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Heidelberger Jeitung crschelnt an jevem Wochentag mltlags 12 Uhr. Amtliches Dcrkilndl-
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(Unabhängige Tageszeuung)

Verkündignngsblatk für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Bayern, Hessen nnd Würllemberg.

61. Iahrgang


Nr. 192

Mittwoch, den 2V. August 1919

Die Sandenkämpfe in Gberfthlesien

Das Wichtigste vom Tage

Die Vereidigung des Reichsvräsidenten au?
die Berfassuug wird am 21. August nackmittags K
Uhr stattfinden.

Nach Dtitteilungen des Reichskanzlers sind bei
den volnischen Putschen in Oberschlesien w«-
der die volnische Regierung noch reguläre polnische
Truppen beteiligt.

Die Nationalversammlung bat das
Tabaksteuergeseh in3. Lesnng und die
neuen Postgebühren in 2. und 3. Lcsung
mgenomme l.

Die unr Chemnitz versammelten Truppen siud
Dienstag früh kampflos in die Stadt einge-
r o g e n.

Zn Bayern haben die Soldaten- und A r-
beiterräte seit bem 9. November 1918 für 1,2
Milliarden Kosten und Schaden verur-
sacht.

Dex preuhische Staatsetat schlietzt für Avril-Zun:
mit einem Fehlbetrag von 100 Mill. M. ab.

, Unter dem Druck der belgischen Besatzungsbehör-
den, dieVerschickung dcr Streikenden
ange droht hatten, sind die Bergleuto Ler Zeche
Rheinhessen aus dem linkcn Nheinuser wie-
Ider zur Axheit erschienen.

Der franzöfisch: Heeresetat sieht eine Vermeh-
rung der französischen Kolonialtruppen
um 8 Negimenter vor.

Die Bethmann-Krise im
Iahre 1917

Die Kreuzöeitung bringt weitere Einzelheiten
aus 'oem Buch Ludendorfis und teilt folgen-
d's mit:

Nachdem Ludsndorff sich e'mgehend übex den Nie-
^dereang und die Stimmung in der Heimat verbreit.
tet bat, kommt er auf die Kanzlerkrise im
I u l i 1917 zu. fvrechen. Er schreibt dort : In
ilnem Ausbruch lcrg die Behinberung unserer gei-
stigen Krüegsfähigk iten. Jn der Sitzimg des
Reichstags-Hauvtausfchusses nach der vollkommen
iilerraschenden Rede des Abg. Ersber-
ger. 'n der dieser die völlige Aussichtslosigkeit des
U-Booi-Krieges behauptete und die Möglichkeit be.
strijt, den Krieg überhaupt zu gewinnen. brach die
Slimmung 'm Reichstag völliz zusanln-oen. Eing
es in DeutMand so weiter und geschah nichts für
dis Ermutisung und die seelische Clärkung des
Volkes, so war der kriegerische Nicbcrgaivg m der
Tat unausblevblich. Dcr Kriegsminister teilte un-
?c- Anschauungen über die schädlicke Wir -

' g d-ex Verliner Vorkommnisse auf u-vsere mi-
^it-r.ichr Lage und hielt einen Vortrag des Gene-
Aoli ldmarschLlls berm Kaiier für notweadig. Der
'-' .neralfeldmarschall und ich begaben uns darouf-
bnoch am 6. Juli abends nach Rerlin. Der
Kaiser sah indetz die Voraänge daselbst als aus-
!chl!edlich innere Angeftgenheit an, die die mil'!-
'är.schen Stellen nicht berühre, die sudem durch
!den Kriogsminister verfasiungsgemätz vertreft-n
,wären. Unscre Anwesenheit in Berlin vorlief da^
her n.ach jcder Nichlung hin e r g e h, s l o s. Wir
kehrten abends nach Kreuznach zurück. D'.e Lage
:>r Bcrlin verschärfte stch. Am 8. Iuli stiminte diL
Neichskanzlcr, obchon er oamalv den Vornich-
tungsw'cllc'N! des Feindes richtig einschätzte, dtn
Mohrheitsparteien und der von ihnen beabsichti>r-
i''n Fr i eden s reso l u t i o n zu und stellte
Umon gletchzeitig die Einführung des Reichstags-
-rahlrcchtcs für die WMc'n zum vreutzischon Abge--
^'"nl'ause rn bcsiimnit' Aussicht. Bcldes muhte
^-n Kriegswillen dcs Feindes ins Ilnermctzlich?
I c'igern. Am 10. Juli nackmittags fühlte sich d:r
."ceichskanHler vevanlatzt, sein Mschiedsgesuch ein-
sureichen, das aber am 11. vormittaas abge
lchnt wurde.

