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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
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Pfälzer Zote

Freitag, 22. Februar 19ZS_70. Jahrgang / Ar. 45


V


des
den
des

Verschiedene Vorkommnisse lassen erkennen,
daß die Bedeutung einer Tarifordnung
bei Unternehmern und Gefolgschaft noch immer
nicht genügend erkannt worden ist. Der stän-
dige Vertreter des Treuhänders der Arbeit für
das Wirtschaftsgebiet Nordmark, Dr. Der«
lien, stellt deshalb in den Veröffentlichungen
der Deutschen Arbeitsfront nochmals fest, daß
Tarifordnungen keine Tarifverträge, sondern
Mindestbedingungen sind. Die Tarifordnungen
seien nicht erlassen, um geschäftstüchtigen Be-
triebsführern und findigen Betriebssyndici Ge-
legenheit zu geben, sich klassenkämpferisch zu be-
tätigen. Kaum sei eine Tarifordnung erlassen,
so werde sie von solchen Betriebsführern dar-
aufhin durchsucht, was dabei auf Kosten der Ge-
folgschaft herauszuschlagsn sei. Dieses Verfah-

der
auf
ab-

Automobil zurllckgelegt. Die beiden Wagen
österreichischen Regierungsvertreter waren
dem Bahnhof Verneuil vom Arlberg-Expreß
gehängt und nach dem Bahnhof Reuilly geleitet
worden. Der österreichische Gesandte in Paris,
Egger-Möllwald, war den Ministern bis Troyes
entgegengefahren.
Inzwischen war die Zahl der vor dem Pariser
Ostbahnhof aus Vorsicht Feftgenommenen auf
800 gestiegen.

wurden die Mittel beschafft, die zur Einlösung
der 6(7)pro. Anleihe des Deutschen Reiches von
1929, soweit sie nicht in die 4proz. Anleihe des
Deutschen Reiches von 1934 umgetauscht ist. er-
forderlich waren Dieie Ausgaben sind erledigt.
Inzwischen sind neue kreditpolitische Maßnahmen
notwendig geworden. Die Reichsregierung hat
in den beiden Jahren seit der Machtübernahme
zur Behebung der Arbeitslosigkeit Maßnahmen
ergriffen, die zunächst kurz- und mittelfristig
finanziert worden sind Es soll nunmehr eine
Konsolidierung dieser Schulden erfolgen.
Ferner werden Ausgaben, insbesondere im
Zusammenhang mit dem Ausbau der deutschen
Rohstoffwirtschaft entstehen. Zur Finanzierung
dieser Ausgaben, deren Höhe sich im voraus
nicht voll übersehen läßt, bedarf es einer neuen
Ermächtigung für den Reichsminister der Finan-
zen zur Beschaffung von Mitteln im Wege
Kredits. Die Höhe des Kredits wird durch
Führer und Reichskanzler auf Antrag
Reichsministers der Fianzen bestimmt.

reu könne nicht scharf genug gebrandmarkt wer-
den. Tarifordnungen seien Mindestbedingungen,
die die Unternehmer verpflichten, darüber nach-
zudenken, wieweit in ihrem Betriebe zur Er-
füllung des Leistungsprinzips bessere Arbeits-
bedingungen möglich sind, als dies in der Tarif-
ordnung, die immer auf das unterste Niveau
abgestellt werde, vorgesehen sei. Es könne nicht
zugelassen werden, daß Unternehmer diese ihnen
durch den Nationalsozialismus wiedergegebene
Freiheit in egoistischer Weise dazu benutzen, um
die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Dies
gelte nicht nur für die Lohn- und Gehaltssätze,
sondern auch für die Ueberstundenregelung,
Kündigungsvorschriften und Urlaubsstimmun-
gen. Jeder Betriebsführer müsse es sich in
freier Selbstverantwortung zur Ehre anrechnen,
in seinem Betriebe Arbeitsbedingungen festzu-
setzen, die über die Mindestregelung einer Tarif-
ordnung hinausgehen.

