Wahlen in Zukunft enthalten, stößt hier auf mancherlei
Zweifel, und man ist geneigt, dahinter lediglich einen An-
sporn fiir Centrum und Deutschfreifinn zu erblicken, dieser
überaus harten Gesetzesbestimmung die Annahme unter
allen Umständen zu versagen. Denn allein nur diese Par-
teien würden Schaden davon haben, wenn die socialistischen
Wählermassen plötzlich der Wahlurne fernbliebcn, da die-
selben in allen Fällen, in denen der Ausschlag zwischen
Centrum oder Dcmschfreisinn gegen die Cartellparleicn zu
geben war, sich auf Seiten jener stellten. Die fragliche
Gesetzesbestimmung dürfte übrigens kaum Annahme finden,
da dieselbe auch in nationalliberaleu Kreisen auf vielfachen
Wicderspruch stößt.
Berlin, 5. Jan. Der Bundesrath hat insofern
bereits seine Thätigkeit wieder ausgenommen, als sich die
zuständigen Ausschüsse mit dem Landeshaushalt für Elsaß-
Lothringen beschäftigen. Derselbe soll demjenigen des
vorigen Rechnungsjahres im großen und ganzen entsprechen,
dürfte daher schwerlich erheblichen Bedenken begegnen. —
Dem russischen Botschafter am hiesigen Hofe, Grafen Paul
Schuwalow, war bekanntlich bei Gelegenheit der Kaiser-
zusammenkunft der Schwarze Avler-Orden verliehen wor-
den; dieselbe höchste Auszeichnung ist jetzt auch dem deut-
schen Botschafter am russischen Hofe, General ».Schwei-
nitz, von Kaiser Wilhelm zu Theil geworden. — Wie
Uhlands industrielle Rundschau mitthcilt, beabsichtigt die
deutsche Heeresverwaltung, Segeltuch zur Fußbekleidung
der Truppen zu verwenden, wie dieses in einzelnen Län-
dern schon geschieht. Es wird auf ein festes, wasserdicht
gewebtes unv präparirtes, braungesärbtes Tuch reslectirt,
und demnächst wird der Bedarf für den Versuch in Sub-
mission vergeben werden.
Dresden, 4. Jan. Prinz Friedrich August
von Sachsen ist, wie der „Allgemeinen Zeitung" von hier
gemeldet wird, an den Masern erkrankt.
HeKerreich-WrKEü.
Wien, 5. Jan. Der serbische Ministerpräsident
Gruitsch machte Garaschanin einen Dankbesuch. Milo-
ko witsch wurde zum Staatsrath ernannt; derselbe stimmte
mit einer kleinen Gruppe von Liberalen für die Anleihe,
während Ristitsch, der ohne Gnadenbeweis des Königs
entlassen worden ist, mit der Hauptmasse der Liberalen
in die heftigste Opposition eintrat. — Gestern früh trafen
hier Tisza und Fejervary mit zwei Staatssecretären
ein. — Abends speiste Graf Kalnocky beim deutschen
Botschafter Prinzen Reuß.
IraKkreich.
Paris, 5. Jan. Da der Contreadmiral Gervais
gestern Abend das Portefeuille der Marine doch noch
ausgeschlagen hat, so ist Admiral Krantz zum
Marineminister ernannt worden. Gervais ist zum Chef
des Generalstabes der Marine, der Abgeordnete Felix
Faure zum Unterstaatssecretär für das Colonialamt er-
nannt worden.
Paris, 5. Jan. Ein neuer Mordanfall! Der Di-
rector der Telcgraphistenschule, Raynaud, verließ heute
gegen Mittag sein Bureau auf dem Postenministerium, um
sich nach seiner Wohnung zu begeben, als sich ihm in der
Rue Bellechasse ein Individuum näherte und sechs Re-
volverschüsse auf ihn abfeuerte, von denen zwei ihn am
rechten Arm und in den Weichen verwundeten. Indessen
man den Verwundeten nach einer nahegelegenen Apotheke
brachte, wurde der Verbrecher festgenommen und auf den
Polizeiposten geführt, wo er folgende Erklärung abgab : Ich
heiße Louis Victor Milmaud, bin ledig, 46 Jahre alt,
in Maille (Vienne) geboren, übe das Gewerbe eines Civil-
Jngcnieurs aus und wohne Rue Claude-Bernard 7.
Italien.
Rom, 4. Jan. Der preußische Gesandte, v. Schlözer
in dem er mir sagen würde, daß auch sein Herz für das
meine schlage, daß er mich liebe von dem Augenblicke an,
da er mich das erste Mal am Fenster gesehen Damals
legte ich in der Verblendung meiner Gefühle seine Blicke
anders aus, und als er bedauerte, wie unendlich leid es
ihm thäte, eine so schöne junge Frau so unglücklich zu
wissen, wurde ich durch diese Worte dermaßen ermuthigt,
daß ich, von meinem Stuhl emporfahrend, mich dicht neben
ihn auf dem Chaiselongue niederließ. Jetzt oder nie!
Ich umklammerte seinen Arm, und mich zärtlich an
ihn schmiegend, rief ich mit erregter Stimme:
„O welcher Mann wird es dulden, daß Diejenige,
der sein Herz gehört, sich in so trauriger Sclaverei
befindet!"