Jn Kreuznach hatten wir vorübergs'hend
an eine Nachfolgschaft Vülows aedacht.

Eine Erklärung des Kanzlers

Zn-der gestrigen Sitzung der Nationalver-
sammlung hat Reichskanzler Vauer folgende
Erklärung abgegeben:

,,Während in Berlin zwischen Preutzen und
Polen Lbor die schiedlich-friedliche Rcvchbarscha'ft
verhandelt wird, babon in Oberschlesien pol-
nischo Agitatoren, einen gewaltsMnen Le-
wafsneten Ausstand herbeizufübren ver«
sucht. Zu meiner Freude kann ich mitteilen, datz
die Mchrichten wesentlich übertriuben
sind. Es ist um 12 Uhr mittags die Nackncht ein-
gegangen. datz das

Eeneralkommando Herr der La«
ist. Wo Polen bewaffnet oingedrungen sind, sind
sie zurückaetrieben oder festgenommen word?n. Nur
im Ee-Liet östlich der Linve Beuthen-Tarnowitz
hielten sich noch volnische bowaiffnete Insurgenten,
dis noch nicht gefctzt worden sind. Reguläre
polnische Truppen sind auf deut ch.m Boten
nicht angetroffen worden. Wir sind militävisch
ftark senug, um dicser Putsche Herr zu werden.
Es gibt cben Nationalvolen in Oberschlosien. die
tefürchten, datz die Volksabstimmung zu ihren Un-
Lunsten ausfällt und die d'shalb unter allsn Um-
ständen jetzt schcm eine feststehende Tatsache schas-
fen sollen. Unser« Aufgabo wird es sein. solche Be-
strobungen zu verhindern und dafür zu soogen, datz
d"m Friedensvertrag gemätz eine wlvklch unge-
hinderte und unvarteiische Entfchei-
dungin Oberschlesisn erfolge-n wird. Es gereicht
uns zur Froude, datz die volnische Regis-.
ruag dieseu Dingen sernstsiht und datz pol-
nisckie Truppen sich nicht beteiligt häben."

Dann ist es aber um so unverantwortlicher.
wenn das offiziöse WTB. derartige Meldun-
gen vorher in die Welt seizt.

Ein Angriff auf Ryünik

Wie der B. Z. von amtlicher Stelle in Nybn'ck
gckneldet wird, kam es in der Nacht zum Dienstag
an allen Ecken und Endrn su Bandenkämv-
fe iu Bewaffnete zogen von Naudcn und Seibcrts-
tcrf gegen die Stadt Rvbnik. Se wurden, un-
terwegs geschlagen. Zhre Verluste sind
b->trächtlich. Schwere A u ss ch r c-j j u n ge n gab

