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Heidelberger Zeltung erscheint an jedem Wochcntag mittags 12 Uhr. Amtliches Derkiindi-
gungsUatt. Tratisbeilagen sind die Heidelbcrger Faniilienblätter, auherdem amtlicher Wohnungs-
anzeigtr. Die Heidclbrrgcr Zeitung kann durch alle Poslanstalten, durch dte Agenturen auf dem
Lande, die TrSgerinncn und bei der Ceschäftsstelle selbst - Hauptstrahe 23 - monatlich und
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Hauptschriftleitcr: KurtFtscher in Hcidclbcrg.

Druck, und Derlag: Hcidelberger Derlagsanstalt und Druckerci, G. m. b. H.

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lAnabhängige Tageszeikung)

Verkündigungsblatl für Nordbaden und -ie angrenzenden Teile von Bayern, Hessen und Württemberg.
Nr^63

Donnerstag, den 17. Iuli 1919

61. Iahrgang

Das Wichtigste vom Tage

Die Nationalversamm 1 ung
stern die Anträge auf Abschaffung
desstrafe ab.

lehnte ge-
der To-

Mehrheitssozialdemokraten und Demokroten sind
aus dem Berliner Vollzugsrat ausgetre-
ten vnd merden gemeinsam einen neuen Vottzugs-
rat bilden. ^

Die Alliierten fordern im beschten Gebiet die
Anerrennung der Generalgouvernoments
als obcrste Behörde.

Crnst Toller wurde vom Münchner Standge-
richt zu 5 Zahren Festung verurteilt.

Die Mssiihrung Ses Zriedens

Die Streikbewegung

.orll nlcht zur Ruhe .ommen. Kaum ist der Eisen-
bahnerausstand beendet. hat die unverantwortliche
Agitation der Kommunisten unter den Landar-
beitern des Ostens und Nordens zu Streikaus-
Lrüchen geführt. wobei auch wieder der Terror
in Erscheinung getvctcn ist. Wie weit die Streik-
seuche bereits um sich gegriffen hat lätzt sich nicht
übersehen. Es läsit sich auch nicht verkennen, dasi
in manchen Eegenden die Lage der Landarbeiter
tatsächlich den Ansprüchen sozialer Gevechtigkeit
nicht entspricht. Eigentümlicherweise herrscht aber
eine gewisie Unzufriedenheit nicht nur unter den
Arbeitern. sondern auch unter den Eutsbesitzern,
und in den deutschnationalen Blättern findrn sich
mehrfach zum Teil heftige Angriffe gegen Landräte
oder Regierungspräsidenten. Besonders kritisch
scheint die Lage in Pommern zu sein. wo, wie
gemeldet, der Belagerungszustand verkünder wurde,
worauf die organisierte Arbeiterschaft in Stet-
tin, Anklam und Stralsund als Eegen-
demonstration in den Streik getreten ist. Angi--
sichts der bevorstehenden Ernte ist es dringend not-
wendig. dasi alle Masinahmen getroffen werden,
damit in der Ernährung nicht neue. ungeahnte
und ungeheuere Schwierigkeiten eintreten.

Generalstreit in Stettin

Stettiu. 16. Iuli. Die Vertrauensmänn.rr der
Stettiner Eewerkschaften haben, wie verschiedene
Blatter melden. gestern abend beschlossen, heute
srüh in den Eeneralstreik «einzutreten. Der
Streik ist inzwischen allgemein geworden.
Eas-, Wasser-, Elektrizitätswerke. Strasienbahnen
usw. liegen vollständig still. Die Arbeiter die
hcute morgen noch zur Arbeit erschienen und sich
uber die Aufnahme des Streiks noch im Unklaren
waren, haben sich inzwischen fast Uberall dem
Ausstande angeschlossen. Wie ies heifst, sollen die
wichtlgsten Betriebe. wie Eas- und Elektrizitäts-
werke usw., ihren Betrieb mit militärischer Hilfe
wieder aufnehmen.

Stettin, 17. Juli. Der gestern ausgebrochene
Eeneralstreik stellt sich als eine Ueberrumpe-
lung durch Unabhängige dar. Jn einor
heute abgehaltenen Versammlung der Eisen-
Sahnex von Stettin wurde beschlossen. sich dem
Csneralstreik LN?,llsch!iLsien.

