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Heidelberger Zeitung (61) — 1919 (Juli bis August)

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Nr. 149-175 (1. Juli 1919 - 31. Juli 1919) ohne Nr. 166
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Mittwoch, den 2. Iuli 1919

Herdelbevger Seitung — Nr. 130

veilage

Die Hauptursachen des
deutschen gusammenbruchs

Bon Eeh. Negierungsrat Ludwig Mathy")

Der ZusammenLruch der deutschen Wehrmacht
ist nicht nur durch die ungeheure Ueberlegenheit
unserer Gegner an Menschenzahl und Kriegsma-
ierial veranlatzt, sondern auch durch gewisse Män-
gel des deutschen Heerwesens. Schon die Vor-
bereitung auf den Krieg genügte nicht. Wäre
stets die Prüsenzziffer von 1 Mann auf 100 Ein-
wohner eingehalten worden, so hätten im August
1914 einige weitere Armeekorps, vielleicht 1200 000
Mann mehr ins Feld rücken können. Dann wäre
es möglich gewesen, gleichzeitig Ostpreutzen zu
schühen und die Schlacht an der Marne, die am
10. Scptember unentschieden abgebrochen wurde,
siegreich durchzufechten und dadurch wahrscheinlich
elne frühere siegreiche Entscheidung des Krieges
herbeizuführcn.

Auch die Ausrüstung des Heeres, namentlich
der Landwehr und des Landsturms init Kleidung.
Waffen und Munition war nicht genügend vorbe-
reitet, und die Jndustrie konnte nicht rasch genug
die Herstellung von Waffen und Munition leisten,
weil sie nicht im Frieden auf diese Aufgabe vorbe-
reitet war.

Ob der Einmarsch in Velgien strategisch
unumgänglich und politisch zu rechtfertigen war,
darüber wird noch die Nachwelt streiten. Die übrige
Kriegfllhrung fordert auch mit einzelnen
Unternehmungen die Kritik heraus; so ist der An-
griff Falkenhayns aufVerdun und die
iveite Ausdehnung der Unternehmungen im Osten
bis nach Finnland, nach der Krim, dem Don und
dom Kaukasus anfechtbar. Aber im Eanzen M
die Strategie Hindenburgs und Ludendorffs iiber
alle Kritik erhaben.

Was den Seekrieg Letrifft, so sind nach dem
Urteil des Admirals Scheer und anderer See-
leute zwei Fehler gemacht worden; einmal. datz der
^..eingeschränkte Unterseebootkrieg zwei Jahre zu
pät eingesetzt hat. und dann, datz die Hochseeflotte
sich nach höherer Weisung auf die Vertetdigung der
deutschen Küste beschrünkte, statt einen unaufhör-
lichen Angriffskrieg zu führen, der den ursprüng-
lichen Seemannsgeist unserer Vlaujacken erhalten
und Erfolg verheitzen häite.

Nicht die Heeresleitung ist fllr den Zusammen-
-bruch der Armee und der Flotte verantwortlich zu
machen, sondern te-ilweise das Offizierskorps. die
Unteroffiziere und d-ie Mannschaften selbst. Das
ursprüngliche Offizierskorps, das im Sommer 1914
ins Feld rückte. schwand auf den Schlachtfeldern
rasch dahin, und der Ersatz aus alten Herren des
Veurlaubtenstandes und jungem Nachwuchs ent-
sprach nicht den schweren Aufgaben besonders in
der Vehandlung der Mannschaften der Landwehr
und des Landsturms. So entivickelte sich nament-
lich in der Etappe und in der Heilnat allmählich
eine Stimmung unter den Truppen. die für die Re-
volution den Boden bereitete.