Die Verhällnisso wurden noch verworrener, ä.'s
plötzlich die k. und k. Neaierung auLenfällig Partei
für den Reichskanzler' Bethiniann und gegen den
Fürsten Bülmv nahm. Der Kaiser hatte sich für
Bleihen des Neichskanzlers Bethmann entschieden.
Auch der iKronprinz, der in Berlin eingetrciffen
war, lhatte sich damit abgosunÄen. Jch konnte nach
all denn Norgefallenen den Neichskanzler nicht
mehr fllr den geeigneten Mann halten, der die
Kriogsarbeit leisten würde, die dieser Kriüg von
rhm forderte und der das deutsche Volk aus dam
Tiefstand seiner geistigen Spannkvaft heraus zum
Sioge fiühron könnte. Die Hoffuung, die ich bei
meinem Eintritt in die Obersto Heeresleitung
hatte, in vollster Uebereinstrmmuna mit dom
Reichskanzler für den Sieg M arbeiten, war zu-
sammvugeibrochen. Zch schrioh deshalb mein Ab-
sckiedsÄesuch. Der Eeneralfeldmar-
schall schlotz sick mir:an und reichte gleichzei -
t i>g sein Abschieosgesuch ein. Die Gcffuche gingen
am 12. abends nach Verlin, nachde>u am Nachmit-
tag eine vorläufige Benachrichtigung «n Eoneräl
Lyncker abgesandt worden war. Gleichzeitig traf
ein drinsendes Telegramm des KriegSministers
ein, der mit Rücksicht auf unsere vlilitärische Lage
einem nvchmaligen Vortrag dxs Generailfeldmar-
schalls beim Kaiser für nötig hielt. Auch der Kai-
s-er wünschte uns zu sprechen. Jnzivischen halte der
Kronprin; am 12. vormittags seine Bospvechung
mit den Parteiführern des Neichstages. die sich in
der Mohrzahl für eineu sofortigrn Ka,iz'lerwechsel
erklärten oder ausführten, datz ihnen am Verbleib
dos Kanzlers nichts liege. Es trat Niamand für
ihn ein. l>luf den Vortrag des Kronprinzen bin,
entsch otz sich daher dcr Kaiser *das erneute Ab-
schiedsgesuch des Neichsl.rnzlers anzunshmen.

Als wir aim 13. frllk in Berlin eintvafen war
die Entscheidung bereits gefallen. Zch
haffte, datz nun ein Mann die Neaierungsgciwalt
ubernchmen würde, der dio Kraft des dcmtschen
Volkes zum einmütigen Handelu zusammenfassen
würde.

* Aufhebung dcs Klosterwcseno in Tfchcchicn.
Die tschecho-slowak.sche Negierung hat kurzerhand
die meisten römisch-katholischen Männer- und Non-
nenklöster enteignet. Die Mönche und Nonnen
flüchteten, zumeist nach Deutschland.

es in Ober-Schwirdland, ferner in Emma-Erube
und Radlin, wohin in den Morgenstunden de:
PanzerzugNr. 32 abgelassen wurde. Mechrere
Tote hatten die Angrejser in Se'ibertsdorf. Ebenso
muivde ein Ueberfall auf Charlotten-
grube verübt, wo in den frühen Mcr>genstunden
der Dersuch grmacht wurde, die Nä'vchswehr zu ent-
waffnen. Der Stroik im Rybniker Revier
ist rn der MontLS-Nachtschicht vollständtg gewor-
dcn. Den Bergarbeitern Legrmnen sich ernzelirs
Kategorven anderer Arbeiter anruschllstzen. M i s-
towrtz und Kattowitz sind fest in deutsch r
Hand, doch in den umliegenden Bezirken ist die
Lage noch kritisch. Jn Beuthen hat dey Auf-
stand nicht um sich zu groifen vermocht.

»Zm grotzen und ganzen Ruhe"
Veuthen, 19. Aug. Weitere militärlsche
Nerstärkungen sind gcstern in. Oberschlcsien
angerollt.. Die Operationen gegen die einzelnen
Orte waren sämtlich von Erfolg begleitet. sodatz im
grotzen und ganzen Nuhe herrscht. Ee-
gen die eiuzelncn Orte, iu denen die Aufrührer
sich noch halten, wird vorgegangen werden. Die!
Verluste auf militärischer Scite betragen 7 Tote
und 17 Verwundcte, die Verluste der Gegner find
erhcblich böher.