Stettin. 16. Iuli. Die Verhängung des Ve-
lagerungszulstandes über fast gan,z Ponrmern ver-
urjachte unter den Sazialdsmokra>tein eine zism-
Ilche Errogung. In Anklam kam es sestern
nachmittag zu<m G e n e r a l str e i k. Das Wasser-
werk arbsstet vorläufig noch. Die Gew.erkscha.ften
sind gegen den streik. In Kösl-in stüd di-e Me-
^llarbeiter m den Ausstand getreten. Der
Betrleb dex Strasienbahn ruht fast vollständig.

Stralsund. 17. Iuli. Der Magtstrat der Stadt
, ge'neinsaim mit der orgianisier-

ten Arbelterschaft. dte in dsn G'-iievalstveik getre-
lch bexaten. Die Nahvungsmittelzuifuhr stockt.
Alle Betrlebe. auch dre WMerwerke. stühsn still.
D-e Arbeiterschaft fordert dte Absetzmng
oes Remerungspräsidonten. sowie die Suspondie-
rung aller schuldigcn Landräte, dle zur Rechen-
>cha.ft gezo,aon werdon sollen. Die Dovölkerung
verlangt die Beseitigung des Bekagerungszustan-
die sofortige Zurückziehung allen fremdeir
MUstärs. Der Magistrat ist d>iic,ssm Antrag bei-
üetreten. Telegramme in diosem Sinne sind an
Me in Betvacht kommenden Behörden absegangen.
-ulttmgs 12 Uhr begann der B ü r -g er a b w eh r -
Itreik. In. dem Landarbeitevstrerk habon gestern
vormittaa noue Verhandlungen zwischen dom Ar-
vLiterverband und de>m Pomnerschen Landbumd
vegonnen.

^,Derliil. 16. Iuli. Aus Stralsund meldet ..Der
-aoend": Dex angekündigts Bürgerstrsik setzt hente
'achmtttag ein, sodasi das öfsentliche Le-
n stilliegt.: Eins Kommisiion ist zu Ver-

Die Ratifikation durch die Entenle

London, 16. Juli. Eine Herald-Depesche vom
Dienstag meldet: Die Alliierten haben die Frist
zur Ratifisierumg des Friedcnsvertrags in den
Vurlamenten der alliieiten und assoziierten Staa-
ren üis 1. Se p t e mb e r ver l ä n g e r t. 8 Tag
nach der lotzten Ratifikation werden die alliierten
Truppcn diejcnigen deutschen Gobiete besetzen, in
dene nBolksabst'mnmungcn über die staatsrcchtliche
Zugehörigkeit entscheiden soll.

„Echo de Paris" meldet: Znfolge des Bc-
schlusfes des Nationalrates der sozralisti-
schen Partei Frankreichs gegen den Frie-
densvertrag mit Deutschland zu stimmen. ist
die schnelle parlamentarische Dnrch-
führung der Natifizierung gefähr-
> e t. Treten die sozialistischen Deputierten der
Kammer dcm Veschlust dcs Nationalrates bei,
so ist die Möglichkeit gegcben, dast die Ratifi-
zierung nur durchzuführen ist, wenn die 9 -
gierung sich zu nachträglichen Konzessionen be-
reit findet. Die parlamcntarische Situation
ist über Nacht kritisch gcworden.

Dre „konzilianten" Verhandlnngen

Die dcutschcn Delegierten in Versailles teil-
Len mit, dast die Verhandlungen von Seiten
der Alliierten in durchaus konzilianter Form
geführt werden. Sie bestehen aber auf der
genaueften Durchführung sämt-
licher Paragraphen. Vesonderes Ee-
wicht legen sie auf die üaldige Stcllung der
frciwilligen Arbeiter für den W i e-
deraufüau. Auf die Schwierigkeiten der
Stellung von deutfchen freiwilligen Arbeitern,
auf die seitens der deutfchen Delegierten abge-
hoben wurde, wurde von dem Vorsitzenden der
französischen Kommission erwidert, dah
Deutschland alles tun miistte, um die fttr diese
Zwecke benötigten Arbeiter zu stellen.

Die Entente-Kontrolle für Deutschland

Die Entente-Kontrollkommission sür
Deutschland ninimt am 15. iAtuguft rhre Tätigkeiit
auf. Jn Berlin sind alleiu für 10 Kommissio-
nemi srosie Räumlichkeiten gemietet worÄen, bie am
15. August bezogen worden.

