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Heidelberger Ieilung erscheint an jedem Wochentag mittagr 12 Uhr. Amtliche» Verkiündi-
gungrbüatt. Gratlsbeilagcn slnd die tzeldelberger Familienblätter, auhcrdem amtlicher Wohnung».
anzciger. Die tzeidrlbcrger Jeitung kann durch alle Postanstallen, durch die Agenturen auf dem
La>de, die TrLjerinnen unü bei der Deschäftsstelle selbst — Hauptslrahe 23 — monatlich und
vierteljährlich bcstellt werden.
tzauptschriftleiter: Kurt Fischer in Heidelberg.

'vruL und Derlag: tzeidelberger Derlagranslalt und Druckerei, <L. m. b. H.

Bezugs- und Anzeigenpreis. Die .tzeidclberger Jeitung' kostet bei jeder Postanstalt
monatlich 1.6« M^ vierteljährlich 4.S8 M. ausschliehlich gustellgebühr. durch die Agenturen oder
die Trägerlnnen frci Haus monatlich 1.75 lUi. - Die achtgespaltene Petitzeil« oder deren Raum
kostet 35 Pfg.: im Reblameteil die viergespaltenr Petitzeile 1.2». mit Plahvorschrist 1^0 M.
Dei Wiederholungen Nachlah nach Tarif. Trfüllungsort ist Heiüelberg. lkinzelverkauf 10 Pfg.

Druck und Derlag: Heidelberger Derlagranstalt und Druckerei G. m. b. H.

Postschrckkonto Karlrruhe Nr. 1S90S. Fernsprecher: Redaktion 1S2, wrschäftsstell« «2

lUnabhängige Tageszeitung)

Verkündigungsblall für Nor-baden und die angrenzenden Teile von Dayern, Hesfen und

Nr. 201 Samstag, den 30. August 1919

Würlleinberg.

61. Iahrgang

Die Rriegsgefangenen kehren heiml

Das Wichtigste vom Tage

Der Oberste Rat hat fich bereit errlärl. die Ee-
angenen vor derRat'fikation zu
! ntlassen, wenn Deutschland seine Verpflichtun«
;en getreu erfüllt.

Reichspräsrdent Ebert und Rcichswebrminister
ttoste statteten gestern der badischen Negiernng
;inen amtlichen Vesuch ab.

Ttaatssekretär Lansin« erklärte im Senatsaus-
chuv, dad die amerikanische Znterven-
tion inMerilonichtzrivermeiden sei.

Mittweida in Sachsen wnrve von Regie-
cxssstruppen kampflos bescht.

Lin Schritt zur Lösung der
Kriegsgefangenenfrage

Note des Obersten Nates
Versailles. 29. Aug. Der Obcrste Rat dor Al-
l.ierlen veröffcntlicht solgende Note: . ^ '

U.n so rasch wie möglich die durch den Krieg
verursachten Leiden zu mildern, hahen die al-
lüerten und assoziierten Mächte beschlos-
s e ir, den Zeitpunkt des Znkrafttretens
des Friedensvertrages mit Deutschland. soweit
er den Rücktransport der deutschen
Kriegsgesangenen betrisft, vorzu-
ü a t i e r e n.

Die Vorbereitungen zum Nück-
transport werden sofort beginnen und
zwar durch eine interalliierte Kom-
mission, der ein deutscher Vertrcter ange-
gliedert werden soll, sobald der Vertrag in
Kraft getreten ist.

Die alliierten und assoziierten Mächte wei-
sen aber ausdrücklich darauf hin, das; diese
wohlwollende Haltnng, von der die deutschen
Soldaten so grohe Vorteile haben» nurdann
vo n Dauer sein wird, wenn die deutsche
Regierung und das deutsche Volk alle ihnen
obliegenden Verpflichtungen er-
f ü N e n.

Berlin, 30. Aug. Von sustä'tdiger Stells
wrrd zu dem Bcschlub des Obersten ^lates betr. die
Freilassung der Krregsge'fangeiien erklärt:

,,Dts Nachricht von der Befreiung unserer Brü-
der wird rn sans Deutschland fveudig be-
Srüstt wovden. Wenn die Entlassnng auch nicht
sofort einsehen wird, was aus den Bestimmungt'u
des Qbersten Rates bervorgeht, dak- der deutscho
Bertreter an den Venhcrndlungen der interalliler-
ten Koimnissron erst teilnohmen soll. wenn der
Frivdensoertrag in Krast getceten ist. so ist doch
die Hoffnung vorhanden, dak iosort nach Kenr In-
krnsttrvten des Bertrages mit dem Abtransport
bcgonnrn werden kann. Das deutsche Botk kann
d?e Vemüihungen der Kommission am besten da-
durch untevstühen, indem es im uvedaeusten In-
tcresse an dem Wi ede r au s b a u dex deut-
sch-on ProLuktionsfähiakeit mitarüeitei
und dadurch dem deutschen Rei-H die Möglichkeit
zur Erfüllung se'mer Verpslichtuiigen gibt."

