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Heideldergei'Zeitung

lUnabhangige Tageszeilung)

Verkündigungsblall für Nordbaden und die angrenzenden Teile von Vayern» Hssse« und Würllemberg.

Nr. 183

Samstag, den 9. August 1919

61. Iahrgang

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prmz Max über öie Revolution

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Prinz Max von Baden schreibt:

Jch beabsichtige demnächst eine Darstellung der
entscheidenden Vorgänge aus der Zeit vom 1. Okt.
bis 9. November 1918 herauszugeben.

Die Schilderung der Vorgänge am 9. Nooem-
ber, d':e die „Deutsche Tageszeitung" am 27. Juli
bringt, und für die Eeneralfeldmarschall von Hin-
denburg, Eeneraloberst von Plessen. Eeneral von
Marschall. General Eraf Schulenburg und Staats
sekretär a. D. von Hintze die oolle Bürgschaft über-
nehmen, nötigt mich im voraus zu der nachstehen-
den Erklärung. Jch hätte gern noch einige Wochen
gewartet. bis eine Reihe schwebender internatio-
naler Fragen geklärt sind, aber meine Gegner
machen mir ein längeres Schweigen unmöglich.

Zur Mission von Minister Drews im Haupt-
quartier

Im Anschlutz an den Vortrag des M'nister
Drews erhob Eeneral Eröner einen Vorwurf, den
sich die Denkschrift offenbar zu eigen macht. „Die
Regierung habe die Verhetzung durch die heimat-
lichen Blättcr und die Propaganda durch die feind
lichen Blätter nicht in genügendem Mahe gehin-
dert und dadurch der Armoe namenlosen Schaden
zugefügt."

Das ist eine schwere Anklage. Heute will ich
darüber nur grundsählich. sagen:

Um der Agitation der Unabhängigen und der
feindlichen Propaganda in Deutschland das Rück-
gral. zu brechen, gab es seit dem Eintreffen der
Wilsonnote vom 23. Oktober nur ein Mittel: Das
war der freiwillige und würdige Thronverzicht des
Kaisers. Damals stand zu orwarten, dah eine
solche Opfertat entwedex unsere internationale
Lage verbessert oder, was das wahrscheinlichere
war, den Präsidenten Wilson un.d seine Verbünde-
ten als wortbrüchig entlarvt und damit das deut-
sche Volk in einem neuen -Zorn gegen die Feinde
geeint hätte, wenn nicht zu militärischem Wider-
stand, so doch zur moralischen Abwehr.

Dies dem Kaiser klar zu machen, war der-Sinn
der Mission Drews.

Die grohe Stohkraft Hatte die feindliche Prova-
ganda und die Unabhängigenagitation in Deutsch-
land nicht aus eigener Kraft erworben, sondern
sie verdankt sie vor allem der Kriegspolitik. die
während vier Jahren, insbesondere noch im Jahre
1918, verfolgt wurde.

Die Oberste Heeresleitung ist wiederholt vor
und während der grohen Ofsensive von Eewerk-
schaftsführern. Parlamentariern. Eelehrten. einem
der bekanntesten Grohindustriellen. von mir, ja
auch evn gewichtiger militärischer Seite gewarnt
worden, dah die psychologische Katastrophe und der
Zusammenbruch der Heimatfront unvermeidlich
eintreten würden, wenn am Ende der C amvagne
1918 das Versprechen „Fricde und Sieg in diesem
Iahr" sich nicht erfüllen würde.

Auch das einzig wirksame Eegenmittel wurde im-
mor wieder und eindringlich angeraten: auf einem
Hohepunkt unserer militärischen Kraft die öffent-
liche und präzise Verkündigung unserer Kriegs-
ziele, vor allem die unzweideutige Erklärung über
Belgiens Wiederherstellung — um entwcder den
^eg zum Frieden freizumachen. oder durch die
Vlohstellung des bösen Willens der Feinde ihnen
die Verantwortung für die Fortsetzung des Krie-
ges vor der ganzen Welt aufzubinden und damit
dem deutschen Krieg wieder den Charakter einec
Volkskriegs zu gcben. Diese Warnungen wurden
we-er von der Negierung noch von der Obersten
Heeresleitung beherzigt.

. Dah aber die psychologische Katastrophe mit
emer so ungeheuren Wucht hereinbrach. das war
nicht nötig; daran war unser überstürztes Waffen
stülstandsangebot schuld, das, wie sich später her-
ausstellte. durch die militärische Lage vom 29. Sep-
d-mber bis 3. Oktober nicht gerechtfertigt war und
das sofort im Jnland und Ausland als eine mi-
ütcirische Bankerotterklärung wirkte.

