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Heidelberger Volksblatt (69) — 1934 (Nr. 149-225)

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Nr. 151 - Nr. 160 (4. Juli - 14. Juli)
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„Heidelberger Bolksblatt“ —

Samstag, den 14, Juli 1934



E: 160







Kehraus im Fuhball.

Nachdem im Fußball die übliche Sommerpauſe
eingetreten iſt, benützt man dieſe Zeit in den amt⸗
lichen Fußballtreiſen zur Rückſchau und zur Prü—
fung der ſportlichen und moraliſchen Leiſtung. In
unſerem Bericht bringen wir die Ergebniſſe einer
Reihe von Tagungen des Fußballſportes in Hei⸗
delberg und Umgebung.

Inſpeltionsreiſen nach Meckesheim.

Gauführer Linnenbach ſprach nach der Begrü—
ßung, daß zur Kameradſchaft im Sport die Diſzi—
plin, d. h. die Unterordnung gehöre, das, was der
heutiße Staat von jedem Einzelnen verlange.
Dies ſei auch auf die Vereine zu übertragen. Der
junge Deutſche ſoll durch das Fußballſpiel ein
Kämpfer werden. Pflicht der Vereine ſei es, einen
geordneten und ſauberen Uebungsbetrieb aufzu—
machen, damit die Eltern zu dem Verein auch Ver⸗
trauen haben und ihre Kinder hinſchicken. Der
Vereinsführer muß durch vorbildliches Verhalten
ſich dieſes Vertrauens beim Elternhaus, bei der
Schule und der Kirche erringen bezw. es ſich ſchaf—
fen. Einen Zwang zur Vereinigung gibt es
nicht, wo ein Zuſammenſchluß ſich als notwendig
erweiſt, dann nur unter der Bedingung, daß der
Fußballſport nicht unterdrückt wird.

Kreisführer Ol bert wies darauf hin, daß die
amtlichen Bekanntmachungen immer noch viel zu
wenig beachtet würden, Führer⸗Prinzip, Platz⸗
Diſziplin und Schiedsrichterfrage, SS- und SA—
Ausweiſe, Einhaltung von Privatſpielverpflich—
tungen, ganz beſonders aber die Ausübung der
Leichtathletik während der Fußballpauſe zur beſſe⸗
ren Körperbeherrſchung der Fußballſpieler ſei drin—
gend notwendig. Genau wie bei den Beſprechun⸗
gen werden auch in der Leichtathletik die Vereine
in Gruppen zuſammengefaßt, um leichtathletiſche
Wettbewerbe und Klubkämpfe auszutragen. Die
Meldungen als Schiedsrichter fehlen ebenfalls
noch von vielen Vereinen.

Seiberth⸗Neckarſteinach verlangte gerade bei den
Landvereinen mehr Jugendarbeit, der beſte Mann
im Verein iſt als Jugendleiter gerade gut genug.
Jugendliche ſollen als Schiedsrichter herangebil—
det werden der Uebungsbetrieb, da wo es mög⸗
lich iſt, mit der HI gemeinſam ausgeübt werden.
Im Heidelberger Gebiet kamen bei 36 Jugend—
mannſchaften, die Spiele austrugen, nur eine
ernſthaftere Verletzung vor. Mit der Jugend
müſſe Gymnaſtik getrieben werden, Wanderungen
gemacht und Lieder gelernt werden. Oberſter
Grundſatz, zuerſt die Jugend im Verein, denn bei
einer guten Jugend gäbe es von ſelbſt auch einen
guten Verein!

Vom Kreisführer erhielten die Meiſter ihre Ur⸗
kunden überreicht: F. € Eſchelbronn, Biks
toria Bammental und Fo Asbach.

Mit dem Sieg⸗Heil auf den Führer ſchloß die
wertvolle Ausſprache.

Führer⸗Tagung in Hirſchhorn.

Der Gauführer ſprach in großen Zügen über die
Aufgaben der Vereinsführer im heutigen Staate.
Die Teilnahme an den Meiſterſchaftsſpielen werde
in Zukunft von dem Beſtehen einer Jugendabtei—
lung abhängig gemacht. Pflege der Kamerad⸗
ſchaft, Ausbildung der Jugend, Einführung des
Schulfußball auch auf dem Lande, gutes Einver—
nehmen zwiſchen Elternhaus, Schule und Kirche
ſeien Grundbedingung für den Vereinsführer.
Ueber Verwaltungsangelegenheiten referierte der
Kreisführer Olbert, während der Kreisjugend⸗
wart Seibert die Teilnahme von Jugendlichen bei
den Kampfſpielen in Nürnberg beſonders emp⸗
fahl, zumal der DFB einen Teil der Koſten über⸗
nehme. Bißdorf (Hirſchhorn) erbat Aufklärung
über die Verſicherung der Spieler, ferner über den
Bezug der vielen amtlichen Zeitungen. Barth—
mann (Schönau) machte Ausführungen betr. SA.
Gauführer Linnenbach forderte mehr ehemalige
aktive Spieler als Schiedsrichter mit guten Cha—
raltereigenſchaften. Als Meiſter erhielten für die
1. Mannſchaften Rockenau, für die 2. Mannſchaften
Neckarſteinach durch den Kreisführer die Ehrenur—
funden überreicht.