Die Amerikaner und die Polen

Von unserem Verliner Vert.reter wird
uns geschrieben:

Die Angriffe der Polen in Oberschlesien haben
die Amerikaner, wie es scheint, völlig auf die Ssite
der Deutschen gebracht; denn ich erfahre zuverläs-
sig, datz die Amerikaner dieses Vorgehen
der Polen mitzbilligen und sich sofort an
die Leitung der polnischen Truppen gewandt ha-
ben, dahin zu wirken, dah die Angriffe eingestellt
werden. Sie bedeuten einen Bruch des Friedens-
abkommens und würde zu ernsten Matznahmen ge-
gen Polen führen. Auch wenn es sich nur um Aus-
schreitungen bolschewistischer polnischer Anhänger
handelt, so wird der polnischen Heeresleitung von
den Amerikancrn die Verantwortung zugesckc'

Dio Amerikaner versuchen demnach alles, polnische
Anmatzungen zurückzuweisen und man nimmt an,
datz sie, falls ihrer Forderung nicht entsprock
wird, ungesäumt die in Aussicht genommenen Be-
satzungstruppen, die zu 60 Prozent aus Amer'ka-
nern bestehen soll, nach Oberschlesien dirigiercn
werden.

Aelfferichs letzter Schritt

Die »Berl. Moraenpost" ineldet: Da alle Ver-
fuchs Helfferichs, von Erzberger ver-
kl«-gt zu werden, mitzluugen sind, hat er ein
Schveiben <rn den Reichspräsidenten Ebert gerich-
tet und die Einl-oitung oinos Eerichts-
vlerfahrens wegsn seiner schweren Anklasen
gegen ErMrger verlanst.

Die französifchen Fliegerverluste

--Zürich, 20. Aug. (Prrvattel.) Amtlich wird
aus Paris gemoldet, dab die Zahl der Vcrluste die
das fvanzösifche Ftiogsrkorvs im Kviege erlitten
hat, 3400 Deoibachter -und Piloten, die getötet wur-
den, und 2000 Vevwundete beträgt. In der Zn-
nenzono sinÄ 2000 Flieser -atbgestürzt. Beim Wcrf-
fenstiUtandsMchlutz betrug der Vestand des Lufi-
sliegerkorvs 13 000 Mann. wonach sich cino Verlust-
ziffer von 61 Prozent ergibt.

Kohlennot auch in England

:: Basel, 20. Aug. (Prlvattel.) Die Times
melden, datz die Kohlenvor-rüte der cnglichen
EiistnbMnen und Zndustrien derart -gerlng sind,
datz eine Kohlenkatastrophe auch für England d e-
sen Winter unvermeidlich sei. Nur eine
mindcstens SOprozentige Steigerung dcr Fördovung
kömre dbe Ecfahr eines völlig- n Zusammenbrnches
abwenden.

Wilsons geheime Dokumente

-Wie aus Wafhington gomeldet wird, hat Wilson
an den Sonat cln Schvelbcn gcrichtet. in dom cx
sich bereit ecklärt, denr Senat die g.'beimen Doki^-
mcnte über den Fr i ede n s s ch l u tz und dcn
V'ölkerbund vorzulegon. soweit sie den Scnat
interesiieren können.

Das „Katholische Mittel-
europa"