Die Tatsache, das; die kaiserliche Regierung sick
gerade an den Präsidenten Wilson wandte. ba«
U)m im Oktober und November zu der überragen-
dcn Machtstellung in dcr öffentlichen Meinung
^utichlands verholfen. Das Eros;e Hauptguartier
v-ichlos; am 39. September. den Hauptexponenten
der angelsächsischen Weltanschauung um die Her-
vniuhrung eincs sofortigen Waffenstillstandes zu
vUten. Darin lag die grökte Huldigung. die dem
le.ndl chen Staatsmann während des ganzen Krie-
ües zu Teil gcworden war, eine Huldigung, mit
uerglichen Illusion und Lobreden, die auf de-
wokratischer Serte über Wilson aufgctaucht waren,
->llchtigkeiten cknd.

Ohnc d'e Waffenstillstandsbitte an Wilson hät-
»k" seine im Oktober an den Kaiser gerichteten
^orte und gleichzeitiges Zusagcn an das Deutsche

Volk niemals die Abdankungskrise in dieser
Schärfe hervorrufen können.

Zu den Vorqängen am 9. November im Haupt-
quartier.

1. Dic in der „Deutschen Tageszeitung" ver-
ösfentlichte „Denkschrift" läht unerwähnt, dag am
9. früh, 9 Uhr 15. Staatssekretär von Hinhe in
dcr Neichskanzlei anrief und mitteilte. die Oberste
Heercsleitung habe sich entschlossen. sogleich Seiner
Majestät zu melden, datz die bewaffneten Streit-
kräfte im Falle eines Bürgerkrieges nicht hinter
dem Kcriser stehen würden und datz die Armee aus
Ernährungsschwierigkeiten nicht im Stande sein
werde, einen Bürgerkrieg zu führen.

2. Die „Denkschrift" behauptet. datz die Frage
der Abdankung während des Vertrages über die
militärische Lage nicht berührt wu'rde.

Dem widerspricht die Darstellung des Eene-
rals Eraf Schulenburg. welche die „Freiheit" vom 5.
April oerösfentlicht hat. Darin heitzt es:

„Ich traf im Vorraum d'e Generale von
Plesscn und Marschäll, die mir sagten, dah der
Feldmarschall und Eröner jetzt zum Kaiser
heraüszuführen. um ihm die Notwendigkeit sei-
iicr sosortigen Abdankung klarzulegen. Ich
aniwortete ihnen: Ihr seid hier wohl alle
vcrrückt geworden, das Hecr steht zum Kaiser.
Veidc nahmen mich darauf mit zum Kaiser."
Schulenburg g'bt als Schlutzworte des Eroner-
schen Vortrages wieder:

„Es sei ganz ausgeschlossen. mit dem Fein.de
im Rücken, mit dem geschlossenen Heere kehrt
zu machen und es in vierwöchigem Marsch
zum Bürgerkrieg nach Deutschland zu führen.
Nach seiner und des Feldmarschalls Ansicht.
dcr auch alle seine Abteilungschefs und ebenso
der Eeneralguartiermeister. Eeneralintendant
und Chef des Eisenbahnwesens beitreten. läge
die einzigr Nettung dcs Vaterlandes in der so-
fortigen Abdankung des Ka.scrs."

Später habe der Feldmarschall das Wort er-
griffen, und erklärt, datz

alle Nachrichten, die die Oberste Hecresleitung
aus .der Heimat und dem Heere hätte, die Not-
wendigkeit der Abdankung unumgänglich nö-
tig machten.

3. Die „Denkschrift" behauptet. dah die erstc
Aufforderung zur Abdankung aus der Reichskanz-
lei erst gegen Ende des militärischen Vortrags ein
g^troffen sei. Diese Behauptung ist unrichtig und
unbegreiflich.

ileber die Schritte, welche vom 26. Oktober a.n
unternommen wurden. um dem Kaiser die frei-
willigX Abdankung nahezulegen. werde ich an an-
derem Drt berichten. Jch erwähne h'.er nur di
Mitteilungen. die vom 7. November ab nach Ueber-
reichung. des Ultimatums der Sozialdemokraten
dem Haüptquartier von mir aus zugingen.

