Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

DOI issue:
Nr. 11 - Nr. 20 (14.Januar - 24. Januar )
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0183
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Gastspiel der Fralellim

Heidelberg, den 23. Januar 1935
Ausverkaufte Stadthalle, besetzt bis auf den
letzten Platz. „Kraft durch Freude" bat mit
Erfolg gearbeitet und die Freuds über die
volle Kasse wird auch wieder Kraft zu weite-
ren Taten geben Fabelhaft dieses Programm
und dieses Ensemble. Solche Eguilibrfftik wie
der „zwei Jupvels" wird man Men
sehen, spielend bewältigen sie die schwierigsten
nnd anstrengendsten Darbietungen, das sieht
alles so graziös und elegant aus, daß man
glaubt, das Gesetz der Schwere sei aufgeho-
hoben. Der leide/so früh verstorbene Rastel!i
hat in dem jugendlichen deutschen Meisten
jongleur „Gro stellt" einen Nachfolger ge-
funden, der ihn z. T. heute schon übertrifft
Und wie lustig er all diese Kunststücke mit sei-
nen Bällen ansführt, ein wirklicher Meister.
Die Gipfelleistung — nicht nur weil sie auf
einer 6 Meter hohen Plattform stattfand —
war die „atemberaubende Attraktion auf Rä-
dern" der zwei Rasso's mit ihrer fast un-
glaublichen Balanzierarbeit in schwindelnder
Höhe auf einem wippenden Fahrrad. Daß es
strotz dieser Fülle von erstklassigen Darbietun-
gen Frank Grigory mit seinem Antipoden-
Ak^ noch gelang, Stürme des Beifalls zu er-
zielen, beweist sein vollendetes Können. Das
Programm wui'de noch fast etwas zu sehr er-
weitert durch Walzer- nnd Grotesktänze, die

KamrMMWtrMll
örr SiknMrm
Man schreibt uns: Der Reichsbahn- Turn-
und Sportverein und die Fachschaft Reichs-
bahn Heetberg statteten am vergangenen
Sonntag ihren Mitgliedern urid Berufskame-
raden de^ Neckartals einen Besuch ab. Mit
klingendem Spiel und Trommelwirbel trafen
sie in der „Linde" in Lindach, dem Geburts-
haus unseres Reichsstatthalters ein. Dicht ge-
füllt waren der Saal und die Nebenräume,
als die Reichsbahnkapelle und der Jugmd-
spielmannszug die Veranstaltung mit flotten
Marfchweifen unter Haase's Leitung eröffnete.
Der Führer beider Gliederungen, Pg. H i I-
l e r, begrüßte die anwesenden Berufskame-
raden von Heidelberg bis Mosbach, die so
zahlreich «einem Ruf gefolgt waren, einen
Sonntag Nachmittag im Kameradschaftskreis
zu verbringen. Mit herzlichen Worten gab er
bekannt, daß dank der gemeinsamen Mithilfe
ein Werk un Entstehen begriffen ist, das zur
Förderung des Friedens und der Freunde
dienstbar sei. Wie die Frontkämpfer für ihre
Kameraden das letzre opferten, so sollten auch
die Eisenbahner, schaffend am größten Räder-
werk der Welt, das Beste für das Gesamtw chl
und Volksgemeinschaft opfern. Wenn jeder an
seinem Platz auf das Wohl der Verwaltung
bedacht ist, wird jedem Arbeitskameraden, ob
der Stirn oder Faust, die Segnungen ihm wie-
der zugutekommen. Die mit großem Beifall
aufgenommenen Worte, beendeten die Ehrung
der ArbeitIkameraden, die schon 25 bis 40