Müchtiger waren die politischen Ursa-
chen des geistigen Umschwungs in Heer und Volk
und damit der Revolution. Unsere Feinde klagsn
den Eeist von Potsdam an, der doch Preutzen und
Deutschland. grotz gemacht hgt, und viele Dcutsche
stimmen rhnen zu. namentlich auch im Hatz gegen
Bismarcks großaröige Politik. Andere sehen
in der Entlassung Vismarcks den ersten grotzen
Fehler, der zum Untergang führte. Tatsache ist.
datz der persönliche Eeist Wilhelms II.
durch seme Selbstherrlichkeit auf allen Eebieten
viel Unglück verschuldete unb eine schlimme Neichs-
verdrossenheit erzeugte. Sein guter Wille. seine
Pflichttreue und Hingebung an den Dienst am Volk
steht zwar autzer Zweifel. so datz kein Necht bssteht.
ihn vor irgend einen Eerichtshof zu ziehen, aber
eine tragische Schuld .hat er auf sich geladen, den
der Ueberhebung. die durch somen Sturz ge-
sühnt ist. Der eigenwillige Herrscher war aber kein
starker Staatsmann und konnte kemen starken Wil-
len neben sich ertragen.

Den Neichskanzlern und den Führern des
Neichstags fehlte der politische Heldenmut, der

^) Nach einem dieser Tage im politischen Se-
minar der Deutschen liberalen Volks-
partei Mannheim gehaltenen Vortrag.

einen Llemenceau und Lloyd George. Pasitzsch u-
Venizelos auszeichnet; daher die schwache, schwan-
kende Kriegspolitik. Ungeschickte und eitle«Diplo-
maten. ein Fürst Lichnowsky. Graf Luxburg, Eraf
Bernstorff. Staatssekretär Zimmermann verdarben
das Spiel. Noch schwächer war die Politik der
habsburgischen Monarchie. So kam Fehler auf
Fehler. erst das unnötige Vekenntnis Bethmann-
Hollwegs. datz der Einmavsch in Belgien ein Un-
recht sei, dann die Erklärung der Unabhängigkeit
Polens ohne Forderung einer Eegenleistung,
ferner das Friedensangebot vom 12. 12. 16, das
nicht nur von den Feinden. sondern auch vom deut-
schen Volke und Heere als Eingeständnis der
Schwäche, als Verzicht auf den Sieg aufgefatzt
wurde; namontlich aber die von Erzberger durchge-
setzte Entschlietzung des Neichstages vom 19. Iuli
1917. die einen Frieden dcr Verständigung und der
Versöhnung erstrebte: auf wie irrigen Vomus-
setzungen wissen wir jetzt alle.

Von da an trat für einen grotzen Teil des deut-
schen Volkes das Kriegsziel nach innerer Umwäl-
zung in den Vordergrund. Ein Tüil der Neichs-
tagsmehrheit verlangte Parlamentarisierung und
Demokratisierung. der andere Sozialisierung: die
Mehrheitssoztaldemokraten erstrebten das kom-
munistische Ziel auf dem Wege der Demokratisie-
rung, die Unabhängigen und Kommunisten nach
deni russischen Vorbild und mit bolschewistischem
Veistand vermittelst des Rätesystems und der Dik-
tatur des Proletariats.

Der Keim zur Revolution lag aber in der feh-
lerhaften Struktur des deutschen Volkes, die mit
dem ungeheuren und überschnellen Aufschwung un-
serer Technik und Erotzindustrie, des Erotzkapitals,
des Grotzhandels. der Seegeltung zusammenhängt.
Die riesigen Erfolge des Eeistes von Essen
und Hamburg, die unsere Nebenbuhler und
Feinde in Wcchrheit fürchteten und hatzten als den
Eeist von Potsdam, brachte die Engländer auf
den Eedanken, den unbequemen Wettbewerb durch
Krieg zu vertilgen, und darum gründete
Eduard VII. die Entente; so hat der deutsche
Unternehmergeist ungewollt den Kvieg herbeige-
führt: er trägt eine tragische Schuld, die er jetzt
durch den Zusammenbruch sühnen mutz. Das
Erotzun ternehmertum hat aber auch den
sozialen Zwiespalt veranlatzt, der für das
Deutschtum ebenso verhängnisvoll geworden ist wie
die religiöse Spaltung durch die Reformation. Das
Ünternehmerkapital ritz die Arbeitermassen aus
den natürlichen ländl-ichen und kleinbürgerlichen
Familien los und führte sie in die unheimlichen
Fabriken. in den Dienst der unersätttichen und
unermüdlichen Maschinen. zu Arbeiten. bei denen
Familien- und Eemütsleben Not litten. Die so-
ziale Gesetzgebung kam zu spät und genügte nicht.
um das Verlangen nach Menschenwürde zu befrie-
digen. Jn der Arbeiterschaft entwickelte sich un-
versöhnlicher Hatz gegen den Kapitalismus, von
dem sie sich ausgebeutet fiihlte, und gegen die
Staatsordnung. die das Unternehmertum zu stützeu
schien. Der Ausbruch des Krieges drängte zwar
den Klassenhatz zuriick, die Liebe zum Vaterland,
mit dem auch die deutsche Arbeit bedroht war.
schloß die Kluft. aber nicht für lange. Als der
Sreg auf sich warten lietz, als das Unternehmertum
unheimliche Kriegsgcwinne einheimste. und als
ällein die Unannehmlichkeit der Kriegswirtschaft
überband nahm, flammte der Haß wieder auf und
ergriff auch alle die unreifen jugendlichen Arbei-
ter und Arbeiterinnen, die der Krieg in den Fabri-
ken sammelte.

