem das Reickswi'rt-
lckaitsamt einem Herrn dieser Richtung anvertraut
^werden? Dse sehr ernsten sachlichen Bedenken, dis
dagegen sprechen, dürften unseres Erachtens nicht
überiseben werden."
Eenen sachliche Gegnerschaft wird niemand etwas
binzuiwenden haben. Einem Mann aber, der so im
Wirtschaftsleben steht und eins führend« Rolls in
libni einnimmt, wie Geheimrat Dr. Rietzer. „DoL-
trinarrsmus" und „Oberflächlichkeit" vorzuwerfen.
Ut zwar bequem, über selbst sehr oberiläM-ck und
auch mit unseren Begriffen von sachlicher Gegner-
siüaft nickt vereinbar.
Sine Minute vor Zwölf
' Nach einem Bericht der Köln. Volksztg. «r-
Aärte der ins preußische Herrenhaus und ins
Nriegsversorgungsamt berufene Führer der Lhrist-
Sichen Gewerkschaftsbewegung Stegerwald in
Liner Versammlung: In der Weltgage sei in den
Setzten Tagen sine ungünstige Wendung eingstre-
Ken, di« sich indessen seit Freitag wieder gebessert
Mbs Die Heeresleitung erklärt, daß an der
Westfront Wesentliches nicht zu befürchten ist-
dHalten wir sie bis zum Oktober, dann wird
jm Winter ein einheitlicher Ausbau der gan-
gen Westfront zu einer gewaltigen Festung
Turchgeführt. Alle unser« Abwehrwwffen, beson-
ders auch di«, gegen die Tanks, werden vervoll-
kommnet. In den nächsten Tagen wird es auf
es Messers Sch » eide stehen, ob Deutschland
Entsprechend seiner Volkskrafft künftig mit anderen
Böllern gleichberechtigt in der Welt arbeiten und
-eben darf, oder ob feine künftigen Lebensbedin-
Wungen von Washingtons London, und Paris vor-
»ckchrieben werden. Der Kriegszielstreit erweist
Ach Mit jedem Tage überflüssiger. Das Kriegs-
Kiel des deutschen Volkes ist: sich seiner Haut so
A«ng« zu wehren, Lis der Vernichtungs-
Wille der Feinde gebrochen, bis ihm züge-
lnden wird, was es an Licht und Lust zum Le-
»en braucht Für das deutsche Volk im ganzen
Acht jetzt der Zeiger der Weltuhr aus einer
Minute vor zwölf. Um zwölf Ahr hat das
deutsche Volk die Probe vor der Welt abzul«gen,
stb ihm der Parteihader höher sicht als Existenz
Und Zukunft. In dieser Stunde ist notwendig:
Schließung der Front unter starker Führung.
Kch bin dafür, daß man den Sozialdemokraten ent-
Kegenkommt. Aber daß man die Sozialdemokra-'

Tine deutsche Frontumversität
Der Heißhunger nach geistiger Anregung, der
Kei de» Angehörigen unseres Heeres herrscht, macht
»ch in befondere-m Blaß bsi den Studenten und
Zungen Gelehrten geltend, die nun schon länger
»ls drei Jahre aus ihrem Lebensberuf und aus
^er gewohnten geistigen Arbeit herausgerissen
ind. Ihn zu stillen, sind verschiedenerlei literari-
che und künstlerische Veranstaltungen und Organi-
sationen geschaffen worden; am großartigsten aber
ist diese Frag« behandelt worden von der Etap-
f-eninspektion einer Armee im Westen, die keinen
geringeren Gedanken gefaßt hat. als mitten im
Krieg, unmittelbar hinter der Front, eine zeit-
weilige Universität zu schaffen. Die Armee-
leitung kam diesem Plan bereitwillig entgegen,
Md einer der Lehrer an dieser in der Geschichte
iber Hochschulen sicherlich einzigartigen Frontuni-
wersität, der Vertreter der alten Geschichte an der
Universität Berlin. Eduard Meyer, gibt
Lun in deni neuesten, unter dem zusammenfassen-
yen Titel „Die deutsche Not" erschienenen Heft der
(Süddeutschen Monatshefte ein Bild von Betrieb
mnd Leben der Frontuniversität in Tour na i.
Sie unterscheidet sich von den Heimuniversitäten
Dadurch, daß die Fakultäten nicht wie sonst nebem-
rinander. sondern hintereinander ihre Horlefun-
-ven halten, jede vierzehn Tage lang. Au dissen
Vorlesungen wurden, dann die in Betracht kom-
Znenden Hörer jeden Dienstgrads, Gemeine, Unter-
offiziere. aus der Front in möglichst umfassender
Ware beurlaubt. Wohl fast jedes Bataillon hat
M jedem Lehrgang ein paar Mann abgegeben.
Im November fanden die rechts- und staatswif-
senschaftlichsn Vorlesungen statt, anfangs Dezem-
ber die philosophischen und philologifch-historifchen,
im Januar folgten die naturwissenschaftlichen und
Medizinischen, im Februar die chemischen, im März
di« Handülswissenschäften. Meyer schildert. seine
Eindrücke folgendermaßen:
, „So hat die stille, belsiscks Kleinstadt TsuiNäi
mit ihrem herrlichen Dam kick für ein Semester in
deuFch» Universität verwandelt, mit. vollem
studentischen Leben, dem alle Bewegungs-
freiheit gewährt war. welche die militärischen
Rücksichten Mr irgend erlaubten. Zfu dem Kur-

