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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0814
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Seite 2

-OciSerte-üer Fettung

Meitag den Irr. -Dezemver r^18

Fernsprscyer Nr. 82 und 182

Nr. 2S2

^»«««>8-8««««««!» * «S»KSA8ADAKSchQ
Wirkliche Bescheidenheit und Anspruchslosig- E
« keit sind der wahre Schutz gegen Kränkungen R
L und Zurücksetzungen in der großen Welt.
L Moltke Z
platanenaAee Nr. 14
Roman- von Oe. P. Meißner.
Nachdruck verboten — Alle Rechte Vorbehalten.
Amerikanisches Lypyrlxki 1916 dz- llod. butr, Stuttzzrt
(SS. Fortsetzung.)
Aus dj«ff«m Nausis ergibt sich, daß der Mord
-mischen näun«gnhalL und zehnvinviertel verübt
morden sein uvutz. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn
Sie sich dies« Zeit Lenau oinprägen würden!
Alenn also die Annahme der AnMaebehörds,
datz der Angeklagte der Mörder ist. zu Recht be-
steht. so muß sich der Angeklagte in der Zeit von
ueuneiichalL Sis zehneinhalb in der Nähe seines
Opfers aufgehalten haben. Die Notwendigkeit
dieser Schlußfolgerung wird mir wob! auch die
Anklagebehorde unumwunden zuseben."
jsoebalid machte eine kleine Pause. Auf den
Gesichtern der Zuschauer malte sich staunende Er-
wartung. Auch di« Richter und Geschworenen
täuscht«» mit Spannung diesen ganz ruhig gespro-
chenen Worten. Der Staatsanwalt hatte bei dem
letzten Satz unmerklich mit dem Kopf genickt.
..Nun, moine Herren Geschworenen, bitte ich
.Sie. für einige Minuten tlir« Aufmerksamkeit
jener Leinwand zuMwenden. ich möchte Ihnen
etwas zeigen. Ich, bitte, den I-aäl zu verdunkeln."
Kaum waren dis schwarzen Vorhänge, die in
aller Eile frühmorgens angebracht worden warens
AUgeroMn. so begann «in eigentümlich ratterndes
Geräusch 'und Mf der kratzen Lernwandfläche er-
schien ein Bild, klar und deutlich in doppelter Le-
b-ensgröfs. Marschi-ersnids Truppen, Publikum,
eins grosse Tribüne, brechend voll -Lchetzt, und da-
neben «in» G-lstialt. Zunächst nur vom Rücken aus
zu sehen. Heller SaKovAnzug mit Panamahut.
.--Darf ich Die ctuf diesen Herrn rechts neben der
TrMne aufmerksam machen, er wird sich gleich

WM-

Thester und Musik
--- AuslAuna des Karlsruher Kirchenckors. Aus
Karlsruhe wird uns aefchrioben: Infolge der vM
änderten Verhältnisse wird der bisherige Hofkiv
ckenckor der Sckllasskircke. der aus Mitttk«.
Grokbemoas unterhalten wurde auf 1. Avil kam»
inenden Jahres au!-aclö si. Ebenso ist die Hor-
oranniftenstelle. deren jetziger Inhaber Seminnv
musiklLhrer L. B a u m anv in. aui »ei'-anritrn Aff»
vunkt aekün-diat

Kunst und Wissenschaft
* Äschschnlnachrickteu. Der orid. Professor der!
Mineralogie und Petroaravbie an der Frankfurt''*
Universität Dr. Hendrik Enno Boeke ist im 37.
Lebensjahre aesiorben. Dr. Boeke. ein geborener
Holländer, war seit 1906 Assistent bei Prof. Rinne
in Hannover, später in Königsberg, wo er aum
die venia legendi erhielt. Ostern 1910 übernahm
Bocke das neuaegründete ErtraordrNvriat für vbm
sikalM-ckemische Mineralogie und Petroaravläe in
Leipzig, liüdelte ein Ia-br sväter nach Halle als.
Nachfolger O. Luodeckes- und 1911 als Ordinarius
nach Frankfurt über. Der (belehrte bat besonders
auf dem Spezialgebiet der Bildung der Kalisalz-
Lagerstätten üervorragenldes geleistet.
* Eine wissenschaftliche Stiftung kür Frelbura-
VerlagÄbuchLänidler Vohsen in Berlin hat detz
Freiburger Wissenschaftlichen GÄ-elkickcfft di«
Summe von 20 000 M. übergeben zur Errichtung
einer Fritz Voblen-Stiftung zum Andenken an sei-
nen im LMkampf für das Vaterland gefallenen
Sokn. den Leutnant d. RDr. F. VMson. Die Zin-
sen sollen in erster Linie dazu verwandt werden,
VriwatLdzenten und Assistenten bei ihren For-
schungsarbeiten zu unterstützen.
* Von der Technischen Hochschule Karlsrub«
wurde dem Hochschulreferenten im Minästsriuni M
Kultus und Unterricht Geb. Rat Dr. Schwof
rer in Anerkennung seiner Fürsorge Mr di« Hoch»
schule die Ebrendok-torwLrde verlieben.