Diesen inneren Zwiespalt des deutschen Volkes
benutzten die Feinde, um ihre Hebel anzusetzen und
den Reichsbau zu zerrütten. Der englische Propa-
ganda-Minister Lord Northcliff und der russische
Bolschewistenführer, Joffe und andere Agenten dss
Auslandes verteilten Geld in Menge) den bezahl-
ten Werkzeugen schlossen sich überzeugte Kriegs-
gcgner, Friedensfreunde.'Verehrer des Ausländes
an. Die rote Internationale fand eine Stütze in der
internationalen Presse und dem internationalen
Kapital und Angehörigen internationaler Fa-
milien.

So waren die Voraussetzungen für die Nevolu-
tion gegeben. Sie begann mit demokratischen For-
dcrungen des allgemeinen Wahlrechts für das
preutzische Abgeordnetenhaus, Parlamentarisierung
und als all dies mit des Kaisers Genehmigung
gewährt war, jubelte Erzb5rger am 31."Sept.

1918 in der „N. Allg. Ztg.:" „Was Eröber, Scheide-
mann. Richter, Müller-Moiningen. Bebel erstrebt
haben, ist erreicht. innere Freiheit u. Selbst-
bestimmung." Aber als dqnn im Verlauf der
Waffenstillstandsverhandlungen Präsident Wilson,
auf dessen Versprechungen der Reichskanzler Prinz
Max baute, zu'erkennen aab, datz man keinen
Frieden mit den Hohenzollern schlietzen werde.
rsichte am 1. November Scheidemann seine Denk-
schrift ein über die Notwendigkeit der Abdankung
des Kaisers. Nun nahm das Verhüngnis seinen
Lauf. Es folgten Taten der Arbeiter und Sol-
daten, die nicht nur die alte Staatsordnung um-
stietzen, sondern auch das deutsche Volk in die ver-
zweifelte Notlage versetzten. den Waffenstillstand
wehrlos auf sich zu nehmen und den Schmach- u.
Eewaltfrieden zu unterzeichnen, der uns äutzere u.
innere Freiheit und Selbstbestimmung, den Wert
der Demokratisierung und Sozialisierung raubt.
Noch bevor am 10. Novbr. die erschütternden Waf-
fenstillstandsbcdingungen bekannt wurden, schlu-
gen die Matrosen, unbekümmert um die Partei-
führer, in Kiel und Wilhelmshaven los und es
bildeten sich allenthalben in der Heimat, in der
Etappe und an den Fronten Arbeiter- und Sol-
datenräte; vergebens suchte der Neichskanzler,
Prinz Max am 9. Nov. den Sturm durch die ver-
frühte Meldung von des Kaisers Abdankung zu
besänftigen: am 10. war der Umsturz vollendet,
das Heer in der Auflösung begriffen, und nun
fehlte jedes Machtmittel, den sich matzlos steigern-
den Forderungen der Fdinde entgegenzutreten.

Erzberger, der die Waffenstillstandsver-
handlungen führte und auch bei den Friedensver-
handlungen bis zur unbedingten Annahme des
Unannehmbaren die entscheidende Hand im Spiele
hatte. konnte nur zahllose Proteste abfasien, aber
keinerlei wesentliche Milderung erzielen. Sein
Name gehörte unter den Friedensvertrag.

