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Heldelberger Ieitung erscheint an jedem Wochcntag mitlags 12 Uhr. Amtliches Derkündl-
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Hauptschriftleiter: Kurt Fischer in Heidelberg.

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(Unabhängige Tageszeikung)

Verkündigungsblakk für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Vayern, Hessen und Würktemberg.

Nr. 161

Dienstag, den 15. Iuli 1919

61. Iahrgang

Der innere /lufbau DeuLMlan-s

Das Wichtigste vom Tage

Die Verabschiedung der groftrn Steuervor-
lage des Reiches soll so beschleunigt wexden,
dah die neue Rcichssteuer bereits i,n Oktober
zur Veranlagung gelangt.

Nachdem die Bestreüungen der> Iommunrstcn,
einrn allgemcinen Verkebrsstreiki' hirbeizuführen,
gcscheitert sind. versuchen sie jetzt die Landar-
beiter aufzuputschen.

Zn München begann gcstern der Hochvelrats-
prozek gegen E r n st Toller.

Der Berlincr BerLehrsstreik ist beende t;
der Strabenbahn- und Omnibusbetrieü wird heut^
wieder aufgenomnien.

Ans Baden

Anf der Ministerkonfcrenz in Heidel-
berg wurden Finan; fragcn und die Errich-
tung einer grotzhefsischen Republikbc-
handelt.

Nach der Natifikration

Die Aeidelberger Konferenz

UcLov dcn Plan einer gro h h«ss i schen Ne-
vuülik unter Einschlu» von Birkenfelde un!d der
Pfals mar vom> der bcss.schen Negieruns beasbsich-
tigt, eine BesPrechung mit süddeutschen
Staaten darüber in Darmstadt abz'.chalten. Dev
Lionforenzort wurde auf Wun'ch der anld^eren süd-
deutschen Negterungen Mch Heidelberg vep-
l'-'gt. Am 12. hat dort eine Aussvrache Mrender
südd-eutschor Staatsmäner stattgesunden. Am Mon-
^tag folgte eine gemeinsameBeratung mitM'ltgli.
dern des Neichskabrnctts. Daci'm soll übex Lio in
'den letzten Wochen offiziell un-d moffiziell angereg-
ten Pläne zur Ne u g e st a l t u n g d's Deut
schen Neiches gesprochen werden. Dor Hauvt-
wideTstand gog-n eine weitgebende stwwtlrche Au-
touomie -der einzelnen Eöbietsteile lag bischer in
Preuhen. Dio B' kanntmachung des ppeuHi'cher
Staatsminvsteriums. wonach den Provinzcn
weitgcchende Vollmacht'-'n g"geben werden sollen,
^läbt denEe!b!anken an den erstcn vonPreutz stwm-
incnden Eiitrvuvf wieder stwik in dsn Vorder'grund
treten.,

schläge enthält darüber, wie die süddeutschen Staa-
ten sich dsn Aaisbau des Steuersystems und der
Steueroevanlagung im einzelnen denken. rrurde
einmiitig angenonimen.

Einheitliche Ncichssteuerverwaltun.q
Muf Weranlassung des Reichsministers der Fi'
nanzen fand in Meimar eine Zusammenkunft
dcr Gl tedst a a te -n statt, an der auch dieStaats-
präsidenteu bezw. dio MinisterpvWdenten und Ee-
sandtschwften verschieidener GlieÄstaaten. scwri-r der
Eesandte Deutsch-Oesterreichs teilnwhmen. Es saud
etne Aussvrache übeo das vom Finanzmrmstsr e 'd
wickelte Frnanzprogramm statt, in deffen Mlittel-
punkt die Reichseinkommcnsteuer stand.
Jn Vevbindung mit ihr soll nach dem Plan der
Neichsrcgierung mit möglichster Schnelligikeit dis
Steuerverwaltung der Gliedstaaten in eine
einbei tliche Reichsverwaltung umge-
wand'lt werden. Jm Verlauf der Debatte kündvgt
der Neichsfinanzminister an, datz er im Fntereffe
von Handel und Jndustrie die bis jetzt bostohende
lleberwachung des geMöhnlichen Brief- und
Telegrammverkehrs mit dem Ausland