der Kontrolle der Unabhängigkeit steht. Datz et-
was an der Sache ist, »or allem im Hinblick auf
die drohende Haltung der Entente, ist zweifels-
frei der Fall. Die Germania weist auch treffend
lauf dem wunden Punkt hin, wenn sie sagt: „Da
,die Regierung Scheidemann - Haase ein Wahl-
recht für dis National - Versammlung vorge-
schlagen hat, das in kürzester Frist die Schaffung
seiner Volksvertretung nicht möglich macht, bleibt
gar nichts anderes übrig, als den noch zu
^Recht bestehenden Reichstag einzubs-
- rufen".
! Tatsächlich haben Verhandlungen in. dieser
Richtung auch stattgefunden. Auch das Kabinett
hat wiederholt zu dem Problem Stellung ge-
nommen, und wenn die Frage so lauten sollte:
Einmarsch feindlicher Truppen sofortige Einberu-
fung des Reichstages, so wird wohl oder übel un-
ter dem Druck der Verhältnisse die Entscheidung
für den Reichstag fallen. Insbesondere Scheide-
mann hat in dieser Frage ganz klar für den
Reichstag Stellung genommen, während Ebert
und Landsberg sich zurückhaltender verhalten Ha-
ben sollen. Die Unabhängigen würden, wenn die
Entscheidung für den Reichstag fallen sollte, wohl
aus dem Kabinett ausscheiden. Keinen verständi-
gen Menschen in Deutschland wird es geben, der in
diesem Falle, den Herren nicht zuriefe: „Gute
Reise und auf Nimmerwiedersehen!"
Reichstagspräsident Fehrenbach ist am
Mittwoch aus Freiburg in Berlin eingetroffen. Es
wäre nicht ausgeschlossen/ daß man den Reichs-
tag statt nach Berlin nach einer anderen
deutschen Stadt einberiefe
EnLenLeplane gegen WUssn
Es läßt sich auch auf Seiten der Entente nicht
länger verheimlichen, das; das hohe Interesse an
Wilson und das willise UnterorLnen unter seins
Gedanken und Ideen in dem Augenblick erheblich
abzuflauen besann, als die militärische Üeber-
lesenheit der Entente durch den WaffenWWand
besiegelt war. Sofort besann ein Umschwung,
auch in der Presse, und es wurde Wilson ver-
blümt anMoeutet, dass er Europa, möslichsst fern-
bleiben und s«ine Truppen wieder zurückziehen
möse. Nun kommt Wilson doch und flu-gs haben
die europäischen Entente-Mitriii-cd-er dis Gelegen-
heit ausaenützt, um sich gegen die gefährlichen
Friedensstörer zu wappnen.
Mit der englisch-frnnzöfisch-italienischen Lon-
doner Konferenz, die diese Woche stattge-
funiden hat, hat der Bund der Nationen, dessen
Werk Vie Niederringung Deutschlands war. auf-
gehört zu -existieren. Er fällt in drei Gruppen
auseinander: l. England-Frankreich-Italien. 2.
Amerika. 3. Die Kl«insüa«ten. Von einer „En-
tente," wird NMN künftighin nicht mehr oder doch
nur im beschränkten Sinne einer englisch-franzö-
sisch-italiieni scheu Allianz sprechen dürfen.. Der
„Berner. Bund" weist dafür noch folgendes zu be-
richten:
In aller Geschäftigkeit und Stille ist ganz
nach der Art -der alten europäischen Geheimdiplo-
matie von den drei Ententesrostmächten in Eng-
land konferiert worden. Man hört, dass Eng-
land und Frankreich bei den kommenden
BerhandMinarn gemeinsam auftveten werden. Man
hört, dass eine dauernd« Allianz geschlos-
sen sei. Aus England und Frankreich kommen
Aeuherunaen. die weit mehr auf die Befestigung
der Siegetstellung, als auf die Sicherung des
Weltfriedens hinauslatufen, und die mit dran Völ-
kerbund nach dem Wilsonschcn Plan oder, um
einen antderen wirklich grasten Friedenspolitiker
zu nennen, Lord Grey, nicht im Einklang stehen.
Wilson will abrücken von jener Politik,
die nun schon so oft dazu führte, Lass neue Kriege
sich an alten Niederlagen entzündeten. Zwischen
zwei Zeitaltern schwebt und schwankt die Mensch-
heit. Hier dis alte Gewohnheit der bewaffneten
Selbstsicherung, beruhend auf dem allgemeinen
Misstvaiuien, das sich nur zuweilen anders grup-
piert. dort die Erkenntnis, dass es so nicht weiter-
geht, dast eine mögliche Aenderung nicht auf der
Landkarte, sondern in der Politik zu vollziehen ist,
wenn es auf die Dauer besser werden sollte. Hier
militärische, dort ^vchologifche Lösung, hier
Machtpolitiker, dort Menschheitspolitik mit ihrem
für Alle gleichgeltenden Gedanken. Gerade die- '