Führertagung in Heidelberg.

Bei der Heidelberger Führertagung waren außer
den Vereinen aus der ganzen Umgebung auch die
Kickers Walldürn, die in dieſem Jahre in
der Heidelberger Bezirksklaſſe mitſpielen, zum
erſten Male vertreten. Erfreulich war zu hören,
daß die Platzſperren in dieſem Jahre im Heidel—
berger Gebiet zurückgegangen waren. Die Leicht⸗
athletik wurde von den Fußballvereinen viel zu
wenig beachtet. Bis zum 15. Auguſt müſſen von
jedem Verein Jugen dwanderungen durch—
geführt ſein, bis jetzt hat nur der Spv 98
Schwetzingeneine ſolche abgehalten. Jugend—
ſpiele ſollen möglichſt vor den Spielen der erſten
Mannſchaften ausgetragen werden, ſie ſeien manch⸗
mal ſchöner als die Spiele der Aktiven. Als Ju—
gendmeifter erhielten Irkunden: VfR Ketſch, B{} L
zeidelberg DIK Plankſtadt, als Schüler—
meiſter: Sportfreunde: Sportfreunde Doſſenheim,
Aſtoria Walldorf, TIG Plankſtadt, Bei den Akt i—
ven erhielten Urkunden: Olympia Neuluß—
heim, für die erſten Mannſchaft, Fv 08 Hockenheim
far die zweiten Mannſchaften, in der 2 Kreis⸗
tlaſſe Vittoria Nußloch für 1. und 2. Mannſchaften.
Kreisfuhrer Hetzler (Mannheim) ſtellte die Ju⸗
gendfrage an die erſte Stelle. Der Gauführer


den Städten an. Meier (98 Schwetzingen) wurde
über Schulfußball aufgeklärt. An der Univerſttät
ſoll auch wieder mehr Fußball gepflegt und geför—
dert werden. Ferner wurde die Durchführung der
Pokalſpiele in allen Klaſſen angeregt. Fritz Som
mer (Rohrbach) berichtete über Fehler bein
Schulfußball und Erfahrungen beim Zuſammen
ſchluß. Am 17. Juli werden in Eppelheim di—
Klubkämpfe von 05, Union, VfL Reichsbahn uni
Wieblingen gemeinſam ausgetragen, am 22. Jul
in Walldorf für die Gruppe Wiesloch-Walldorf
am 5. Auguſt in Schwetzingen für die Gruppe
Plankſtadt⸗Schwetzingen⸗Ketſch.

Juſpektionsreiſe nach Mosbach.

Gauführer Linnenbach ſprach über den Reichs—
bund, der an den Vereinen nichts ändern würde,
über die Klärung mit der HI, den Schulfußball,
der mit Begeiſterung aufgenommen worden war,
den geſunden Betrieb in einem Vereine, wozu
unter allen Umſtänden ein guter Jugendleiter ge—

höre. Im Herbſt kommen Jugendleiterkurſe in
Ettlingen, ein neuer ſehr guter Lehrfilm, eine

Fußball-Fibel und eine Fibel für Vereine Kreis—
führer Olbert referierte über verwaltungstechni—
ſche Fragen, zu denen auch das Leſen der amtlichen
Bekanntmachungen gehöre, über Platzdiſziplin, die
auch bei ſchwachen Schiedsrichtern unbedingt zu
waͤhren ſei. Er rügte, daß oft von den Vereinen
ſchlechtes Material als Schiedsrichter gemeldet
würde. Ungehörig ſei der Rücktritt von den Ver—
bandsſpielen mitten in der Runde. SA- und SS⸗
Ausweiſe müßten angefordert werden, damit die
Spieler den nötigen Urlaub erhielten. Bei
Schwierigkeiten ſoll man ſich an den Bezirksbe—
auftragten Körbel wenden. Der Leichtathletik
müſſe in der Sommerpauſe ein ganz beſtimmtes
Augenmerk zugewandt werden.
Kreis⸗Jugendwart Seiberth ſprach in ſeiner
überzeugenden Art über die Jugendfrage, die in
Heidelberger Gebiet gut ſtände, im Elzensgebiet

aber noch ſchwach. Schwierigkeiten mit der HI
ſeien immer ſofort behoben worden durch die Ge—
bietsführung. Um Unfälle zu vermeiden dürften
nur Jugendmannſchaften gleichen Altersge—
geneinander ſpielen!