Die Anknüpfung der Fäden

--- Vasel, 16. Juli. (Priva'ttol.) Die Dresse-Zn-
sornration meldet aus London: Der obersto alli-
ierte Rat hat beschlossen, die Wiederauf-
n ahm« der Beziehungen mit Deutschland. Len
einselinen Verbündeten ru überlasstn und keiner-
lei bindende Beschlüsse in dleser Hinsicht
su treffen. Nach Aufhebung der Blockcvde stohe es
jedem Veribünldeten frei, seine Beziehunggn su
Deutschland nach seinem Polieben ru regein.

Amsterdam, 15. Juli. Die niederl. Tel.-Agentur
meldet drahtlos aus Washington, datz die vollstän-
dige Wieder-aufnahme des Handelsoel,kehrs Lw'r-
schen Äinrerika und Deutschland nicht vorMitte
Wrnter zu erwarten, sei.

Die Ablieferung der Handelsschiffe
Hamburg, 16. Juli. Nach den Bestimmungen
der Wlaffenftillstandskommission kamen bisher von
den im Hanrburger Hafen lil.'gendc'N oder in Hanr-
burg beheunatcten Schiffen 103 Dampfcr mit
einem Eesamtrau-m von 1 162 521 Netto-Kubrkineter
an die Entente zur Abliefepung. Hiervon ent-
sallen auf die Hamburg-Amerika-Lin'.H 31 Damp
fer nrit 417 045 Kubikmeter.

Ein Uebergriff?

Mie die Abendblätter nrclden, baben d.e Behör-
den im hesetzten Eebiet die Weisung erhalten. allen
Anordnungen des E e n o r a l g o u v e vir e -
ments Folge ru leisten und diese Stelle als
höchsteStelle dex Borwaltung zu be-
ti achten. Das bedeutct faktiich, dcrh die deutsch.
Z e n t r a l b e hö r de ausgeschaltet ist, und
dieser unevhörte Eingriff, der dmr Dcrtrag über
die Rheinigvbiete wider'vricht, muh lofort rück-
gängig gemacht werden.

Deutschlands Ausnahme in den Völkerbund

Am Dienstag b^richtete Pichon über den Völ-
kerbund. Er wies auf die Notwendigkeit hin, alle
rn Bnn'de auftretcuden Konflikte einem perma-
nentcn Schiedsgericht zu unterlbreiten. Ucbcr
Deutschlands Aufnahine in den Völkerbund sagte
er, datz dies nur nach einerAbstimmung
und nachdem Deutschland den Bcweis erbvacht
hvbe, datz es guten Willens sei, feinen Derpflich-
tungen nachznkommen. gefchehen könne.

Englische Vorbereitungen auf den Völkerbund
Dio „Dailr News" meldct: Sir Douglas Haig
hielt in Abevdosn eine Rede, in der er erklärte, je-
der ihemnwachsende sunge Engländer müsie im G"-
brauch des Gswohrs unterwicsen werden, damit,
wenn die nächiste grotze Probs komme, w.e ste emes
Tages sicherlich kommen werde, EnglaiE
e'ms Nation in Waffen sei, bevoit und vor-
bLreitet, sich dieser Probe gswachsen zu zeigen.

Die Franzosen richten sich ein
:: Saarbrücken» 17. IuU. (Privaittel.) Das b
lMtoste und grökie GasNmus Saaibrückens, das
alte ,M' ünchner^ Kind l", ist für 500 000 M. in
Äen Misrtz einer Pariser Bankfirma überge-
gangen, die dort eine Filiale errichtet. Mehrere
Pariser Groß-cwken und andere bedcutende Han-
delshäulser hab«v in den letzten Msochen Zwejg-
n.iederlas^»ngen in Saarbrücken ge-
giündet. Eine A115M von Gebäuden in der Saar-
haMtstadt haben frantzösische Kapitalilten Miflich
erworben.

handlungen über die Stadt- und LaMtwirs zu
Reichswehrminister Noske aeveist.

Eine Erklärung des preutzischen Landwirtschafts-
ministers

Im proutztschen Landwirtschaftsministerilulm be-
urtetlt mwn die Lage i,m Streik der Landarbei-
ter ruhiger und zuversi htlicher. Nach Mitteilmin-
gen, die von zusdändiger Stelle gsnmcht w.erden,
Leziffert man die Gesamtzahl der heute nvch
feievnden Landnrbeiter auf nicht mehr als 6—7000
Mami. Im ganzen haben, seit landwirtschaftliche
Streiks zuerst ausgobrochen stnd. in 12 preutzi-
schen Kreisen in 50—56 Ortschaftcn 5—6000 Ar-
lbeiter Mstreikt. Die Höchstzaihl der auf einmal
ausständigen Arbeiter bolief sjch auf etwa 2000.