Unmittelbar nach dem Abschiedsgesuch, das ich
dem Kaiser auf Erund jenes Ultimatums ein-
reichte, wurde ein Ergänzungstelegramm folgenden
Inhalts abgesandt:

Ich erkannte in den Eingangssätzen die
Eefahr an. die ein unter dem Druck der So-
zialdemokratie erfolgter Thronverzicht .des
Ka'sers und des Kronprinzen für die Dynastie
und das Nkich bedeutete und die 'ich durch
meine Schritte beim Kaiser und beim Kriegs-.
kabinett abzuwcnden mich bemüht hatte. An-
derseits nannte ich es eine noch grötzere Eefab'-
eine Regierung ohno oder gegen die Sozial-
demokraten zu bilden. Diese könne nur eine
Militärdiktatur sein und müsse unvermeidlich
zum Vürgerkrieg und zur Zerstörung des deut-
schen Volkskörpers durch den Bolschowismus
führen. Schon der Versuch. sie durchzuführen,
würde scheitern. da die Truppen zum grötzten
Teil zu den Aufrübrern übergehen würden. Ich
hielte es .dahcr für meine Pflicht, eindring-
lichst vor einem solchen Schritt zu warnen.

Jn der Nacht vom 7. zum 8. ging noch ein wei-
teres Telegramm an den Kaiser ab:

Um die SozialdemokratischL Parlei regie-
rungsfähig zu erhalten und den Uebergang
der Masien ins radikale Lager zu verhüten,
müsie man den Unabhängigen und der Spar-
takusgruppe das Schlagwort entwinden. desien
Masiensuggestion nach Bekanntwerden der
Waffenstillstandsbedingungen an Eewalt noch
wachsen würde. Ich riete aber nicht, das Ulti-
matum einfach anzunehmen, sondern den mon-
archischen Eedanken durch eine demokratische
Lösung zu retten, als die Sozialdemokraten
versagen. Der Kaiser würde imverzüglich den
festen Millen aussprechen, abzudankcn. sobald

der Stand der Waffenstlllstandsverhandlungen
die Ausschreibung von Neuwahlen für eine
verfasiunggebende Nationalversammlung ge-
statte der die endgültige Neugestaltung der
Staatsform des deutsckien Nolkes zufallen
würde. einschliehlich der bisher in das R-iS
nicht aufgenommenen Volksteile. Bis dahin
werde der Kaiser einen Stellvertreter bestellen.
Zur Empfehlung dieser Lösung machte ich gel-
tend, der monarchische Gedanke werde bei den
Neuwahlen einen Vorsprung erhalten, weil /oie
Jnitiative zur Feststellung des Volkswillens von
der Krone ausgehen würde. Der Kampf würde von
gesetzlosen illoyalen Bahnen. von der Stratze in
die Wahllokale abgelenkt. der ruhigen Bevölkerun,
die Möglichkeit der Gegenwirkung gegeben werden.
Jch schlotz mit dem Hinweis auf die Verschärfun-
der Lage im Reich: Jn München sei d.e Nepublik
ausgerufen, in Stuttgart sei die Abdankung des
Königs gefordert worden.

Auch dieser Appell blieb ergebnislos. Vom 8.
datiert, erhielt ich das folgende Telegramm im
Auftrag des Kaisers:

,.S. M. hat es völlig abgelehnt. auf die
Vorschläge Eurer Erotzherzoglichen Hoheit in
der Thronfrage einzugehep, und.hält es nach
wie vor für seine Pflicht. auf seinem Posten zu
bleiben."

Darauf führte ich am Abend ein Telephonge-
spräch mit dem Kaiser herbei. Es daucrte unge-
fähr 20 Minuten. Ich gebe den Kern meiner
Ausführungen nach Notizen wieder, die der im
Zimmer anwesende Legationsrat von Prittwitz ge-
macht hat:

Die Abdankung Seiner Majestät sei not-
wendig geworden. um den Bürgerkrieg in
Deutschland zu vermeiden und um die Mis-
sion als Friedenskaiser bis zum Schlusie zu er-
füllen. Wenn jetzt durch Verzicht des Kaisers
der Bürgerkrieg und Schlimmeres verbÄet
werde, so werde sein Name in der Eeschichte
gesegnet sein. Wemi jetzt nichts erfolge. so
werdo im Neichstag die Forderung nach Ab-
dankung erhoben werden und durchgehen. Die
Haltung der Truppen sei nicht zuverlässig. In
Köln sei die Macht in den Händen des Ar-
beiter- und Soldatenrates. In Braunschweig
wehe die rote Fahne auf dem Schlotz. Jn Mün-
chen sei die Nepublik ausgerufen. Jn Schwe-
r'in tage »in Arbeiter- und Soldatenrat. Das
Militär habe sich nirgends bewährt.

