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Haupischriftletter: kurt Fischer in Heideiberg.

Druck und Derlag: Hetdelberger Derlagsanstalt und Druckerri, G. m. b. H.

(Unabhangige Tageszeitung)

Verkündigungsblatt für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Bayern, Hessen und Würllemberg.
Nr. 19Ö"" Montag, den 18. August 1919

61. Iahrgang

Das Wichtigste vom Tage

Zn Oberschlesien versuchen die Polen
durch Pqtsche die Eewalt an sich zu bringen.

Die Nationalversammlung hat am
Samstag die Eesetze gegen die Kapitalflucht. über
die Kriegsabgaben, Erunderwerbs-, Aündwaren-
und Spielkartcnsteuer in 3. Lesung endgiltig
angenommen.

Der Neichsrat hat das Vetriebsräte-
gesetzgenehmigt.

Die Reichsregierung hat der Nationaloersamm-
lung einen Eesetzentwürf über Enteignungen
aus Anlatz des Friedensvertrags vorgelegt.

Der ehemalige russische Minister nnd Botschaf-
terIswolski, einer der Haupthetzer zum Kriege,
ist in Paris gestorben.

Die Südslawen protestieren gegen die Ein-
setzung eines Habsburgers als Herrscher U n-
g a'r n s.

Die neue ungarische Negierung ist
nunmehr endgiltig gebildet; Sozialisten gehö-
ren ihr nicht a n.

Nach tschechischcn Meldungen droht wrgen des
Tetschencr Gebiets ein Krieg zwischen Polen
und dcr Tschecho - Slowakei.

Die ganze Vukowina soll an Rumänien
fallcn.

Die britische Negierung hat sich jctzt endgiltig
gegen die Verstaatlichung dcr Kohlen-
bergwerke entschieden.

Dcr Parteitag der Schweizer Sozialde-
mokraten hat sich gegen die Veteiligung
der Schweiz am Völkerbund ausgesprochen.

Zum Gouverneur von Belgien wurde
der französische Eeneral Grasiani ernannt.

Die Friedens-Durchführung

Die RaLifikation durch Frankreich

Mach de,n „Zournal de Eeneve" dürfte dic Na-
tisikation des Friedcnsvertraages in Frankreich
cnn 15. September ersolgen.

Die Zukunft des Memelgebietes

D?r LokalaMeiger meldet aus Königsberg: Die
nach B:rlin entsandte Kommission zur Klärmng
der künftigen La.ge des MemelgeLietes übew,
rcichte Len Vertreternl der AllMrten eine Denk-
schrift. Divs« sagten schnelle ErleLigung der
Angolegenheit zu.

Eine angebliche Erleichterung in den Kohlen-
liefernngen

soll nach Äorr B. Z. am Mittag in Versaailles sr^
reicht nwrden Mn, nnd öwaar Lengestalt. Lah die
Ententekommission sich nach längerem Verhandeln
Lereit crklärte, sich vorläusig mit einsv Lieferung
von monatlich Millionen Tonnen
also gerade die Hälsto der im Friedensoertras
brstMmten Menge, zufr'.eden zu «eben. Dieses
?.U3aständ'nis sei nur anf Widerruf gcmacht wor'
deu. — DcimgeigenüjLer ist fosizustellen. dcch auch
d'che Milderung keine Erl ichtsrung Lcdeuten
würde. da arch di.se Mengc unter den gegenwär-
tigc? Vevbältnlsssn nicht gellefert worden kcrnn
nd die scllwecstm Folgm sür alle VsrLvwucher-
Jlvdustrie und Hausbrand. im ko-lmnenden
Ll.n cr unausbleiLlich wärcn. Es mühte daher
da:- von dcr B. Z. berichtete „Zugestärüdnis" als
vollig unzureicyend deutscherchts Legeich-
nct vnd eine wcite:e HeraLse-tzung der Lieiftrun-
gcn mit allm Mittcln erstrebt werden. Eino ver-
'umt gc Vasis fiir bn'riodigende V'rLandlungen
"'Ur dr-nn g'gobcn, wenn die dautschon Koblen-
b.rIwrclc ,hrr Förderung ganz scheblich steigern.

ArLeiLZzwattg itt Oberschles

. ^Ull. Zuc Strciklage in Ol

"Vivcioärtü" aus Königs
^ o.n: (i-sicru hat sich inchts geandert, mc
d >. ^ 7^u-te init dcm Zusam 'in e n

Losl btrsiks. Die Verkundigung de
ae- uges steht für bente bev.