Die Natifikation ordnnngsmäfrig und voll-
ständig

Die Doutsche Allgemsinr Aeitung- erhält von
Mständiger Seite folsende Zuschrist: Jn der stwn-
Zösischen Presse wird vielfach die Frage erörtert.
ob deutscherseits die Ratifikation des Friedens-
vertoages nicht auch noch durch die Pdrlwmeiste
Preubens und Bayerns vorgenommen wer-
den müffe. weil dex Dertrag von diesen elmzeliie
Staatsgebiete abtrennt. Diiese Frage wurde vor
oer Ratistkation von den zustäadigen deutschen
Stellen weitgehendst geprüft. Man gelangte über-
ÄinWmmend zu dem Ergebnis. dafi allein die
Natianal - Versammlung und der Slaa-
tenausschus; die Ratifikation zu genehmigen hätte.
Die Grundlage hierfür bildete das Eesefi übe: die
vorläufige Staatsgewalt vom 10. Februar 1919.
Hiernach hat die verfaffunggebenDe Reichsverfrs-
siung auch sonstige drängende Retchsgesetze zu be-
schlieffen. Das Eesetz ffeht ferner ausdrücklich vor,
datz der Friedensschluff durch Rolchsgesetz erfolgt.
Es kann daher keinem Zweifel uisterliegen. daf;
das Gesetz über den Friedensfchlutz bei völliger
Uebereinstimmung mit dem gegenwärtigirn in
Deutschland geltenden Staatsrechte erlaffen wurde.
Demontsprechend wurde auch in der Note der Alli-
isrten die vam doutschen Reichspräsidenten vollzo-
geiie Ratifikation als o r d n>u ngs m ä tz i g und
vollständig anerkannt.

D'ie deutsche Natifizierung angenommen

Der Oberste Rat der Alliierten hat die Note
Dcutschlands betreffend die Ratistzierung des Frie-
densvertvages, wie sie durch Ebert gesaiiidt worden
rst. endgültig angenommen.

Eine neue Note Lersners
Freiherr o. Lersner hat am Swmstag abend
de,n Obestten Henry eine noue sebr umfangreiche
Note uberreicht. die eine AnzM statistlscher An°
saben und Auskünfte über Kahlerc- und metall-
industrielle Fragen onthält.

Die sranzösische Kammer und der Friede

- Lyoner Vlättcrn zufalge wurden im Kammer-
ausschutz für den Fricdensoertrag geskern die mili-
tärischen Klausoln Lesprochen. Viviani erklärte,
daff der Vertrag zwar Lücken auifweise, Frankreich
aber auch tatsächliche Garantien geb'e. Barthau
bctonte. datz nach dem Militärabkoimmen mit Eng-
land und Anrerrka und durch dle Tatsache. daff
drestz Staaten setzt grötzere Armeen besitzen. die
Laae Frankreichs zu derjenigen im Icchre 1914 ge-
beffert sei. D-eutschland sei allerdings nicht so ge-
schwächt, daff die M i l it ä rd i e nst p f l i cht
Frankreichs her abgesetzt werden könne.
Augagneur verwies auf die Vernichtung der deut-
schen Seemacht. wodurch es möglich sei. DeUtschland
osj eiiiem Konflikt sofort zu blocki'eren.

Die Aufhebung der Blockade

Die Handelszensur sür Deutschland ist zu-
v eich Mj der aufgehoben worden.

it den neutralen Ländern sind von der Enitente
khandlungon im Gang. umr die sofortige Eiinoil-
öung zux Aufhebung der mit den affoziiertem,
»achten abgoschlvffenen Blockadenbkommen zu ex-
mngeiz.

