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(Anabhängige Tageszeikung)

Verkündigungsblatt für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Bayern, Sessen «nd Würltemberg.

Nr. 149

Drenstag, den 1. Juli 1919

61. Iahrgang

Der Frieden

Die Ratifizierung dcs Friedensvertrages

Die Times meldel aus Paris: Nach einem Be-
schlutz der Aüiierteukonferenz soll die Natifizie-
rung des Friedens mit D-utfchland in allen
Parlamenten der alliierten unv assoziierten
Staaten innerhalb Monatsfrist erfolgcn.

Aus Gent erfährt das V. T.. dasi irach dcm
ALatin in den Frisdensvertrag sine Vorschrift
eingojiügt wird. nach der nicht nur die Deutsche
Nationalversaimmluna, sondern auch di^ preussi-
sche und bayerische LandesverfMKMkung den
Dertrag in einer festgesehten Zeät ratifizieren
müsse.

Wenn dies nicht wieder eine der Lekannten
Näubermeldungen de-, Matin ist. läge hier oin
Qbevnialiger Versuch vor. die Neichsernhoit
Doutschllmds zu ftören.

Warum China nicht unterzeichnete

In e'vner Erklärung der chinesischrn ALordnung
wird zur Erklärung der Nichtunterzeichnung aus-
geführt. dak sie die llngerechtigkoit tn lder Nege-
lung der SchvMtungfrage ompfinde und dcvft die
chinesische Delogation anl 4. 5. denn Fünfervat ei-
nen Proteft überreichte. Die Erklärung legt wei-
1er dar. das, der Brschluh der Konferenz. Japan
diH doutschen Rechte in Schantung zu übertragen.
einen nationalen Protest erzeugte. und daher koi
die chinesische Regierung gezwungen,
im Hinblick auf den versinten Widerstand der ös-
fontlichen Meinung die Annobme Ler rn Fnrge
kommonden Klausel abzulehnen.

Rumänien und der Fricdensvertrag
mit Amerika

Das Atgemeen Hand-»lsbladet melLet aus Pa-
ris: Rumünien werde bei der Unterzeichnung des
Friedensvertrages mit Oestcrreich viellcicht
dom Beilspiel Lhinas ?olgen. dg es mit don
angebotenen Bodingungcn ebenfalls lunMrieden
sei.

Frankreichs Schutzbündnis

Havas verbreitet die Mitteilung. die Veroi-
nigten Staaten und Grotzbritannien hätton sich
verpslichtet. Frankreich thron BeistaNd zu ge-
währen, für oen Fall. das, es Gsoenstand ciines
^icht provo^zierten Angriffs wüvde. fügt hinzu,
»ak es sich um eine auf die Ersülkmg dcr Frie-
densbedinsimrgen. also aus den Zentraum von
15 Jahren. bezügiichc Erklärung handelt, n i cht
abex uin eine allgemerne und uneingofchränkte Al-
llanz

Poincare dankte Wilwn bei dessen Ab'chieds-
besuch. dcrfür. das, er noch aim gleichen Tag?
an dom er Europa oerlasse. den Vertrag unter-
zoichne. welcher Frankreich die Unterstützung
der Verormgten Staaten für den Fall sichert. datz
ss i)u einem Krrege herrusgefovdert wird. Der-
selbe Nertvaa wurde auch durch Lloyd Eeorae
rm Namen Erotzbritannielns unterzeichnet.

Deutsche Trauer

Dcr Reichsverband deutscher Un-
teroffiziere hat anlätzlich der Unterzeichnung
des Friedensvertrages durch Telegrcmmr an alle
^orpsverbände für seme Mitgl'-der folgenöe Pa-
role ausgegoben: „Dmtschtand war gezwungen.
emen Schmachfrieden zu unterzeichnen. und es
mutz Angohörige des eigenen Volkes fremdon Na-
tionen preisgeben, um der völligen Vernichtung
zu entgchen. Kameraden, wic forder-n auf als
autzeres Zoichen unserer Trauer sofort für 1 4 Dage
Trauerflor anzutegen '.