Streikcnden, die hcutc dio Arbe
aUsnsymm. wiirden schärfste Mahnahmen e

derdmperialismus -er Polen beginnt

Bedrohung Oberschlestens — Der Streit um Teschen

Die lieben, edlen, harmlosen Polen, die ver-
hätschelten Ententelieblinge^ beginnen die
Krällen zu zeigen: nacktester Jmperialisnnks,
HaLgier und Rachsucht treten jetzt zu Tage.
lleberall suchen sie hier und da ein Stück Land
zu erschnappen, um es unter die beglückenden
Kultursegnungen des weißen Adlers zu brin-
gen. Der erste Schlag wird natürlich gegen
das durch den Friedensvertrag wehrlofe
Deutschland geführt, und Oberschlesien.
das durch politische und wirtschaftliche Streiks
durchwllhlte, haben sie sich zum ersten An-
griffsobjekt ausersehen. Der Draht meldet
darüber:

Kattowitz, 17. Aug. Zn der Nacht zum 17.
August versuchten polnifche Banden im
Kreise Pleh durch einen Putsch die Eewalt
an sich zu reihen und das Militär zu entwaffnen.
An den meisten Stcllen ist dcr Vcrsuch mitzlungen
und die Truppen Herren der Lage geblieben, so
in Pleh, wo ein Teil der Angreifer auher Eefecht
gesetzt und ein anderer Teil verhaftet worden ist.
Ebenso blicben die Angriffe auf unsere Feldwachen
im Südteil von Obcrschlesicn erfolglos.

Nur in Pazracan gelang cs den Aufrüh-
rern, eine Vatterie, d e wcgen dcr Unterbringung
dcr Pferde in Bürgerquartieren weit verstreut lie-
gen muhte» zu übcrrumpeln und zu entwaffnen.
Weiter habsn die Znsurgenten den mit Trupprn
nicht belegten Ort Tihau und den dortigen Vahn-
hof sowie die Postanstalt besetzt. Eine militärische
Aktion zur Unterdrückung des Aufruhrs ist im
Eange. Weitere, Truppen sind nach Ober-
schlesicn gesahren.

Wie verlautet, haben die polnifchen Organisa
tionen Oberschlcsiens, die nrcht gewillt sind, d'e
Entscheidung über unssr Schicksal abzuwarten, für
heute Nacht cinen allgemeinen Auf-
stand in ganz Oberschlesien gcplant in der Ab-
sicht, die Eewalt an sich zu bringen. Haller-
sche Truppen sollen nach d:r Durchführung d'.e-
ses Planes einrücken, um die neucn Machthaber zu
unterstützen.

Mit Vcstrnnntheit acht aus dnn vorgefurchenen
Material hcrvor, das, auch der allgemeine
Bergarbeiterstreik mit de„ Plänen der
'vberschlesischen polnischen Organisation
zusammenhängt. Einen weitcren Beweis
für dic der Vevölkerung Oberschlesiens drohende
Eefahr brachte eine allgemeine Haussuchung in
dem Dorfe Halemba, wo zahlreiche Waffen und
Munition gefunden wurden. Die Anfübrer der
dortigen polnischen militärischen Organisation lie-
ferten den Veamten und der Truppe ein regel-
rcchtes Feuergefecht und bühten dnbei zwel
ihrer Mitglieder ein.

Der ganze Wahnsinn unserer Politik rächt
sich jetzt. HallerscheTruppen, also die-
selben, die wir erst schön durch Deutschland nach
Polen transportiert haben und für deren
Harmlosigkeit Herr Erzberger seine Hand ins
Feuer legte, unterstützen die PutschLewegung.
Unsere Unabhängigen und Kommunisten, die
in irrsinnigem Eekreisch immer wieder die
Zurückziehung des Erenzschutzes verlangten,
weil sie eine „Provokation" der polnischen
„Brüder" sei, werden nun wohl bald ande-
rer Meinung werden. Hoffentlich gelingt es.
der militarischen Lage Herr zu bleiben. An-
gesichts der drohenden Vergewaltigung deut-
scher Eebietsteile durch die Polen ist die nach-
folgende Meldung über den Eang der

Die Kriegsgefangenen

Nach Mtitteilu'va von gut unterrichteter Soite
sollen allo Leutschcn Kriegsgefangenen in
S e r b l e n bmuen kurzer Zejt in ihre Heimcvt
entlassen werden. Der Abtransport in Ser-
bien werde voraussihtlich «m 23. Uu.aust boainnen.