Die Tragödie des Krieges ist aus, das Trauer-
spiel des Friedens beginnt. Erst in ferner Zu-
kunft wird man die Hauptursachen des deutschen
Unglücks erkennen und die Hauptschuldigen richtig
beurteilen.

Die drohende Kohlenkatastrophe

Essen. 30. Iuni. Jn der beutisen oüdentlichsn
Hauptverlsammlung des Vergbauvcrcins wies der
GaschäftsfüHrer auf d.e surchtbare Lase des
Nubrgebietes seit Ende Alpril d. I. bin. In
140 Avbeitstageir sei nur an 22 Tagcn nicht ge-
stceitt woüden. An Schichten seien 6,6 Miillionen
verloven geganaen. Dcx Förderunigsausrall babe
sich aus 3,3 Millionsn Tonnen und der Ausfall an
Lohn auf 96 Mill. M. belaufen. Was wir aus dcn
Trümnrern der Nevolution gerettet üätteni, das sei
uns jetzt vom Feinde genommen worden. Unsere
Vorväte an Steinkohlen würden durch die auif d'.e
Evdvosseluna dcs deutschen Volkes binrieleniden
Frvcidenslbedingungen von 195 Millicittn auf 76
MUlionen Tonnen zurückgebracht wcrden. D'e För-
derung von >Stt-inkohlen, die im Jahre 1913 190
Millionen Tonnen betrug, werde sich in Znkunft
^iuf 91 Milltcmen Tonnen belaufen. dean 60 Mil-
lioneinl Tonnen gingen allein durch die Abtretun-
gen Dsutschlands verloren und fcrner illützten 43.3
Mllionen auf Grund der Fricd-'nsbodingungen an
dle Ewtente ausgeliefert wevdsn, währ-nd der rn-
dustriells mrd gewerbliche Bodarf in> dem vevkler-
uerten Deutschland vor dem Kriege 63 Mill. T.
betvug, würden hierfür in der Folge nicht . meHr
wbe 10 Millioncn Tonnen zur Verfügrng stohen.
Mit deiv Zahlen eröffnet sich <!n gcradezu
trostloser Ausblick. Die Folgen lägen auf
der Hanlo. Dä Deutschland mit Nücksicht auf dle
ganzo Lage des Wcltkohleninailktes und im Hinblick
auf die eigene Zahlungsunmöglichkeit gar nicht in
dcr Lage sei. dcn Fehlbetrag von 53 Mill. T. aus
dem Auslamd zu üeriehen, inützten Millionen und
abermals Millionen Frauen und Manner aus
Deutschland ins Ausland vcrwiesen werden, dcnn
cs fchle jodo Möglichkeit, sie auf deutschem Boden
zu ernä-hr>en. Unsere Gegner hätten ihr Krb'gsziel,

datz Deutschland aufhören müsse. 'Königiq
der Kdhlen zu sein. erreicht. Wir stehen am Grabe
unstrer Wirlschast.

Die Universitätsreform im
Landtag

^ . Karlsrnhe. 29. Iuni.

Pra,ident Kop, eröffnete um 9 Uhr 10 Min
die Sltzung tiinanzminister Dr. Wirth leate
den Entwurf eines Eesetzes vor die Steuererhe-
bung fur das Iahr 1919 betreffend. Dann wurde
die Besprechunq der sozialdemolratischen Jnter-
pellation über die

Reform der Universitätsverfafsnng
fortqesetzt.

