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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
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Stimatzeltuna mit den Settagen: Senntag der Seele / Lelmattvarte WssenlEast und Kunst / Aus der MU der Frau / Sie Lelettunde
Pfälzer Note Donnerstag, 28. Februar 1935 70. Jahrgang / Nr. so

Am Vortag der Gaarheimkehr
Oie feierliche Hiffung -er Michsflaggen am März K93S

Allgemeine deflaggung
im Reich
Etnstündiges Glockengeläut der Kirchen
DRV Berlin, 27. Febr. Reichsinnen-
minister Dr. Frick wird aus Saarbrücken um
10.15 Uhr vor der feierlichen Flaggenhissung
über den Rundfunk eine kurze Ansprache an das
deutsche Volk richten. Auf das hieauf folgende
Kommando: „Hißt Flagge!" erfolgt auch
im Reich die allgemeine Beflaggung. In dem-
selben Augenblick wird eine Verkehrs st Nie
von einer Minute eintreten. In der glei-
chen Zeit werden in ganz Deutschland die
Sirenen aller Fabriken und Schiffe ertönen.
Ebenso setzt zu dieser Zeit das einstündige Glok-
kengeläut der Kirchen ein.
*
Der gestrige 27. Februar war der vorletzte
Tag vor der Rückgliederung des Saargebiets an
Deutschland. Ueberall ist man emsig dabei, die
Ortschaften zu schmücken für die Feier der Rück-
gabe. Da hämmern auf dem Bahnhof Homburg
auf dem Dach einer Lokomotivhalle Eisenbahn-
arbeiter an einem großen Hoheitszeichen, an
anderen Stellen sind bereits an amtlichen Ge-
bäuden leuchtende Hakenkreuze und Lichtergir-
landen angebracht. Fahnenmaste erstehen in un-
gezählten Mengen, und viele Tausende sind mit
diesen Vorbereitungen beschäftigt. Bei der
Organisationsleitung im Lase Kiefer herrscht
Hochbetrieb. Ministerialrat Haegert und Ober-
regierungsrat Eutterer vom Propagandamini-
sterium sind dabei, die Anmarschstratzen festzu-
legen und die einzelnen Kundgebungen vorzu-
bereiten. Es ist eine Lis ins kleinste auszu-
tüftelnde Eeneralstabsarbeit, 500 000 Menschen
in einer Stadt unterzubringen, die nur 130 000
Einwohner hat. Noch schwieriger ist die Arbeit
des Quartieramts des Dr. Iven, alle die vielen
Gäste in Saarbrücken unterzubringen Sonder-
züge aus allen Teilen Deutschlands kommen,
dazu die Formationen, die einmarschieren, die
zahlreichen Beamten, die die einzelnen Behör-
den übernehmen, und dann als Ehrengäste der
Stellvertreter des Führers, Reichsminister Hetz,
Ministerpräsident Göring,-die Reichsminister Dr.
Goebbels und Seldte, viele Reichsstatthalter,
Reichsleiter der Partei, Gauleiter und Länder-
minister. Der Führer der Deutschen Arbeits-
front Reichsorganisationsleiter Dr. Ley, der
Führer des NSKK, Hühnlein, oer Reichs-
arbeitsführer Hierl und viele andere werden
ebenfalls im Saargebiet erwartet.
Alle Wälder im Saargebiet sind geplündert,
um genug Grün herzugeben für die Schmückung
der Orte. Nachdem, schon im Abstimmungskampf
eine Fülle von Tannengrün verbraucht wurde,
geht es nun scharf über die Tannenbestände des
Saargebiets her. Aber die Saarländer tun das
gerne; denn diese Feier der Heimkehr ins Reich
ist ihnen jedes Opfer wert. Die Stratzen Saar-
brückens sind bereits belebt von einer vieltau-
sendköpfigen Menge. Den ganzen Tag über war
goldener Sonnenschein, nur gegen abend begann
es leicht zu regnen.
Inzwischen werden in Schulen und Sälen
Massenquartiere, Strohsäcke und Stroh-
schütten, vorbereitet. Aus dem Bahnhof quellen
Stunde um Stunde neue Menschenmassen. Alle
Verkehrsmittel sind beansprucht. Alle Hotels
und Privatquartiere sind beschlagnahmt und be-
reits jetzt bis auf den letzten Platz belegt. Es
hat den Anschein, als ob die Feier des 1. März
die des 15. Januar noch bei weitem übertreffen
wird, obwohl es damals schien, datz dieser spon-
tane Jubel, diese spontane Freude eines befrei-

ten Volkes bereits einen Höhepunkt darstellte,
über den hinaus es nichts mehr an Freude
geben kann.
Glockenläuten am 1. März
Freiburg, 27. März.
Das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg hat
angeordnet, daß gemäß dem Ersuchen des Herrn
Reichs« und preußischen Ministers des Innern
vom 23. Febr. 1935 aus Anlaß der Uebernahme
der Negierungsgeschäfte im Saarland am Frei-
tag, 1. März d. Z., die kirchlichen Gebäude zu
beflaggen sind und daß während einer Stunde,
die durch die Reichsregierung bekanntgegeben
wird, in drei Absätzen mit den Glocken geläutet
wird.
*
Ter Flughafen in Saarbrücken kann
bis auf weiteres nicht angeslogen werden, da das
Rollfeld unter Wasser steht.
An den Uebergabefeierlichkeiten im Saar-
gebiet am 1. März wird die deutsche Polizei
durch Ehrenformationen beteiligt fein.