also zur Zeit des Mordes fünf Kilometer von dem
Ort der Tab entfernt —, kann also nicht der Mör-
der feint
Ich denke, es ist mir gelungen, das Alibi meines
Klienten einwandfrei nachzuweisen. Ich füg« er-
klärenh hinzu, dast wir diesen, wenn ich so sagen
darf, photographischen Nachweis erst vorgestern
abend gefunden haben und demnach nicht in der
Lase waren, dein hohen Gerichtshof wie der
Staatsanwaltschaft vor der heutigen Verhandlung
Mitteilungen zu machen."
Die Wirkung dieser Rede war unbeschreiblich.
Händeklatschen, Bravorufen, ein Diskutieren, La-
chen — es war schliesslich ein solcher Lärm, dass der
Präsident sehr energisch die Glocke -rühren musste,
um dis Ruhe wieder herzustellen.
„Ich werde augenblicklich den Juschaiuerrcvum
räumen lassen, wenn nicht vollkommene Ruhe ein-
tritt."
Das wirkte. Keiner wollte den weiteren Fort-
gang versäumen, und man merkte wohl, dass es
dem Präsidenten bitterer Ernst war.
Ich erteile dem Hrn. Staatsanwalt das Wort."
,,-ALeine Herren, wohl selten hat sich die An-
klasebehörde in einer so merkwürdigen Lase be-
funden, wie -ich heute. Die Verteidigung hat es
in meisterhafter Weise verstanden, uns allen hier
den uvtumstösslichM Beweis zu erbringen, düst der
Angeklagte phasisch nicht der Mörder sein kann, da
ein Mensch nicht an zwei Orten zugleich sein kann.
Ich, stehe nicht an, der Verteidigung dafür zu dan-
ken, dast sie durch ihre glückliche Beweisführung
uns vor ainem Justizirrtum bewahrt hat. dem wir
vielleicht nach bestem Wissen und Gewissen verfal-
len wären. Unter diesen Umständen sieht sich die
Aiklagebehörde gezwungen, für Freisprechung zu
sprechen unL» Sie, meine Herren Geschworenen, zu
bitten, Ihren Wahrspruch im Sinne des „Nicht-
schuldig" abzugebcn."
Diese Worte des Staatsanwalts waren viel-
leicht der grösste Eindruck in der ganzen Verhand-
lung. Die Offenheit, mit der dieser strenge Ju-
rist seinen Irrtum emMtand, wirkte ungemein,
wohltuend und. liest alle Anwesenden wohl erken-!
neu, dast ein echter Jurist sich stets vor der Wahr- i
heit beugt. Es war etwas ko Sensationelles, dast i
die, Staatsanwaltschaft die Freisprechung bean-

