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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
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Pfälzer Note_Mittwoch, 27. Februar 1S3S _ 7v. Jahrgang / Ar. 49

Sitzung des ^eichskabinetts

Zahlreiche neue
Reichsgesetze erlassen
DNV Berlin, 27. Febr.
Das Reichskabinett genehmigte in seiner
gestrigen Sitzung zunächst die vom Reichs-
minister des Auswärtigen vorgelegte Bekannt-
machung über die Vereinbarungen und Erklä-
rungen aus Anlaß der Rückgliederung
des Saarlandes. Es handelt sich hierbei
um die bereits im Wesentlichen bekannten Ab-
kommen von Rom, die insbesondere auch die
Uebertragung des Eigentums an den Saargru-
ben. Eisenbahnen usw. und die Regelung der
Währungs-, Schulden- und Versicherungsfragen
enthält.
Weiter verabschiedete das Reichskabinett die
vom Reichsjustizminister vorgelegte neue
Vergleichsordnung, die die Mängel der
geltenden Vergleichsordnung beseitigt und die
ganze Materie einer gründlichen Umgestaltung
unterwirft. Hierdurch werden unwürdige
Schuldner wirksamer als bisher vom Vergleichs-
verfahren ferngehalten und die Versuche einzel-
ner Gläubiger, sich auf Kosten der Mitbürger
Sondervorteile zu verschaffen, nachdrücklichst
unterbunden.

Angenommen wurde ein Gesetz über die Be-
seitigung der Eerichtsferien, ein
Gesetz über den Waffengebrauch der
Forst- und Jagdschutzberechtigten sowie der
Fischereibeamten und Fischereiaufseher, weiter
ein zweites Gesetz zur Aenderung des Kraft-
fahrzeugs^ uergesetzes, wodurch eine
weitere steuerliche Begünstigung für Personen-
und Lastkraftwagen eintritt, insbesondere durch
eine Bevorzugung der Kraftwagen, die mit
nichtflüssigen Triebstoffen getrieben werden.
Verabschiedet wurde ein Gesetz über die Ein-
führung eines Arbeitsbuches, durch das
ein einheitlicher amtlicher Ausweis über die
Berufsausbildung und die berufliche Entwick-
lung der Arbeiter und Angestellten geschaffen
wird.
Das Gesetz zur Aenderung des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb
schafft die Voraussetzungen für eine wirksamere
Bekämpfung des Schwindels bei Ausverkäufen.
Ein Gesetz zur Aenderung des Handels-
gesetzbuches erleichtert insbesondere die
Vareinzahlung bei Einlagen durch Zulassung der
Ueberweisung auf das Bankkonto.
Das Gesetz zur Befriedigung des Bedarfs
der Landwirtschaft an Arbeits-
kräften schafft für die Zukunft die Möglich¬

keit, landwirtschaftl. Arbeitskräfte aus berufs-
fremder Tätigkeit abzulösen und der Landwirt-
schaft wieder zuzuführen.
Durch ein vom Reichswirtschaftsminister vor-
gelegtes Gesetz wird der Uebergang des
Bergwesens auf das Reich eingeleitet.
Dieses Gesetz, das eine vermögensrechtliche Aus-
einandersetzung noch nicht bringt, aber bereits
die Berghoheit und die Bergwirtschaft zu einer
Neichsangelegenheit macht und die Landesberg-
behörden dem Reichswirtschaftsminister unter-
stellt, ist als der Vorläufer eines Reichsberg-
gesetzes anzusehen.
Durch ein Gesetz über die Gewährleistung für
den Dienst von Schuldverschreibungen
der Konversionskasse für deutsche Auslandsschul-
den wird eine Regelung getroffen, durch die
diese Schuldverschreibungen zukünftigen Be-
schränkungen durch die Devisengesetzgebung nicht
unterliegen sollen.
Schließlich verabschiedete das Reichskabinett
ein Gesetz zur Aenderung des Finanz-
ausgleiches, durch das die Anteile der Län-
der an der Einkommensteuer, der Körperschafts-
steuer und der Umsatzsteuer gekürzt werden,
wenn diese Steuern gewisse Beträge über-
schreiten.
(Einzelheiten zu den neuen Gesetzen siehe Seite 2)