In demselben Augenblicke hatte sich die Thür geöffnet
und Johannes stand mit untergeschlagenen Armen, ein
teuflisches Lächeln aus dem Gesichte vor uns; erschreckt
sprangen wir beide auf.
„Ich bin wohl sehr ungelegen gekommen", sagte er
mit spöttisch triumphirendem Tone, „da hätten wir ja die
tugendsame Mama irr llaZramtü ertappt; was wird doch
mein Vater zu diesem zarten Einvernehmen sagen? Nun
wir dürfen uns Glück wünschen, Frau Doctor, recht bald
auf sehr schnelle Weise aus dieser traurigen Sclaverei zu
kommen. Guten Abend, Herr Baron", wendete er sich
dann verächtlich zu dem erbleichten jungen Manne, „haben
der hochgeborene, adelsstolze Herr es nicht verschmäht, sich
wie ein Dieb bei Nacht und Nebel in dies Haus zu
schleichen, um mit dem Weibe eines Andern zu buhlen? Da-
rum auch der häufige Besuch bei mir, darum die Augen-
sprache am Fenster, welche ich leichtgläubiger Narr für
Neugier hielt. Erst wollten der hohe Herr beim Liebchen
Abschied nehmen."
„Halten Sie ein, Herr Oldenstätt", rief der junge
Arzt, welcher sich von seiner Bestürtzung erholt hatte, „be-
denken Sie, was Sie sprechen, die Situation hat Sie ge-
täuscht, bei meinem Ehrenwort." (Forts, folgt.)
veranstaltete heute ein Festmahl, zu welchem der Cardinal-
Staatssecretär Rampolla, Graf Brühl-Pforten und mehrere
Bischöfe eingeladen waren. — Die „Riforma" widerlegt
die Gerüchte, wonach die Regierung je eine Versöhnung
mit dem Vatican angestrebt habe, vielmehr habe der
Vatican Unterhandlungen eingefädelt, wobei er unaufrichtig
vorgegangen sei, und die Regierung in eine Falle habe
locken wollen. Der Vatikan habe nämlich in dem Augen-
blicke, als der Papst den bekannten Brief an den Staats-
secretär Rampolla schrieb und dieser an der Italien heraus-
fordernden Note an die Nuntien arbeitete, gleichzeitig ins-
geheim Conccssioncn von der italienischen Regierung ge-
fordert, wobei der Vatican nur materielle Vortheile und
die Erniedrigung der italienischen Negierung anstrebte.
Der Vatican habe ein intriguenhaftes Spiel mit der Re-
gierung unter dem Schein der Versöhnung zu spielen
versucht.
ZSgliM'S.
London, 4. Jan. Von hier wird der „Neuen Freien
Presse gemeldet: „Die Untersuchungen, welche die Aerzte
während der letzten Tage an dem Kronprinzen vvrgenommcn
haben, ließen dieselben zu folgenden Schlüssen gelangen:
Alle Anzeichen im Kehlkopfe selbst, an den Stimmbändern
am Taschenbande und in der Luftröhre, dann das Ver-
schwinden der Drüsenanschwellungen, die Vernarbung der
Geschwüre und andere Symptome machen es höchst wahr-
scheinlich, daß das Leiden des Kronprinzen nicht krebs-
artiger Natur, sondern ein eigenthümlich seltener Fall von
Perichondritis sei. Da die lokalen Verdickungen an ein-
zelnen Stellen der inneren Peripherie des Kehlkopfes nicht
ganz verschwinden, sondern sich erneuern, und an verschie-
denen Stellen wieder auftreten, so liegt nur die Besorgniß
vor, daß dadurch mit der Zeit der Luftcanal verengert
werden könnte. Doch bei solchen, wie bisher langsam ent-
stehenden Verdickungen, die auch wieder theilweise beseitigt
werden, gewöhnt sich der Patient nach und nach an eine
geringere, zum Athmen nothwendige Quantität von Luft,
sodaß selbst der theilweise verengerte Luftcanal genügende
Luft zuführt, ohne Nothwendigkeit irgend welcher künstlichen
Mittel behufs Zuführung von Lust. Anders wäre es,
wenn neue Verdickungen sehr rasch und plötzlich entstehen
sollten.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 4. Jan. Die durchschnittlichen Gerichts-
kosten für den einzelnen Fall einer Berufung an das ge-
nossenschaftliche Schiedsgericht schwanken von 14 Mk. bei
dem Eisenbahnbetrieb bis zu 77 Mk. bei der Feinmechanik
und 99 Mack bei der Töpferei. Bei den letztgenannten
Genossenschaften sind sie deßhalb so hoch, weil die Beisitzer
entferntwohncn und in einer Sitzung nur je eine oder zwei
Berufungen entschieden werden.
* Karlsruhe, 4. Jan. Im Kunstvercinslokal be-
finden sich z. Z. ein gutes Herrenporträt von L. v. Hof-
mann und ein ganz vortreffliches Damenporträt von Rüdi-
sühli, eine große Landschaft im Charakter der sächsischen
Schweiz mit schönem Baumschlag von Ed. Leonhardi in
Loschwitz bei Dresden, Rosen von E. Hantelmann in
Hannover, sowie ein kräftiges Aquarell von H. Billing,
die Stätte Golgatha zur Zeit der Kreuzigung darstellend.
