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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 11 - Nr. 20 (14.Januar - 24. Januar )
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4

Ausnahmrsprm trr NSA
Das Amt für Volksrvohlfahrt der N. S. D.
A. P., Gau Vaden, teilt mit, daß ab 1. Febr.
1935 eine Aufnahmesperre verhängt wird.
MltgliMsMw der MB
Wie uns von der Gauamtslenung des
Amtes für Volkswohlfahrt der NSDAP.,
Gau Baden, mitgeteilt wird, ist von der
Reichsführung zum 1. Februar 1935 eine
Mitgliedssperre für die NSV angeordnet.
Wann und ob diese Sperre aufgehoben
wird, ist noch nicht bekannt.
Darum, Volksgenossen, seid Sozialisten der
Tat, und benutzt die kurze Zeit bis zum
1. Februar 1935 zu euerer Anmeldung für
die NS-Bolkswohlfahrt.
Die NSV., die ein Teil der Partei ist, ist
kein Verein oder eine Interessengemein-
schaft, sondern der Zusammenschluß aller
Volksgenossen, die als Sozialisten der Tat
für das Wohl ihres Volksgenossen und be-
sonders der bedrängten Volksgenossen sorgen
wollen. Die Durchführung des WHW liegt
in Händen der NSV.
lOOOOOde ehrenamtliche Helfer in allen
Gauen des Reiches tun Dienst für die be-
drängten Volksgenossen, sind Sozialisten der
Tat.
Wer will da zurückstehen?
Sie MnWmmluim m
WintElssamks
In diesen Tagen gehen wieder die Sammler
und Sammlerinnen des Winkerhilfswerkes
von Haus W Haus, um die zugesagten Pfund-
spenden a'bMholen. Treppauf, treppab geht
die Reise. Me meisten Hausfrauen halten die
Spende schon bereit, aber in vielen Haushal-
tungen muß der Sammler noch ein zweites
und sogar ein drittes Mal vorsprechen, Lis
er die Gabe in Empfang nehmen kann.
Viele Arbeit wartet noch auf den ehren-
amtlichen Heiser der NSV. und bei einigem
-guten Willen ist es feder Hausfrau sicher mög-
lich, die dem Winterhilfswerk zugedachten
Pfunde rechtzeitig einzukaufen, damit sie dem
Sammler bei der erstmaligen Vorsprache
ausgehändigt werden können. Oder noch besser
ist es, die Hausfrau läßt die Spende gleich in
dem Geschäft, wo sie die Waren gekauft hat,
abbolen.
Auf diese Weise ist es möglich, daß die
Sammler des Winterhilfswerkes viel kostbare
Zeit sparen, die anderwärts wieder nutzbrin-
gend verwendet werden könnte.
Deshalb, Hausfrauen, denkt beizeiten an die
Pfundsammlung!

X Vortrag'rm Kneippverein. Der KnsiPP-
terein hatte vorgestern abend Mitglieder und
Freunde zu einem interessanten Vortrag in
die ,.Stadt Neuenheim" geladen, der so großes
Interesse sand, daß sich der Saal als viel zu
klein erwies und erweitert werden mußte.
Nach Begrüßungsworten durch den Vorsitzen,
den der hiesigen Ortsgruppe, Kling, sprach
Dr. Hüls, Kurarzt von Berneck,, in klar faß-