* Beamtensorderungen. Der Verband der
Beamtem und Lekrervereine Badens
bat am 11. Dezember durch seine Vorsitzenden beim

umdrohen. — — Sehen Sie, jetzt hat er sich um-
gedroht. Vitt«, halt!"
Die Bewegung der Bilder hörte Mf und auf
der Leinwand stand riesengross der Angeklagte,
sein hübsches Gesicht voll dem staunenden Zuschauer
zugekchrt.
„Ich kann das Bild nicht lange, unbewegt las-
sen, da es sonst unter der Hitze der Bogenlampe
leidet. Ich denke auch, es war genügend Mt für
Sie alle, den Anseklasten zu erkennen. Ich bitte,
den Saal wieder hell zu machen."
Die Vorhänge flogen zurück und die Augen
schlossen sich über der Fülle von Licht, die herein-
drang. Was sollte das sein? Mas wollte Se-ebald
mit dieser Vorführung? Ein Kintopp im
Schwurgerichtssaal! Das war noch niemals da-
sewchsn. Die Fodern der Zeitnngsberichterstatter
rafften über das Papier.
„Ich bitt« fetzt den Operateur der Eiko-Film-
Gefellschaft mit beschränkter Haftung, Herrn
Plüffchke. vorzutreten und Wne Angaben zu
machen."
„Mein Name ist Heinrich Plüschko und ich
hatte als Operateur der Eiko am 1. Mai dieses
Jahres morgens zwischen neun Uhr fünfundvier-
Z'g m b zehn Uhr fünf diesen Film auf dem Tem-
pelhofer «Feld ausgenommen, als gerade der Kai-
ser vor der grossen, Tribüne ankam. Der Film
war hundertfünfzig Meter lang und ist dann Ms
die Länge-von sechsuuiddreistig Meter zuffammen-
geschnirteu worden. Diese Angaben stehe n hier
in meinem Arbeitsbuch, das ich an der Gerichts-
stelle modorlego."
Ein Raunen des BerstäudiMes ging durch
den Saal. Man ahnte, was die Verteidigung
wollte. sSeebald hatte sich wieder erhoben:
„Meine Herren Geschworenen, ich hat Sie vor-
hin. sich die Zeit des Mordes genau zu merken.
Ich wiederhole: der Mord ist auch nach den Er-
hebungen der AnklaseLehörde zwischen neuneinhalb
und Mmesnvi-ertel verübt worden und zwar in der
Platanenallee 14 in Weitend. Der von der An-
klagsbchörds als Mörder bezeichnete Angeklagte
hat sich -aber in der Zeit von neundrsi-piertel und
zehn Uhr fünf auf dem Tempelhofer Feld hei der
Frühjahrsparade aufsehalten, wie ich Ihnen so-
eben unzweifelhaft bewiesen habe — befand sich

Deutsches Reich
* Ausstellung der Wählerlisten. Das Minffts-
rium des Innern bat an-asovLnet. dass mit der Auf-
stellung der Wählerlisten zur deutschen Natio-
nalversammlung sofort zu besinnen uud dös
Arbeiten nötigenfalls unter Herbeislsbuug von
Hilfskräften so zu Modern ist. dass die Listen späte-
stens mit Jahresende tertiaa-estellt sind. Beson-
dere Wählerlisten Mr NÄMärversonen sind in der
Reickswablordnuna nickt vorgesehen. Die Trup-
pen teile eines Ortes haben die für die Aufnahme
der wablberecktiaten Militärverson«n in >di« MM-
lerliste erforderlichen Unterlagen den Gömeindelüe-
bövden. soweit nötia mitzuteilen.
* Eine Rechtfert-gunssschrift Krrtlings. Wie
der „Münch. Augsb. Abendzeitung" mitgeteilt
wird, godevkt der l-Ewlise Reichskanzler Graf
Her kling, der schon seit längerer Zeit feinen
Wohnsitz in München hat, in den allernächsten Ta-
gen mit einer ausführlichen Rechtfertigungs-
schrift seiner Po! iti k vor die Öffentlich-
keit zu treten.
* Prinz Eitel Friedrich von Preutze« ist vom
Kaiser als Vertreter in allen Familien- und Ver-
mögensangelegenheiten des Hohenzollernschen Hau-
ses bevollmächtigt worden.

