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HLldülberger. AüitttNtz crschrl.'it cnr jrdkM Wochciilag miltags 12 Uhr. Amtlichrs Vcrkisindi-
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(A'.mbhängige Tageszeilung)

Verkündigungsblatt für Nardbaden und die angrenzenden Teils von Bayern, Hessen und Würltemberg'.
M?159 Lamstag, den 12. Iuii 1919 61. Iahrgang

Die Blockade gegen Denlschland ansgehoben

Versailles, 12. Iuli 1919. Der obersts Rat der Alliierten hat in
Sitzung beschlossen, die Blockade gegen Deutschland von heute den 12. I

Vie Kolsen öer Ratifikation

Das Wichtigste vom Tage

'Dle von Ebert unterschriebene Natifika-
tionsurkunde ist in Versailles überreicht
worden.

Dcr Abtransport der deutschen Kriegs-
gefangcnen aus Frankreich wird am Dlontag früh
bcginnen.

Der Kaifer foll sich erbotcn haben. freiwillig
in dic Verbannung autzerhalb Europas zu
geheii, wcnn dadurch die Prozesse vermiedrn werden
könnten.

Es steht eine Erhöhung des Eetreide- u.
Brotorciscs, aber auch ciue Sondersctt-
zulage in Ausstcht.

Zn Toscana und B- gamo hat cin ncucs
Erdbehen stattgcfunden, das erhetzlichen Schcdrn
anrichtete.

Aus Baden

Die badischen Eisenbahner habcn neue
Lohnforderungen gestellt, die aber der Fi-
nanzminister abgelehnt hat.

Die badische Regierung ist bemüht. die dro-
hende Krisis Zwischen Zentrum und Demokra,
tcn beizulegen.

Freiwilliges Exil des Kaisers?

Wie der „Temps' erfährt, gedenkt der ehema-
lige deutsche Kaiser an die alliierten Regierun-
gon das Ersuchrn zu richten. von einer Verurtei-
lung seiner Person abzusehen. Dagegen werde er
freiwillig einen Ort auherhalb Europas
aussuchen. Mit Bestimmthsit verlautet. datz der
Kaiser Niederländisch - Jndien vor-
schlagen werde.

Die Stimmung gegen den Prozeh

Der Londoner Berichterstatter des „Iournal"
stellt fest, datz' die Frage der Aburteilung des Kai-
fers in den politischen englischen Kreisen lebhafk
diskutiert werde. Der Berichterstatter fatzt se>in
llrteil über die St'rmmung dahin zusammen, datz
man offenbar gerne eine Lösung auf der mitt-
leren Linie sehen würde, durch die der Pro-
zetz vermieden und dem früheren Kaiser nur
ein moralischer Tadel ausgesprochen würde und
er glaubte. datz auch von der englischen Regierung
eine derartige Lösung gut aufgenommcn würde.

Hollands Souveränilät

Haag. 11. Juli. Die holländische Regierung
hat d:n Ententsmächten auf ihr Ersuchen, Matz-
regeln gegen die Flucht des Kaisers und Kron-
prinzen zu tresfen. geantwortet, datz sie sich die
frc'- Llnsübung der Souveränität vorbrhalten
lnüste.

60 deutsche Generale!

„Echo de Parjs" meldet, datz die Prozcsse ge-
gen die deutschen Eeneräle in P a r i s
durchqsii'chrt werden. Paris werde das Schau-
spiel erleben. etwa 60 deutsche Generale
als Angeklagto zu sehen. Der Beginn der
Prozeste ist M.tte September vorgesehen. Neu-
trale Vlätter erblicken in diefcm „Schauspiel" eine
bezeichnende Befriedigung der französischen
N a ch s u ch t.

Der Frieden mit Bulgarien

Vcrsa-llcs, 11. Juli. Der Vertrag, der den
bulgarischen Delegierten überreicht werden soll, soll
nach Mitteilung dsr „Liberte" bereits fertigge-
Itellt sein. Die Erenzen Bulgariens sollen auf den
«tatus quo ante zurückgeführt werdcn, aller-
dlngs soll Ericchenland Westthrazien und Serbien
ourch lleine Erenzberichtigungen an der Strumiza
-6orteile erhaltcn. während dagegen Rumänien
oeii Teil der Dobrudscha an Bulgarien zurückge-
oen soll. den es 1913 annektiert habe.