Lichen Ausführungen Mer „Erkältungskrank-
heiten". Zu der Frage des Woher derselben
erklärte er die Haut als wichtigen Faktor.
Sie stellt die dritte Lunge und die dritte Niere
dar, ist Ausscheidnngs- und Atmungsorgan
zugleich. Wird sie in solches ausgeschieden,
reagieren die anderen Organe infolge Uöber-
belastung durch Erkrankung. Aus diesem
Beispiel ergibt sich, daß nur die Erkenntnis
der Ursache den Weg zur Heilung weisen kann.
Diese wird uns abhalten, oberflächlich die
Symptome beseitigen zu wollen, statt ihnen
auf den Grund zu gehen. Die Krankheit als
natürlicher Heilungsprozeß darf auch nicht un-
terbunden werden, sondern man muß ihr den
natürlichn Ablayf lassen. Durch zahlreiche
praktische Beispiele zeigte dabei der Redner,
wie man diesen unterstützen und beschleuni-
gen kann, wie bei Herzkrankheiten, Lungen-
entzündungen, Erkältungen, wobei Kalt-
waschungen wertvolle Dienste leisten. Verhü-
ten ist besser als heilen. Wie dies erreicht
werden kann wußte Dr. Hüls ausgezeichnet
klarzulegen. Abhärtung, die vor allem durch
Kaltwaschungen erzielt werden kann, richtige,
d. h. mäßige möglichst eiweißarme Kost, und
richtige Kleidung (warme Füße.) sind dabei
die i ausschlagaebensten Momente. In dieser
Richtung aufiklärend zu wirken, ist Hauptauf-
gabegebiet des Kneippvereins. Große Ver-
dienste hat sich dabei die Naturheilbewegung
um die Volksgesundheit erworben, was auch
seitens der Reichsregierung anerkannt wurde.
Da Gesundbeit heute nicht mehr eine Privat-
angelegenheit sei, sondern Pflicht eines jeden
Volksgenossen, bat der Redner die Anwe-
senden, durch eifrige Mitarbeit den Verein
in seinen hohen Idealen zu unterstützen. Nach
herzlichen Dankesworten an Dr. Hüls be-
richtete Verbandsleiter Dr. Vaeth über die
letzte Taguna der Naturheilärzte in Dresden
Seine Ausführungen bewiesen, daß alle Be-
strebungen nur dem Vaterlande gelten, denn
das erste 'st die Volksgesundheit. Er ließ seine
Worte ausklingen mit dem dreifachen Siegheil
auf den Führer. Vorsitzender Kling schloß
mit herzlichen Dankesworten den lehrreichen
Abend. **
X Die Schiitzengesellschaft Heidelberg-Wieb-
lingen e. V. hielt am vergangenen Sonntag
ihre diesjährige Generalversammlung ab. Ver-
einsführer Architekt Hch. Damm' begrüßte
die Erschienenen, sprach über die Saarabstim-
mung und gedachte dabei der Männer, deren
unermüdlicher Arbeit dieser Erfolg zu ver-
danken ist. Nach dem gemeinsamen Gesang
des Saarliedes brachte Kamerad Damm ein
dreifaches Siegheil aus unseren Führer und
Reichskanzler aus. Es folgte die Bekanntgabe
der Jahres-, Kassen- und Schießberichte. Zu-
sammenfassend kann gesagt werden, daß trotz
der schwierigen Wirtschaftslage sowohl in
sportlicher wie in finanzieller Hinsicht das
Ergebnis des abgelaufenen Jahres zufrieden-
stellend war. Kreisschießleiter Prof. Etzel
machte interessante Ausführungen über Be-
deutung des Schießsports und betonte, daß
im kommenden Jahr bestimmt mit einer bes-
seren Regelung im Ausbau und mit einer bes-
serem Entwicklung zu rechnen sei. Kamerad E.
Vogt wurde zum Schriftführer berufen. Am
24. März 1935 veranstaltet der Verein für

