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(Unabhangige Tageszeilung)

Verkündigungsblalt sür Nordbaden und die angrenzenden Teile von Bayern, Hessen und Würliemberg.

Nr. 175 Donnerstag, den 31. Iuli 1919 61. Iahrgang

Bezugs- und Anzelgenpreis. Dle .Heidelberger Jeitung' »ostet bei jeder Postanstalt
monatlich 1.66 M., vierteljährlich 4.98 M. ausschli-blich Justellgebühr. durch die Agenturen oder
die Trägerinnen ftci Haus monatlich 1.75 M. - Dle achtgespaltene P-titzeil« oder deren Raum
kostet 35 Pfg.; im R-klam-t-il di« viergespalten« Petitzeil« 1.20, mit Plahvorschrift 1.4V M.
Vei Wiederholungen Nachlast nach Tarif. Erfüllungsort ist Heidelberg. Einzelverkauf 10 Pfg.

Druck und Verlag: Heidelberger Derlagsanstalt und Druckerei G. m. b. H
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 19909. F-rnsprecher: Nedaktion 182, weschäftsstelle 82

Heidelberger Ieitung erscheint an jedem Wochentag mittags 12 Uhr. Amtliche» Verkündi-
gungsllatt. Gratisbeilageu sind die Heidelberger Familienblätter, auherdem amtlicher Wohnungs-
anzeiger. Die Heidelberger geitung kann durch alle Postanstalten, durch dte Agenturen auf dem
Lande, die Trägerinnen und bet der Geschäftsstell« selbst — Hauptstraste 23 — monatlich und
-vierteljährlich bestellt werden.

Hauptschriftleiter: Kurt Ftscher in Heidelberg.

Druck und Derlag: Heidelberger Dcrlagsanstalt und Druckerei, G. m. b. H.

Das Wichtigste vom Tage

Die jetzt veröffentlichte Denkschrift Luden-
dorffs aus dem Sevtembrr 1917 verlangt Kur-
land und Littauen, das Erzbccken von Briey und
einen engen wirtfchastlichcn Anschlub Belgiens an
das deutsche Reich.

Aus einer Unterredung des Reichsministers Dr.
David mit einem Vertreter des „Verl. Tageblatts"
scheint hervorzugehen, dah die Ncgierung den Me-
dercintritt der Demokratcn in die Negievung
wünscht.

Nach einer Meldung der „Times" gelangte ver
von Erzhergcr weiterverbreitete Czerninsche (Se-
hcimbericht im Juli 1317 nach England, wo er Se-
wirlte, datz man es für überflüssig erachtete noch
mit Deutschland zu verhandeln.

Zm Nheinland ist ein neuer Bergarbeiterstreik
ausgebrochen.

Frankreich hat versprochen an Ztalien Ruhrr
und Saarkohlen zu liefern.

Des Rätsels Lösung

Wie die Times meldet, ist der Geheimbericht
des Grafen Czernin über die hoffnungslose
Lage der Mittelmächte etwa im Ruli im engli-
schen Dtinisterrat eingegangen und hat den Gegen-
stand einaehender Beratungen gebildet. Darnach
noch mit Deutschland zu verhandeln, wäre nach
Ansicht aller Minister heller Wahnsinn gewesen.

Mathias Erzberger im
September 1914

Am 17. Septemiber 1314 empfiirg der dcvnMige
Kriegsminister von Falkenhapn nachftehen-
des Schreiben:

Eurer Exzellenz

gestatten, dasi ick in ider Anlase oine Denkschrift
über die Fliederschen Flaimmenwerfer unteiLreite.
Die Ataterie selbst ist fa Eurer Exzellenz bebannt,
und ich h-alte den weiteren Vori chlag, die nsue Er-
fiildung auch durch die Luftlschisffe zu verwenden,
sür einen schr glücklichen. Jede Bedmken wesen
etmaiger Verletzung von VölEerrecht und RMsich-
te aus Humanität, für die man in Friedenszeiten
in Bcrliner Salons Verständnis Kaben mag, müs-
sen meines Erachtens in der jetzige^ Zeit der
Kriegführung, Lssouders ungesichts des Verhal-
tens unserer E^gner, völlig in den Hintergrnnd
treten. Mr müssen den Sieg auch üiber Ensland
erreichen, und ich halte gerade die Amoendung die-
ses Miltels als einen ganz erheblichen Schritt zur
Erreichung dieses Zieles.

In hochackiungsvoller Begrützung
Curer Exzellenz evgebener

(gez.) M. Erzbergsr,
Mitglied des Reichstags.