Ab.q. Dr. Leser (Dem.): In Heidelberä
besteht an der llniversität ein Reformausschutz dec
ein Daucrausschutz sein soll. Wenn die Universitä-
ten das Selbstbildungsrecht erhalten sollen. mutz
es demokratisch ausgestaltet werden. An Stelle der
oligarchischen Verfassung mutz die genossenschaft-
liche treten. Die llnentgeltlichkeit des Hochschul-
besuches kann vorläufig nicht durchgeführt werden.
Vielleicht könnte man aber die Kollegiengelder dec
Vermögenden höher gestalten als die der Söhne
der minderbemittelten Familien. Die Neform der
Sozialisierung der Universitätsprofessoren wie sie
der Unterrichtsminister schilderte, wäre zu begrü
tzen. Die Assistentenfrage ist sehr wichtig. In Hei-
delberg brach ein Profesfor seine gefellschaftlichen
Beziehungen zu oinem Dozenten ab. weil dieser
der Versinigung nicht etatsmätziger Dozenten an-
gehörte. Zu tadeln ist. datz früher die Sozial-
demokraten nicht und die Iuden nur in seltenen
Fällen zu Professoren zugelassen wurden. Die Kla-
gen der Zentrumspartei. datz Angehörige ihrer
Richtung nur schwer zu Profe»oren kommen konn-
ten. waren nicht unberechtigt. Solche Klagen soll-
ten ein für allemal verstummen. Die Ehren-
promotionen waren bisher zu häufig. Dte
Reform der Hochschulen darf vor den Studenten
nicht Halt machen. Der Studentenausschutz
wird in Heidelberg Lereits nach den neuen
Wahlrefornien gewählt. Reformbedürftig ist das
Disziplinarversahren. Ein Entwurf dazu ist be-
reits ausgearbeitet worden. Wichtiger aber ist
srne andere Reform: Die Hochschulen sind Arbeits-
stätten. Von vielen werden sie aber für eine Ge-
legenheit zum Bummeln gehalten. Das Pauken
sollte abgefchafft werden. Die unberechtigten Pri-
vilegien der akademischen Vildung sind im freien
Deurschland gefallen. Redner begrützte die Grün-
dung der llniversitäten KLln und Hamburg.

Abg. Stockin^er (Soz.): Die Universttäten
waren dve beständigen Pflegestätten dcs Vyzan-
tinismus. Die bisherigen Reformen der Universt-
täten waren nur ein kleiner Schritt. Baden war
der erste Staat. der Neformen an der Universitäts-
verfasiung vornahm. Unter meiner Leitung stnd
auch Vorbereitungen zur Neform der technischen
Hochschule qetroffen worden.

Abg. Maier-Karlsruhe (Deutfchnat): Die
durchgreifende sozrale E e, e tz g eb u n g.
die umfasiende Pflege der Gesundheit u. der
Sauberkeit. die Pfleg.-. k. e r Vildung
stnd Gebiete. auf dcn:n sich das alte Nei ch l e-
sondere Verdieaste erworbnr hat. Heute
fragt cs sich, ob wir sie weiter betreiben konneu.
nachdem wir ein armes verfchuliete? Land v'ur-
den. Eerade in den trübsten Zeite ndes deutschen
Volkes ist aber immer die Hebung des Bildungs-
wefens in Angriff genommen worden. Nur durch
geistige und sittliche Kräfte ist dem deutschen Volk
zu helfen. Äluch die Universitäten sind nicht feh-
lerfrei, aber man mutz d'.e Hand jedenfalls davon
lassen, die llniversttüten zu politisieren. Eher
follte man die Universitäten fozialisieren oder 11-1^
tionalisieren. dsnn die nationaleArt mutz auf
unscren U n i v e r s i tät e n' gepflegt werden.
Insofern gibt es äuf unseren Universitäten auch
Schatten. Wenn Dr. Leser über die Zurückfetzung
der Iuden sich beklagte. mutz man auch sagen. datz
Iuden vielfach bei den Professoren bevorzugt wur-
den. Die Reform des Studentenlebens ist auch
besprochen worden. Ueber die Studenten darf ich
aber hier meine schützende Hand halten. Selbst
über das Mensurwefen kann ich nicht so herb ur-

Ruhm muß erworben wcrden; die Ehre
A braucht bloß nicht verloren zu tverden. Ä

Schoppenhauer ry

Oie blaue Spur

NoMan von Iulius NegiZ
Aus dem Schivedischen überfetzt von E. v. Kraatz
(3. Fortsetjiriig)

4.

D-r ertönte wreder eine Hupe. D:r Kommisiar
blickte auf.

»Wa§ U denn.das?" fragte er verdrietzlich.

Beyler u»d Pauline wechfelten einerr Vlick
ung grngen dann hastig auf die Djiele hinarls.

»Das ist er!" flüsterte Beyler.

Pauline öffnete dio Haustiir. Der wachha-
bende Detektiv redet mit einer hahen Geftalt dis
-auch^nit oinem Neze.rmaiitel unrhüllt war.

.'Ich kom.ne vom »Dagscuvir". hörte sre eine
uugemöhnlich tiefe >und beherrschte Stnnme sagen.