Ententekritiken

4/-r süidafr'tkanifche General Smuls erklclrts
aus Befragen des Vertretcrs Reuters. er habe den
FriedonLvertrag unterzeichnet. nicht. meil er i h n
bcfrjedigt habe. sondern weil es unbcldingt
nolweNdig war. den Krieg-zu beenden. Dcr Vsv-
t.ag sei lSdiglich eine Liquidation der Krregslage
dcv Mlt. Nur ein neuer Eeist d-sr Grotzhergigke.t
l'nd Menschlichkeit, der untcr den allgemeincni Lot-
den und dcr Trciuer in den Herzen der Völker er-
wache. känno die Wunden am Kö ver der Ehrrsten-
lieit beilen. Im Fciedonsoertrag sei wenigstcns
Swei'rlei endgiiltig gclungen: die Zcrstörung des
vreutzischsn Militarismus und der Völkeilbmrd. Dc:
Wiederauiüau der zerstörten Welt sei
unter zmei V o r a u s s e tz u n g e n mLglich: Er-
stcns mübten die Deutschcn das britische Volk vvn
ibrcm ehrl'ichcn Miklen überzeugon, zweitens miitz-
ten die Alliierten davan denken, datz Gott ihnen
den übcrwältigenden Sieg nicht verliehen hcvbo zu
kleuieii selbstsüchtigen Zwecken, sondern sur Errei-
chung grotzer Ideule. rvelche die wahren Sicger in
^sem für ideiüe Z.-vecke gcrührten Kricge waren.

Seörohiiche Streiklage in Serlkn

Der ^treikwahnsinn

geht wieder rmr! Karrm vst es gelmrgen, den
Eisewbcvhnerstveik ein wenig cinzudänrmem, ist cs
den kommunistisch'n Drahtzrehern gelungen, die
schon seit Mvnaten vom Streikgrft infizierlen
StvaLenbahner aufzuputschen. Berlm steht vor
einem Verkehrsstreik. wis es rhn noch nicht
crlobt hat, denn einschlietzlich der Hochbahn unv
der Omn'ibusgcfellschaften werden ctwa 22 000Per-
scnen in den Streik trcton. Und warnm? Das
wissen dio Gelschobenen und Verführien wobl sel-
ber nicht, denn sionst könnten sie nicht Dle im ge-.
genwärtrgen Moment unsinnigc Fordcrung elner
Ent.chuldungszulaae von 700 M. für den Mann
verlangcn. Das würde etwa 10lH Millionen Mark
ausmachen, die nunmebr. da die Stratzenbahn in
Kommunalbesitz übergchen soll, von der Allgemein-
hcit aufg-bracht werden müffen. Das Vevhalten
der Verkehrsangeftellten hat mit Sar'alismus
nichts mehr su tun, es ist reinster Klaffendünkel
und Machtkitzel. der neuc Verh'tterung und Ver-
ärgerung ertzoust. Das ist der Bodrn. auf bem die
Saat der Kommunisten g'de'ht, ahoc e- stnd Gift-
pslanzen? Die Rcgicrung mutz endlich d'e Energ c
au.sbringcn. dem gemeingcsährlichcn Trevben drr
Kcmmunistnr ein Ende zu bereiten, sonst kommt
Deutschland nie zu der fo bittcr notwendlgen Ruhe
ui d Ordnung zum Wiederaufbau. Cnerglc, Kvafi
und Mut, aber vor allem den Willen dazu, das ist
es, mas wir von der Rcgierung fordevn nrüffen,
wenn wir nicht imnr^r mchr ins Dhaos veösinkon
wollon?