Wie die „Post" von zustäirdiger Strlle erfährt,
K das Ansinnen Erzbergers. obne Rücksicht aus
Volkeirecht und Humanität den Krieg zu führen,
seitens der Obersten Heeresleitung aiui das be-
Itlmmteste abgelohnt morden. Der Gobrauch der
Fliedersche-n Erfindung ist nicht zugelaflen wor-
den!

Jnteressant ist aber noch folgende Randbemer-
rung. die damnrls ein höberer Offizier im Kriegs-
mmisterium aus das Schretben Erzberaers setzte.
vie lautet nämlich wörtlich: „Watthias: Wenn du
da sman nicht bereust?!

Das gefällige Wolsf-Bureau

Unseres Wiflens hat tn> dem Er-berger-Strctt
dio Fvage, .durch wen Errbevger Kenntn-ts eines
Dröefes des Nuntrus Paccelli an Reichskanziev
Michaelis erhalten habe, nie eine Nolle gespl'elt.
Um so wundersamev klingt dahc-x nachstehende so-
«ben durch das Molff-Vureau iu Lie Welt gesandte
Mitteilung.

MDB. Weimar, 30. Julr. Von bosonderer Sette
ersahren wir: Durch die socben verösfcmtl chte amr-
"che Erklänmg des päpstlichen Nuntu'is Paccelli
"rch jhn habe 1017 der damalige Mg. Eräd -rg.-r
r^ine Kenntnis von dem Inhalt des durch Pacc-lli
au den Reichskauzler Michaelis gerichteten Briefes
sehabt, werden die Aussührungen des Reichsminl-
sikrs ErzLerger vollauf hcstätigt.

M.it Verlaub: Wslchs Aussührungm? D.,si sm
^wsthaftrs englksches Friedensanaebot vorgele«<m

MIMristLiidMjss «S i>m Ächinbrr M'l

.die Ministerpräsident Bauer in seiner Rede er-
wähnte, liegt jetzt im Wortlaut vor. Sie stellt u.
E. n ich t ein Programin dar, auf das stch.die R e-
gierung später etwa festlegte, wenn
auch Erzberger und seine Freun.de, um sich selbst
herauszureisten, dies so erscheinen lassen möchten.

Wir müflen demgegenüber auf die Erklärung des
Reichskanzlers Michaelis hinweisen. die wir
am letzten Montag veröffentlichten.

Sie sind aber Ausführungen eines Militärs,
der unter allen Umständen für sein Land Siche-
rungen für alle möglichen und uninöglichen Fälle
haben möchte, Sicherungen, wie sie z. B. auch jetzt
der Marschall Foch für Frankreich verlangt. Ver-
gegenwärtigen wir uns die damalige günstige mili-
tärische Lage» so können wir unter keinen Um^-
ständen Ludendorff aus dieser Denkschrift herauc
zu einem Reichsvexderber stempeln. wie dies
manche Leute möchten.

Ludendorff steht auf dem Standpunkte,
datz unsere Lage im Jnnern, die in Bezug aui
Futter und Kohle schwierig geworden sei, durck
militärische Machtmittel gebessert werdei» müfle.
dies sei sehr gut möglich, da unsere Bundesgenos-
sen nicht von uns loskönnten, und unsere militäri-
sche Lage gcfestigt sei. Die Lage der Entente sei
demgegenüber erheblich schwieriger, Rutzland
treibe der Auflösung entgegen, Rumänien wcrde
ihm nachfolgen, Jtalien werde den erhoffte'
Erfolg in der zwölften Jsonzoschlacht nicht haben,
Frankreich stehe vor einer ungeheueren Koh-
lennot. Die Ernährungslage werde dort schwierig
und auch die englische Negierung habe
mit inneren Bedrängnissen zu kämpfen, der Drang
nach Frieden werde dort stärker. Sollte .England
ernsthafte Schritte zur Verständigung unternehmen,
so wäre das ein Zeichen, datz es nicht mehr glaube,
den Kricg zu gewinnen. Von da bis zur Ueber-
zeugung, datz es nur noch verlieren könne, sei kein
weiter Schritt. Amerika dürfe, menn auch nicht
unterschätzt, doch auch nicht überschätzt werden.