Ain Swinstag abeud ist in Berliu rmch aben«
tciuerlicher Reise eiu Teil der'Mitalieder d«r Dout-
schen Noten Kreuz-MWon wus Rustland anae-
kanrmen. Ueber rhre Erlübniste wevden ausfüihr-

Vcrhandlungen mit den Polen
besonders pikant:

Vcrlin, 17. Aug. Die Verhandlungen mit den
polnischen Delegierten nehmen einen besriedi-
genden Berlauf. Bei den Berhandlungen
der Kommission für Jnternierte und Kriegsgefan-
gene ist in allen Hauptfragen vollkommene Ueber-
einstimmung erzielt worden, besonders darüber,
dah für alle aus Anlah der nationalen Erhebu>.
begangene Verbrechen — gemeinc Verbrechen aus-
geschlossen — bciderseits eine Amnestie erlassen
wird, sowie dah die Znternierten ausnahmslos
zu entlassen sind. Zn der Unterkommission für
Schulfragen, die in erster Linie die Wünsche
der deutschen Vevölkcrung der Abtrennungsbezirke
zu vertreten hat, ist ebenfalls in w'chtigen Fragen
Einvernehmen erzielt worden; es sind besonders
im polnischen Elementarschulwesen die deutfchen
Wünsche berücksichtigt worden. Die kirchlichen
Fragen sind bis zum Eintreffen polnischer Sach-
verständiger zurückgestellt worden.

Ünd was sagen die polnischen Vertreter zu
Oberschlesien?

Der polnische Jmperialismus betätigt sich
aber auch noch anderweit. Die Neibereien
mit den Tschechoslowaken sind bereits soweit
gediehen, daß der Zeitpunkt gekommen zu sein
scheint, in dem die Eewehre von selber los-
qehen:

Wien, 17. Aug. Die Vlätter bringen eine Mel-
dung des tschechischen Blattes „Benkov", datz die
Polen zu einem neuen Krieg gegen die
Tschecho - Slowaken entschlossen feien.
Die polnischen Blätter sollen die Absendung eines
Ultimatumsan den tschecho-slowakischen Staat
verlangen. Dem mährisch-schlesischen Blatte „Den-
nik" zufolge stehen sogar in der Umgebung T e-
schens 60 000 Polen mit starker Artillerie bereit.

Die Nachricht des tschechisch - agrarischen
Haupthetzblattes muß einstweilen noch mit
Vorsicht aufgenommen werden. Unmöglich
wäre aber nicht, daß die Polen, durch die un-
zweifelhaften Erfolge der rumänischen Eigen-
mächtigkeiten in Ungarn ermutigt, sich nun
einfach das an Kohlen reiche und von einer
überwiegend polnischen Bevölkerung bewohnte
Teschener Reviep. mit Eewalt zu nehmen be-
absichtigen. Die Tschechen haben keinen an-
deren Anspruch auf dieses Eebiet, als das so-
genannte „historische Recht", durch das sie un-
ter anderem auch drei Millionen. Sudeten-
deutsche und miti hnen das Egerland, das nie
zum historischen Königreich Böhmen gehört
hat, in den tschechoslowakischen Staat pressen,
Judenpogrome in Warschau
EiLglrsche-n Mättmn vom 15. Auigulst zusolge teUts
Havmsworth m einer schriftlichen Antwort mit, es
siei rhm bekaimt. Latz sich Leuto der Armes
dos Eenwwls Haller cim 26. Juni an juden-
feindlichen Au sschre i t u ng en in Warscha u
beteiligt und u. a. verschiedenen Juden die Bär t e
abgerissen bätten, sowie, daH sie auch rn an-
deran als an Äon non ihm in der UntevbauSsttzung
vom 5. >M.gust erwäbnten Fällen Juden angesrif-
fon und vorlstzt hätten. Harmsworth fügtio brnzu,
dre britischo Rogierung entsende eine Kommrisston
nach Polen, um die Stellung der Judon ini diesem
Lande zu uniersuchen.

Polnische Arbeiter in Nordfrankreich
Versailles, 17. Auig. Nach dom Temvs -läbt eine
durch Warschauer Blätter veröffentlichte Note er-
kenrren, dicck die volnilsch-franAösischen Bäspvechun-

ül^ di« Teälncchm« poln ischer lAvbei-
ter bedm Wiederwufbau Novdfrankreichs zu em«r
vollständigew Einigung geführt Habon und datz
die Devwendung polnischer Avbeiter -sMe-r -sÄm
wird, aals suovst angenommen wurdo.

ltchg Berichte veröffentlicht. Jhnen isst j,u entnelh-
men, dast sich zurzeit im gesamten Nltsiland iroch
etwa 20 000 deutsche Kriegsgofangene irird ebeni'o-
vivl Zioilofangene bofinden.

Neutrale Vermittlung
Die „Times" mcldet, dah von zwei neutra-
len Negierungen am 11. August Schritte b«i
der englifchen Negierung unternommcu wurden in
Sachen der Heimschaffung der deutschenl
Kriegooefangenen.