»a.reten Sie ein. Herr Wnllionl" saate Pau-
u»e mit ennem Seufzer der Erleichtermrg.

Dcr Fremde lüftets den Filzhut und feiire
ruhigen grauen Augen hefteten stch mit durchdrin-
aendeiN' aber froundlichenr Blick auf das junge
Madcl>en.

. »Guten abend. Fräulein Hesiclman," saste er.
urdein er ehrer Ausforderung folgte. „Guten Tag.
^^ler. dies natürltck» als deincn Auf-

trag auf '.

..Natürlich!" erwiderte Beyler und schüttelte
dem Kolleaen fehr hcrzlich die Hand.

Paulme betrachtet^ ALaurice Wallion ver-
iwhien. wahrend cr den Mantel crbleate. .Soin
rcharfgo!chnittenes. glattrasiectes Gencht inil der

Stirn UND dü.n vorsprMgenden Kinn
mitt» aller Unfchönheit einen energischen.

I bstarken Eindruck. Er und Benler wcchfelten
lelfe Fragen. Tlann richteten sich

^ t!:!len avauen Augen roieder auf Pauline.
li^?-^- Hesielman —" sagte er. -und soine
nen O'ng io .vu Herzen. — „ich kann Ih-

vor-uusig mchts wmter sagen. als datz ich

nichts unterlasien wevde. was ich für Ste tun
kann".

Jetzt lietz sich von der Etzsaaltür d'.e über-
raschte Stimme des Koimmisiars vernohmen.

»Was sehe ich? Wie kommen Ste denn hter-
her. Herr Wallion? Vedsutet das wieidor sin Zu-
sammenavbeiten der Presie und der .P-olizei?".

„Sie harben es crcaten." erwiderte Wallion
mit einem flüchtigen Lächeln. »Es ist ja nicht das
erste Mal. nicht wahr?"

„Erinnern Sie „rich nicht an das uckfeligs
Browninarätfel." versetzte der Beamto mkt schoin-
Äarem Verdrus,. »Na. dann koininen Ste nur rsinl
Sw habsn nun eininal Vorvechte. Jch htn im
Begriff. ein vorbereitendes Verbör der Menst-
boten vorzunohmen. Bvingen Ste nur nicht zu-
uiel Lavon in Ibrer Zettung!"

Sie gingen alle znsainmen in den Etzsalal hin-
oin.

„Hast du eine Zigarette. Beyler?" saate
Wallion, tiidem er Platz nahm. »Eine mtt Gold-
mundsbück? Damk-e!"

Er lochnte sich in sotner gowochnten. still abistar-
tenden Art tn dem Stichl zurück und hostete set-
nen Vttck auf den Beamten.

„Um elf llhr befrnden sich sechs lbokannte Por-
sonon in dissem Hause." begann -der Kommisiar.
„Dts Köchin Annla Nielsson. das Ztmmevmä'dchen
Agnes Vrandt und der Bodiente Iahn Andors-
son schliosen jeder in sestver DackMminrer. Fräu-
lein Hesselman fchlief ebenfalls. und auch Herr
Bcyler^ war auf einom Stichl sitzend im Salon ein-
gofchlafen. Nur Dr. HesielmMn avbeitete -tn soinem
Schreibztniimer. Etwa zohn Miiauten nach elf,
knallten lamt Fräulein Hess'.lmans Aussage, rn
>der Nichtnng aus des Doktors 'Zimvmer drei
Schüsse. durch welche auch Iohn. Anldersson aus
dom Schlaf goweckt wuroe. Was taten Sie. als
S're die Schllsie hörten. Andersson?"

„Ich sprang aus dom Bett. wavf mich in die
Kleider und stürzte die Wendeltreppe himinter.
Dte Tür —"

»Halt! Was dachten Ste, während Ste! das
taten?"

»Ich dachte. datz ei.i Unglück aeschehen wäre".

, „Etn Unglück? Nicht vielmehr ein Vevbrechon?"

„Nein".

„Sie hielten die droj Laute also. nickst nftt Bo-
stimmtheit ftir Revolverschüsie?"

„Nein".

»Wrren Sie der Ateinung, datz die Töne Ms
dom Arboitszimmer kämen?"

»Fa."