Er zieht den Schlutz. unsere militärische Lage
ist günstiger, als die der Entente, unser Vündnis
ist fester, die Schwierigkeiten im Innern sind bei
uns geringer. „Trotzdem". fährt er sort, „bin ich
auch der Ansicht. datz ein Frieden für uns vor Be-
ginn des Winters erstrebenswert ist, wenn er uns
das nötigste bringt. was wir zur Sicherstellung
unserer späteren wirtschaftlichen Entwicklung be-
dürfen. und uns in eine militärische und wirt-
schaftliche Lage versetzt, die uns einem neuen Ver-

teidigungskrieg mit Ruhe ins Auge sehen lätzt.'
Ludendorff führt weiter aus, datz ein Zuwachs an
Land nötig sei und findet ihn in Kurland und
Litauen, die gute Möglichkeiten für die Land-
wirtschaft bieten. Datz unsere Bodenschätze und
Jndustrie in den Erenzen des Reiches zu ungün-
stig liegen, veranlatzt ihn zu der Forderung. datz
Oberschlesien durch Landgewinn geschützt werden
müsse, datz das lothringische Erzbecken einen
Eeländezuwachs nach Westen brauche, datz das Ee-
biet zu beiden Seiten der Maas bis St. Vith
fest in unserer Hand bleiben und datz der Aufmarsch
eines englisch - französisch - belgischen Heeres
etwas weiter zurllckgeschoben werden müfle. Dies
könne nur dadurch geschehen. datz Velgien wirt-
schaftlich so eng an uns angeschloflen werde. vatz
es auch seinen politischen Anschlutz an uns suchen
müfle. Die Neutralität Belgiens sei ein Phantom,
mit dem praktisch nicht gerechnet werden dürfe.
Eanz sicher wären wir erst, wenn wir ganz Bel-
gien militärisch besetzten und an der flandrischen
Küste stünden. Es frage sich, ob man um dieses
Zieles willen den Kriea fortsetzen müfle. Dies sei
nicht nötig. wenn die Engländer Calais räumen
würden. Der Anschlutz Belgiens an Deutschland
werde zur Folge haben, datz Holland an uns ge-
zogen werde. zuinal wenn sein Kolonialbesitz durch
ein mit uns verbündetes Japan garantiert werde.
Dadurch erhielten wir eine Stellung England ge-
aenüber. die es uns ermögliche, unseren Handel im
nächsten Krieg aufrecht zu erhaltcn. Datz ein durch
günstige Handelsoerträge mit uns verbundenes
Dänemark unsere maritime Haltung und unsere
Handelsfreiheit ark erhöhen würde, soll nur ge-
streift werden.

Alles in allein. das Proqramm eines Soldaten,
der sich auf dcr Höhe des Erfolges sieht und über
die Lage in den feindlichen Ländern anscheinend
zu güustige Berichte erhalten hat. Jhm aus diesem
durchaus patriotischen Standpunkt. von dem aus er
nichts anderes erstrebt, als das grötztmöglichste
Wr.hl für sein Vaterland, ein Verbrechen zu ma-
chen. kann nur die schwarz-rot-goldeue Mehrheit.
die setzt Deutschland in ihrem Bann hält.

Die Zukunft wird in dem Mann etwas ga:iz
anderes sehen. Einen genialen Stratrgen, drr
Deutschland aus einer schwierigen Lage aus die
Höhe der militärischen Erfolge heraufzursihen vcr-
mocht hat, der aber vom Glücke soviel — nicht
für srch, aber für sein Land — verlangte, datz es
ihm schlietzlich unwillig den Rücken kehrte.

habe, wie Herr Mathias Lehauptet? Kaum. Datz dre
Bebauvtuilgen dcs Eoaifen Ezerntn über Uco SaVo->
trerung dcs Friedens durch Errbergersche Schmatz-
bastrgkeit unrichtig seien? Auch nicht. Meivdien
Röetzers Mitteilungen über die Ersbergechhe Cam-
vagno zu Gunlsten Lor Annektiorung von Longwv
und Briey entkrästet? Erst recht nicht!

Man will also mit dieser unklaren, DÄpesch:
nur denen, die nicht alle werd'en, wiever eünmal
Sand in die Augen streuen.

Die Schweiz und der Völkerbund

Die Delogation der 25. Sektion der schmsiserl»
schen Friedrnsgesellschaft tritt am 3. August vn Dern
susammen. An der Svitze der Tagesordnun« steht
dre Rcsolution über den Eintrist der Schweiz rn
den Dölkenbmid.

Die internationale Friedensgesellschaft

wird am nächsten Montag in den Räuimen d>es
Friedensbureaus in Bern sulsammenltveten. Die
VerbaNdlungsn beginnen am 20. August zu>m eristen
Male seit 1914. Dre Pazisisten dor kric'gführenden
Länder wsiden hiex susammentreten.. Cs soll cruch
die Schüldfraae besprochen werden.