Weiter wird aus Karlsruhe amtlich ge-
mskdiet'.

Karlsruhe, 14. Zuli. Am leht-rn Samstag
fand in Heidelberg eine gemeinsnme Besprech-
ung der Negierungen von Württemberg, Hcs-
s e n und Baden statt, um Stcllung zu nehmen zn
den neucsten Plänen des Neichsfinan;ministe*s auf
dem Gebiete der Festsetzung, Erhebung und Ver-
waltung der Staats- und Gemeindcabgabcn. Die
Dorschläge des Neichsfinanzministeriums. die in
ihrex Wirkung auf eine vollständige Aufbebung der
Steuerhoheit der Einzelstaaten h'rnansgeben und en
ihre Stelle das sogenannte Dotationssystem setzen,
wurden cinmütig abgelehnt. Man war
sich einig in dem Entschluh. dem Neich weitgehend
cntsrgcn zu kommen. Doch disses Entgegenkommen
mus; seine Grenzcn sindcn 'n dem selbständi-
gen Einnahn, eetatrecht und in der finan-
ziellen Selbstvcrwaltung dcx E'inzelstaaten. Eine
dayingehende E n t s ch l i e >; u n g, die auch Vor-

Die Rückkehr der Gefangenen

Wfie aus Verlsailles gemelbet wird. verläßt am
20. d. M. der erste deutsche K r r e gs g ef <rn-
genentransport in Stärke von 3000 Mcrntz
das Gefangen>cnsammellager böi Reinns.

Fiük die helinkehrenden kriegsgefangenen Deut-
schen iist eime Milli <rrde Mark Reichsgelder-
zur Anweisung gelangt.

Vern, 44. Juli. Nachdem die letzten Schwrerig-
leiten. dio d"r Ewtlaffung der 3000 in der Schweiz
befindlichen deutschen Jnternierten im
Wiese gastanden haben, bcseitigt sind. wtrd d'.e
Kriegsinternierung m der Schwsis in etwL Mo-
natsfvdst beendet sein.

Amsterdam, 14. Zuli. Aus Kavstadt lüirü) gemel-
det, das; bisher 1480 Deutsche aus dex Südlrfrika-
nischen Union nach Deutschland zurückge-.
sandt wurden. Aus Südwestast'ika wurden bis-
her 3250 Deutsche zurückgesandt. 2250 warten auf
die Heimkehr, die erfolgt, sobald die nötigen Schiffe
vovhcmden! sind.

demnächst aufheben, dagegon die des Paket -
verkehrs, sowre der Einschreibe- unÄ Wert-
briefe aufrecht eiibalten werde. Neue Masinahmen
zur Verhinderung der Steu -o r f l uch t. ins-
bcsondere auf dem Gebstt der Zablungsmittel und
der Wertvaviere ständ^n bevor. Bsschlüffe wurden
in der ZusamnienEunft nicht gefabt. Das ent-
wickelte Finanzprogramm wird die Landesver-
sammlungen der Glicdstaaien beschästigcn.

Veilegung der Krisen

Es ist nun einmal so: wer sich mit dem Zentrum
eiirläkt, öst dtzr Düpierte. So ist es auch ictzt den
S oz ia ld e m o k r at en er'gannen, diel -auf der
ganzen Linie nachgeben mutzten. Die Grund-
r-echte kommen in die Neichsverfassung und das
Schulkomvromib ist in der vom WTV. anst.
lich dementierten Fvrm angenommen. Da-
nach ble'Lt <s in der Schulstage bis ziiinr Evlatz
cines Nelchsgesetzes beim alten, d. h. das Zentruni
bat seine Konfessions- und Klosterschulen sstettet.

bahner. die sich air dem StwÄ am 21. Zuli be-
teiligen würden, vov ein Kriegsgericht M
stellen. das Eegenteil von der erwarteten Wstkuug
geh>abt. Die fvan.zösischen Menbahner haben nun-
nieh: beschlvffen. auf allen Erisenbahnlinien IFrank-
reichs, in Algerien. Tunis. sowie in Elsasi-Lvthrin-
gen während 24 Stundsn den Dienst einzu-
st e l l e n.