sus, an dem ich teilnahm, waren mehrere hundert
Studenten beurlaubt, während draußen eben
erst die gewaltige Schlacht Lei Cambrwi getost
hatte, und bej Tag und Nacht anhaltender Ge-
schützdonner der flandrischen Front in die fried-
liche Stadt herüberschallte. Im ganzen haben da-
bei 28 Dozenten von neun deutschen Hochschulen
Vorlesungen gehalten. Alle Hauptfächer waren
vertreten, Philosophie und Pädagogik, all« Ge-
biete der Geschichte einschließlich der Kultur-- und
Wirtschaftsgeschichte, Geographie, klassische, islami-
sch«, romanische, .englische, deutsche Philologie und
Literaturgeschichte, antike und moderne Kunstge-
schichte und Musikgeschichte. Die meisten Vor-
lesungen von morgens neun bis aMnds sieben
Ahr waren, abgesehen von der Mittagspaiuse. voll
besetzt, sehr oft sogar doppelt, umfaßten vier Stun-
den und suchten entweder einen umfassenden, die
Kautmomente hervorhebenden und die Gedanken
aufs neue anregenden Ueberblick über ein großes
Gebiet zu geben, oder aber einen bsgrenzteren
Stoff von allgemeiner Bedeutung eingehend zu
behandeln; gelegentlich kamen auch noch Wissen-
schaftlich« Hebungen hinzu. Nach hem Abendessen
folgten dann noch allgemeine den öffentlichen
Vorlesungen entsprechende Einzelvorträge, zu de-
nen sich weitere Kreise einfandon. So Mang es
den Hörern in der kurzen Frist ein« Fülle von
Anregungen zuzuführen, die befruchtend weiter-
wirken könen, wenn sie in di« Monotonie des
töalichen Dienstes im Feldquartier und im
Schützengraben zurückkehren.
Die unentbehrlichste Ergänzung der Vorlesun-
gen bildet die Universitätsbibliothek,
und auch die hat man geschaffen. Eine vorzüglich
getroffene Auswahl der wichtigsten Werke, Hand-
bücher und Zeitschriften steht den ganzen Tag of-
fen, und zu asten Stunden saß das Lesezimimer ge-
drängt voll von feldgrauen Studenten, die jeden
Augenblick ausnutzten, um die schon fast verlorene
Mhlung mit der Wissenschaft wiederzugswinn«n".
.Gerade ist dex Mitte her beiden Wdcken, so dM
sowohl die früher abreisenden, wie dis später an-
kommenden Dozenten daran teilnehmen konnten,
war ein großer allgemeine Kommers gelegt. Er
land in dem FeUaal statt, den eine deutsche
Brauerei schon in Friedenszeiten angelegt untz