Ztaliens Haltung

Nach dem Verliner Tageblatt meldet Corriere
della Sera, dak der Entschluk sur Entlassu-ig lder
doutschen KriegsgHsangAen hauvtsächlich auf
oie Haltung Jtalrens zurückzusühren
sti, das mit deP Freilassung der Gesangeiien be-
üinnen wolle, selbst wenn der FriodensvSrtrag
noch nscht ratisisicrt sej.

Der Veschluß des Obersten Nates wird in
hunderttausenden deutscher Familien innige
oreude hervorrufen, obwohl er nicht, wie es
Fassung der Meldung tut, cin Wohlwollen
oder eine Wohltat-sein sollte, sondern ein im
Friedensvertrag verbrieftes Necht wax. 'Wir
.Wollen doch nicht vergessen, daß zur Fassung

M unsere Leser unü Sezieher!

Ium letzten Male erscheint heute die „Heidelberger Zeitung" unter dem
alten Namen, der über 60 Iahre an ihrem Kopf gsstanden hat. Es ist uns
nicht leicht geworden, von ihm, in dem sich eine Iahrzehnte lange Ueberlieferung
und ein Programm bestimmter Richtung vereinigten, Abschied zu nehmen. Aber
die neue Jeitlage, vor allen Dingen der Stand der Parteiverhältnisse in Baden
zwingen uns, aus der beschränkten Enge des Lokalblattes heraus zu gehen in
den größeren Wirkungskreis einer für das ganze Land bestimmten Ieitung.

Seit ihrem Vestehen ist die „Heidelberger Zeitung" für die Verwirklichung
nationaler, liberaler und sozialer Ideen eingetreten. Immer mehr zeigt
es sich, datz in den Ieiten nach der Revolution von 1918 der Kampf um diese
Ideen dringender denn je notwendig geworden ist. Um ihnen im Lande daher
die nötige Wirkungskraft zu verschaffen, erscheint die „Heidelberger geitung" vom
Montag, den 1. September ab unter dem Namen


Haöische post

Landesorgan

der Deutsthen liberalen volkspartei öa-ens


Wir hoffen dadurch unseren Freunden im Lande die Waffe zu verschaffen, der sie
im Kampf gegen die Sozialdemokratie und die internationalen Neigungen in der
Demokratie sowie gegen den Ultramontanismus bedürfen. Wir wollen nach wie vor
den deutschen Gedanken im deutschen Dolk, der leider so verkümmert
worden ist, pflegen. Wir treten ein für das Deutschtum im Ausland, für
DeutschlandsFreiheit in völkischer und wirtschaftlicher Hinsicht, für die Wah-
rung und Pflege aller Kulturgüter, vor allem der Kirche und Schule, für die
Politisierung der Frauen und der Iugend im deutschen, vaterländischen
und liberalen Sinne. Den Schutz von Handel und Industrie, sowie der
Landwirtschaft vor radikalen Sozialisierungs - und Enteignungsversuchen
werden wir uns besonders angelegen sein lassen.

Aendert sich auch die äutzere Form unseres Blattes nur wenig, so sind wir
doch auf eine wesentliche Bereicherung des Inhalts bedacht gewesen. Leider
zwingt uns die immer noch nicht behobene Papiernot zur Zurückstellung mancher
Wünsche, dennoch werden wir versuchen, eine belletristische Wochenbeilage
„Der Born", eine Beilage für dle Frau und Frauensragen, sowie für
Kirchen- und Schulprobleme in regelmäßigen Abständen herauszugeben. Die
Förderung der deutschen Dichtung und der deutschen Kunst haben wir
besonders auf unsere Fahne geschrieben.

Der politische Teil urird durch Einrichtung einer eigenen BerUner Ver-
tretung eine wirkungsvolle Verbreiterung erfahren. Daß daneben in den Fragen
der Heimat und der Behandlung Heidelberger Angelegenhelten, im besonderen
auf dem wichtigen Gebiete der Kommunalpolitik nichts verabsäumt wird,
ist selbstverständlich.

Wir wagen den Schritt im Bertrauen auf die treue Anhänglichkeit
unserer Leser und Vezieher, in der Hoffnung auf die Hilse und Mitarbeit neuer
Freunde und in der Gewißheit der Berechtigung unserer Ideen und ihrer
endlichen sieghaften Derwirklichung.