Amerikanisch-mexikanischer

Konslikt

Haag, 14. Zuli. Wie der Nieuwe Notter-
damsche Courant aus Paris meldet, steht nach
Nachrichten aus Washington zufolge ein Ko n-
flikt zwifchen den Bereinigten Staa-
t e n und Mexiko bevor. Die Geduld Ame-
rikas ist zu Ende. Die Vereinigten Staaten
follen beabsichtigen, die mexikanischen Häfen
und einen Teil des Hinterlandes zu besehen,
bis Leben und Eigentum der amerikauischen
Bürger gesichcrt und eine feste mexikanische Ne-
gierung errichtct ist.

i4. ^uii. Äv-ie oie rvialter meideu, wev-
deu die rn Ungarn interniertcn deutsch-on
Soldaten mit Eeneralfeldmarschall o. M a ck en/-
sen in d<n nächistcn Tagen auf- dem Wege nach
Deutschlaud d u r ch W i e n ko nim e n und sich hier
emigs Tage aufhalten.

Der Proteststreik in den Entente-
Ländern

Das belgischs Arbeitersyndikat teilt Init. d-asi es
den sür 21. I'Uli geplaiitcii 24stündtaen Protest-
stvoik n t ch t m itma ch e. Der Avantt brtnvt an
der Spitze des Vlattes ein AtMstsest. an die italie-
nische Arbeitersckaft. sich <mf den Wel 1 strei, am
20. und 21.Firlt rüsten. An dcm Streä-k wer-
den autzer den Franzosen wahrscheinlich amch die
Eirglwirder, Hollander. Däliven und Schweden teil-
nehmen.

^ Nacb den letzten Meldungen mis Paris hat etu
Beischbufi der fvanzösischen Regierung. dbo Eise,n->

Ein Aufrllf

deutscher Kochschullehrer

Berlrner Vlätter bringen einen Aufruf
deutscher Hochschullehrcr. in dem Einspruch ge-
gen die unerhör 1 e Schmach. die unsere Feinde
unserenr Volke antun wollen. erhoben wird, in-
dem sie die Auslieferung und Aburteilung
desKaisers und unserer besten Münner durch ei,r
parteckisches vou Hasi und Rachsucht einsesetztes
Gcricht vevlangen. Die Foüderung sei um so
schcvmloser, da sie unter der hsuchlerischen Maske
dex Gerechtigkeit erhoben worden seü Die Unier-
zeichner erklären feierlich. da.fi sie, wenn dst Er»
füllung der Fordernng erzwnngen merden sollte.
sich mit vollster Verachtung von Nationen
wenden würden. tn denen sich die sittlichen Kräste
mcht finden. um dieses Gcmkelspiel zu unterdrücken
mrd alles daran setz-m werden. um dtese Gesin-
nung auf Kinder und Krndeskiuder zu verevben
und in der deutschen Natton dauernd lobendi,a zn
evhalten.

Der Sturz Falksnhayns

Von StaaLssekretär a. D. Helfferich*)