— In einer hiesigen Buchdruckerei (F. Gutsch) ist nun-
mehr gleichzeitig mit der Eröffnung einer neu erbauten
Officin die elektrische Beleuchtung (eigener Betrieb mit
besonderer Dampfmaschine) eingcführt worden, welche sehr
befriedigt. Hingegen hat die Restauration „zum Elephantcn"
die elektrischen Lampen als zu kostspielig beseitigt und
Siemenssche Gas-Regenerativbrenncr zur Verwendung ge-
bracht. Für iolche kleine Anlagen scheint sich die elektrische
Beleuchtung allerdings weniger gut zu eignen; bei großen,
wie z. B. auch in der Kaiscrpassagc, bietet sic jedoch
große Vortheile.
* Nußloch. 4. Jan. Zu der heute hier anberaumteu
und stattgefundenen Jagdverpachtung hiesiger Gemarkung,
mit einem Areal von circa 3407 bad. Morgen, worunter
ungefähr 1200 Morgen Waldung, auf weitere 9 Jahre,
fanden sich außer dem seitherigen Jagdpächter Herrn
Bartholomä aus Heidelberg und andere Jagdliebhaber,
auch einige Mannheimer Herren ein und wurde in Folge
dieser städtischen Jagdrivaleu der seitherige Jagdpacht von
710 Mark mit 290 Mark überboten und den Mann-
heimer Jagdliebhabern mit 1000 Mark zugeschlagen.
Die hiesige Jagd wurde seither waidmännisch betrieben
und ist deßhalb auch im allgemeinen ein schöner Wildstand
vorhanden. Im klebrigen aber dürfte die hiesige Jagd jetzt
zu den theuern gehören.
ID Krautheim, 5. Jan. Wohl selten hat das benach-
barte Neunstetten einen stattlicheren Leichenzug gesehen,
als er sich gestern auf den dortigen Friedhof bewegte.
Galt es doch dem nach langem schweren Leiden entschlafenen
Hauptlehrer Hottiuger die letzte Ehre zu erweisen. Die
College» aus Nah und Fern hatten sich in großer Zahl
eingefunden, auch die Militärvercine der nächstliegenden
Orte schloffen sich dem Kriegerverein Neunstetten an und
eine lange Reihe sonstiger Freunde und Bekannten des
Verblichenen beschlossen den Trauerzug der Leidtragenden.
In erhebenden Grabgesängen gaben die Herrn Lehrerund
der Gesangverein daselbst dem Dahingegangenen den letzten
Scheidegruß und Herr Pfarrer Knausenberger in herrlichen
Worten der trauernden Familie Trost und Ermunterung
für die Zukunft.
* Seefelden, 3. Jan. In hiesiger Gemeinde herrschen
unter den Kindern von 1—9 Jahren die Masern in Ver-
bindung mit Halsweh, so daß die untere Klasse der Schule
geschlossen werden mußte.
* Mainz, 4. Jan. In der Kammer für Civilsachen
sollte am letzten Montag eine Ehescheidungsklage zur Ver-
handlung kommen, die als Klägerin erschienene Ehefrau
des Beschuldigten wurde während der Verhandlung von
dem Gerichtspräsidenten um verschiedene Angaben ersucht,
plötzlich gab die Frau aber solche verworrene Auskunft,
daß der Präsident eine Unterbrechung in der Sitzung
machen mußte und einen Arzt zur Untersuchung der Frau
herbeiholen ließ. Der Arzt constatirte, daß die Frau in
Folge der übergroßen Aufregung während der Gerichts-
verhandlung irrsinnig geworden war und wurde die UU-'
glückliche sofort der Jrrenabtheilung des Hospitals über- (
wiesen.
* Jngersheim, 4. Jan. Das Gericht hat dahier eine s
Untersuchung eingeleitct über einen Vorfall, der seit einiger /
Zeit hier vielfach besprochen wurde. Es mögen nunmehr
bald 14 Tage sein, daß ein Gendarm, um die Wahrheit
der umlaufenden Gerüchte über die unmenschliche Behand-
lung eines jungen Mädchens festzustellen, in Begleitung
eines Waibels eine Haussuchung vornahm, wobei man in
einem feuchten dunklen Loch unter einer Treppe ein bei-
nahe ganz nacktes junges Mädchen auffand. In einer
Ecke stand eine alte mit Stroh angefüllte Bettlade, die
weiter nichts enthielt, als eine durchlöcherte Decke. Die
verpestete Luft dieses ungesunden Raumes spottet jeder
Beschreibung. Der Gendarm sorgte sofort dafür, daß die
Kleine ein menschenwürdiges Unterkommen und ein an-
ständiges Bett erhielt. Die Umersuchung ist im Gange,
* Nürnberg, 3. Jan. Als ein recht unliebsames Bor-
kommniß muß es bezeichnet werden, daß auf dem heurigen
Christmarkt dahier die Polizei sich veranlaßt sah, Kinder-
malkasten in größerer Zahl zu beschlagnahmen, weil die-
selben hochgradig giftige Farben enthielten. Die Beschlag-
nahmen erfolgten bei fünf hiesigen und ferner noch auf
telegraphischem Wege bei einer Person in Sonneberg.