DNV Berlin, 21. Febr.
Die Neichsregierung hat das folgende
Gesetz beschlossen, das im Reichsgesetzblatt
Nr. 16, vom 20. Februar, verkündet wird:
Der Reichsminister der Finanzen wird er-
mächtigt, im Wege des Kredits Mittel zu be-
schaffen, deren Höhe der Führer und Reichskanz-
ler auf Antrag des Reichsministers der Finan-
zen bestimmt-
Berlin, 19. Februar 1935.
Der Führer und Reichskanzler:
Adolf Hitler.
Der Reichsminister der Finanzen:
Graf Schwerin von Krosigk.
*
Dazu wird mitgeteilt:
Durch das Reichshaushaltsgesetz für das Rech-
nungsjahr 1934 sind dem Reichsminister der
Finanzen zwei Kreditermächtigungen erteilt
worden. Davon diente die eine dazu, den Fehl-
betrag des Rechnungsjahres 1933 zu finanzie-
ren. Aufgrund der anderen Kreditermächtigung

Tarifordnungen
sind Mindestbedingungen!

Frankreich und die Sowjets
„Die Freunde Frankreichs können nur schwer
verstehen..."
DNV. Genf, 21. Febr. Die im Grunde fran-
zosenfreundliche „Gazette de Lausanne"
wendet sich im Leitartikel gegen die Bindung
Frankreichs an die russische O st p a k t p o l i t i k.
Das Blatt erinnert an die Erfahrungen der
Vorkriegszeit und stellt Vergleiche mit der
Gegenwart an. Es vertritt dabei die Ansicht,
daß die zaristische Politik Frankreich in den
Weltkrieg hineingeführt habe und daß es für
russische Interessen damals die Blüte seiner
Jugend geopfert habe. Das bolschewistische Ruß-
land fühle sich durch keinen Vertrag mit kapita- '
listischen Mächten gebunden. Kein intelligenter,
Franzose könne annehmen, daß Sowjetrußland -
sich im Falle der Gefahr wirklich für Frankreich
einsetzen werde. Auf der anderen Seite aber
könn«. Frankreich durch dieses enge Zusammen-
gehen mit den Bolschewisten und vor allem durch

Die neue Wehrvsrlsge
der Schweiz
DNV. Basel, 21. Febr. Der kommende Sonn-
tag ist in der Schweiz ein Abstimmungstag erster
Ordnung. Es geht um die neue Wehrvorlage,
zu der das Volk ja oder nein zu sagen hat. Die
Vorlage bezweckt eine Verlängerung der Ausbil-
dungszeit an den Rekruten um 12 bis 23 Tage
und zwar von 67 auf 90 Tage bei der Infante-
rie, von 77 auf 90 Tage bei der Artillerie und
von 92 aus 104 Tage bei der Kavallerie. Die
Vorlage bildet den Abschluß der vor Jahresfrist
beschlossenen Neuordnung der Armee, die ent-
sprechend den Anforderungen einer modernen
Kriegsführung eine bessere Bewaffnung und
eine neue Truppenordnung erfährt. Die Mehr-
kosten für den Bund belaufen sich auf 1/4 bis 2
Millionen Franken, während die Neuausrüstung
mit Waffen, Gasmasken usw. auf etwa 100 Mil-
lionen Franken zu stehen kommt.

Erteilung von Kredilermächtigung

langen. Im übrigen sei der Ostpaktplan heute
schon für Frankreich unbequem und hemmend.
Es habe sich in sehr unvorsichtiger Weise darauf
eingelassen, und wenn es sich jetzt zurückziehen
wolle, so werde Rußland es ihm nicht mehr er-
lauben können. Sowjetrußland hätte so den
stärksten Einfluß auf die Entschließungen der
französischen Politik gewonnen. Gegenwärtig sei
Frankreich nicht mehr in der Lage, frei mit
Deutschland über eine Bereinigung der
Gegensätze zwischen den beiden Ländern zu ver-
handeln, da Deutschland, wie seine Antwort
zeige, sich auf den Ostpakt nicht einlassen wolle.
Die Freunde Frankreichs, so schließt die „Gazette
de Lausanne", könnten nur schwer verstehen,
warum sich nicht eine gewaltige Gegenbewegung
gegen diese Politik zeigt, gegen eine Politik, die
den Franzosen jede Handlungsfreiheit nimmt
und sie vor vollzogene Tatsachen stellen kann, die
den französischen Interessen widersprechen.
Ankunft Schuschniggs in Paris
Von einer Vorortsstation aus im Auto
eingctroffen
DNV- Paris, 22. Febr.
Bundeskanzler Schuschnigg und Außen-
minister Berger-Walde ne gg stiegen um
21.20 Uhr auf dem Vorortbahnhof Reuilly aus
dem Zug und wurden vom Ministerpräsidenten
Flandin und Außenminister Laval empfan-
gen. Sie haben die Weiterreise nach Paris im