Die Ursachen des Streiks sind sti vieln Fäl-
lea unbestreitbar politischer Natur. so besvn-
ders iin dem westpreutzischen Kreis Danziger Höhe,
wo. russische Kommunisten eifrtg am
Werke waren und wo der Streik volle fünf Wochen
anÄauerte; er ist jetst völlig borgelegt. Ebenso
acnügt in vielen andersn Kreisen die*aufklärende
und vermittelnde Tätigkeit der von der Nogie-
rung entsandten Emissäre. um die Wiedevaufncchme
der Arlbeit herbeizuführen.

Das LandMirtschastsmi Merium ist der Ueiber-
zouaung. datz in Pommcrn oine Verständignna
unschwer erzielt werden kownte und datz d'ee offen-
dar eigenmächtig vevanlatzte VcrhänMng
dieses Velagerunaszustandes die Dinge
ganz unuötig verschcv't bat. D.er Landwirtschafts-

ininister hat an das Reichspräsidrum das drinsende
Ersuchen gevichtet, unver,züglich die Aufhebung
des Belagerimaszustandes zu reranlasien.

Die Erkrankung des Kaiserpaares

--- Basel, 16. Zuli. (Prioattel.) Die eng-
lischen Morgenblättex bestätigen in Telegram-
mcn aus Holland die Erkrankung des dcutschen Kai-
serpaareo. Die Kaiserin soll ernstlich an jenem
Leiden darniedcrliegen, von dem sie schon M4tte
vorigen Zahres befallen war und dao sie zu langer
Ruhe in Homburg zwang. Der Kaiscx sci ner -
oös zusammengebrochen und körperlich erv
mattet. Der behandelnde Arzt hält das Befinden
dcs Kaiserpaares fllr nicht unbedenkli ch.

Noch keine Schritte der Entente

Pario, 16. Juli. Der intevalliierte Oborste
Rat bcschäfftigte sich mit der Frage dov Aburtei-
lunv des Erkaisers und bestätigte, datz bei dox hol-
ländiffchen Regicrung in dieffer Anselegeniüeit noch
keine Schritte unternommen wurden.

^ Frauenftimmrecht in Bclgien. Dis Kommis-
sion der belgischen Kammer hat beschlosien, den
Frauen bei Kommunalwahlen das Stimm-
rechtzugeben. . _

Folgen der

grotzen Dermögensabgabs

Von A. K.-Frankfurl a. M.*).

Gegenüber den unleugbaren Vorteilen. di-°. eins
möglichst grotze Vermögensabgabe für d-rs Deutsche
Neich haben würde — gewaltige Bcsserung seiner
Bilanz. Kräftigung des Marktes seiner Anleihe.
ausgleichendc Wirkung auf die Vermögensverhalt-
nisie der dcutschen Bevölkerung und. wenn dabei
die heutige Höhe der Löhne aufrechterhalten werden
kann. Heranbildung einer neu-eii Kaufkraft —. darf
man doch nicht unterlassen. den Verhältnisien. wie
sie sich einstweilen entwickelt haben. fest rus Auge
zu blicken und zu untersuchen, welchen Gefahren
wir 'entgegengehen, wenn diese Vermögensabgabe
eine gewisse Erenze überschreitet. <

Während Löhwe und Preise wachsen. stark be-
einflutzt durch die gesunkene Kaufkraft unserer
Markwührung. während es sich vielleicht auch schon
aus diesem Grunde rechtfertigen lätzt — auch wenn
es nicht unter dem Zwange der Notlage geschähe —.
datz auch dio Steu-ern wachsen. bleibt Emes schsm-
bar unverändert. in Wirklichkeit sinkt aber gerade
dieses Eine gewaltig in seinem Werte: das sind
die Zi'nsen die das deutsche Dolk aus seinen geld-
lichen Anlagen erzi.elt: denn dicse Zinsen und mit
ihnen die zinstragenden Papiere selbst werden m
Zukunft eine weit geringere Kaufkraft wie bisher
besitzen. Dieses gilt natürlich nur für d.e Papiere,
dic in Mark oder 'kiner anderen entwerteten Va-
luta ausgestellt sind: aber welche anderen Bapiere
besitzen wir denn noch? Wie sehr entwertet unsere
Wertpapiere geworden sind, davon können wir
uns lc cht überzeugen. wenn wir eine deutsche An-
leihe — sagen wir eine 4prozentWje — in e'.ne
frcmde 4prozentige tauschen wollten. Die meisten
Deutschen rechnen garnicht. wie viel sie durch d.ese
Markentwcrtung an Kapitalbesitz verloren haben.
Und nun kommt das Deutsche Reich und oerincht'
durch die Vermögensabgabe einen weiteren grotzen
Teil dieses stark reduzierten Vermögens!