Es beständen 2 Möglichkeiten:

1. Abdankung. Ernennung eir-<s Stellvertre-
ters und Einberufung einer Nationalver-
sammlung.

2. Abdankung. Thronvcrzicht des Kronprinzen
und Regentschaft für den Enkel.

Das Letztere verlange der Znterfraktionelle
Ausschutz. Das Erstere erscheine m'r als das
Besiere und biete alle Chancen für die Mon-
archie. Welche Schritte auch immer geschehen.
sie mützten mit der grötzten Veschleunigung
unternommen werden. Wenn das Opfer erst
erfolge, nachdem schon Blut vergossen ist, dann
habe es keine heilende Wirkung mehr. Falls
der Kaiser diesen Schritt tue, könne mik Hilfe
der Sozialdemokratie die Situation gehalte»
wer.den. Sonst stehe Nevolution und Republi''
bevor. Das freiwillige Opfer sei erfordcr-
lich, um den Namen des Kaisers in der Ee-
schichte zu erhalten.

Der Kaiser war gänzlich unorientiert über die
Stellung der Truppen zu seiner Person, sprach von
einer militärischen Expedition gegen die Heimat
und ging auf meine Vorschläge nicht ein. Hätte
die Oberste Heeresleitung dem Kaiser am 8. die
Wahrheit über die Armee gesagt, die sie ihm end-
lich am 9. früh mitteilte. so zweifle ich nicht da-
ran, .dah der Kaiser am 8. abends den Thronver-
zicht ausgesprochen hätte.

Spät am Abend und während der Nacht wurde
die Orientierung des Hauptquartiers fortgesetzt:
durch Telegramme von Exzcllenz Solf und mir. so-
wie durch Telephongespräche von Oberst von Haf-
ten mit Eeneral Eröner, von Exzellenz Wahn
schaffe mit Freiherrn von Erünau. Metncr Erin-
nerung nach ist auch noch eine Auskunft eines so-
zmldemokratischen Führers. die um Mitternacht in
der Neichskanzlei eintraf, sogleich nach Spaa wei-
tergegeben worden. Sie besagte, datz die Ab.daii:
kungserklärung bis zum friihen Morgen da sein
müsse. wenn man die Arbeiter in den Fabriken zu-
rückbalten wolle.

Es ist ausgesschiliosien, datz dle Oberste Heereslei-
lung am 8. Novenilber iiber den zwHchen Berlin
und Sp.aa tn der Abdankungsfraqe aeiübrten Met-

muigsaustausch nicht orientiert worden ist. Sie
rmchte, welchs entscheidende Bede-utuna ihr anili-
tärisches Eudachteir für die Entschlüsse des Kaisers
haben würde. Sie mutzte sich scvgen. datz die Er-
eignisis in Berlin zu schnelksten Entscheidungen
drängten. Dte in der „Deutl.chen Dageszeitung"
veröffentlichte „Denkschrift" enthüllt, datz die
Oberste Heeresleitung bereits am 8. November
obends die Undurchführbarkeit der voin Karser be-
fohlenen Operationen gsgen die Heimat erkannt
hatte — es lcrgen bereits dcnnals Beispiele uner-
hörter Unzuvermsiiskeit von Formationen vor, die
als Kerntruppen angesahen wurden. unL» denen die
3lu-aabe zugewissen war, den Rücksn des Erotzen
Hauptquartiers gegen die Aufrührer zu decken.

Was hat ldie Oberste Heeresleitung veranlatzt,
am 8. November zu, schweigen? Warum wuvde
nicht wenigstens noch in der Nacht vom 8. anf den
9. Nov., in oer sich noch vieles machen ltetz, die Auff-
klärung des Kaisers in Ansriff igenommen?