* Leipzig, 3. Januar. Ueber den gestern in dem
benachbarten Dorfe Lindenthal verübten Doppelmord,
über den wir kurz berichtet, wird des weiteren gemeldet:
In einem Miethshause in Lindenthal wohnten neben
etwa 10 anderen Mjtthspartcien die Messtngerschen
Eheleute; der Mann, Glaser, war 74, die Frau, welche
einen Handel betrieb und Gesinde vermiethete, 56 Jahre
alt. Mit diesen beiden Personen theilte ein erst Ijähriges
Pflegekind die Wohnung. Am Sonntag (1. Januar) ver-
ließ die Ehefrau Messinger ihre Wohnung, in welcher ihr
Mann, das Pflegekind und die Dienstmagd Agnes, welche
muthmaßlich wegen Stellenvermittlung anwesend war, zu-
rückbliebcn. Gegen 3 Uhr muß die Frau schon zu Hause
gewesen sein, denn der Briefträger hat sie um diese Zeit
zu Hause angetroffen. Montag früh zwischen 9 und 10
Uhr hatten die Messingerschen Eheleute ihre Wohnung noch
nicht eröffnet, man hörte aber Kindergeschrei und bemerkte
gleichzeitig Rauch, woraus der Schmied des Ortes geholt
wurde, welcher die Thüre gewaltsam öffnete. Der Rauch
kam aus der Schlafkammer; das Pflegekind lag im Wagen
und schrie. Als sich der Rauch verzogen hatte, fand man
Frau Messinger entseelt neben dem Sopha auf dem Fuß-
boden, ihre linke Schläfe war Ungeschlagen, den Ehemann
fand man unter einem zerrissenen Fedcrsack, mit dem Ge-
sicht auf dem Boden liegend und mit eingeschlagenem
Hinterkopf ebenfalls todt vor. Die vorerwähnte Dienst-
person ist merkwürdiger Weise bis jetzt nicht gefunden
worden, trotz der eingehendsten Nachforschungen, wodurch
der Verdacht, daß die letztgenannte die Mörderin der
Messingerschen Eheleute ist, hervorgerufen wnroe.
* Aus Baden, 5. Jan. In Gail in gen ist die
Scheuer des Landwirths Otto Ruh und das nebenstehende
Wohnhaus des Ludwig Lau abgebrannt. Gesammtschaden
über 12,000 Mark. — In Hagenau wurde ein Fischreiher
mit einer Spannweite von 1 Meter 60 Ctm. zwischen den
Flügeln geschossen. — Auf der Station Din gl in gen
gerieth der Bremser Rudolf Birkle von Freiburg unter
einen Gütcrzug und erlitt dabei so schwere Verletzungen,
daß ihm der rechte Arm abgenammcn werden mußte. —
Auf der Bahnhofsstraße in Triberg mißhandelten italienische
Eisenbahnarbeiter einen deutschen auf schauderhafte Weise.
Der Unglückliche mußte im Spital untergebracht werden.
Zwei der Thäter wurden verhaftet. — In Grünsfeld
starb die Frau des Schmiedmeisters M. Niedermaier an
Blutvergiftung. Frau N. hatte sich kurz zuvor eine kleine
Wunde zugezogen, die sie vernachlässigte und so das Un-
glück herbciführte. — In Sichern wurde die Frau und
Tochter des Kammmachers Karl Küchle daselbst verhaftet
unter dem Verdacht, die Ladenkasse des Kaufmanns L. in
Achern, bei dem die junge K. in Diensten stand, bestohlen
zu haben.
Vermischtes.
— Aus Hinter pommern, 5. Jan. Wie man
der „Starg. Ztg." aus Dramburg meldet, hat sich dort
im Kassenzimmer des Rathhauses der Stadthauptkaffen-
rendant H. Waltersdorfs, mittelst Revolvers durch zwei
Schüsse vor die Stirn, entleibt. Vom Bürgermeister war
dem Rendanten kurz vorher eine seitens des Magistrats
beschlossene außerordentliche Kassenrevision angekündigt
worden, worauf sich W. kurze Zeit entfernte und dann im
Kasscnzimmer erschoß. Die Kassenrevision ist zur Fest-
stellung des vermuthlichen Abgangs in vollem Gange.
— Rom, 2. Jan. Dem „B- Tgbl." wird berichtet:
In Norditalien rief ein stetiger Schneefall große Verkehrs-
stockungen hervor. Die deutsche Post fehlt gewöhnlich
mehrere Tage nacheinander und geht öfters sogar gänzlich
verloren. In Bologna drückte die Schneelast das Bahn-
hofsdach ein; es gab viele Verletzte, auch Tobte."
— Venedig, 2. Jan. Ueber ganz Italien ist in
den letzten Tagen ein furchtbarer Schneesturm hinwegge-
gangen und von allen Seiten kommen Unglücksnachrichten.