kett
den Stadtteil Wieblingen ein Opferschießen
zu Gunsten des Winterhilfswerkes. Das 10-
jährige Stiftungsfest findet voraussicht-
lich in der Zeit vom 2. bis 16. Juni ds. Js.
statt und wird mit einem Gau- und Preis-
schießen verbunden fein. Mit dem Wunsche
um bessere Beteiligung am Schießsport — be-
sonders von Seiten der Mitglieder, die mit
gutem Beispiel vorangehen sollen — schloß
der Vereinsführer die Versammlung.
X Hohes Alter. Im Stadtteil Handschuhs-
heim vollendete gestern Chrisostomus Gre-
ber, Steuereinnehmer i. R. sein 87. Lebens-
jahr. Er ist Kriegsteilnehmer von 1866 und
1870/71 mrd ist Inhaber mehrerer Mrlüär-
u nd Ziv Md i em sta u szei ch nu ngen.
X Freiplätze für Saarkameraden. Der Deut-
sche Reichskriegevbund Kyfshüuser, Landesver-
band Südwest, stellt für sechs Kameraden aus
dem Saarg-ebiet je einen Freiplatz im Krieger-
erholungsheim Baiersbronn bei Freudenstadt
auf die Dauer von 14 Tagen zur Verfügung.
Den Kameraden wind freie Hin- und Rückfahrt
gewährt.
X Kameradschafts- und Familienabend des
Gartenamtes und Friedhofes. Am letzten Frei-
tag abend fand im Gartensaal der Harmonie
ein schön verlaufener Kamerad«chnsts- und Fa-
milie irabend der Kameraden des Gartenamtes
und der Friedhofverwaltung statt. Die statt-
liche Teilnchmerzaihl konnte von Obmann
Bender herzlichst begrüßt werden, der auch
den Vorstand des Kommunalamtes, Altbür-
germeüster Bitter, den Betriebsleiter des Gar-
tenamtes, Gartenbaudirektor Diebolder, den
Friedhosvernralter Göz, den Amtswalter der
Gemeinschaft „Kraft durch Freude" Fink und
den Obmann der StraßeNba'hnkameraden,
Hörning für ihr Erscheinen dankte. Alsdann
erhielt der Betriebsleiter des Gartenamtes
Gartenbaudirektor Diebolder die Leitung
des Abends. Zunächst war er sehr erfreut, ein-
mal die Familien der Mitarbeiter zusammen-
zusehen, denn die Arbeiterschaft des Garten-
amtes wäre räumlich so getrennt, daß es nur
wenig vorkomme, daß die Arbeitskameraden
näher zNsammeNkämen. Wenn wir auch jahr-
aus, jahrein dem Unbill der Witterung preis-
gegeben seien, wenn wir oftmals schönere und
auch oft sehr gefährliche Arbeiten verrichten
müssen, so hätte dieser Beruf doch das Schöne,
daß wir die öffentlichen Gärten hegen und
Pflegen dürfen und durch das Bepflanzen schö-
ner Blumen und Zierpflanzen, durch die
Schöpfung schöner Rasen- und Parkanlagen
die Heidelberger Bürger und auch die Frem-
den erfreuen können. Das gleiche gelte aber
auch für die Friedhofsanlagen, die nicht nur
für die Lebenden, sondern in erster Linie un-
seren toten Heidelberger Bürgern geschaffen
worden sind. Beide Verwaltungen knüpfe.das
Band der gleichen Tätigkeit. Das gemeinsam
gesungene Deu-tschtaNdlied und Horst-Wessel-
Lied wurde von der großen Straßenbahnka-
pelle begleitet. Nun brachte der bekannte Dia-
lektiker Hauptlehrer Münnich einige seiner
schönen Dichtungen, die mit großem Beifall
ausgenommen rrurden. Altbürgermeister B i t-
t e r sprach seine Freude über die innige Kame-
radschaft der Arbeiter des Gartenamtes und
des Friedhofes aus und brachte die Grüße des
Oberbürgermeisters, der leider am Erscheinen