die völlige Aufrechtsrhltung
dis eine ihrer ersten Pro-

fenigsn. die. die Gedanken an die europäische Ab--
wehr gegen Amerika denken sollten, .sind sicherlich
heute zu der Erkenntnis gekommen, dast die wirk-
liche Gefahr für die „heiligsten Güter Europas'"
in Europa selber zu suchen ist."
Wie man, von Frankreich ganz abgesehen, auch
in England über „Bölkerverföhnung" denkt zeiat
eine Asutzerung Cecils in Leichworth. die "dahin
ging, dass ein Unterschied zwischen Wiedergutma-
chung, Kompensation -und Kriegsentschädigung
nicht -Mivmcht werden sollte. Deutschland müsse bis
zur Grenze d-c Leistungsfähigkeit zahlen. Da
Wird der Idealist Wilson schweren Stand haben!
Der Keim des näch'ierr Krieges?
Wie die „Morning Post" berichtet, hielt der
Leiter einer Newyorker LöbensvcrsiÄerungs-Ec-
- sie-llschaft, Kingsley, eine -crufIchenerregends
Rede, worin er -sagte, England werde niemals
Mslsons L--bre von der Freiheit der Meere
annehmen und sehr ernste Meinungs-
verschiedenheit auf der Friedenskansürenz
werde die Folge sein. Man bsg-inne schon Ver-
gleichs anzustellen über die Stärke der betderffe-itzi-
gen Flotten. Es handelt sich jetzt offensichtlich um
einen ähnlichen Kampf zwischen England u.
den Vereinigten Staaten, wie bei dem Wettkampf
Um die Seemacht zwischen Deutschland und Eng-
land, in dem schliesslich dieser Krieg gipfelte.
Für unbedingte Preßfreiheit!
Der Rat der Volksbemistragten erlässt folgende
Bekanntmachung für die Pressefreiheit:
„In den letzten Tagen haben sich die Ein-
griffe von Arbeiter- uid Soldatenrüten in die
Pressefreiheit derart gehäuft, dass die Reichs-
regierung ihnen auf das entschiedenste «nt-
gogentreten muss. So ist z. B. in L-eipzig
eine Zeitung mit Stürmung und Zerstörung be-
droht worden, wenn sie einen bestimmten BerM
bring«, und au den Plakatsäulen isi zur Selbst-
hilfe gegen diese Zeitung aiufgsrufen worden. In
Mühlheim a. d. R. sind Druckereien stillselegL u.
Platten zerschlaa-en worden, weil sich die Deutsche
Volkspartei und die Zentrumsvartei in Flugblät-
tern gegen die Verhaftung von Mühlheimer Bür-
gern sewa-ndt haben. Aechnlichr Vorgänge werden
aus zahlreichen anderen Städten gemeldet. Die
Rsichsregi-erung verwahrt sich auf das entschie-
denste gegen jede gewaltsam« Beschrän-
kung des freien Wortes. Sie fordert von den
A.- und S-Räten
der Pvessefvsiheit,
gr-ammpunkts ist. Es mird Aufgabe der Reichs-
konferenz der A- u. S.-RLte sein, zu erwägen,
wie sögen Male Organisationen vorzugeben ist.
di« sich solche willkürliche Handlungen zu Schulden
kommen lassen.
Hoffentlich helfen -die energischen Worte
auch etwasI

Badische Politik
Eine Erklärung zum badischen
Verfasfungsentwurf
Zu der BerMentliÄüna über den- ..Epttourf
einer neuen badischen Verfassung" erklärt die vov
läufig« bäWche Volksregierung": >
1. Di« bad. vorl. Volksregierung Lat seinerzeit
eine Ktonmission von in der E<fetzesteckmik und ick
Verfassunasfragen erfahrenen Personen gebilsdeb
we lche den Auftrag erhielt und an nahm, «i nen -de-
mokrat'-scheu Vertassunasentwurf Mr die vorläufig«
Vcllksreaieruna auszuaLbcitcn. Ms jetzt bat di«
bad. vorl. Volksregierung noch kein« Kenntnis dw»
von. dass diese Kommission einen Entwurf fertiaae-
stellt bat. Sie bat von der Kommission über
üauvt noch keine Mitteilung über da«
Ergebnis ihrer bisherigen Arbeiten erhalten.
2. Dis bad. vorl. Volksregierung M -deshalb er-
staunt über die Veröffentlichung und missbilligt si«
auf das entschiedenste. Es kann sich -bei dieser Vev»
öffentlMiMg nur um eine illovale vrio-ate Aeutzks
runa einer Persönlichkeit handeln -die festznstellen
sich die Reaieruna angelegen lein lässt.
3. S-cbon jetzt aber spricht die bad. vorl. Volks»
reaieruM aus. dass der bis jetzt veröffentlicht« Ine
halt eines angeblichen Entwurfs in war weffent«
licken Teilen der Auffassung der Volksregierun«
zuwDvrlüufft. Die Volksregierung ist entschlossen
in dem Verfassunasentwurf. den sie der Nation ab
veMmmluna vorlsg-en wird, die Bildung eine«
Ersten Kammer nickt vorzulMaaen."
Die bad. vorläufige Volksregierima.
Der Präsident: Geiss.
Wie dazu noch die syz.-dem. Presse, mitteilt. hat
das Kommissionsmitalied Dr. D i -e tz -loine Zustinv-
mi'-na zu dem Entwurf mit einer Ersten Kamaue»
verweigert.
Ein« bereits iertiaae-stcllte Kritik des Entwurfs
stellen wir angesichts der Regi crunaserklärun«
zurück.