Der Verkehrsstreik

ist heute morgen in Kraft getreten. Der Drahi
bcrichtet darüber:

(.) Verlin, 4. Zuli. (Priv.-Tel.) Das Be-
triebspersonal der Berliner Verkehrsgesell-
schasten hat sich mit überwiegenver
Mehrheit für den Streik ausgesprochen, fo-
datz Berlin von heute aü ohne jegliche
Verkehrsmittel ist. Auch Stadt- und
Vorortbahnen verkehren nicht. Lcider ijt eine
längere Dauer des Verkehrsstreiks zu er-
warten. Anch der Streik der Eisenbahn -
arbeiter flackert wieder auf. Metallindu-
strie- und Schwerarbeiter bereiten eine Sym-
pathiekundgcbung vor. Die Blütter erfahren
zuverlässig, datz der Eisenbahnerstreik von den
Kommunisten mit dem Gelde Dcr ungari-
schen Räterepublik gcmacht worden ist.
Ein Teil diescs Celdes ging auch nach Ham -
b u r g.

Anordnungen Noskes

Verlin. 30. Iimi. ReichswohvmMister Noske
untersagte in einem Erlatz allen im Belagerungs-
Mstandgebiet gelegenen Wcrffen- und Munitions-
fabvrkon dan Zwischenha>nd.el und jeglichen
Verkauf von Waffen, Munitio,n und Sprena-
mitteln.

Verhaftungen von Kommunistenführern

Verlin. 30. Iuni. Der Kommunistenführer
Herfurth, gegen den seit langem e,in Schutz«
haftbsfühl vorlag, ivurde festgenommen. Ferner
wurde der Kommunist Karl Emonts. einer
der Führer des allgemeinen Vrrbandes Deutscher
Vankbeamten gestern nachmittag oerhaf-
tet. Zn einer Versammlung der Erotzberliner
Dankbeamten wurde die sofortige Freilassung
Emonts verlangt. widrigenfalls die Bankbamten
heute mittag 12 ilhr in dcn Ausstand treten.

Die Lage im Reich

zeigt Sbenfalls ein wenig bcruhigendes Brld.. Die
Kommunrsten haben ihre Fäden überall hmge-
spcmnon. sodatz. an vevschicdencm Orten Putschver-
suche gonracht wurden. So wird heute aus Biele-
feld bevichtet:

Berlin. 1. Juli. (Prioattel.) Zn Biele-
feld sind in Fortsetzung der Lebensmittelkra-
walle neue schwere AusschreHungen
vorgekommen. Bei blutigen Zusammcnstötzen gab
es Tote und Verletzte. Es gelang den Kom-
munisten stch in drn Besitz von Waffen-
vorräten zu setzen. Rathaus und Bahnhof
sind von ihnen besetzt. Die Vehörden haben R e-
gierungstruppen zu Hilfe gerufen.

Die Lage in Hamburg

Di^ Vossische Zeituna meldet: Dre Truppen
Lettow - Vorbecks wcrden <rm Drcnststg
friih in Hambnrg von drei Seiten ein-
rücken. Lettow-Vorbeck erlätzt in den Hamburaer
Zeitungen zwei Brkanntmachunaen. In der ersten
gibt er bekannt. datz er mit der Führung des
Korps bciaustragt sei. uird datz er die Rul>e in
Erotzhamburg wieder herstellen solle und werde.
In der zweiten Vekanntinachung wird bestimmt:
Ällo VersammliunMN unter freism Hrmrirel stnd
verboton, aller VerMnmlungen in geschloffenen
Räuinen bedürfen moiner Genehm'rgung. Das Er-
scheinen neuer Z-ritungen und die Verteilung von
Flugbchttcrn unterliegt meiner Genohmüaung.
Uin Mitzverständniffe beim Einrücken der Reichs-
wehr zu verhindcrn. wird bekannt segeben. datz
für die Dauer der Anwosenheit des Korvs Lettow-
Norbeck. die Volkswehr beurlaubt wird. D:e
Mannschaften beziehen jhre Gebührniffe bis 01.
Iuli.