Am Donnerstag früh 11 Uhr hat Freiberr von
Lersner dem Obersten Henry das Doku-
me nt des ratifizieitcn Frie-densabkommens vor.
gelegt.

Vlockade und Kriegsgefan.qene

Herr, v. Lersner überreichte nm Donneistae
na.hmittag eine neu- Note für de,r Mnrster der
auswärtigen Angelcgenheiten. in wolchcr um mög-
lichst rasche Aufhebung de. Blockade und
um Freilaisung der deutschen Ecfan-
genen ersucht wird.

Abtransport deutscher Kriegsgesnngencr

B e r l i n, 11. Juli. Havas meldet, datz
Clemenceau Vcsehl gegeben habc, mit
dcm Abtransport aus den Gefangenen-
lagern Montag früh zu öeainnen.

Basel, 12. Inli. Mit der Heimschaffung
der deutschen Kricosgesangcnen wird in kom-
nlender Woche begonnen und es werden regel-.
mätzig täglich eine Anzahl Züge über franzö-
fisches und engllschcs Vesetzungsgebiet nach
Deutschland eingelassen.

Die Aufhebung der Vlockade '

London, 11. Zuli. Reuter erfährt amt-
lich, datz die Vlockade gegett Deutschland ganz
aufgehoben wird, wenn die Dokumente,
die die Ratifizierung dcs Friedensvertrages
bestätigen, dcn alliierten und assoziierten
Mächten in Paris zugegangen sind (was in->
zwischcn geschehen ist. Schriftltg.). Die Aufhe-
bung der Blockade gegen Deutschland hat kei-
nen Zusammenhang mit dem Abschlutz des
Friedensoertrages mit den anderen kriegfüh-
renden Ländern.

Verlin, 11. Iuli. In Erwartun.g der Blockade-
aufhebung hat im rechtsrheinischen Gobiet ein gro-
tzes Angebot und ^in starker Preisfall sachl-
reicher Leben s- und Genutzmittel einseseht.

Die Auslicferungen

Vcrsailles, 11. Zuli. Heute faud ln V rfailles
die vorboreitende Besvrechungdex voul-
schen nnd ver Ent'nte-Kommissionen statt über die
Lfusführung und die Leistungen ver Auslieferun-
gen, die Deutschland im Fricdensvertrag übernom-
m>"n hat. Es wurde em Verständnis crziett, da«
über eine Reihe von Einzelfragen schon in dcr
nächsten Woche befondere Sachverständ«isen->K<>m-
mistion-,, in Versailles zusammentreten follen.

Die Frage dcr Besetzung

Versailles, 11. Juli. Hvute nachnüttag fanL» im
Trianon-Palasthotel die erste Begegnung
zmischen der dsutschen Kommission für dte

Die drohende Regierungskrisis in
Vaden

D'r Angriff des Bad. Beobachters gogen dieDeo
mokratie ist nicht ohne Folgen geblieben. Einst-
weilen sind vertrauliche Besvrechungen im Gange.
um dis E-efahr eincr Krists zu beseitrgen. Die
Regierung wird stch lt. Minnh. G»M. nvit al-
ler Entschiedencheit für eine Veilegimg und für die>
Mioderberstellumg der Harmonie ejasehen, da sie
der Aiilsicht ist, datz untex den heutigen llmständön
eine RegierungSkrisis für unser Qand bester vermie-
Len wird. Im übrigen wird es natüvlich darauf
ankammen. wio sich die Demokratische Palted sel-
ber ru der Sache stellt.