Jn der Zeit der schärfsten Zuspitzung der mi-
litärischen Lage, im Sommer -1916, als zu dem
ruffischen Vorstotz die französisch-englischen An«
grisfe hinzukamen, weilte ich bei Hinden-
burg in Kowno. Jch hatte Eelegenheit,
mit Hindenburg und seinen Offizieren die po-
litische und militärische Lage eingehend zu Le-
sprechen. Der Eindruck, den ich gewann, war
ersch ütternd. Hindenburg sagte mir am
Abend des 3. Juli: „Wir haben hier oben im
Norden überhaupt nur noch eine durchsichtige
Kattunschürze. Zch habe, um das Loch bei den
Oesterreichern zuzustopfen, alles weggegeben,
was ich entbehren kann, und mehr als das. Es
bleibt mir nichts anderes übrig. Aber was ich
weggegeben habe, sehe ich nicht wieder. Nun
greift der Ruffe hier oben bei uns an. Ich
weitz nicht, was werden soll." Seine Mitar-
beiter wurden deutlicher. Die verhängnisvol-
len Nachteile des Mangels eines ein-
heitlichen Oberbefehls an der Ost-
front mutzten auch dem Laien einleuchten.
Meine Zweifel an der Richtigkeit der im Osten
befolgten Strategie, die ich seit den Monaten
Mai und Zuni mit mir herumtrug. fand ich
bestärkt. Das dringendste Erfordernis der
Stunde erschien mir die Vereinheitlichung des
Oberbefehls über die gesamte Ostfront. In
diesem Sinne telegraphierte ich noch vom Osten
aus am 4. Juli mit dem Reichskanzler.

Als ich am Sonntag, 9. Juli, nach Verlin
zurllckkehrte, schilderte ich dem Kanzler münd-
lich auf das' eindringlichste meine Wahrneh-
mungen und Eindrücke. Der Kanzler hatte.
wie mir bekannt war, schon in einem früheren
Stadium des Krieges und auch späterhin wie-
derholt die Frage des Oberbefehls aus dem
Zweifel heraus, ob der Eeneral v. Fal-
kenhayn der richtige Mann an diesem
Platze sei, zur Sprache gebracht. Die militä-
rischen Berater des Kaisers hatten jedoch da-
mals mit Entschiedenheit an Ceneral v. Fal-
kenhayn festgehalten. Der Kanzler erzählte
mir jetzt, datz der Kronprinz von
Vayern neuerdings an den Erafen Lerchen-
feld, der diese'n kurz zuvor im Eefolge des Kö-
nigs von Bayern in seinem Hauptquartier be-
sucht hatte, einen Vrief mit den heftlg -
sten Vorwürfen gegen die Oberste
Heeresleitung geschrieben habe.
Auch andere hohe Offiziere seien jetzt zu der
Ansicht gekommen, daß die Oberste Heereslei-
tung in ihrer derzeitigen Zusammensetzung den
Schwierigkeiten der Lage nicht gewachsen sei.
Der Kanzler hatte inzwischen bereits die
Uebertragung des Oberbefehls über die ge-
samte Ostfront einschlietzlich der österr.-
ungarischen Truppen an den Feldmarschall
v. Hindenburg verlangt. Der Chef des Eene-
ralstabes der österr.-ungarischen Armee Con-
rad v. Hötzendorf war alsbald mit dem
Antrag befatzt worden, hatte aber zunächst a b-
gelehnt. Einige Tage später hörte ich, datz
der uugarische Ministerpräsident Eraf Tisza
sich entschieden für die Uebertragung des
Oberbefehls an Hindenburg ausgesprochen
habe. Am 18. Juli waren die Eenerale Eon-
rad v. Hötzendorf, v. Falkenhayn und Luden-
dorff zur Vesprechung der Angelegenheit in
Bcrlin; eine Einigung kam nicht zustande.

Jch war in den folgenden Tagen in Mün-
chen und Stuttgart. Sowohl der König
von Bayern wie der K ö n i g v o n W ü r t-
temberg sprachen sich mir gegenüber aus
eigener Jnitiative dafür aus, datz in der un-
gemein ernsten Lage auf den Feldmarschast
v. Hindenburg zurückgegriffen werden müffe.
Der württembergische Ministerpräsident vott
Weizsäcker, deffen ruhiges und klares Urteil ich
immer besonders schätzte, flehte' mich geradezu

*) Jn Kürze erscheint im Verlag von Ullstein
U. Co. der dritte Band der Menwiren Helfferichs.
Jhm ist das obige Kapitel entnommrn. Schriftl.
 
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