Unsere Veziehungen zu Sowjet-Nuhland

Dio Sowjetreaierung macht noucrdings wkcidea
Vcrsuche, vm mit den übrigen ouropäischen Sbaa.
ten in Verbindung zu kommcn. Cin, Funkfvruch Ls-
nins we'üst aus die w'u-tschaftliche Lage Rutzlcrnkds
hin und gibt an, welcho Waren es den übrigen
euroväichen Ländern zur Verfügung stellen kann.
Dio E riichte, datz dio diplomatüschen BsslSbungen
mit Rutzland seitens Deutschland wroder ausgenom>
men worden seüen. entbshreu jeder Begründung.
Weder eine Eesandtschast Ko-ltschaks noch etns solch-
Lenins noch sonst irgendeine offrzielle ode-r osfizröso
ruflrsche Müssiom weilt in Deutschlanb.

Portugal vor der sozialen
Revolution?

Fvanzöstsche Vlätter bcrichten, datz die Lage in
Portugal von Tag zu Tag ernster weüde, da der
Stroük an Ausdehnung zunehme. Die Haltung der
Strerkenden werde inrmcr bedrohkich.r. Jn den
letzten Nächten wurde wieÄerholt aus Sichevheits-
mairnschasten gcischoflcir. Dsi Stwrkenden und Ma-
tro)en entdsckte man Mafsen, die aus dem Zeug.
haus gsstahlen waren. Eine Bolschswistenibgnde
hat sich in den Bsjitz mehrerer Dörser bei LiflaLon
gesetzt. Es verlautc-t, datz d'e Revolutionäre L<ab-
sichtigen, sich des Flugvlatzes und der Fliegerschule
von Amwdora ru bemächtigen. Die von dec Rv-
grerung angekündigte Beilegung des Eiseubahner-
stvsiks scheint' lediglich ein B rsuchsballon z» seln,
dcnn dre Eisenbahner erklärten, von einsr Eini-
gung nichts zu rviflen und nichts wissou zu wollen,
da es vielmshr rhre Absicht ssi, düe verhastcteu
Eisenbahner mit Eewalt su besroien.

Deulschlands Ohnmacht

Düe Frredenskommission der Kammer hörte am
Drenstag Clsmenceau und Tardleu übsr die Frag?
des lrnken Mheinusers an. Clonr nccg'r -erklä.te,
datz d've Vedingungen dcs Friedensvert.iags Frank-
verch eiiro Srcherunig verschafften. dis oiner' B--
setzung der Brückenkövfe aleichkänre. Auf den Ein-
wand hrnsichtlich eincr möglichst raschcn Konzcm-
trierung deutschrr Truppon und der ferneren Hilfe
Enalands und Llmerikas crklärte cr. datz es nicht
durchfiihrbar sej, datz eine auf 190 VÜO Mann rcdu-
zierte Armee nrehrcre Millionen aushcbcn kömrr,
ohne die Aiufmertsainkcit Frankreichs und der gan.
zen Ubrigen Welt auf sich zu lenk.n.

E Die Frist, die die Entente den Oosterreichern
aewährt hat, läuft crm 0. Arcgust. mittags 1 Uhr

ich.

Das sogenannte Frredens-
angebot üer Lntente

das Herr Erzberger in seiner Entlastungs-
öffensive dem staunenden Zirkuspublikum in Wei-
mar vorführte, erweist sich immer mehr als f au-
ler Zauber.

Der französische Ministerpräsident rn der kri-
trschen Zeit, Ribot, hat zunächst im „Temps" diö
kühle Haltung Frankreichs der päpstlichen Vermitt-
lung gegenüber sehr energisch betont und erklärte
dann einem Vertreter .des „Excelsior", Erzberger
sei zu den Enthüllungen nur aus rnnerpolitischen
Eründen getr'reben worden. Er bediene sich aller
Waffen, dre ihm in die Hände fallen, um die All-
deutschen, die immer noch sehr einslußreich seien,
zu bekäinpfen.