Hx.
WetternachriMn
Für Donnerstag: Temperaturen im allge-i
meinen wenig über 0 Grad. Im Süden noch
Frost, leichte Regen und Schneefälle.
MWstlMd
Wasserstand vom 23. (22.) Januar 1935.
Plochingen — (—), Heilbronn 109 (112),
Jagstfeld 41 (44), Diödesheim 63 (55), Heidel-
berg 255 (260).
verhindert wäre. Er sprach aber auch der Ka-
meradschaft den Dank und die Anerkennung
der Stadt für die unermüdliche Tätigkeit aus.
Auch Verwalter Göz sprach über das schöne
einige Verhältnis der beiden so nah verwand-
ten Stellen, während Amtswalter Fink, auf
die Ziele der Gemeinschaft Kraft durch Freude
hinwies, wodurch es nunmehr jedem Volks-
genossen möglich sei, seinen Urlaub zu billigem
Gelbe auswärts zu verbringen und sein schö-
nes Vaterland näher kennen zu «lernen. Herr
Münnich brachte ünmer wieder seine gelun-
genen Gedichte in Pfälzer Mundart vor, di«
große Straßenbahnkapelle stellte «die Musvk und
mancher aus der Belegschaft brachte noch ein
Gedicht vor oder sang ein schönes Lied. Nur
zu bald vergingen die frohen Kameradschafts-
stunden und bald nahm der Teilnehmer, der
Mitarbeiter seinen Spaten, Säge oder Schere
in die Hand, nm weiter der deutschen Scholle,
den Heidelberger Gärten zu dienen. r.
X Das Fest der alten Soldaten. Der Kar-
tenvorverkauf für die Reichsgründungsfeier
der im Kyffhäuserbund zusammengeschlossenen
alten Soldaten hat rege eingesetzt. Der Abend
wird zu einem großen Soldatentreffen,
da auch zahlreiche auswärtige Verbandsan-
gehörige erwartet werden. Die Musik stellt die
SS-Kapelle. Auch das «künstlerische Programm
ist fein zusammengsstellt. Nach dem Festakt in
allen Räumen Tanz. *

Srirrlbkrgrr BerMaltuiMN
Mittwoch, 23. Januar:
Kundgebung der Heidelberger Studentenschaft
in der Stadthalle,
Bezirksobstbauverein Heidelberg und Umge-
bung e. V.
20 Uhr im Saal des Klubhauses zum Schwär-
zen Schiff Filmvortrag von Dr. Wetzel,
Stuttgart über „Der deutsche Obstbau".
Donnerstag, 24. Januar:
Reichsbund der deutschen Beam-
ten e. V. 20 Uhr im Saal der Brauerei
Ziegler „Ausklärungsverfammlnng".
Gedok, 20 Uhr Ballsaal der Stadthalle
„Kammermusik-Abend' C. Marcelle Bach-
told-Ouartett.)
Samstag, 26. Januar:
20 Uhr Swdthalle „Winterfest der Alten Sol-
daten".
Montag, 2H. Januar:
20 Uhr Stadthalls „Heiterer Abend".

Ser Geist der UMWMms mch der „Geheimen
Sfsenbarung"
Vortrag von Prof. Dr. Erik Peterson.Rom, bei der Kath. Akademikervereinigung.

Prof. Dr. Erik Peterson konnte gewiß sein,
daß sein Vortrag „der Geist des Urchristen-
stentums nach der „Geheimen Offenbarung"
hier in Heidelberg, wo die reichen Gedan-
ken, die er in seinem Vortragszyklus über
die „Apokalypse" anläßlich der großen letzten
Akademikertagung gab, noch in lebendigster
Erinnerung stehen, dem größten Interesse
begegnen würde.
Wierum wurde man gestern, als er seinen
Vortrag im vollbesetzten Auditorium der
Neuen Universität hielt, von der Aktualität
der Deutung der Endzeit in der „Geheimen
Offenbarung" gepackt. Mit einer bewun-
dernswerten Plastizität der Sprache und mit
einer geistigen Schlüssigkeit, die nichts ver-
missen ließ, wurde von ihm die eschatologische
Schau des „Sehers auf Patmos" als reale
Wesenheit des Urchristentums, als ewig gül-
tiger und immer zeitnaher Charakter des
Christen überhaupt festgestellt. Die Apoka-
lypsen als Wirklichkeit, als Entscheidung auch
für den heutigen Menschen, und zwar für
ihn in seiner Totalität als Gemeinschafts-
wesen in der kosmischen Ordnung. Wir
stehen in der Verpflichtung des Offenbar-
werdens mit Christus. Unabdingbar und in
der abgrundtiefen Dramatik, wie sie der Hl.
Johannes auf Patmos erleiden mußte. Es
ist ein hartes Gericht, in das er die Welt mit
allen ihren Ordnungen und Zielsetzungen
hineinstellt. Aber, dieser Stolz des Mannes
und diese ruhige Gottbezogenheit wurde in
d"m deutenden Wort über die „Geheime
Offenbarung" durch Peterson lebendia, es
ist eine Entscheidung und für den mit Chri-
stus Leidenden ein Sieg zur Glorie der
Ewigkeit als realem, ungetrübtem mensch-
lichem Leben.
„Zu uns komme dein Reich" — diese
6aterunser-Vitte am Schluß des Vortrags hat
>urch Peterson eine wesentliche Vertiefung