DNV. Paris, 21. Febr. Außenminister Laval den Ostpakt selbst in die gefährlichste Lage ge-
empfing am Donnerstag vormittag den deutschen
Botschafter Roland Koste r, den polnischen Bot¬
schafter Chlapowski und den italienischen
Botschafter Grafen Pignatti. Obgleich über
den Gegenstand der Unterredungen eine amtliche
Verlautbarung nicht veröffentlicht worden ist,
geht man wohl nicht in der Annahme fehl, daß
e* sich um Fragen gehandelt hat, die in engem
Zusammenhang mit der Londoner Erklä¬
rung und den bevorstehenden Ver¬
handlungen stehen.
In diesem Zusammenhang spricht man in
französischen politischen Kreisen sehr viel von
einer Reise Sir John Simons nach
Berlin. Man rechnet allgemein damit, daß
der englische Außenminister demnächst Berlin
besuchen wird und hält es sogar nicht für un¬
wahrscheinlich, daß er die Gelegenheit benutzen
wird, um seine Reise bis nach Moskau aus¬
zudehnen. Feststehende Beschlüsse in dieser Rich¬
tung sollen jedoch noch nicht gefaßt worden sein.
Wie in gutunterrichteten diplomatischen Krei¬
sen verlautet, bestätigt es sich, daß die Mos¬
kauer Regierung den englischen Außen¬
minister ebenfalls eingeladen hat, der sowjet¬
russischen Hauptstadt einen Besuch abzustatten.
Im Zusammenhang mit den Unterredungen
des französischen Außenministers mit den aus¬
ländischen Diplomaten, die den bevorstehenden
Verhandlungen gegolten haben dürften, wird in
Paris vor allem darauf hingewiesen, daß nicht
nur das Londoner Kabinett, sondern auch die
russische Regierung die Londoner Erklärung als
ein untrennbares Ganzes betrachte. In Paris
hat man auf diesen Punkt besonderen Wert ge¬
legt, während man sich auf eine bestimmte
Reihenfolge der Verhandlungen nicht festgelegt
hat. Man will nur daran festhalten, daß die
Einzelverhandlungen zu einem gleichzeiti¬
gen Ergebnis führen und daß das Inkraft¬
treten der etwa zustandegekommenen Einzelab¬
kommen von der endgültigen Einigung über den
gesamten Fragenkomplex abhänge. Die von der
englischen Presse wiedergegebene Absicht Sir
John Simons, im Falle eines Besuches in Ber¬
lin seine Reise bis nach Moskau und evtl, bis
Warschau auszudehnen, würde in Paris begrüßt
werden, wenn sie ausgeführt werden sollte. In
politischen Kreisen betont man in diesem Zu¬
sammenhang, daß Frankreich durch starke Bande
mit Polen und Rußland verknüpft sei und es
daher nur begrüßen könnte, wenn der Vertreter
einer anderen befreundeten Großmacht dort einen
Besuch abstatte. Im übrigen würde der Besuch
des englischen Außenministers in den interessier¬
ten Hauptstädten nach Ansicht französischer Kreise
den allgemeinen Charakter des Londoner Ab-
kommens noch verstärken.