Simons Reise nach Berlin

Ende nächster Woche?
DNV. London, 26. Febr.
„Preß Association" berichtet, daß der Zeit-
punkt für Len Besuch Sir John Simon in
Berlin noch nicht endgültig festgelegt sei, daß
dieser Besuch ober wahrscheinlich etwa Ende
der nächsten Woche stattfinden werde.
Im Unterhaus erklärte am Dienstag der
Lordsiegelbewahrer Eden, er könne nicht
sagen, ob beabsichtigt sei, den Staatssekretär
des Aeußern bei seinem Berliner Besuch durch
einen weiteren Minister begleiten zu lassen.
Laval vor dem Mimsterrat
Paris betont den Grundsatz der Gleichzeitigkeit
der Londoner Vorschläge
DNB- Paris, 26. Febr.
In gewöhnliche gutunterrichteten politischen
Kreisen wird bekannt, Laß sich der außenpoli-
tische Bericht Lavals vor dem Ministerrat
auch auf die kommenden deutsch-englischen
Verhandlungen bezogen hat.
Man unterstreicht, Lag" England zwar in eine
Zwiesprache mit Deutschland eingewilligt habe,
daß vorher aber der englische Außenminister
die Gelegenheit seiner Anwesenheit in Paris zu
einer Begegnung mit dem französischen Außen-
minister benutzen werde. Die belLen Außen-
minister werden sich bei einem Frühstück in der
britischen Botschaft treffen. Ihre Begegnung
soll mehr den Charakter eines freundschaft-
lichen Meinungsaustausches als den einer rich-
tigen Besprechung haben.
Man glaubt in Paris sagen zu können, daß
die französische und die englische Regierng da-
rin einig seien, den Grundsatz der Gleich-
zeit i g k e i t der Londoner Vorschläge vom 3.
Februar entschieden aufrecht zu erhalten. Diese
grundsätzliche Uebereinstimmung lasse jedoch den
britischen Unterhändlern bei ihren Verhand-
lungen mit Deutschland volle Vewgeungsfrei-
heit, da die Pariser Regierung den Verfahrens-
fragen nur nebensächliche Bedeutung beimesse
und im übrigen der Londoner Regierung vor-
schlage, die Stellungnahme vom 3. Februar zu
wahren. K l e i ch z e i t i g k e i t b e d e u t e, daß
alle Verhandlungen über die Londoner Vor-
schläge zum Abschluß gekommen sein müssen.
Eine besondere Reihenfolge für die Verhand¬

lungen sei dagegen nicht vorgesehen. Ange-
sichts der Einstellung der deutschen Regierung
sei vorauszusehen, daß bei den Berliner Ver-
handlungen Sir John Simon wahrscheinlich den
geplanten Luftpakt an erster Stelle er-
örtern werde. In Paris halte man aber auch
an dem Ost pakt und an der Mehrseitigkeit
des gegenseitigen Beistandes fest. Daher werde
sich die französische Regierung vor allem mit
der Verwirklichung dieses Paktes beschäftigen,
der sie mehr unmittelbar angehe als das eng-
lische Kabinett, da England an ihm aus alle
Fälle nicht teilnehmen werde.
General Weygand
will Privatmann sein
DNB. Paris, 26. Febr.
Der frühere Generalissimus General Wey-
gand ist von einer mehrwöchentlichen Reise
nach Nordafrika zurückgekehrt. Bei seiner An-
kunft in Marseille erklärte der General, er habe
zwischen seinem militärischen Leben und sein
nunmehr beginnendes bürgerliches Leben eine
Zwischenzeit einschalten müssen und dies in
Form einer Mittelmeerreise getan, bei der er
auch seinen in Marokko in Garnison liegenden
Sohn besucht habe. General Weygand fügte
hinzu, er hege keinerlei ehrgeizige Pläne und
er sei garnicht in die Lage versetzt worden, das
Amt eines Eeneralresidenten in Marokko oder
eines Generalgouverneurs von Algerien abzu-
lehnen, denn diese Posten seien ihm überhaupt
nicht angeboten worden. Er selbst habe übri-
gens niemals daran gedacht. Nach seiner Rück-
kehr nach Paris werde er seine Zeit geschicht-
lichen Studien widmen. Auf die Frage eines
Journalisten, wie es mit der Einführung einer
zweijährigen Dienstzeit stehe, antwortete Gene-
ral Weygand: Vor meinem Abschied aus der
Armee habe ich der Regierung in einem Schrei-
ben meine Ansicht darüber ausgedrückt und habe
dazu nichts mehr hinzuzusügen. Fragen Sie
mich nicht weiter danach.
Frhr. von Rechenberg ch
DNV- Berlin, 26. Febr.
Dienstag vormittag starb in Berlin an den
Folgen eines schweren Verkehrsunfalls der frü¬

here Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Wirkl.
Geheimrat Albrecht Freiherr von Rechen-
berg. Er war am Samstagabend von einem
Straßenbahnwagen umgerissen worden und
hatte dabei eine Gehirnerschütterung und einen
Schädelbruch davongetragen. Freiherr von
Rechenberg war als Kolonialbeamter von 1893
bis 1900 in Ostafrika tätig. Dann ging er als
Konsul nach Moskau und anschließend als
Generalkonsul nach Warschau. Im Jahre 1906
wurde er als Gouverneur nach Deutsch-Ostafrika
berufen, wo er bis 1912 erfolgreich wirkte.
Seine Eingeborenenpolitik trug wesentlich zur
baldigen Befriedigung der Kolonie bei. Nach
seiner Rückkehr aus Deutsch-Ostafrika widmete
er sich vorwiegend wirtschaftlichen und wissen-
schaftlichen Studien. Während des Krieges war
er Abgeordneter der Zentrumspartei. Mit
Gouverneur Solf gründete er die Deutsche Ge-
sellschaft 1914. Er war auch eine Zeitlang in
der Weltwirtschaftlichen Gesellschaft tätig.
Vergnügungsdampser
im Sturm gekentert
Newyork, 26. Febr.
In der Nähe der Küste von Santa Lucia im
Karibischen Meer ist ein überfüllter Vergnü-
gungsdampfer im Sturm gekentert. Sechs Passa-
giere ertranken, während 22 noch vermißt wer-
den. 74 Passagiere und Besatzungsmitglieder
wurden gerettet.
In der Nähe von New Orleans kenterte im
Sturm ein Fischerboot. Zwei Fischer ertranken,
während zwei noch vermißt werden.
Dank des ReWarbettssührers
DNB. Berlin, 26. Febr. Neichsarbeitsführer
Hier! veröffentlicht folgendes Dankschreiben:
„Zu meinem 60. Geburtstag sind mir in über-
aus großer Zahl Glückwünsche zugegangen. So-
wohl von Angehörigen des Arbeitsdienstes, von
ehemaligen Arbeitsmännern und Eltern, als auch
von Parteigenossen und Volksgenossen aller
Stände empsing ich Beweise treuen Gedenkens,
die ich freudig hingenommen habe als ein Zei-
chen dafür, daß sich der Arbeitsdienst die Herzen
des ganzen Volkes erobert hat.
Es ist mir bei der Fülle dieser Freundschafts-
beweise unmöglich, jedem Einzelnen persönlich zu
danken, wie ich es gern möchte. Ich bitte daher
alle, die an mich dachten, auf diesem Wege
mernen und des Arbeitsdienstes Dank entgegen-
nehmen zu wollen. aez. Hierl".