erfahren, für die ihm alle, die ihn hören
dursten, herzlich danken.
Der Vortrag selber hatte in Kürze die fol-
gende gedankliche Linie:
Die „Geheime Offenbarung" ist eine der
weniger bekannten Schriften des Neuen Te-
stamentes. Das ist verständlich, denn ihre
Sprache ist dunkel, phantastisch, nicht leicht
verstehbar und sie wird vielleicht auch in
manchem unverstehbar bleiben müssen. Sie
reißt Abgründe auf und den Leser bedrängt
die Hoffnung, daß es nicht zum Aeußersten
solcher Dramatik der „Endzeit" kommen
möge, daß ihre persönliche Verpflichtung sich
nicht in dieser erschreckenden Weise an ihn
richte. -
Trotzdem ist die „Geheime Offenbarung"
zu ihrer Zeit und zu ihrer Stunde ein be-
gehrtes Buch. Das war damals so. als man
von den ersten Christen die Ausübung des
Kaiserkultes verlangte, damals, als das Rö-
merreich unter den einbrechenden Barbaren
zusammenbrach — und eine gottgewollte
Stunde der Offenbarung war es auch, als
dieses Buch geschrieben wurde. Der hl. Jo-
hannes hat dies gewußt, als er nach Pat-
mos verbannt zum Bekenner und Märtyrer
in der Offenbarung Christi wurde. In der
Trübsal hat er die Teilhaberschaft mit Chri-
stus gewonnen, mit seinem Leid und mit sei-
ner Herrschaft und Herrlichkeit. Die „Ka-
meradschaft in der Trübsal" bei Johannes ist
kosmisch, sie ist universell, denn Christus
ist in den Kosmos eingegangen und hat ihn
gesprengt. Das Oeffentlichwerden des Lei-
dens Christi hat auch die Herrlichkeit Christi,
seine Majestät im Himmel öffentlich gemacht
und mit ihm wird beim Märtyrer der
Glaube zur realen Schau des in der Glorie
lebenden Menschensohnes verwandelt.
Der Geist des Urchristentums, der sich in
der „Geheimen Offenbarung" ausspricht,