als „Alt-Tournai" ausgeschmückt batte. lieber
vierhundert frohe Menschen waren dabei verei-
nigt, und es herrschte die echt deutsche Stimmung
eines großen Studsntenkommerses. der dieStunde
in jugendlicher Lebensfreude vollauf genießt und
doch die Grenzen wohl einzuhalten weiß. „Wobl
nie — so bemerkt Professor Eduard Meyer — ist
Baumbachs Lied „Heute ist heut" mit so tiefer
die Stimmung voll zum Ausdruck bringender Be-
deutung und mit so gewaltiger Wirkung gesungen,
worden, als hier von diesen jugendkräftigen Män-
nern, denen es vergönnt war, einmal wieder das
Heute voll zu genießen und darüber das Morgen
mit all seinen Sorgen und Schrecken zu versessen".
Theater und Musik
Heidelberger SLadtLheater
„Sigurd Vraa"
Das vieraktige Schauspiel des Norwegers Johan
Boj« rs „Sigurd Vraa" weist eine Mannigfaltig-
keit der Motive auf. die der Oekouomie der gro-
ßen skandinavischen Dramatiker der Gegenwart
fremd ist. Zu einem stärkeren inneren Konflikt
kommt es nwraends. die Vorgänge sind grob gezim-
mert und äußerlicher Natur, andererseits dürftig in
der Erfindung. Der Titelheld. Direktor eine gro-
ßen industriellen Gesellschaft, wird trotz keiner un-
tadeligen PerkönliMeit von Neidern mit Mißgunst
verfolgt; die Jndmguen feiner Feinde reichen ans.
ihn. der sich infolge seiner Frobnatur und seiner
Humanität bei den Arbeitern der größten Li Le
und Zuneigung erfreut, von seinem Posten zu stür-
zen?. Er wird seiner Stellung entsetzt. Eine Schuld
im WhncntechnFcken Sinne liegt insofern vor. als
er den Betrag von 1V0 00Ü- M. eigenmächtig Len
Mitteln der G-ckeNchaft . entnommen und ibn zu
einem Fond für ALbeiter-BilduMgsKMcke verwandt
bat. nachdem ihm der Aufsicktsrat eine derartig«
Verwendung verweigert Latte. Er kommt zu Fall.
weA lein früherer Jugendfreund, der mit ibnr ge-
meinsames Ideale gesponnen, batte, ihm die Ehren
seiner glanzvollen Stellung mißgäMt. da jener als
Direktor einer Munitionsfabrik gezwungen ist,
' einer limck Ansicht des Verfassers) verächtlichen und

dck


verMckeuungswürLigen Sacke zu dienen.
konstruierter Konflikt! Diese offenbare UnzulM
lickkeit zu verkleiden dient die Person der GE
Vraas Eli. die. wie man im ersten Akt erfährt.^
folge einer tätlichen Krankheit nur neck ein -bE
Jabr zu leben bat und mit fast unbeareislicker Aj
lenstärkc ihren Zustand Mann. Mutter und
verbirgt, um bis ans Ende ihrer Tage nur FrE
um sich zu bereiten. Leider ist es dem VerE
nickt gelungen eine tüchtige Portion Sentimevr
lität feiner Nam-artig zwitschernden Lerchs
zuhalten, sodaß die Möglichkeit Lines solchen
rakters nickt einleuchtend wird. Allerlei ClE
tersiaursn. wie der gekaufe Journalist, der
Inabniour. der einfache aber wackere Arbeiter A
endlick eine etwas peinliche Schwiegermutter, 'd
len den Rahmen aus. Daneben kommen nack «iE
(zumindesten in der gestrigen Darstellung) derb U
senhMe Situationen vor. Die Sprache entM,
nicht.einzelner Feinheiten. Eine tiefere Wi»^,
bleibt dem Schauspiel versagt, allzu einseitig ist V,
Weib auf der einen, das Sckwarz auf der anM>
Seite auiaetmaen.
Dis Darstellung stand Lanz unter dem
des Vertreters der Titelrolle Walter Horst.
dem Direktor Meißner einen vortrefflichen
licken Held für Heidelberg gewonnen Lat. ?
einer angenehmen äußeren Erscheinung und Ej
wohllautenden Organ besitzt er eins, wie -es
nickt gewöhnliche CHarakterisierungskuust.
Rolle der todgeweihten jungen Frau war Ld!
Ländory amwertraut. Sie bewies an dicker
bekanints Beweglichkeit: wenn es ihr nickst inU
gelang, den natürlichen Ton zu treffen, laa
wohl an dem etwas Krampfhaften, was ibrer
einen ist. Mit dem feindlichen Gegonoart
auch Kurt Gübne nickt viel anzufangem. die
stockt entbehrt eben- zu sehr der Lebenswahr
. Eine Wbscke. Studie' bot Lorenz K i rck A e.
auch für die Spielleitung verantwoetl-ck M
in dör Roll« eines bodenständigen Oriamals. M
ter den übrigen MitspiÄerst wären die D»'j
WanHof und Bern y SU nenne«.-,. Der
war besonders nach dem zweiten Ak^e stark.
aber sicktlick in erster Linie de* dübscken D»r
luns. b

Nr. 23

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