Als Jugendverſicherung kommt wohl in erſter
Linie die Verſicherung bei der HI in Frage, weil
ieſe bis zum Alter von 21 Jahren gehen.

In der ſehr intereſſanten Ausſprache wurden
nterſchwarzach und Mosbach die nötige Aufklä—
ung gegeben. Müller (Heinsheim) hat für die
ammende Spielzeit wieder Schiedsrichter aus der
eilbronner Gegend zugeſagt, für Heidelberg ſind

ieder ſolche aus Ludwigshafen in Ausſicht.

Sport in Kürze

Die Nordſee⸗Fußball⸗Meiſterſchaft der deutſchen
Marine wurde in Wilhelmshaven zwiſchen den
Manſchaften der Kreuzer /Leipzig und „Köln!
entichieden, Den Titel ſicherte ſich die „Leipzig“
durch einen 2:0:(1:0)=-Sieg.

300 ſaardeutſche Kanufahrer unternehmen im
Auguſt eine Treuefahrt nach Oſtpreußen, wobei
u. . Danzig, Königsberg und die Maſuriſchen
Seen beſucht werden.

Auch Arthur Jonath, der Olmpia-Dritte im
100Meter⸗Lauf in LosAngeles, wird ſich am
15. Juli am Amerikaner-Sportfeſt in Hamburg
beteiligen. Jonath hat ſeine Teilnahme feſt zu—
geſagt.

Topi Reinghldt, Finnlands hervorragender
Bvuſtſchwimnier, gewann in Reval ein 200⸗
Meter⸗Bruſtſchwimmen überlegen in 2:57,4 Mi-
nuten gegen den beſten Eſtländer in dieſer
Schwimmart, Trahow, der 3:13,9 Minuten be—
nötigte.

Brüſſel.
über das



Die Kammer hat den Geſetzentwurf
Verbot der milizartigen politiſchen




deutſcher ſtriegoͤjthiffbeſuth in Engla





nd




die lehte Fahrt des Krinzgemahls

liſchen Hafen aufgeſucht haben.