Weiter schvsibt die „Karlsrubev Zei-
tung":

„Soweit wir unterrichtet sind. will diS Zsn.

besehtt'ni Rheinlande und der Vertreter der
Vchatzungsmächts statt. Die von dem Vorsthende"
der deutschen Kommission aufgsworfenen Frngen
waren so schwerwicgendex Art, datz eine sofortige
Antwort daranf nicht gegeben werden konnte. Es
wurde vorgsschlagm, die Vei-Handlungen erst sort
zuisthen. wenn die Piüfung auf Seiten der Besah-
ungsmächte abgeschlosstn ist Die d-utscho Kommist
sior- w'ud nach Deustchland zurückk.hren, u-m die
Derhandlungspause dazu ü:n'.ih:n, mit den Ab-
g ovdnol>.n und sonstigen Sachverständigen aus d.n
besetzten Gobieten übcr die E'nzell) iten des'Ab-
kommens in Beratung-'n zu tret n.

Znm Wiederanfban Nordfrankreichs

Die „Times" mcld t aus Paris, rum Wiederauf-
bau der zerstöiten EcbietL Nordnankro chs w-':!dLN
von Deutschland nach der Rcrtistkation 390 8g0 Ar-
beitsträfte angi'foidort rverden.

Das französische Elsntz

Die EiNbozi hung Elsatz-Lothr'.ngens in, den
franzdstjchen Staatsve.'band wird, w.e aus Ctratz-
burg gemeldet wird, offiziell in einem f-.ierllchen
Akt rm e-h'maligon Kaiserpalast in Stratzburg an
d-in nächstfolgenlden Tage stattf'.nden, an welchem
der Fricdensvettrag durch das franMische Parla.
ment ratifizivrt wird. Elcmenceau. Marschall
Föch und mcchrere französrsche Heerführer wevden
dem feierlichen Mte Le'.wohnen.

Jn einer amtlichen Erklärung wird gesagt ^datz
von diosom Tage ab alle innerhalb Elchtz-Lothiin-
geus woilcNden. aber auch autzerhalb diesos
Landes sich aufhalteNden Elsäster und Lothringer
als französische Staatsangehörige zu
betrachten stnd.

Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen

Reuter meld t aus Wa-shington: Wilson
meinte in einer Unterredung mit Pressüvertretern,
die amkrikan'rschen Truppen mübten am Rhein
bleiben, bis Deutschland alles Materia'l. das im
Friedensvertrag gefovdert würde, ausseliefert hat.
D^r Präsident sagte. er sei der Ansicht, dab die as-
soziierten Mächte sob-ald als möglich dea
Handol mit Deutschland w'ced r aufnohmeu werdeu,
um dbe Rehalbrlisation Deutschlands su s stattoii.

„Manchoster Guardian" melLet, datz sich eine
Reihe englWcr Handolshäuser zu ciireyr Syudikat
snsammengoschlosten haben, Äas in Deut chlano u,:d
Oosterreich innerchalb Iährcc.frrst ülbor 3VV0 Han»
delsnicderlassungen errichten will.

Der „Manchester Guardran" meldct. datz bi?
Mittwoch ab nd bei Lloyd in London 21 cnglischr
Schifse für die Ronts nach deutsch 'n Hästn ang.-
meldet waren.

tmmspartei es keineswegs zu einer Re
gieruniaskrise troiben, sondern ist nach
wvr vor bere.it und entschlosten, in dex Regier'ung
weiter mitsuarbeiten. Sie verlangt and evwartet
aber, dab diese Tatsache -auch vou der deutsch-demo-
kratischcn Partest die ja selbst zur Kdalitionsregie-
rung gohört, genllgend 'beachtet und gowü:d'.gt
wird, und datz die demoki-atische Parteiloitung da-
für sorvt, datz mutwillig-e Störungen der frudlich^n

Zusaimmenavbeit vermieden werdm_ Stellcn

die Artikel d's Karlcnchop Tagebl. Entglei-
sungon der Redaktion dar, dann ist die R.dak-
tion zurückzupfeifen (!) und eines Bessercn
zu bol>''bren. (!) Soweit unsere Kenntnis der Sach-
laao roicht, werden die Vcschw-'vden der Zentrums-
pcrrtei, sofon, sie als bevechtigt aiürkaimt werdei:
miistem, stchcrlich abaestellt werden."

seiner gestrigen Nachmittags-
uli ab aufzuheben.