So gingen bei Venedig 15 Fischerbarkcn zugrunde, und
die See stieg so hoch, daß der größte Theil der Stadt
überschwemmt war. In Bologna stürzte das Dach des
Sparkaffengebäudes infolge der auf demselben lastenden
! Schneemassen ein, ebenso das gußeiserne Dach des Circus
Zweifel, und man ist geneigt, dahinter lediglich einen An-
sporn fiir Centrum und Deutschfreifinn zu erblicken, dieser
überaus harten Gesetzesbestimmung die Annahme unter
allen Umständen zu versagen. Denn allein nur diese Par-
teien würden Schaden davon haben, wenn die socialistischen
Wählermassen plötzlich der Wahlurne fernbliebcn, da die-
selben in allen Fällen, in denen der Ausschlag zwischen
Centrum oder Dcmschfreisinn gegen die Cartellparleicn zu
geben war, sich auf Seiten jener stellten. Die fragliche
Gesetzesbestimmung dürfte übrigens kaum Annahme finden,
da dieselbe auch in nationalliberaleu Kreisen auf vielfachen
Wicderspruch stößt.
Berlin, 5. Jan. Der Bundesrath hat insofern
bereits seine Thätigkeit wieder ausgenommen, als sich die
zuständigen Ausschüsse mit dem Landeshaushalt für Elsaß-
Lothringen beschäftigen. Derselbe soll demjenigen des
vorigen Rechnungsjahres im großen und ganzen entsprechen,
dürfte daher schwerlich erheblichen Bedenken begegnen. —
Dem russischen Botschafter am hiesigen Hofe, Grafen Paul
Schuwalow, war bekanntlich bei Gelegenheit der Kaiser-
zusammenkunft der Schwarze Avler-Orden verliehen wor-
den; dieselbe höchste Auszeichnung ist jetzt auch dem deut-
schen Botschafter am russischen Hofe, General ».Schwei-
nitz, von Kaiser Wilhelm zu Theil geworden. — Wie
Uhlands industrielle Rundschau mitthcilt, beabsichtigt die
deutsche Heeresverwaltung, Segeltuch zur Fußbekleidung
der Truppen zu verwenden, wie dieses in einzelnen Län-
dern schon geschieht. Es wird auf ein festes, wasserdicht
gewebtes unv präparirtes, braungesärbtes Tuch reslectirt,
und demnächst wird der Bedarf für den Versuch in Sub-
mission vergeben werden.
Dresden, 4. Jan. Prinz Friedrich August
von Sachsen ist, wie der „Allgemeinen Zeitung" von hier
gemeldet wird, an den Masern erkrankt.
HeKerreich-WrKEü.
Wien, 5. Jan. Der serbische Ministerpräsident
Gruitsch machte Garaschanin einen Dankbesuch. Milo-
ko witsch wurde zum Staatsrath ernannt; derselbe stimmte
mit einer kleinen Gruppe von Liberalen für die Anleihe,
während Ristitsch, der ohne Gnadenbeweis des Königs
entlassen worden ist, mit der Hauptmasse der Liberalen
in die heftigste Opposition eintrat. — Gestern früh trafen
hier Tisza und Fejervary mit zwei Staatssecretären
ein. — Abends speiste Graf Kalnocky beim deutschen
Botschafter Prinzen Reuß.
IraKkreich.
Paris, 5. Jan. Da der Contreadmiral Gervais
gestern Abend das Portefeuille der Marine doch noch
ausgeschlagen hat, so ist Admiral Krantz zum
Marineminister ernannt worden. Gervais ist zum Chef
des Generalstabes der Marine, der Abgeordnete Felix
Faure zum Unterstaatssecretär für das Colonialamt er-
nannt worden.
Paris, 5. Jan. Ein neuer Mordanfall! Der Di-
rector der Telcgraphistenschule, Raynaud, verließ heute
gegen Mittag sein Bureau auf dem Postenministerium, um
sich nach seiner Wohnung zu begeben, als sich ihm in der
Rue Bellechasse ein Individuum näherte und sechs Re-
volverschüsse auf ihn abfeuerte, von denen zwei ihn am
rechten Arm und in den Weichen verwundeten. Indessen
man den Verwundeten nach einer nahegelegenen Apotheke
brachte, wurde der Verbrecher festgenommen und auf den
Polizeiposten geführt, wo er folgende Erklärung abgab : Ich
heiße Louis Victor Milmaud, bin ledig, 46 Jahre alt,
in Maille (Vienne) geboren, übe das Gewerbe eines Civil-
Jngcnieurs aus und wohne Rue Claude-Bernard 7.
Italien.
Rom, 4. Jan. Der preußische Gesandte, v. Schlözer
in dem er mir sagen würde, daß auch sein Herz für das
meine schlage, daß er mich liebe von dem Augenblicke an,
da er mich das erste Mal am Fenster gesehen Damals
legte ich in der Verblendung meiner Gefühle seine Blicke
anders aus, und als er bedauerte, wie unendlich leid es
ihm thäte, eine so schöne junge Frau so unglücklich zu
wissen, wurde ich durch diese Worte dermaßen ermuthigt,
daß ich, von meinem Stuhl emporfahrend, mich dicht neben
ihn auf dem Chaiselongue niederließ. Jetzt oder nie!
Ich umklammerte seinen Arm, und mich zärtlich an
ihn schmiegend, rief ich mit erregter Stimme:
„O welcher Mann wird es dulden, daß Diejenige,
der sein Herz gehört, sich in so trauriger Sclaverei
befindet!"