4. Die „Denkschrift" spricht von Widersprüchen
zwischen den Auskünften der Reichskanzlei und des
Gouvernements über di« militärische Lase in Ber-
lin am Bormittag des 9. Es ist unmöalich, datz
der Ausdrutz „Berlin flösie in Blut" von irgen«
einem Hsrrn der Reichskanzlei gebraucht worden
ist, hier mutz cin telephonijches Mttzverständnis
vorliegen. Wohl ist es möü.ich, datz die Angabe
der Rcichskanzlei und d'es Ecuvernements in be-
langlosen Einzelheiten auseinander gingen; wo-
rauf es ankommt ist, datz sie in dcr entscheidenden
Datsache übereinstimmten: die Situation ist in
Berlin niit militärischen Machtmittoln nicht zu Hal-
ten. lVergleiche Denkfchrift des Eenerals von
Schu.'enbnrg:

„Eleichzeitig lief die telephonische Antwort
des Gauverneurs von Berlin ein. die die Mit-
teilung des Reichskan.7leramts bestätigte, datz
die Trmppen überaelaufen seien und er selbst
keine Truppen mehr in der Hand habe.")

5. Die „Denk'chrift" lätzt die wichtiae Tatsache
unerwähnt, datz auf Gvund der Aufklärung über
die Armee und aiuf Gvund der Vorschsäse und Ncrch-.
richten aus Berlin der Kaifer sich im Laufe des
Vormittags tatsächlich zu dem Entschlutz durchae-
rungen hatte, abzudanken, uud zwar vovbehaltslos
lal.'s Käiser unL> König von Prautzea. Eraf Schu-
lenburg berichtet. was auch ein anderer Augen-
zeuge bestätigt:

„Seine Majestät war durch diese Meldunq
auis tiefste beeindruckt und scheinbar ent-
schlosien, seine Person zum Opfer zu brtngen.
um den Bruderkriog zu vermeiden."

Dao mutz ungofähr um 11 Uhr «eivosen sein.
Eine ernoute Sinnesänderung trat ein auf
Erilnd der Einwirkung des Eenerals Eraf Schu-
lenburg, der im Gegensatz zu dem Eutachten dcr
Obevsten Heeresleitung erklärte. die Armeo stohe
doch hinter dem Kaiser und würde auseinanderfal-
lon, wenn er nicht als König von Preutzey und
bberster Kriegsherr bliebe (Hierbei ist zu bemer-
ken, datz die Schulenburgsche Auffassung von der
Hwstung des Heeres, aleich daraus von don Front-
affizieren seiner eigenen Ärmee widerlegt wurde.)

Der Kaiser griff den Schulen-biura chen Kom-
promitzvorschlag auf und entschlotz sich. nur als
Miser, nicht als König von Preutzen labzudcmken.

Die „Denkschrift" verschwöigt. was äbenfallS
Eraf Schulenburg in seincm in der „Freiheit" ver-
öffentlichten Bericht mitteilt. datz der Kaiser bie fo>-
fortige Orientierumg des Neichskauzlers über die
ireue Löfung für notwendig hielt. datz es aber Ge-
neral Graf Schulenburg gelang. L>en bereits in die-
lsem Sinne an Staatssekretär oon Hintze gogcibenen
Befehl rückgängig zu macheir und diose V'nachrichti-
gung iaUlfzU'chieben, bis die schriftlickle Formulie-
vuing vorläae und unterzoichnet soi. Er felbst eifte
dann ans Telephon, evwähnte gegenüber dem er-
neuten Drängen der Reichskanzlei nicksts von der
der neuen Weuduna, sondern will nach seiner eiae-
nen Aussage die Worte gebvaucht baben:

„eino so wichtige Enk'chliestung. wie die Ab-
dankung des Karsers, könne ntcht in wenigen
.Minuten sefatzt werden. Seine Mafestät
bätte seinen Entsschlutz gefatzt. er würde schrift-
lich im Auaenblick sormuliert. und die Neickrs-
regierung miisie sich gsdulden. bis dieke Evklä-
rung etwa in einer halben Stundo in ihren
Händen sein würde."

Die Vorgängel in Verlin.

Für die Bourteilung meiner Handkunasweise
ist die Frage ontscheidend: welche Kenntnis battc
die Reichskanglei von biosen Vovgänaen in Spalar
Ich stellte die Neihenfoloe der rvichtigsten Bege-
benheiten in Bevlin Mswmmen: ^

Um 9 Uhr 16 traf die telepihonssche Nachricht
aus dem Hauptquartier ein. die OLerste Heereslei,
tung habe sich entschlossen, soaleich Serner Mazestat
zu melden, datz die bowaftneten Streikräfte im
FaNe eines Dürgerkrieges nicht hinter de,n Kaiser
steben würden unb datz die Armee aius Ernäbpun-gs»
 
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