-unierer Feinde die 'Besetzung und der G-ewaliiriede.
fo nu:K ZUM Nutzen des Vaterlandes auch die vor-
,läutiae sozialistsicke Regierung di« V«raei«tzl i-
«k una ibrcs Dakeins wünickcn uivd zn-lassen.
Aus der nachdrücklichen Forderung des Volkes
und der Einsicht und Zustimmung der Regierung
heraus kann m>d muss unverzüglich die gc-jetzliäw
Grundlage für ein« verfassungsmässige u-nd ver-
bandlungcWüiae vorläüiiae Regierung acsckafsen
-und zu diÄcim Zweck Reichstag und Bundes-
rat einber-uien werden.
Der Einwand- Eberts l16. Nav.i. Kaisertum.
Reichstag und Bundesrat feien infolge der Umwäl-
zung beseitigt, ist nichts als eine irrige Behaup-
tung. Es ist keinerlei Verordnung erlassen, d'e den
Reichstag und Bundesrat aufgelöst oder gar bÄöi-
tiat Lütt«.,. Der Reichstag kann, im Einverständnis
-mit der Regierung jeden Taa cinberufen werden:
idie Vund-ssratSMsschüsse arbeiten ununterbrochen
weiter: zra- gesetzgebenden Vollversammlung kann
der Bundesrat iederMt versammelt werden.
Die Beseitigung des Kaiiertunrs durch die Thron-
entsagung (9. Nod.l und die Abdankung (28, Nov.j.
ffow'i« das -Febl-c-n eines Reaenten bieten kaum eins
verchassunasrechtlich? Schwierigkeit. Das Reckt der
VevuKuua von Bundesrat und Reichstag (Art. 121
Mrd unter obwaltenden Umständen obne Ein-
ffvruch der Regierung zuzuaestebeu lein. Für
die Gültigkeit der Rücchsacüetze Ut die Ueberem-
fftimmung der MieibvheitÄbeschlüsse von"^ Reichstag
und Bundesrat erforderlich, aber auch ausrei-
chend (Art. St. Di« dem Kaiscr./Reaenteci s. HZ
Regierunat MteLend-e Ausfertigung und Verkün-
digung der Rcichsgeffetz« (Art. 17l bedeutet nur
«ine Form.
Ebensowenig stichhaltig ist der Hinweis Eberts
-auf den ..1912 gewühlten Reichstag". Di« ver-
fassungsmässige Dauer der Tagung, von 5 Jahren
M durch Gesetz verlängert, eine AMöffuina des
Reichstags ist nicht «rfalat. also Hestedt er zu Recht.
Sonach kann die bestehende ungesetzliche Regierung
dadurch zu em-or durchaus gesetzmässigen gemacht
werden, dass Reichstag und Bundesrat berufen wer-
den und mit Mcohrheitsbescklusi die von der Regie-
rung vorsulegenden. die VerfassLIg-mnderuugen
leit dem 9. November betreffenden. Gesetze an-
uebmSn.
Wie von 'der Regierung unter dem schweren
Druck dar Läge erwartet wevden muss, dass sis die
von ihrem Standmmkt aus schweren Bedenken Li«
..Errungenschaften des Proletariats" einer nach-
träglichen Genehmigung 'durch Bumdesrat und
Reichstag zu untemperstn. zurückstellen -wird, lo ist
üuck die Annahme berechtigt, dass diese Leiden Kör-
perschaften um des Zieles willen den Einmarsch
der Feinde uud den Zwangsfrieden zu verhindern,
der Vergesetzlichung kein« Schwierigkeiten bereiten
werden: st« haben auch zu berücksichtigen, dass der
pon ibnen gutsubeissende Gegemvartszufftand ein
vorläufiger sein wird, weil erst die bald folgend«
Rutianülasüsammluna die endgültig« Staatsform
des Reich es uud ihre Verfassung festleaen wird.
Äusser diesen Gesetzen über die Derfassunasänd-e-
runaen feit 9. Rav. muss den beiden Körperschaften,
aber auch das Gesetz über die EinberuDima einer
veuffcken Nationalversammlung und das Wablae-
>etz Mr dteffe zur Beschlussfassung vorasleat werden.
Die Nationalreüsammlung muss ebenso wt« die Re-
gierung als eine gesetzmässig, gewählt und einbe-
Mfens Vertretung des deutschen Volkes von allen
Seiten cmerkcnint und bewertet werden, denn un-
zweifelhaft wird sie auch den Frieden zu genehmi-
gen hüben.
T^r Ruf nach schleuniger Einberufung des
Reichstags ist bereits von verschiedenen Sorten er-
klungen. nach neuester Nachricht soll der Gedanke
von der Regierung erwogen werden. Da kommt es
darauf an. diesen Mss zu einem mächtigen Zussam- ,
Msnklcmg «nschwsllen zu lassen. Pflicht aller Par- !
teien und Verbände M es. den Gedanken unversüa- '
kick zu vrMvn und ungesäumt von der Regierung
vraütlich die Ginbovufuna von Reichstag und Bun- -
oesvat zu ^fordern. '
iFock stobt an den Toren, der Zlwangsfriede banal
»u unseren Häuvten. dis Zeit drängt-
Reichstag Leraus!
Ferdinand Neuber.
Die Einberufung des Reichstags
ist zwar von WTB. dementiert worden, doch mutz 1
pan dabei berücksichtigen, datz das WTB. unter i