auf dem Programm nicht vorgesehen waren
und durch den Ansager Hans Kramer, der
sich als Rheinländer vorstellte und viel in
alten Witzen, Philosophie und „Gemüt" ,machte
— leider" fast immer unverblümt zweideutig.
Ein wirklicher Rheinländer braucht diese Re-
gister nicht zu ziehen, um zu wirken, lind ein
so erklassiges Ensemble mit den drei Fratel-
linis könnte nur zum Nutzen auf solche Aa-
sagereien inkl. Gcsmrg verzichten.
Ach so, die Hauptsache kommt ja noch: gegen
II Uhr im zweiten Teil traten die berühmten
3 Fratellinis auf. Daß sie spät erschie-
nen, nachdem das Publikum schon so viel
Hervorragendes und Lustiges gesehen hatte,
schwächte ihren Eindruck sicher etwas ab. Dazu
kam noch, daß die von der Komik beleuchtete
Tragik des Menschen, „die Philosophie der
Manege" und das Wesentliche der echten
Elownkunst, zurücktrat unter der Fülle von
z. T. sehr billigen Scherzen mtd etwas trivia-
len Grotesknummern. Ganz ausgezeichnet war
Gustavo als Violinspieler auf Besenstiel und
echter alter Meistergeige sowie Max und Gino
in dem musikalischen Trio. Der stürmische Bei-
fall galt allen auch der Musik unter Kapell-
meister Rose.
Bis der übliche Sturm auf die Garderobe
abgeebt war, tvar es fast Mitternacht. Wie ge-
sagt — ein bischen zu lang. „No, ja!"

Jahren ihren nicht leichten Dienst bei der
Eisenbahn versähen. Mit einem kräftigen Sieg-
Heil auf Führer und Volk fand der ernste
Teil des Nachmittags seinen Abschluß.
Im anschließenden gemütlichen Teil, zeigte
es sich, hervvrgegaubert durch die flotten Wei-
sen der Kapelle, gemeinsam aesungsner Hei-
matlieder und die durch die Jugend schneidig
vorgetragenen Fanfarensolis, daß auch die
Eisenbahner nach ihrem schweren Dienst fröh-
lich und lustig sein können. Die durch die Ka-
meraden Schneider und Zimmermann zum
Besten gegebenen humoristischen Vorträge wur-
den mit nicht endenwollendem Beifall aus-
genommen. Die ehemaligen Berufskameraden
Neureuther und der Vater unseres Reichsstatt-
halters wurden unter dem Leitwort: Ehret das
Alter! besonders geehrt.
Die Stunden der wahren Familienfeier ver-
flossen zu schnell; zu früh mußte der Heimweg
angetreten werden. Der gemeinsame nächtliche
Spaziergang nach Eberbach beendigte des fvo'he
und gemütliche Kameradschaftstreffen. Lu.

X Kulturkundgebung der HI. Am kommen-
den Sonntag, den 27. Januar, findet im großen
Saal der Stadthalle eine große Kulturkundge-
bung der Hitler-Jugend statt. Die Kundgebung,
wird eingeleitet mit dem chorischen Werk „Wir
jungen Werkleute". Dann sprechen der Präsi-
dent der Reichsrundfunkkammer, Pg. Horst
Dreßler - Andreas, und der Abteilungs-
leiter R der RIF, Karl Lerff, über „Kul-
tur im jungen Deutschland".