Die Befreiungsfeiern
Das Saargebiet rüstet
DNV. Saarbrücken, 27. Febr.
Im Saargebiet rüstet alles zu den großen
Vefreiungsfeiern. In Saarbrücken werden
große Tribünen aufgeschlagen, von denen aus
die Ehrengäste den großen Aufmarsch miterle-
ben sollen. Vor dem Regierungsgebäude, vor
dem an beiden Tagen die Großkundgebungen
stattfinden, werden riesige Lautsprecheranlagen
eingebaut und Vorkehrungen für die festliche
Beleuchtung getroffen. Ueber das Programm
der Feiern werden jetzt weitere Einzelheiten
bekannt, die sich besonders auch auf die Ort-
schaften außerhalb Saarbrückens beziehen. Am
1. März erfolgt bei Sonnenaufgang Kranz-
niederlegung an allen Kriegerdenkmälern durch
Vertreter der Deutschen Front. Um 8 Uhr fin-
det in allen katholischen und evangelischen Kir-
chen ein Dankgottesdienst statt. Ab 9.30
Uhr stehen in sämtlichen reichsdeutschen Grenz«
! Ortschaften des Saargebiets die national-
sozialistischen Formati onen bereit, dis
10.15 Uhr im Augenblick der FlaggenhissunH
vor der Regierungskommission in das Saar«
gebiet einmarschieren werden. Wenn die Ko-
lonnen auf saardeutschem Boden anlan-gen,
machen sie einen Augenblick Halt, um ein Sieg-
heil auf den Führer auszubringen und di«
Nationalhymnen zu spielen.
In allen Ortschaften des Saargebiets stehen
um 10.15 Uhr die Einwohner unter Beteiligung
von Musik und Spielmannszügen bereit, um an
der F l a g g e n h i s s u n g vor dem Rathaus
oder sonstigen öffentlichen Gebäuden teilzuneh-
men. Die Uebertragung der Regierungsgewalt
an den Neichskommissar Bürckel wird durch
Rundfunk auf alle Plätze und Gaststätten des
Saarlandes übertragen. Nach der Uebergabe er-
tönen Sirenen, es setzt ferner ein einstündiges
Glockengeläut ein. Der große Aufmarsch
in Saarbrücken wird von 13.00 bis 13.30
und von 14.30 bis 15.00 Uhr auf alle Plätze im
Saargebiet übertragen. Für den Nachmittag
sind große Platzkonzerte und Volks-
feste vorgesehen. Die Polizeistunde ist für den
1. März überall aufgehoben. Der Vefreiungs-
tag ist im ganzen Saargebiet arbeitsfrei,
die ausfallenden Löhne werden von den Arbeit-
gebern bezahlt.
Teilnahme der Bischöfe von Trier und Speyer
Saarbrücken, 26. Febr. Anläßlich der feier-
lichen Uebergabe der Verwaltung des Saarge-
biets an das Reich werden auch die beiden
! Diözesanbischöfe Dr. Franz Rudolf Borne-
wasser von Trier und Dr. Ludwig Seba-
stian von Speyer in Saarbrücken weilen.
Ami. Mrz OLlhr
Im Verordnungsblatt der Regie-
run g s k o m m i s s i o n wird die Abrede zwi-
schen der Saarregierung und der deutschen Re-
gierung über die Ueberleitung der Verwaltung
des Saargebietes veröffentlicht.
Die Verwaltung des Saarlandes geht am 1.
März 1935 um 0 Uhr auf die deutsche Regierung
über.
Die deutsche Regierung übernimmt mit dem
1. März 1935 alle Aktiven und Passiven der Re-
gierungskommission des Saargebiets einschließ-
lich aller Sonderfonds und aller Forderungen
und Verpflichtungen.
Die deutsche Regierung tritt mit dem 1. März
in die von der Regierungskommission übernom-
menen Verträge ein.
Die Regierungskommission erklärt, daß es sich
dabei um regelmäßige, im Rahmen einer wirt-
schaftlich zulässigen Verwaltung abgeschlossenen
Verträge handelt.
Die von den Gerichten des Saarlandes ein-
schließlich der Verwaltungsgerichte ergangenen
rechtskräftigen Entscheidungen werden so be-
handelt, als wären sie rechtskräftige Entschei-
dungen deutscher Gerichte. Die durch von der
Regierungskommission oder den Verwaltungs-
behörden des Saarlandes im Verwaltungsweg«
getroffenen Anordnungen entstandenen Rechte
werden so aufrechterhalten und behandelt, als
 
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