Der „Corriere della Sera" führt rur Fricidensun-
tcrzeichnung u. a. folgendes aus: Es soi feltfam,
datz man die Italrener daran, erinne-n müffe. datz
auch Jtalien gestegt habe und katz es dcvher aru'
drn Sieg feiern sollte, mie es in Paris goschieht.
Italiens Freude sei allerd'ings getvübt. weil ihm
sein Siegcsvreis strittig gemacht weöde. Dcutscy-
limd nrögo sich bewutzt sein, dah dis Kritik am
Dcrsarller Vertraa nicht von ihm allein,
sowdcrn von den Siegern sekbst ausgohe. und vs
möge sich diche Tatsache für die Zukunft aufschrei-
bcn. — Der „Secolo" stellt fest, datz dbüser Friedc
von Männern von blotzer Mittelmätzig-
kcit gemacht worden sei.

Der ehemal'ige ruffi chr Generallffimus Eurko
hat srch über die Wirksamkeit des Völkerbundes da-
hin gväutzert, die klcinen Nationen würdon
keine Möglichkeit halben, ihre Nout''alität su wah-
rcn, sondern in die künftigen Krrege hineingcLwun-
gen wecden.

Eine Votschast Wilsons

In ciner an das amerikanische Volk unmittclbar
nach dsr Unterzeichnung des Friedensvertrages ge-
sandten Botschaft dringt Präsrdent Wilon.a
dic Annahnve des Frred-'N's und dcs Völkenoertra-
ges ohne Abänderung oder Vorbebal
Er nennt den Fricdensvertrag das grotze Mkom-
m"u oinor N-euordnung der Dinge. das Erund
sür erne tiefo Eenugtuung und allgemeiire Beru-
higung biete.

Der Oberste Wirtschaftsrat bleiöt

Der Rat der Drei hat beschloffen, datz der Oberste
Wirtischckftsrat in abgeändertor Form werter bcste-
hcn foll, um dre Organisation aufrccht zu erhaltcn
uud um als Vrndegl'red zwischen den verschie-
dewen Mliierten zu drencn.

Deutsche Kriegsschiffe für Velqien

Wre dcr Nieuwe Rotterdanr'che Courant aus
Biüffel moldet, siud gostern in Antwerven 11 Tar-
vedoboote sowie andere Schiffe der dcutschen
Kriogsflotte. die nach der Unterzeichnuirg dcs Fr're-
densvertrages nach Holland verbracht rvovden mo-
ren, angekomnren; sie wurd n von einem Voi'trrtcr
dex belgüschen Rogierung übernommen.

Die Mörder von Serajewo als
Nationalhelden

^Äus Belgvad wrrd bev'chtet: D'.e Leichen der
berden Mörder von S^aiowo, Princip Cabri-
nowitsch und Grabez, stnd vor KuEm aus
Veranlaffung der serbischcn Negierung ausgegra-
ben worden und sollen untcr grobom Ponrv in ser-
bijch'r Erde w'reder bcig setzt werven . Den Feier-
lichkeitcn sollen auch Vertveter der sranzösrschen, eng-
lischen und anderer aüiiertcn Staatnr beiwohnE.

Das ist die richtige Illuistration der Entcntetn-
gend: den Kai'cr vor Gcricht stellen und die Mü.
der Franr FerdrniandL als Mcirtyrer ohrenl

Nach dem Frieden

So ungeheuerlich die Schwere der letzten
Entscheidung ist, die nun gefallen ist: an dem
Vilde der Lage, der wir für die nächste Zukunft
entgegengehen^ vermag sie, es ist schmerzlich,
das auszusprechen, kaum etwas zu ändern.