In demselben Augenblicke hatte sich die Thür geöffnet
und Johannes stand mit untergeschlagenen Armen, ein
teuflisches Lächeln aus dem Gesichte vor uns; erschreckt
sprangen wir beide auf.
„Ich bin wohl sehr ungelegen gekommen", sagte er
mit spöttisch triumphirendem Tone, „da hätten wir ja die
tugendsame Mama irr llaZramtü ertappt; was wird doch
mein Vater zu diesem zarten Einvernehmen sagen? Nun
wir dürfen uns Glück wünschen, Frau Doctor, recht bald
auf sehr schnelle Weise aus dieser traurigen Sclaverei zu
kommen. Guten Abend, Herr Baron", wendete er sich
dann verächtlich zu dem erbleichten jungen Manne, „haben
der hochgeborene, adelsstolze Herr es nicht verschmäht, sich
wie ein Dieb bei Nacht und Nebel in dies Haus zu
schleichen, um mit dem Weibe eines Andern zu buhlen? Da-
rum auch der häufige Besuch bei mir, darum die Augen-
sprache am Fenster, welche ich leichtgläubiger Narr für
Neugier hielt. Erst wollten der hohe Herr beim Liebchen
Abschied nehmen."
„Halten Sie ein, Herr Oldenstätt", rief der junge
Arzt, welcher sich von seiner Bestürtzung erholt hatte, „be-
denken Sie, was Sie sprechen, die Situation hat Sie ge-
täuscht, bei meinem Ehrenwort." (Forts, folgt.)
veranstaltete heute ein Festmahl, zu welchem der Cardinal-
Staatssecretär Rampolla, Graf Brühl-Pforten und mehrere
Bischöfe eingeladen waren. — Die „Riforma" widerlegt
die Gerüchte, wonach die Regierung je eine Versöhnung
mit dem Vatican angestrebt habe, vielmehr habe der
Vatican Unterhandlungen eingefädelt, wobei er unaufrichtig
vorgegangen sei, und die Regierung in eine Falle habe
locken wollen. Der Vatikan habe nämlich in dem Augen-
blicke, als der Papst den bekannten Brief an den Staats-
secretär Rampolla schrieb und dieser an der Italien heraus-
fordernden Note an die Nuntien arbeitete, gleichzeitig ins-
geheim Conccssioncn von der italienischen Regierung ge-
fordert, wobei der Vatican nur materielle Vortheile und
die Erniedrigung der italienischen Negierung anstrebte.
Der Vatican habe ein intriguenhaftes Spiel mit der Re-
gierung unter dem Schein der Versöhnung zu spielen
versucht.
ZSgliM'S.
London, 4. Jan. Von hier wird der „Neuen Freien
Presse gemeldet: „Die Untersuchungen, welche die Aerzte
während der letzten Tage an dem Kronprinzen vvrgenommcn
haben, ließen dieselben zu folgenden Schlüssen gelangen:
Alle Anzeichen im Kehlkopfe selbst, an den Stimmbändern
am Taschenbande und in der Luftröhre, dann das Ver-
schwinden der Drüsenanschwellungen, die Vernarbung der
Geschwüre und andere Symptome machen es höchst wahr-
scheinlich, daß das Leiden des Kronprinzen nicht krebs-
artiger Natur, sondern ein eigenthümlich seltener Fall von
Perichondritis sei. Da die lokalen Verdickungen an ein-
zelnen Stellen der inneren Peripherie des Kehlkopfes nicht
ganz verschwinden, sondern sich erneuern, und an verschie-
denen Stellen wieder auftreten, so liegt nur die Besorgniß
vor, daß dadurch mit der Zeit der Luftcanal verengert
werden könnte. Doch bei solchen, wie bisher langsam ent-
stehenden Verdickungen, die auch wieder theilweise beseitigt
werden, gewöhnt sich der Patient nach und nach an eine
geringere, zum Athmen nothwendige Quantität von Luft,
sodaß selbst der theilweise verengerte Luftcanal genügende
Luft zuführt, ohne Nothwendigkeit irgend welcher künstlichen
Mittel behufs Zuführung von Lust. Anders wäre es,
wenn neue Verdickungen sehr rasch und plötzlich entstehen
sollten.
Aus Nah und Fern.
* Karlsruhe, 4. Jan. Die durchschnittlichen Gerichts-
kosten für den einzelnen Fall einer Berufung an das ge-
nossenschaftliche Schiedsgericht schwanken von 14 Mk. bei
dem Eisenbahnbetrieb bis zu 77 Mk. bei der Feinmechanik
und 99 Mack bei der Töpferei. Bei den letztgenannten
Genossenschaften sind sie deßhalb so hoch, weil die Beisitzer
entferntwohncn und in einer Sitzung nur je eine oder zwei
Berufungen entschieden werden.
* Karlsruhe, 4. Jan. Im Kunstvercinslokal be-
finden sich z. Z. ein gutes Herrenporträt von L. v. Hof-
mann und ein ganz vortreffliches Damenporträt von Rüdi-
sühli, eine große Landschaft im Charakter der sächsischen
Schweiz mit schönem Baumschlag von Ed. Leonhardi in
Loschwitz bei Dresden, Rosen von E. Hantelmann in
Hannover, sowie ein kräftiges Aquarell von H. Billing,
die Stätte Golgatha zur Zeit der Kreuzigung darstellend.