Die Doppelrolle Kaiser Karls

Wer sich noch an die Kriegszeit erinnert und
an die Weisungen, die das Kriegspresseamt
der deutschen Presse gab, wird nicht umhin
können, heute den ehemaligen Kaiser Karl
von Oesterreich mit anderen Augen anzusehen.
Damals wurde die Presse, die in den Verliner
Besprechungen wiederholt daraus hinwies, daß
das Haus Habsburg seine eigenen Wege ginge
und disziplinlos in der Lage sei, Deutschland
zu verraten, um sich einen günstigeren Frie-
den zu sichern, belehrt, daß Kaiser Karl jedes
Sonderfriedens-Vestreben ablehne und treu zu
Deutschland stehe. Die Presse wurde unter-
richtet, daß der Fall des Briefes an den Prin-
zen von Parma nicht tragisch zu nehmen sei
und die Oeffentlichkeit erfuhr in Zntervallen
von gründlichen und befriedigenden Ausspra-
chen zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser
Karl und den deutschen und österreichischen
Staatsmännern. Man unterstrich die deutsche
Nibelungentreue, man hob hervor, daß die
Donaumonarchie in Not und Tod mit Deutsch-
land verbunden wäre. Heute zeigt sich aber,
daß man damals versucht hat, die Wahrheit zu
fälschen oder einzelne Stellen, vielleicht unbe-
wußt, das Haus Habsburg verteidigten, ob-
wohl dieses es nicht verdiente. Eraf Czernin
hat verraten, wie eine Kamarilla am Wiener
Hofe auf allen möglichen Wegen versuchte,
den Sonderfrieden zu erreichen und wie der
österreichische Kaiser, in Sorge um seinen
Thron, sich selbst Erzbergers bediente, dem er
einen, nur dem deutschen Kaiser, dem deut-
schen Eroßen Eeneralstab und dem Auswär-
tigen Amt zugedachten Eeheimbericht auslie-
ferte. Wir hörten ferner, daß der Sixtus-
Vrief durchaus nicht so leicht zu nehmen war,
wie es damals hingestellt wurde und die Ver-
wandten des jungen Kaisers aus Wien alles
daran setzten, ihn bei der Entente beliebt zu
machen.

Kaiser Karl hat, was wir heute sagen kön-
nen, eine Doppelrolle gespielt, die we-
derköniglichnochmännlich war. Und
sein Doppelspiel war mit Schuld daran, wenn
die Entente schließlich zu einer anderen Ein-
schätzung der Lage in Oesterreich und Deutsch-
land kam und leise erwachte Friedensneigun-
gen ablehnte, da sie aus dem Verhalten des
Hauses Habsburg und den geheimen Not-
schreien aus Wien schließen mußte, daß die
Stunde des Sieges für sie bald schlagen werde.
Zn der letzten Zeit wurde auch das Eerücht
laut, Kaiser Karl habe nie zu Deutschland in
wirklicher Freundschaft gestanden, sondern in
ihin habe ein Haß gegen Deutschland fselebt,
von dem er sich bevormundet fühlte. Auch die-
ses Eerücht, das freilich noch schlüssiger Be-
weise bedarf, wird nicht ganz grundlos sein.
Das Haus Habsburg fürchtete den Zusaam-
menbruch und Kaiser Karl besaß den Ehrgeiz,
seinen Thron.nicht zu verlieren. Wenn man
bedenkt, daß er heute noch bei der Entente in
hoher Eunst steht, die (was man nicht abstrei-
tcn kann) nicht abgeneigt ist, ihn bei günstiger
Eelegenheit wieder auf einen Thron zu he-
ben, obwohl sie Kronen und Throne, wie der
Fall des deutschen Kaisers beweist, mißachtet,
so vermag man sich der Erkenntnis nicht zu
verschließen, daß diese Freundschaft alten Da-
tums sei und die Entente dem ehemaligen
Kaiser des Donaulandes zu Dank verpflichtet
sein muß.

Wir werden eine völlige Klärung der wah-
ren Eesinnung des jungen Exkaisers, der jetzt
in der Schweiz immer noch als Jmperator rex
aufzutreten beliebt, nicht dauernd missen. Auch
über die Vorgänge am Wiener Hof wird ein-
mal der Schleier gelüftet werden. Und viel-
leicht geschieht das schneller, als man an-
nimmt; denn in den letzten Tagen beginnt dcr
frühere Kaiser von Oesterreich wieder seine
Stimme zu erheben und Anspruch auf seinen
verlorenen Thron zu machen. Er soll sich be-
reits offiziell als König von Ungarn bekannt
haben und neuerdings zu verstehen geben, datz
er auch noch König jener von der ehemaligen
 
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