Mas wird nun aus uns werden? Diese
Sorge haben wir, insoweit sie unser Verhält-
nis zu den Sieger-Nationen angeht, schon
während der Periode der Ueberlegung über
Unterzeichnung oder Nichtunterzeichnung gc^
nügend erörtert. Es ist gar kein Zweifel mehr
darüber möglich, wie schlecht es uns in allen
Stücken ergehen wird. Und doch wäre es
falsch, wenn wir uns nun mit dem Fatalis-
mus, der ja auch so vielen den Entschlutz zur
Unterzeichnung eingegeben hat, der Meinung
überlaffen würden, wir könnten künftig über-
baupt jede rKaftanstrengung unterlassen, ste
sei ja doch vergebens und erfolge blotz zu^
Nutzen unserer Ueberwinder. Wir werden,
vielmehr sehr bald, nachdem wirklicher F
denszustand eingetreten, d. h. der <Hriedens-
vertrag ratifiziert und in Kraft getreten ist,
vor eine neue Lage gestellt sehen, und es wird
für die Vewertung unserer heutigen Ent-
schlüffe sehr gut sein, wenn wir uns mit dieser
Lage schon einigermatzen vertraut zu machen
suchen.

Diese Lage wird sich nus dem Lharakter des
Friedensvertrages, wie er entstanden und
durchgesetzt worden ist, ergeben. Und dieser
Eharakter ist der: datz der angelsächsische Ee-
danke des V ö l k er b u n d e s, der für die Zu-
kunft ein Zusammenarbeiten mit dem unge-
ffährlich gewordenen Deutschland, namentlich
auch in wirtschaftlicher Veziehung, ins Auge
faßt, durch das Prinzip der französischen
Hegemonie über das festländische Europa
verdrängt und unwirksam gemacht worden ist.
Dieser Erundsatz der'französischen Politik gcht
auf die Fortsetzung der dauernden Niederhal-
tung Deulschlands mit allen wirtschaftlichen
und politischen Machtmitteln hinaus. Ihm
dicnt auch die Bildung der neuen slawischen
Randstaaten in unserem Osten, die nichts als
französische Vasallenstaaten sein werden, und
die grausame Verechnung. mit der die völlige
Vernichtung Deutsch-Oesterreichs, in dem man
die einzige Quelle künftiger Stärkung für uns
erblickt, duchgeführt wurde. Der Völkerbund
hat immerhin das Jdeal im Auge, nach dem
Friedensschlutz eine wirkliche Befriedung ver
Melt allmnhlich herbeizuführen, und seine
Verfassung, so schlecht sie auch nach den Pariser
Veschlüffcn ist, bietet doch eine Möglichkeit zu
solchen künftigen Entwicklungen. Die deutsche
Antwort hatte darum jüngst auch auf die s o -
fortige Aufnahme Deutschlands in den Völ-
kerbund das grötzte Eewicht gelegt. Die
nahme diescr Forderung würde die Aussicht
eröffnet haben, daß der Plan, den sich die fran-
zösische Politik für die Eestaltungen in den
nächsten Iahren nach dem Kriege zurechtgelegt
hat, doch an dem Widerstande der anderen
Mächte scheitern würde. Damit ist es nun vor-
läufig nichts, und wir haben uns darauf ge-
fatzt zu machen, datz die Revision des Ver-
trages, die ja selbstverständlich bald kommen
mutz, erst nach einer Periode eintritt. die ge-
radezu eine Fortsetzung des Krieges
mit anderen Mitteln, aber kaum weniger
grausani als dieser, darstellt. Erst mutz den
heute mit Frankreich vcrbündeten Völkern ein
Licht aufgegangen scin, datz sie einer Sonder-
politik dienen, die weder ihren eigenen Zn-
tercffen noch denen dcr übrigcn Welt'fö'derüch
ist. bis diese schmäbliche Politik in Scherben
bricht. Datz diese Erkcnntnis kommen wird.
ist höchst wahrscheinlich, und zwar nicht nur be!
den Schichten, von denen viele bci uns die
utopistische „Weltrerwlution" erwarten. sonr
dcrn früher und gründlicher bei den herrschen-
dcn Klaffen, die den Problemen des Friedens
auch wieder einmal mit Friedensgehirnen ge-
genüberstehen werden.
 
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