— In einer hiesigen Buchdruckerei (F. Gutsch) ist nun-
mehr gleichzeitig mit der Eröffnung einer neu erbauten
Officin die elektrische Beleuchtung (eigener Betrieb mit
besonderer Dampfmaschine) eingcführt worden, welche sehr
befriedigt. Hingegen hat die Restauration „zum Elephantcn"
die elektrischen Lampen als zu kostspielig beseitigt und
Siemenssche Gas-Regenerativbrenncr zur Verwendung ge-
bracht. Für iolche kleine Anlagen scheint sich die elektrische
Beleuchtung allerdings weniger gut zu eignen; bei großen,
wie z. B. auch in der Kaiscrpassagc, bietet sic jedoch
große Vortheile.
* Nußloch. 4. Jan. Zu der heute hier anberaumteu
und stattgefundenen Jagdverpachtung hiesiger Gemarkung,
mit einem Areal von circa 3407 bad. Morgen, worunter
ungefähr 1200 Morgen Waldung, auf weitere 9 Jahre,
fanden sich außer dem seitherigen Jagdpächter Herrn
Bartholomä aus Heidelberg und andere Jagdliebhaber,
auch einige Mannheimer Herren ein und wurde in Folge
dieser städtischen Jagdrivaleu der seitherige Jagdpacht von
710 Mark mit 290 Mark überboten und den Mann-
heimer Jagdliebhabern mit 1000 Mark zugeschlagen.
Die hiesige Jagd wurde seither waidmännisch betrieben
und ist deßhalb auch im allgemeinen ein schöner Wildstand
vorhanden. Im klebrigen aber dürfte die hiesige Jagd jetzt
zu den theuern gehören.
ID Krautheim, 5. Jan. Wohl selten hat das benach-
barte Neunstetten einen stattlicheren Leichenzug gesehen,
als er sich gestern auf den dortigen Friedhof bewegte.
Galt es doch dem nach langem schweren Leiden entschlafenen
Hauptlehrer Hottiuger die letzte Ehre zu erweisen. Die
College» aus Nah und Fern hatten sich in großer Zahl
eingefunden, auch die Militärvercine der nächstliegenden
Orte schloffen sich dem Kriegerverein Neunstetten an und
eine lange Reihe sonstiger Freunde und Bekannten des
Verblichenen beschlossen den Trauerzug der Leidtragenden.
In erhebenden Grabgesängen gaben die Herrn Lehrerund
der Gesangverein daselbst dem Dahingegangenen den letzten
Scheidegruß und Herr Pfarrer Knausenberger in herrlichen
Worten der trauernden Familie Trost und Ermunterung
für die Zukunft.
* Seefelden, 3. Jan. In hiesiger Gemeinde herrschen
unter den Kindern von 1—9 Jahren die Masern in Ver-
bindung mit Halsweh, so daß die untere Klasse der Schule
geschlossen werden mußte.
* Mainz, 4. Jan. In der Kammer für Civilsachen
sollte am letzten Montag eine Ehescheidungsklage zur Ver-
handlung kommen, die als Klägerin erschienene Ehefrau
des Beschuldigten wurde während der Verhandlung von
dem Gerichtspräsidenten um verschiedene Angaben ersucht,
plötzlich gab die Frau aber solche verworrene Auskunft,
daß der Präsident eine Unterbrechung in der Sitzung
machen mußte und einen Arzt zur Untersuchung der Frau
herbeiholen ließ. Der Arzt constatirte, daß die Frau in
Folge der übergroßen Aufregung während der Gerichts-
verhandlung irrsinnig geworden war und wurde die UU-'
glückliche sofort der Jrrenabtheilung des Hospitals über- (
wiesen.
* Jngersheim, 4. Jan. Das Gericht hat dahier eine s
Untersuchung eingeleitct über einen Vorfall, der seit einiger /
Zeit hier vielfach besprochen wurde. Es mögen nunmehr
bald 14 Tage sein, daß ein Gendarm, um die Wahrheit
der umlaufenden Gerüchte über die unmenschliche Behand-
lung eines jungen Mädchens festzustellen, in Begleitung
eines Waibels eine Haussuchung vornahm, wobei man in
einem feuchten dunklen Loch unter einer Treppe ein bei-
nahe ganz nacktes junges Mädchen auffand. In einer
Ecke stand eine alte mit Stroh angefüllte Bettlade, die
weiter nichts enthielt, als eine durchlöcherte Decke. Die
verpestete Luft dieses ungesunden Raumes spottet jeder
Beschreibung. Der Gendarm sorgte sofort dafür, daß die
Kleine ein menschenwürdiges Unterkommen und ein an-
ständiges Bett erhielt. Die Umersuchung ist im Gange,
* Nürnberg, 3. Jan. Als ein recht unliebsames Bor-
kommniß muß es bezeichnet werden, daß auf dem heurigen
Christmarkt dahier die Polizei sich veranlaßt sah, Kinder-
malkasten in größerer Zahl zu beschlagnahmen, weil die-
selben hochgradig giftige Farben enthielten. Die Beschlag-
nahmen erfolgten bei fünf hiesigen und ferner noch auf
telegraphischem Wege bei einer Person in Sonneberg.