Die Habsburgischen Pläne

Eraf Zulius Andrassy, der Minister
für auswärtige Angelegenheiten i.n ungari-
schen Kabinett. steht in reger Verbindung niit
dem früheren Kaiser Karl, König von Un-
garn. Die Znformationen, die Eraf Andrasfy
aus der Schweiz direkt vom Kaifer Karl er-
hielt, gingen dahin, daß der frühece Kronen-
träger, bevor er sich zur Wiederbesterguug des
Thrones bereit erklärt, den Zusammenhang
der Enlwicklung hergestellt sehen will,
und datz er zu diesem Zweck die Rechtslage,
wie sie am 26. Oktober 1918 bestanden hat,
fordert. Dem Plan zur. Nückführung des Kai-
sers Karl liegt derWille derEntents
zu Erunde, und seine Durchführung wird ganz
besonders in Paris betrieben. Aus dem ernst
zu nehmenden französischen Regierungsblatte
„Temps" erfahren wir die bemerkenswerte
Tatsache, datz es sich um die Bildung eines
grotzen katholischen Staates in
Mitteleuropa handelt, der Deutsch-Oesterreich,
Ungarn und Bayern umfasien soll. Vor dem
Sturz Bela Kuns wurde eine derartige Wand-
lung eingehend beraten. Datz wir noch auf
seusationelle Ereignisie in der alten Doppel-
monarchie gesätzt sein müsien, wird täglich kla-
rer. Die Enthüllungen des Seineblattes ha-
ben die Elaubwürdigkeit für sich, und wir ver-
stehen jetzt manches, was in Wien vor dem
Absalle Oesterreichs von dem Bunde mit dem
Deutschen Reiche vorgekommen ist. Es wurde
eine geheime Fühlung mit König
Ludwig von Vayern zu nehmen gesucht, ob
er geneigt sei, gleichfalls von dem Bündnis
mit Preußen zurllckzutreten. Für diesen Fall
wurde ihm versprochen, datz Bayern beträcht-
liche ökonomische Vorteile gewährt werden
sollten, falls es sich dazu entschließen sollte, sich
dem geplanten großen katholischen Staate an-
zuschlietzen. Wenn der Pariser „Temps" be-
hauptet, datz der Vatikan das ganze Projekt
unterstlltze und auch heute noch fördert, so ha-
ben wir den Schlüssel für Erzbergers faule
Rolle am Wiener Hofe. Wir erhalten die Ve-
stätigung, daß der Zentrumsführer den Brief
Ezernins an den Kaiscr Karl zu dem Zwecke
in die Hände Lekam, um den Znhalt an den
„Temps" zu verraten und die Entente zum
Ausharren zu ermuntern. Erzberger
stand mit Rom in sortdauernder Verbindung,
und wenn am Tiber so gewaltige Dinge ein-
geleitet wurden, so war Erzberger die
brauchbare Mittelsperson. Eine
unerhörte Zntrigue ist gesponncn
worden, um das mitteleuropäische Bündnis zu
zerreißen und Deutschland zu vernichten. Der
Vorhang des Weltendramas beginnt sich zu
heben. Nicht umsonst bekannte sich Kaiser
Karl in unterwürfiger Form als der gehor-
samste Sohn der Kurie.

Die in Wien sehr einflußreichen vatikani-
schen Kreise hatten erklärlicher Weise an
ihrem Zünger Erzberger ungeheures Wohlge-
fallen. Den Mann konnten sie gebrauchen.
Man erinnert sich ictzt an das Wort jcnes
Hofjesuiten der Maria Theresia: „Die Ent-
sch e i d u n g s s ch l a ch t zwischen Nom und
Luther werde einst auf märkischem
Sande ausgefochten werden!" Die päpst-
lichcn Politiker betrachten den Sturz der Ho-
henzolleru als einen großen Triumpf. Ilm
ihn zu crreichen, wurde anch zunächst den ka-
tholischen Wittelsbachern im Oktober 1918 die
politische Führung in Süddcutschland bis zum
Rhein angebot'en. König Ludwig giug aus
Treulosigkeiten nicht ein, und so mußte er das
Los der Hohenzollern in der Vertreibung tei-
len. Zetzt soll Kaiser Karl. der als willig be-
funden wurde, nach Mitteilung des Pariser
„Temps" mit einem großen kalholischen Staate
in Mittelcuropa belehnt werden. Der kleine
schwarze Mann von Suttcnhausen wurde in
Wicns klerikalcn Kreisen als der „einzige
Staatsmann von grotzem Format" bezeichnct,
 
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