I Aendkruna dcr Be!olbun!lsordtt»:Ug Ar OM
i-ere. Der Zentralrat der Soldateriräte der eMß
Am es bat über Re B-zablun-a de» iuimob«t
le» Offiziere Lei! Boricklüg gemacht., in .Aff
anderuna der Beffoldungsordnung etn« Mudefftgs
baltsarenze fcfftzusetzen.- und zwar MO M. AKudeff-
sebalt für ledig« Offiziere. 850 M. M:n-estzel>ail
«r veübe!ratet« Offiziere und 30 M. Beihilfe W
redcs K-nd. jedoch Nickt mehr als insgesamt 450M
Dcs Wahlen j„ Württemberg, Di« vrovissritcli«
Rcmeruna Württembergs bat di« Vsr-oerleMMs
des Wabltermins Mr die verfass«naasbende LaN-
Lcsversaminluna aui den 12. Januar b«r
schlossen.
* D-e Revolutionsfeiern sind verschoben. Daä
preussische Staatsministcrium hat mit Mehrheit
beschlossen, von Reoolutionsfeiern am 1. Jaiuüs
abzusehen. Es ist möglich, dass die Feier am
Len 1. Mai verschoben wird. j
* Was sagt die Regierung dazu? Der Neu-
köllner Vollzugsrat weigert sich, die von
den ordentlich bestellten Behörden getroffenen An-
ordnungen zu befolgen; dasselbe wird auch aus
einer Reihe der Berliner Vororte gemeldet.
* Konferenz wegen ungenügender Papierversor-
gung. Die Klagen über ungenügende Versorgung
mit Papier aus Verleger- und Journalistenkreij
sen. mehren sich beständig. Das Reichswirtschafts-
amt hat für die nächste Woche eine Konfe-
renz der Verleger und Pressevertreter einberufeo
in der der Weg zur Abhilfe erörtert werden soll.
* Die Angelegenheit Weber-Stinnes. In ei-
nem offenen Briefe im B.T. erklärt Professor Dr.
Alfred WKber. dass er in der Angelegenheit Thys-
sen-Stinnes durch die ihm als bestimmt zugetra-
genen Gerüchte getäuscht worden sei. Er gibt
seiner lebhaften Freude Ausdruck, dass sich sein«
schweren Beschuldigungen als halt-
los erwiesen haben. Ferner teilte er mit, datz e»
die selbstverständliche Folgerung gezogen habe, in-
dem er sein provisorisches Parteiamt zur Verfü-
gung stellte.

tragte, datz sich das Publikum sar nicht beruh'!s«ck
könnt«
 
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