* Leipzig, 3. Januar. Ueber den gestern in dem
benachbarten Dorfe Lindenthal verübten Doppelmord,
über den wir kurz berichtet, wird des weiteren gemeldet:
In einem Miethshause in Lindenthal wohnten neben
etwa 10 anderen Mjtthspartcien die Messtngerschen
Eheleute; der Mann, Glaser, war 74, die Frau, welche
einen Handel betrieb und Gesinde vermiethete, 56 Jahre
alt. Mit diesen beiden Personen theilte ein erst Ijähriges
Pflegekind die Wohnung. Am Sonntag (1. Januar) ver-
ließ die Ehefrau Messinger ihre Wohnung, in welcher ihr
Mann, das Pflegekind und die Dienstmagd Agnes, welche
muthmaßlich wegen Stellenvermittlung anwesend war, zu-
rückbliebcn. Gegen 3 Uhr muß die Frau schon zu Hause
gewesen sein, denn der Briefträger hat sie um diese Zeit
zu Hause angetroffen. Montag früh zwischen 9 und 10
Uhr hatten die Messingerschen Eheleute ihre Wohnung noch
nicht eröffnet, man hörte aber Kindergeschrei und bemerkte
gleichzeitig Rauch, woraus der Schmied des Ortes geholt
wurde, welcher die Thüre gewaltsam öffnete. Der Rauch
kam aus der Schlafkammer; das Pflegekind lag im Wagen
und schrie. Als sich der Rauch verzogen hatte, fand man
Frau Messinger entseelt neben dem Sopha auf dem Fuß-
boden, ihre linke Schläfe war Ungeschlagen, den Ehemann
fand man unter einem zerrissenen Fedcrsack, mit dem Ge-
sicht auf dem Boden liegend und mit eingeschlagenem
Hinterkopf ebenfalls todt vor. Die vorerwähnte Dienst-
person ist merkwürdiger Weise bis jetzt nicht gefunden
worden, trotz der eingehendsten Nachforschungen, wodurch
der Verdacht, daß die letztgenannte die Mörderin der
Messingerschen Eheleute ist, hervorgerufen wnroe.
* Aus Baden, 5. Jan. In Gail in gen ist die
Scheuer des Landwirths Otto Ruh und das nebenstehende
Wohnhaus des Ludwig Lau abgebrannt. Gesammtschaden
über 12,000 Mark. — In Hagenau wurde ein Fischreiher
mit einer Spannweite von 1 Meter 60 Ctm. zwischen den
Flügeln geschossen. — Auf der Station Din gl in gen
gerieth der Bremser Rudolf Birkle von Freiburg unter
einen Gütcrzug und erlitt dabei so schwere Verletzungen,
daß ihm der rechte Arm abgenammcn werden mußte. —
Auf der Bahnhofsstraße in Triberg mißhandelten italienische
Eisenbahnarbeiter einen deutschen auf schauderhafte Weise.
Der Unglückliche mußte im Spital untergebracht werden.
Zwei der Thäter wurden verhaftet. — In Grünsfeld
starb die Frau des Schmiedmeisters M. Niedermaier an
Blutvergiftung. Frau N. hatte sich kurz zuvor eine kleine
Wunde zugezogen, die sie vernachlässigte und so das Un-
glück herbciführte. — In Sichern wurde die Frau und
Tochter des Kammmachers Karl Küchle daselbst verhaftet
unter dem Verdacht, die Ladenkasse des Kaufmanns L. in
Achern, bei dem die junge K. in Diensten stand, bestohlen
zu haben.
Vermischtes.
— Aus Hinter pommern, 5. Jan. Wie man
der „Starg. Ztg." aus Dramburg meldet, hat sich dort
im Kassenzimmer des Rathhauses der Stadthauptkaffen-
rendant H. Waltersdorfs, mittelst Revolvers durch zwei
Schüsse vor die Stirn, entleibt. Vom Bürgermeister war
dem Rendanten kurz vorher eine seitens des Magistrats
beschlossene außerordentliche Kassenrevision angekündigt
worden, worauf sich W. kurze Zeit entfernte und dann im
Kasscnzimmer erschoß. Die Kassenrevision ist zur Fest-
stellung des vermuthlichen Abgangs in vollem Gange.
— Rom, 2. Jan. Dem „B- Tgbl." wird berichtet:
In Norditalien rief ein stetiger Schneefall große Verkehrs-
stockungen hervor. Die deutsche Post fehlt gewöhnlich
mehrere Tage nacheinander und geht öfters sogar gänzlich
verloren. In Bologna drückte die Schneelast das Bahn-
hofsdach ein; es gab viele Verletzte, auch Tobte."
— Venedig, 2. Jan. Ueber ganz Italien ist in
den letzten Tagen ein furchtbarer Schneesturm hinwegge-
gangen und von allen Seiten kommen Unglücksnachrichten.
So gingen bei Venedig 15 Fischerbarkcn zugrunde, und
die See stieg so hoch, daß der größte Theil der Stadt
überschwemmt war. In Bologna stürzte das Dach des
Sparkaffengebäudes infolge der auf demselben lastenden
! Schneemassen ein, ebenso das gußeiserne Dach des Circus