Es springt in die Augen. datz die Hauptbnd-
tragenden diejenigen sein werden. welche weder nls
Warenerzeuger. noch als Kaufleute noch als Be-
amte oder sonstige Angestellte in der Lage sind. be-
zahlte Arbeit zu liefern. während gleichzeitig die
Arbeitendei. eine weit höhere Entlohnung als bis-
her empfangen. Die Eeschädigten sind also Die-
jenigen, die auf Pensionen, Nenten uud Zinsbe-
züge angewiesen sind. Besitzen diese 'iur Än-
sprüche in Mark. aber keinerlei Vermögen. oder
nur so wenig. datz cs bei der grotzen Vermögcns-
abgabe nicht herangezogen wird. so leiden sie. wie
schon bisher. nur unter der Markentwertung. aber
in einer Weise. datz aus der Gesamtheit heraus
ihre Bezllge wohl auf irgend -eine Weise wcrden
erböht werden müsien. Handelt es sich aber um
solche. die nur von den insen ihres Kavitals le-
ben so sind sie doppelt getroffen: durch die Mark-
entrvertung und durch die Vermögensabgabe. Bis-
hcr war es üblich, dte Einnahme aus Kapitalsver-
stärkcr als diejenige aus gewinnbringend::
Veschäftigung für die Steuerzahlung herauziv
ziehen: jetzt ist die erstere in ihrem Effekt gegen-
über der letzteren so sehr herabgesunken. datz -es
in Zukunft gerechtfertigt sein würde, es wcnigstens
d a gerade umg-ekehrt zu machen. wo Leute wegen
Krankheit. Alters oder aus sonstigen Eründen da-
rauf angewiesen sind, einzig und allein von ihren
Zinsen zu leben.

Stellen wir uns einc Familie vor. wie sie zu
Hllliverrip.usenden. j,i Deutschland vorhgnden sind.
Ihr Ernährer hat ein arbeitsreiches Leben hintcr
sich und hat sich mit mehreren Hunderttausend
Mark Vermögen in den Ruhestand zurückgezogen.
Er wird durchschnittlich vielleicht zwei Drittel sei-
ner jährlichen Einiiahmen für den engeren B darf
seiner Familie verwei^en. ein Sechstel für Unter-
stützungen aller Art. auch für wisienschaftlich-' oder
künstlerische Zwecke. hergeben und weiter ein Sech-
stel zu neuer Kapitalbildung benutzen.

Wie wird es ihm in Zukunft crg-ehrn. w-eun er
etwa mit 25 Prozent zur Vermögensabgabe heran-
gezogen wird? wobei angenommen w-erden soll.
datz auf die Zinsen der deutschen Anleihen k-'iner-
lei Kürzung irgend welcher Art crfolgt. Durch d-e
Vermögensabgabe schrumpft schon die nominale
Einnahme herab auf 75 Prozent: hiervon geht
aber noch ab

1. die stark verminderte Kaufkraft der Mark:

*) Obwohl es keinem Zweifel mehr unterlicgcn
kann. datz die Erzbergersche Dermöae:i as'aabe vaiii
Ausschuh und Plenum der Nationalversammlung
mit geringfügigen Abändcrungen angenomme'i
werden wird. halten wir die darin geäusicrten Be-
denken doch fiir so schwerwiegend. datz wir sie auch
jctzt noch veröffentlichen. Die Vesoranisie. die der
Verfasier für den von ihm angeführten Fall
äutzert. erfahren dadurch noch grötzeres Eewicht. als
die darin angcnommene 25prozentige Vermögens-
abgabe nach dem Eesetzentwurf bedeutend erbötzt
worden ist.
 
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