Jndem er gegen dre militaristische Partei vor-
gehe, habe er autzerdem noch den Vorteil. eine ge-
wifle Meinungsverschiedenheit zwischen der engli-
schen und französischen Diplomatie herausbilden zu
können. Ein Unglück für Erzberger uich ein Elück
für Frankreich sei, datz die deutschen Michels so
plump erschienen, datz man mit Leichtigkeit rhre
Absichten erkennen könne. England werde ohne
viel Mühe seine vollkommene diplomatische Kor-
rektheit beweisen können. Nrcht einen Augenblick
sei Frankreich in dre Falle gegangen. dre ihm ge-
stellt worden sei. Frankreich habe nrcht daran
dcnken können, dem verantwortlichen Urheber des
ungerechten und wilden Krieges Vorschläge «zu Un-
terhandlungen zu machen. solange nicht von seinem-
legitimen Änrecht auf Elsah-Lothrrngen gesprochen
worden sei. . ^ ,

Pichons „Petit Journal" sagt. dre Deut-
schen seien inr Begriffe. ihre schmutzige Wasche zu
waschen. Der Streit sei entstanden, weil die M-
dentschen Erzberger unter allen Umständen stürzen
wollten. Das Blatt gibt folgende Einzelherten der
Unterredung. die zwischen dem Kardinal-Staats-
sekretär Easpari und dem englischen Eesandten
beim Vatikan, Erafen Salis. stattgefunden habe.
Dcr Kardinal habe herausgefühlt, dah die münd-
liche Erklärung des englischen Eesandten der päpst-
lichen Friedensnote nur einen qeringen Erfolg
sichcre. Er habe deshalb den englischen Diploma-
ten ersucht. der sein aide-memoire in der Hand
gehabt hatte. ihm dieses Dokument zu überlaflen.
damit er seinen Inhalt genau wiedergeben könne.
Salis habe darauf von dem Schreibtisch des Kar-
hinals eine Schere genommen und den Kops des
Briefes von Valfour an den Eesandten wegge-
schnitten. damit das Dokument jeden diplomati-
jchen Wert verliere. Easpari habe alsbald das
aide-memoire dem Nuntius Pacelli mitgeterlt. Es
handelte sich aljo. sagt das „Petit Iournal". wei-
ter um eine Anzahl Mitzverständnifle. die viel-
leicht siir die diplomatische Eeschichte des Krieges
intereflant seien, aber Deutschland nicht berechti-
gen, von einem Friedensangebot zu sprechen.
Würde es das aber doch tun, dann handle cs in
schlcchtem Glauben. Frankreich habe sich lediglich
formell der englischen Demarche angeschloflen. aber
nicht ohne Zaudern und Skrupel.

Und nuu erinnere man sich der gera-czu
schmalzigen Lyrik. mit der Herr Erzberger seine
letzte'Zusammenkunft mit dem Deutschlands Ver-
derben weissagenden Nuntius seiner ergr ffenen
Zuhörerschaft vortrug und frage stch dann. wsr in
der ganzen Anqelegenheit der Eefoppte war.
Sicherlich nicht die gewiegten. vorsichtlgen und
sorgsamen Politiker des Vatikans. kaum Mathias
Erzbergcr, aber wohl das arme deutschs
Volk. in deflen Mitte der gewiegte Demagoge
cininal wieder eine Stinkbombe geworfen hat, um
sich selbst aus übler Schlinge zn ziehen.

Es wcrden von dcr Regierung weiter enthul-
leudo Dokumcnte angekiindigt. d!e jedenfalls die
alldeutschen Politiker vollkommen erdrückeu sollen.

Datz durch die grotzen Erfolge der deutschen Heere
in den ersten Kricgsjahren die alldeutschcn Gewalt-
politiker Morgenluft gewittert hatten und sich zu
Forderuugen zu versteigen wagten, die nur einem
völlig goschlagenen Eegner hätten aufgezwungen
werden können. ist nichts Neues, uud datz die Re-
gierungen vou Bethmanu bis Hertling stets in
hcftigen Kämpfen mit diesen Elementen gestanden
haben und manchesmal vor ihnen haben zurück-
weicheu müflen, ebensowenig. Das hat der ganze
.Neichstag. hat ganz Deutschland gewutzt. Und
wir vcrurteilen mit aller Entschiedcnheit das Eine
und bedauern ebensosehr das Andere.

Aber jetzt handelt es sich um etrvas ganz An-
deres. Herr Erzbcrger ist in aller Fonn beschul-
digt worden. durch seine ungeschickte Vordrlngltcy-
kcit und Eeschwätzigkeit im Frühjahr 1917 die etn-
z-ge Möglichkeit. zu einem anständigen Frieden zu
kommen. vcreitelt zu haben. Das hat 19 r a f
Czernin bestätigt und Herr Erzber-

ger nicht entkräften können.

Dagcgen hat er die Behauptung aufgestellt.
datz die deutsche Negierung im Herbst des gleichen
Jahres ein angebliches Friedensangebot abgelehnt
 
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