Reöaktion unö verlag -er ^heiöelberger Zeitung"

des Entschlufles, den schmachvoflen Frieden zu
unterzeichnen, nicht zuletzt der Wille maßge-
bend gewesen. ist, unsere Eefangenen dadurch
zu erlösen. Ueber zwei Monate hat es nun
gedauert, bis endlich Menschlichkeitsgründe die
Entente (d. h. in diesem Fall Clemenceau, der
nach wie vor die Haupttriebfeder des Wider-
standes gegen die Freilaflung war), dahin
brachte, die Freigabe unserer Eefangenen an-
zuordnen. Freilich unter einer scbwerwiegen-

den Bedingung, daß nämlich Deutschland z u r
Arbeit zurückkehrt! Letzten Endes
hängl also das Schicksal unserer Gefangenen
von dem Arbeitswillen und der Arbeitsfreu-
digkeit der deutschen Arbeiterschaft ab. Eine
ernste und dringende Mahnung, die hoffentlich
übcrall vernommen und befolgt wird!

Jhnen aber, die Unsägliches erduldet haben,
schon heute ein aus tiefstem Herzen kommen-
des Willkommen in der Heimat!

England hinter der Szene

'Akan wird sich erinnern, daß im Jahre 1917
das Eerücht umlief, England fürchte die
Amerikaner und neige daher einem Frieden
zu, der die Beteiligung der Amerikaner am
Kriege ausschließe. An diesem Eerücht ist
viel Wahrheit gewesen. England arbeitete
hinter der Szene mit allen Mitteln. um zum
Frieden zu kommen. Den richtigen Weg ging
es freilich nicht, lehnte die deutschen Vermitt-
ler ab und ließ durch seine Antworten durch-
blicken, daß es nur im Einverständnis mit
seinen Verbündeten handeln könne. Jndeflen
war die Furcht vor den Amerikanern, die den
englischen Einftuß auch in Europa vernichten
konnten, so groß, daß England Sonderaktionen
vornahm, die heute ans Licht der Oeffentlich-
keit gebracht zu werden verdienen. So steht
es fest, daß England allein die Regierung Ke-
renski eingesetzt und finanziert hat. Von
diesen Maßnahmen Englands haben die an-
deren Verbündeten nichts ge-
wutzt. Sie richteten sich freilich auch einmal
gegen Frankreich, deflen Einfkuß in Rußland
zerschlagen werden sollte, zweitens .gegen
Amerika. England wollte sich für den Frie-
densfall die Vormacht in Rußland sichern und
wäre, als Veherrscher Rußlands, selbst mit
einem für Deutschland günstigen Frieden ein-
verstanden gewesen. Ja, es strebte diesen
Frieden sogar an; denn in seiner Berechnung
lag es, sich in Rußland schadlos zu halten,
dort den französischen Einfluß zu verdrängen
und Deutschland einzuschließen, aber die Frie-
densmöglichkeit zu finden, ehe die Amerikaner
ihren Anteil am Siege erhielten. Dabei war
England nun nicht etwa des Krieges müde
oder fürchtete, ihn zu verlieren. Jm Eegen-
teil, trotz aller Eewißheit, den Krieg zu ge-
winnen, leitete es seine Aktionen hinter den
Kuliflen ein. Ein Sieg kam den Englän-
dern, namentlich wenn dieser unter Ameri-
kas Hilfe erfochten wurde, bedenk-
licher vor, als ein verfrühter Frie-
d e n, an dem -Amerika noch keinen Anteil
hatte.

Von Rußland aus ist im Jahre 1917 die
Stockholmer Sozialistenkonferenz angeregt
worden. Heute weiß man, daß die ruflischen
Sozialisten von England. zur Einberufung
dieser Konferenz bewogen wurden. Lloyd
Eeörge hat, wie die Beteiligten jedenfalls
nach Bekanntwerden der englischen Kulissen-
arbeit zugeben werden, in dieser Angelegen-
heit viele Konferenzen mit Sozialistenfüh-
rern, u. a. mit Henderson, gehabt und sie zu:
Einberufung der Sozialistenkonferenz ermun,
tert. Die Teilnehmer dieser Konferenz waren
selbst darüber nicht im Klaren, daß sie e.igent-
lich von England nach Stockholm zitl^t wa-
ren, und die russischen Sozialisten nur der
Deckmantel waren. Man war aber wohl er-
staunt, englische Vertreter in Stockholm zu
ftnden, obwohl, wie man sich noch erinnern
wird, die Prefle sich Tage lang mit der Ver-
weigerung der Päfle an Vertreter der Sozia-
listenkonferenz in Stockholm sowohl durch
Frankreich wie durch England beschäftigte.
Frankreich hat tatsächlich keinen Sozialisten
nach Stockholm reisen laflen, die englische Re-
gierung aber verkündete, daß sie die Päfle für
die Vertreter nach Stockholm nicht ausstellen
lassen werde ,trotzdem aber hat sie es den
Vertretern möglich gemacht, an den Vcratun-
gen in Stockholm teilzunehmen. Auch der
Kerenskische Ruf an Alle im Jahre 1017 der
den Weltfrieden verlangte, soll von England
inszeniert gewesen sein. England hmter der
Szene,' das war im Iahre 1917 em Vorgang,
den wohl niemand kannte, autzer den verant-
wortlichen englischen Politikern, den aber,
wie in Erinnerung an die vielen Ee-
 
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