Odiles
Dieser vorgestrige Abend des dritten
Symphoniekonzertes in der Stadt-
halle beanspruchte bei der Auswahl des
Programms: Herrn. Z i l ch e r : „Tanzfan-
tasie für Orchester" (op. 71), Rob. Heger:
„Verdi-Variationen für Orchester" (op. 23),
Louis Spohr: „Konzert für Violine mit
Orchester" Nr. 9 (op. 55) und Felix von
Weingartner: „Hammer-Klavier-So-
nate von Beethoven", für Orchester gesetzt,
das besondere Interesse der Hörer.
Wenn man den geschlossensten und über-
zeugend st en Eindruck voran setzen
will, so wird man die Verdi-Varia-
tionen vonHeger an erster Stelle nen-
nen müssen. Das einfache Thema „Andante
mosso quasi Allegretto" hat er in sieben
Sätzen mit klarer und reicher Bildungskraft,
immer in harmonischer Geschlossenheit durch-
geführt, abgewandelt. Dabei versteht er es,
bei aller Konsequenz der Thematik das
Klangbild sehr fein zu nüancieren und dem
Einzelinstrument die spielende Sprache zu
geben. Der Rhythmus seiner Sätze ist be-
wegt und voll, er erfaßt inerlich und erfüllt.
Besonders einprägsam und gesättigt in die-
sem Sinne war gleich die erste Variation
„Moderato marciale e energico" und dann
noch ganz besonders das „Allegro molto",
überzeugendste das „Lento melancolico", tief
empfunden das „Allegretto amabile". Man
durfte diesem zeitgenössischen Musiker — er
ist erster Kapellmeister der Berliner Staats-
oper — die volle Anerkennung zusprechen. —
Vorausgegangen war die „Tanzfantasie" von
Hermann Zilcher, die der Komponist sel-
ber dirigierte. Er hatte das Orchester sehr
gut in der Hand und ließ sein Werk in sicht-
licher Verbundenheit vor den Hörern, die
gerade ihm mit großer Erwartung gegen-
überstanden, erklingen. Wenn man den
Nachdruck auf die färben- und klangfrohe
Entfaltung der tänzerischen Phantasie legt,
also den Rahmen der Thematik in diesem
Sinne weit spannt, wird man sagen können,
daß sich Zilcher in dieser Art mit Meister-

schaft, mit spielerisch geübter und gut malen-
der Kunst hewährt hat. Einen einheitlichen
Eindruck kann man freilich nicht so leicht
feststellen. Neuromantische und klangimpres-
sionistische Züge sind feststellbar. Die
Wiedergabe, die von einer guten Einspie-
lung zeugte, fand das dankbare Interesse der
Hörer. — Louis Spohr zeigt in seinen
Piolinkompositionen zweifellos auch heute
noch ein anzuerkennendes Talent. Seine
Violinkonzerte 8, 7 und 9 haben sich in den
Konzertsälen gehalten. Die romantische Im-
pulsivität, die er dabei in die Sprache der
Violine hineingibt, fordert auf der anderen
Seite eine tiefe Auffassung und Griffigkeit
des Violinisten. In dem Konzert Nr. 9 ist
besonders das „Adagio" als künstlerisch rein
empfunden zu bezeichnen. Konzertmeister
Adolf Berg beherrschte in jedem Satz
die zumal im abschließenden „Rondo-Alle-
gretto" sehr schwierigen Griffe. Es wurde
ihm denn auch mit Üeberzeugung reiche An-
erkennung und starker Beifall seitens der
Zuhörer erwiesen.
Felix von Weingartner kam im
zweiten Teil mit seiner Bearbeitung der
„Hammer-Klavier-Sonate" von Beetho-
ven Ku Gehör. Er hat sich selber zu dem
Wagnis der Orchestrierung dieser Sonate,
die Beethoven ausdrücklich für das „Hammer-
klavier" bestimmt hat, geäußert. Er glaubt,
durch die Setzung für Orchester die abgründi-
gen Ausmaße, die diese Sonate hat und die
nach feiner Meinung durch das Klavier allein
nicht ausgedrückt werden können, in dieser
Weise musikalisch gestaltet zu haben. Der Ein-
druck, den man gewann, war der, daß es
sich hier zwar um eine recht 'gute Instrumen-
tierung handelt, womit aber nicht gesagt sein
soll, daß damit Beethoven in der Größe seines
musikalischen Willens endgültig ergänzt und
gedeutet wäre. Freilich ist die Ächtung vor der
Diktion Beethovens und die Anpassung an
sie unverkennbar und aus dieser Achtung ent-
stand denn doch eine n i ch t - Beethoven'sche
Schöpfung, die zweifellos, wenn man sie
für sich als neues Werk betrachtet,
einem Nachgeordneten Künstler alle Ehre
macht. Das städt. Orchester zeigte sich 'durch-
gehend auf gewöhnter Höhe. —er.


wie man es immer wieöer fleht

„Freut Euch
-es Lebens!"
rüst ein schönes Lieö.

WWW
 
Annotationen