der Niederlande


Arijchidiſche Nijchehen

* Reichsgericht hebt das Narlsruher Urteil
an

Die Begründung

Die Entſcheidung des Zivilſenats über die
Anfechtbarteit ariſch⸗jüdiſcher Miſchohen enthalt
u. a folgende Gejichtäpunmkte: „Die Anfechubarkeit
der Ehe nach $ 1333 BOGY iſt gegeben bei einem
Irrtum des einen eheſchließenden Teiles übet
olche perſönliche Eigenſchaͤften des anderen
Teils, bei deren Kenntnis dieſer eine Teil unter
vernünftiger Würdigung des Weſens der Ehe
dieſe Ehe nicht geſchloſſen haben würde Vor
Aem muß dabei der nach $ 1333 anfechtende
Feil den vollen Beweis für ſeine Behauptungen
führen. Hat etwa ein ariſcher Chegatte bei der
Eheſchließung nicht gewußt, daß der andere ehe—
chließende Teil der jüdiſchen Raſſe angehört,
J0 ijt das ein Irrtum über wichtige perſönliche
Eigenſchaften. Im vorliegenden Falle aber war
dem anfechtenden Teil die Abſtammung der Ehe⸗
partnerin von jüdiſchen Eltern bekannt. Das
Oberlandesgericht Karlsruhe hat angenommen,
der vom Anfechtungskläger behauptete Irrtum
beſtohe in der Unfenntnis der Folgen des Ein⸗
gehens einer ſolchen Miſchehe. Diejen Ausfüh—
rungen vermochte das Reichsgericht nicht zu fol—
gen Der ariſche Ehegatte hatte bei der Ehe—
ſchließung Keuntnis von der jüdiſchen Abſtain⸗
mung ſeiner Frau. In dieſem Falle iſt die An—
fechtung vom Standpunkt des geltenden Rechte
aus wegen Irrtum ausgeſchloſſen. Es wäre mög⸗
lich, daß der eine Teil von dem Einfluß der
nichtariſchen Abſtammung des anderen Teils
auf die Ehe nichts gewußt hätte, daß er vielleicht
geglaubt hätte, allein der Uebertritt des jüdiſchen
Teils zur chriſtlichen Kirche genüge, um eine
pölltg ariſche Ghe zu ſchließen. Da wäre ein Irr—
tum über weſentliche perſönliche Eigenſchaften
vielleicht denkbar. Für eine ſolche ünkenntnis
Ppricht aber im vorliegenden Falle keinerlei
Wahrſcheinlichſtkeit. Es genügt hervorzuheben,
daß das Programm der Nafiopalſozialiſtiſchen
Deutſchen Avbeiterpartei durch Puntt 4 und 5
bexeits die Verſchiedenheit der deutſchen und det
jüdiſchen Raſſe mit allem Nachdruck betont hat.
Dieſe Lehren ſind auch unzweifelhaft ins Ver—
tändnis des Volkes gedrungen. Unter dieſen
Umſtänden iſt der Fal eines Irrtums ſeit Ver—
öffentlichung dieſes Programms in den mit dem
Programm bekannt gewordenen Bevölkerungs⸗
kreiſen, zu denen unſtreitig der Anfechtungskläßer
gehört, nur ſelten noch anzunehmen. Die An—
fechtbarkeit der ariſch-jüdiſchen Miſchehe kann
auch im iHnblick auf das Berufsbeamtengeſetz
nur in dem von dieſem Geſetz ſelbſt gezogenen
Rahmen der nationalſozialiſtiſchen Geſeßgoͤbung
himaus den nationalſozialiſtiſchen Anſchauungen
Geltung zu verſchaffen. Nach dem Berufsbedn⸗
tengeſetz treffen aber die mit jüdiſchen Frauen
bereits vevheirateten Beamten keine Nachteile.
Nur wer eine ſolche Miſchehe erneut eingeht,
kann nicht mehr Beamter bleiben. Dieſer Stand⸗
punkt entſpricht auch dem Inhalt des Schreibens
des Reichsminiſters des Innern vom 17. Januar
1934, in dem darauf aufmerkſam gemacht widd,
daß die Schranken, die die Reichsroͤgierung ſelbſt
bei der Arievgeſetzgehung gezogen hat, beachtet
werden müßten Hinſichilich der Beſtimmungen
des 8 1333 gilt nach wie vor die Bindung des
Richters an das Geſetz. Solange die Beſtim—
mungen des $ 1333, und zwar mit rückwirkender
Kraft, nicht abgeändert ſind, iſt eine Anfechtung
Eiſch jüdiſcher Miſcheheen wie im vorliegenden
Falle nicht möglich.

du erſte Geſetz gegen
Landflutht?

Das badiſche Wandergeſetz 125 Jahre —
Wer früher wandern durfte und wer nicht!

Der Reichsſtatthalter für Baden hat kürz⸗
lich das Wanderweſen auf badiſchen Land⸗
ſtraßen geordnet. Zweck der Regelung war,
die Landſtraßen frei zu machen von unſaube⸗
ren Elementen, Bettlern. Landſtreichern, Die⸗
ben und Arbeitsſcheuen. Andererſeits wur⸗
den Verordnungen erlaſſen, die dem Schutze
des zunftmäßigen Handwerksburſchen dienen
ſollten, denn die Landſtraße iſt ein Stück Erb—
gut des Handwerks ſeit Jahrhunderten. Be⸗
reits viel früher als in unſeren Tagen bil—
deten ſich Mißſtände im Wanderweſen, aller
lei unſaubere Elemente miſchten ſich unter die
reiſenden Zunftgenoſſen und gefährdeten dieſe
und ihren Reiſezweck ſo daß an Stelle der
Wandervorſchriften der Zünfte ſolche der
Landespolizeibehörden treten mußten.

Im Jahre 1809, vor alſo nunmehr 125 Jah⸗
ren, gab die Mannheimer Regierung des
Großherzogtums Baden Vorſchriften für da⸗
Wandern auf den Landſtraßen heraus und
dieſe ſind in mancherlei Hinſicht für unſer
heutigen Tage intereſſant Die wichtigſten
Paragraphen darin lauteten: ;

Die geſetzliche Wanderzeit iſt für die badl“
ſchen Haupt⸗ und Handelsſtädte Karlsruhe,
Mannheim, Heidelberg Wertheim, Milten
berg, Offenburg, Lahr und Freiburg auf drel
Jahte feſtgeſetzt.



Aerztl. Sonntagsdienst

Dr. Linß
Bergſtraße 29a / Telefon 2814

Apothekendienst
Univerſitäts⸗Apotheke, Hauptſtr. 26, Tel.
Bergheimer Apothete, Bergh. Str. 4, Tel.

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