Erzberger der Sieger

An dem schwärzesten Tage der deutschen Ee-
schichte satz in Weimar in der Nationalversamm-
lung neben dem leitenden Staatsmann, der
eüen an die Stelle Scheidemanns getreten
mar, die Verkörperung der vergnügtesten.
Selbstzufriedenheit, der sieghaften Zuversicht-
lichkeit: Matthias Erzberger, der
ewige Lächler. Seine Pausbäckchen glänz-
ten, seine Aeuglein blitzten. Er hatte sein Ziel
erreicht. Nicht das letzte — sintemalen das
Zeutrum, das er nun endgültig in seinen
Bann geschlagen, leider noch immer an Man-
daten nicht unerheblich hinter der Sozialdemo-
kratie zurücksteht und daher dieser die Neu-
bildung des Kabinetts und die leitende Stelle
batte überlassen müsien. Aber immerhin e i n
stolzes Ziel' das des stellvertretenden Reichs-
ministerpräsidenten. Sein Eeist, der Eeist
Matthias Erzbergers, waltet über den Was-
sern. über den Köpfen und über den Beschlüs-
sen. Inmitten der Vesiegten ist er mit seiner
Politik und seinem lächelnden Optimismus
Sieger geblieben.

Kaum je hat an so weithin leuchtender Stelle
ein Politiker qestanden, desien persönliche und
sachliche Motioe, dessen staatsmännische Bega-
bung und dejsen persönliche llntadeligkeit, sa-
gen wir, so wenig unbestritten war. Der
heute lÖIährige ist aus dem Voklsschullehrer-
stande in die Parteipresie und damit in die
Politik gekommen, war EewerkvereinssekreLär
und trat schon mit 28 Iahren in den Neichst^
cin, als Vertrauensmann seines Heimatkreises
Buttenhausen, des sichersten aller Zentrums-
wahlkreise. Vom ersten Augenblick an kannte
sein Ehrgeiz keine Erenzen, am wenigsten
rüe Grenzen der Nücksichtnahme auf Partei-
nnd vaterländische Interessen. Seinen Na-
men machte er sich, als er im Ianuar 1905 ge-
gen die Entschädigung für die südwestafrikan«.-
schen Ansiedler sprach. Kolonialfragen wurden
dann seine Spezinlitüt, während zugleich sein
eiserner Fleitz ihn in den Ruf cines der besten
Etatskenner qnd damit zu der einflußreichen
Mitgliedschaft der Budgetkommissiou brachte.
Es kam die berühmte Affäre des Sekretärs
Pöplau, in desien Prozeß das Eericht die Ver-
eidigung des Zeugen Erzberger ablehnte.
Es kam, um einiges spätcr, die Diebstahlsge-
schichte des beim Flottenverein angestellten
Laufburschen Iahnke, wo der Zeuge Erzberger
schließlich das Zeugnis verweigern mußte.
weil er nach eigener eidlicher Versicherunq
„durch Auskunftserteilung sich selbst der straf-
rechtlichen Verfolgung ausgesetzt haben würde "

Mehr und mehr wurde Erzberger dann das
„enfant terrible" seiner Partei. Eegen Sp rhrr.
den Vater, den greisen Führer der Fraktron.
lief er Sturm: gegen Spahn, den Sohn, verös-
fentlichte oder veranlaßte er das bernchtigt:
Pamphlet: „Ist Martin Soahn Zentiums-

mann?" Mit dem Erafen Oppersdorff schlug
er sich nach der Osterdienstags-Konferenz züc'rst
aus die Scite der Noeren und Genossen, uud
schüttelte bald danach diese wie den Eraf-'ii
von den Nockschößen ab. Als vor cinig n Iab-
ren Friedrich Hussong solches und weite^-
Material gegen den Vielgeschäftigcn veröf-
sentlichte, drohte Herr Erzberger mit dem
Staatsanwalt: zu einem Prozeß ist es ine ge
kommen. Das alles abcr hatte incht vcrhin-
dert, daß er inzmischcn in der Budgetkommis-
sion und im Neichstag selbst eine Art „beiin-
licher König" gewordcn war und daß ,nan na-
mentlich aiich in der Negierung förmlich vor
 
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