Botschafterempfang bei Laval
Sir John Simon von der Moskauer Regierung eingeladen

Sie vormilitärische
Ausbildung in Frankreich
(Von unserer« Berliner Vertreter)
Während Deutschland durch den Vertrag von
Versailles jede vormilitärische Ausbildung sei-
ner Jugend verboten worden war, wandte die
Mehrzahl der Großmächte Europas, aber auch
viele anderen größeren und kleineren Staaten
der Welt, der vormilitärischen Erziehung die
größte Aufmerksamkeit zu.
Ziel und Aufgabe ist dabei die Erhöhung der
körperlichen Leistungsfähigkeit des ganzen Vol-
kes, Weckung und Stärkung des Interesses und
Verständnisses für die Landesverteidigung bei
der Jugend, Schaffung eines Ausgleichs für die
Verkürzung der aktiven Dienstzeit und Bereit-
stellung eines einigermaßen schon vorgebildeten
Ersatzes für den Kriegsfall.
Bei näherer Prüfung des Charakters der vor-
militärischen Ausbildung der einzelnen Staaten
tritt selbstverständlich das Ueberwiegen oder
Zurücktreten des reinmilitärischen Charakters
der Ausbildung jeweils in die Erscheinung. In
der letzten Ausgabe des vom Völkerbund her-
ausgegebenen „Annuaire militaire" (Genf 1934)
stellen wir fest, daß von den darin genannten 64
Staaten 23 vormilitärische Ausbildung haben.
Diese Zahl dürfte aber kaum Anspruch auf Voll-
ständigkeit erheben, da allem Anschein nach eine
Reihe von Staaten ihre mehr oder weniger vor-
militärische Ausbildung der Jugend nicht in
ihrem für den Völkerbund bestimmten Bericht
angeführt oder erst nach Herausgabe des „An-
nuaire militaire" von 1933/34 eine solche einge-
richtet haben.
Die vormilitärische Erziehung Frankreichs
gliedert sich in eine elementare und eine höhere
(prspsssllon slömSntsirs und pi-SpZsStion
supsusurs). Die erstere untersteht einem seit
Ende 1928 neuegebildeten Unterstaatssekrerariat
für nationale Erziehung (für körperliche Ertüch-
tigung), die zweite jedoch dem Kriegs niniste-
rir m selbst. Dieses hat aber auch aus die erst-
genannte Behörde einen weitgehenden Einfluß,
deren Ausbau zu einem Ministerium wieder-
holt in Erwägung gezogen wurde.
Der Gesetzentwurf über die pfl'chrmäßige
militärische Iugendausbildung ist vom Parla-
ment bisher erst noch beraten worden, wenn
auch schon in großem Umfange freiwillig dar-
nach verfahren wird. Von der eigentlichen vor-
militärischen Ausbildung unterscheidet man in
Frankreich — theoretisch wenigstens — die all-
gemeine körperliche Ertüchtigung Diese beginnt
sür Knaben und Mädchen mit dem vollendeten
6. Lebensjahr und erfolgt nach einheitlichen
Lehrplänen unter Leitung von geprüften Sport-
und Turnlehrern (moniisrs) in den Volks-,
Mittel- und Berufsschulen, in Vereinen und
Ausbildungskursen.
Die eigentliche Vorbereitung auf den Mili-
tärdienst beginnt bei der männlichen Jugend
mit dem 16. Lebensjahre und dauert bis zur
Einstellung in die Armee. Sie findet in drei
Stufen statt.
In der ersten Stufe (pnspwrsticm sptitucis
Sismsmsii-s) sollen sich die Teilnehmer soviel
militärische Fertigkeit aneignen, daß bei ihrer
Einstellung in die Armee ihre Einzelausbildung
schon abgeschlossen ist und mit der Gefechtsaus-
bildung begonnen werden kann.
In der zweiten Stufe (p-rspsi-stion miMslls
e!smSMsllS) sollen die jungen Leute soweit
ausgebildet werden, daß sie als Gruppenführer
verwendet und bald nach Diensteintritt zum
Unteroffizier befördert werden können. Denen,
welche das „bi-svsi" für beide Stufen erworben
haben, steht die Wahl des Truppenteils frei.
Die dritte Stufe (pi-spigi-ation rniMslls su-
pönsens) hat die Heranbildung zum Reserve-
offizier zum Ziel. Sie erfolgt auf den höheren
Schulen, Gymnasium, Universitäten usw. und
dauert zwei Jahre. Im ersten Jahr werden
alle Schüler als Infanteristen ausgebildet, mit
Beginn des zweiten erfolgt die Trennung nach
Waffengattungen je nach Lehrstoff der Schule
 
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