„Nun inöchts ich wisien, was Sie sahen. als
Sie durch das Fenstex des Arbeitszimmers herein-
kletterten?"

»Ntchts we-ter. als den tot aim Boden liegen-
den Herrn Doktor".

»Aber das Fensd'.r stand offen, u»d das Licht
brannte. wts Sie schon sagten?"

«Fa".

^.Waren die Feirsterhaken eingefetzt?"

„Nein".

»Bvannte autzer dem Zinrmerdeckenlicht äuch
die Schreibtischlampe?"

»Nein".

»Welchen Weg fchl.igen Sie ein. um a>r das
Fenster zu gelangen?

„Ich lief durch die Hatte und die Glastür im
Efsiaal".

„Bomerkten Sie im Garten oder drautzen vor
dem Fcmstor irgend etwas Ungewöhnliches?"

..Nein".

Der »Kominisiar untevbrach das Verhör. um
seine Notizen durchzulesen.

»Davf ich eine Frage an Andersfon richten-,
Herr Konrmisiar?" fragte Wallion rMl>a.

„Gowitz!" erwiderte der Boamle mtt eineim
Anflug von Neugier.

„Anderüson." suhr der Verichterstatter fort,
«wissen Sie wirklich noch genau. was Sie taten.
als Sie die Schüsie hörten?"

Der Dioner sah ihn überrafcht an.

„Ia. Herr Wallion".

„Sie sagen, Sie wären unter der Annahme datz
ein Unglück gefchehen sei, aus dem Vott gesprun-
gen und tn die Kleider aefahrcn?-

„Ia".

.MUe ka,n es dann. datz Sie sicb dennoch Zeit
lres^n. einen Kragen umzulogen und ihre Kra-
watte so sorgfnltig zu binden?" svaate Maurice
Wallion langsam

Der Diener verzog keine Miene.

»Das sand ich natürlich." saate er.

»Ich alber nicht," eniVeaiiete Wallion trocken.

Der Kommisiar hatte Wallion raich und bot-
' stimmeud zugenickt.

»Bloiben Sie bei Ihrer Aussrge. Andersson?"
fragte er nach einer Pauie in ernst-mr Tsn.

«Iawohl. Herr Kommisiar!"

„Gut. Sie iit zn Pratokoll genemmen. Iyc
Ziinmer wird noch in AugenfchKn genommen
werden". . ^ ,

lDer Diener inachte erne gemesiene Verbeu-

^^räuleän Hesielman," fnhr der Konrinissar
freundlich fort. »sind Sie aswitz. datz Sie drei
Schüsie hörtsn?"

„Ia." saste Pauline.

„Mas taten Sie zuerst?"

Das junae Mädchen berichtete, datz es gesehen
habe, datz es im AeLsitsziinmcr dunkel gewefe!'.
sei. und datz das Fenster offsn nnd die Eurteir-
pforte nur angelehnt gestanden hätte.

„Finden Sie es nlicht merkwürdig. datz Sie so-
fort -aufwachten. obgleich Ihr Zimmer i,n erstrn
Stock des anderen Flügels liogt?" ,

„Nein. ich habe einen sehr leifrn Schlar.

. Und Sie wutzten oleich. datz es Neoolver-
schüsie waren?" , ,

„Ia. ich habe selbst ost mit dem Revolver nach
der Scheibe geschossen".

„MI" machte der Komiinsiar und blickte auf.
„Bositzsn Sie oinen oigenen Reoolser? Auch der
Seraoant legte plötzlich Interesie an den Tag.

»Ist es diüser?" > . _ .

Der Kommisiar leate den ausgefundenen Re-
volver vor sie hin.

„Ne'm " sagte das luiige Madchen hastlg. „Nein.
das ist er nicht. Mein Vater hatte elnen Bro.v,

Der Koimmiffar machte ein verhlüfftes Gosicht-

„Was sagsn Sie dazu. Herr Malllon. fragtc.
er nach einer Sveile.

Der Berichtorstatler zuckte itumin die rtchsetn.

(Fortsetzung fola').

tzumor vom 2^age

» Nahrhast. „For dreitzig Fennichs TortewM
ick. aba wo recht ville Schaum drnff is — Baoder
rasiert sich inimer damit... I"

* In der Schule. „Mnx. nenne mir oincn„Gr-
 
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