sprengt den Gedanken der „Nur-Mysterien-
gemeinschaft", wie der einzelne Märtyrer
ihn überschreitet und öffentlich wird. Mit
Christus werden alle die Menschen, die auf
Erden wohnen, offenbar durch das Siegel
der Taufe, das das Mysterium durchbricht.
Alle Menschen werden angesichts der Öf-
fentlichkeit Christi kenntlich. Auch der Anti-
christ, der Streiter in der Welt wider Chri-
stus wird gezeichnet (sein Symbol der Dra-
che, sein Name: Antichrist, falscher Prophet).
Aber erst in der „l e tz t e n S t u n d e" wird
der Antichrist offenbar. So muß man sagen,
daß es zwar streitende Philosophen schon vor
Christus gegeben hat, Häretiker aber erst
seit dem Osfenbarwerden Christi. Diese Tat-
sache macht übrigens das Pathos begreiflich,
mit dem der Chrüst den Häretiker verfolgt,
ia verfolgen muß, weil er im Dienst einer
dämonischen Macht steht. Der Irrlehrer wird
mit Recht verflucht, weil er des Satans ist.
Wie mit Christus alle Menschen offenbar
geworden sind, so wird auch das Erken-
nen der Menschen künftighin offenbar, ob
es aus dein Pneuma des heiligen Geistes
kommt, oder aber aus den Tiefen des
Wissens Satans erweckt ist. Vom
Offenbarwerden Christi wird auch folgerich-
tiger Weise der Begriff der Kirche als einer
nur mystischen Gemeinschaft durchbrochen.
Sie ergreift innerlich notwendig alle B e -
zirkeder Ordnungen. Auch die politi-
schen Ordnungen werden von ihr
transzendiert. Es gibt keine „Neutralität
des Politischen" mehr. Auch seine Sphäre
muß offenbar werden, und zwar wird
hier die Entscheidung vornehmlich beim Frak-
tor der Macht offenbar, die entweder legitim
aus göttlichem Ursprung oder aber falscher
Kult ist. Am politischen Sympthom als „kul-
tischem Objekt" entscheiden sich die Geister.
Das Offenbarwerden Christi verlangt die
Beendigung der Pluralismen des Politi-
schen im Sinne der metaphysischen Orientie-
rungslosigkeit. Die „Geheime Offenbarung
zeichnet hier mit seherischem Blick den Kampf
zwischen Babylon und Jerusalem, zwei Be-
griffe, mit denen die Entscheidung im Be-
reich des Politischen symbolisiert wird. Va«

bylon, die „Kurtisane" wird überwunden
durch den Logos, die Einfachheit und Ar-
mut der „Jungfrau" Jerusalem.
Nicht nur der dämonische Abgrund der
Welt, sondern auch das Schicksal und die
Verpflichtung der Gläubigen wird in
der Geheimen Offenbarung sichtbar. Ihr, der
Gläubigen OffenLarwerden geht mit Chri-
stus durch das Leiden und von ihm soll an-
scheinend niemand verschont bleiben. Aber
dieses Gekreuzigiwerden, das in der „Gehei-
men Offenbarung" so ergreifend dramati-
schen Ausdruck gefunden hat, ist eschatologi-
sches Leiden mit der Größe der Heilsgewiß-
heit, der Teilhaberschaft an der Herrlichkeit
unv dem Siege Jesu Christi. Der Begriff
des Märtyrers im Sinne der Offenbarung
begreift nicht einen abgeschlossenen Stamm,
sondern es sind, zum mindesten potentiell,
alle Gläubigen zum Märtyrertum verpflich-
tet. denn wie alle siegen müssen, so
müssen auch alle im leidenden Zeugnis für
Christus offenbar werden. Es gibt kein
privates Leben und Sterben
mehr: immer und im ganzen Umfang sind
wir aus dem Osfenbarwerden Christi ver-
bunden und verpflichtet.
Das Lhristsein ist also nach der grandiosen
und' realen Schau der „Geheimen Offen-
barung" keine leichte Sache. Wie ein feuriger
Hauch' der die letzten Kräfte erfaßt, wohl
dem Christen die Forderung der Geheimen
Offenbarung entgegen. Aber es ist auch so,
daß das Letzte im heiligen Gesang am kri-
stall-klaren Meere des Ozeans der Ewigkeit
aufklinat: als Lob des Menschen an Gott,
dessen Werke er dann in ihrer geschlossenen
Größe und Schönheit erfaßt, dessen Sieg
über den Satan im Kosmos er dann be-
greift daß keine bittere Klage mehr über
Leid und Tragik in ihm wachwerden kann.
So ist es ein dramatisch großes, in die Trüb,
sal der Reinigung hinabsteigendes und zu-
gleich zur Glorie der ewigen Befriedigung
hinaufdringendes Gebet, ein Ersehnen der
wirklich großen und letzten Dinge, wie sie in
der „Geheimen Offenbarung" uns ersichtlich
geworden sind, wenn wir sprecken: ^3u uns
komme dein Reich!"
 
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