Die Saarablommen
vom Senat ratifiziert
DNB Paris, 27. Febr.
Der Senat hat die in Neapel abgeschlossenen
Abkommen über den Rückkauf der Saargruben
ratifiziert.
Der Berichterstatter des Auswärtigen Aus-
schusses, Le Trocquer, führte aus, der Wert der
Saargruben liege weit über dem Rückkaufs-
preis. Man dürfe aber die Schwierigkeiten und
die Enttäuschungen, die die Geschichte der Repa-
rationszahlungen kennzeichnen, nicht wieder er-
leben. Deshalb habe man eine Summe festsetzen
müssen, die auch restlos von Deutschland bezahlt
werden könne. Frankreich bringe gewitz ein
Opfer. Es habe sich aber letzten Endes von
seinem Friedenswunsch leiten lassen. Der Red-
ner zollte den Unterhändlern Anerkennung. Er
bezeichnete das Abkommen als eine Bestätigung
des französischen Willens, jeden Streit zwischen
Deutschland und Frankreich zu vermeiden.


Herabsetzung des Zinssatzes
aus 4,5 Prozent
DNB. Berlin, 27. Febr.
Die Reichsregierung hat das „Gesetz über
Zinsermäßigung bei den öffentlichen Anleihen"
beschlossen. Danach wird den Gläubigern von
mit 6 v. H. und höher verzinslichen Schuldver-
schreibungen und Schatzanweisungen der Länder,
Gemeindeverbände, Gemeinden und Zweckver-
bände mit verbindlicher Wirkung für die
Schuldner die Herabsetzung des Zinssatzes auf
4/4 v. H. jährlich mit Wirkung vom 1. April
1935 ab angeboten.
Das Angebot erstreckt sich nicht auf Auf-
wertungsschuldverschreibungen sowie auf im
Auslande gegebene Schuldverschreibungen, fer-
ner nicht auf Schuldverschreibungen und Schatz-
anweisungen, bei denen der noch ausstehende
Gesamtbetrag der Ausgabe in voller Höhe oder
zu mehr als 50 v. H. in den Kalenderjahren
1935, 1936 und 1937 fällig wird oder hinsichtlich
deren die Fälligkeit infolge Ablaufes eines
Stundungsabkommens im Kalenderjahr 1938
eintritt, weiter nicht auf Schuldverschreibungen
und Schatzanweisungen von Ländern, Gemeinde-
verbänden und Gemeinden, für die das Ange-
bot auf Umwandlung in Schuldverschreibungen
des Umschuldungsverbandes deutscher Gemein-
den abgelehnt worden ist. Für diese Schuld-
verschreibungen und Schatzanweisungen bleibt
eine besondere gesetzliche Regelung vorbehalten.
Schließlich erstreckt sich das Angebot auch nicht

auf Schuldverschreibungen und Schatzanweisun-
gen, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes
zur Rückzahlung im Kalenderjahr 1935 ausge-
lost worden sind. Das Angebot gilt als ange-
nommen, wenn es von den Gläubigern nicht
innerhalb einer Frist von 10 Tagen abgelehnt
wird. Den Gläubigern, die das Angebot an-
nehmen, ist von den Schuldnern eine einmalige
Entschädigung in Höhe von 2 v. H. des Nenn-
betrages der Schuldverschreibung zu zahlen. Die
Ablehnung des Angebots ist nur wirksam, wenn
sie bei dem Schuldner durch schriftliche Erklä-
rung des Gläubigers und unter Hinterlegung
der Schuldverschreibung oder Schatzanweisung
erfolgt. Den Gläubigern der Reichsschuldbuch-
forderungen, die aufgrund des Kriegsschäden-
schlußgesetzes vom 30. März 1928 und der Polen-
schädenverordnung vom 14. Iul.i 1930 in das
Reichsschuldbuch eingetragen sind und nach dem
31. Dezember 1937 fällig werden, wird die Her-
absetzung des Zinssatzes auf 414 v. H. mit Wir-
kung vom 1. April 1935 angeboten. Die Gläu-
biger, die das Angebot annehmen, erhalten am
15. April 1935 eine einmalige Entschädigung in
Höhe von 2 v. H. des Nennbetrages der Schuld-
buchforderungen in bar ausgezahlt. Der Ent-
schädigte, für den auf Ersuchen des Reichsent-
schuoigungsamtes oder des Polenschädenkommis-
sars Betrüge in das Reichsschuldbuch eingetra-
gen worden sind, die ihm ununterbrochen ge-
hört haben, erhält hieraus, sofern er das An-
gebot annimmt, auf Antrag vom 1. April 1935
ab für die Dauer seines Besitzes anstelle der
einmaligen Entschädigung zusätzlich 114 v. H,
Zinsen jährlich.

Die leitenden Persönlichkeiten
des Staates und der Partei
Zweite Verordnung zur Durchführung
des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf
Staat und Partei
DNB. Berlin, 27. Febr. In dem Reichsgesetz-
blatt wird die zweite Verordnung zur Durchfüh-
rung des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe
auf Staat und Partei und zum Schutze der Par-
teiuniform veröffentlicht.
Die Verordnung bestimmt, wer als leitende
Persönlichkeit im Sinne des Gesetzes anzu-
sehen ist.
Aufgrund des Paragr. 2 Abs. 4 des Gesetzes
gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Par-
tei und zum Schutze der Parteiuniformen vom
20. Dez. 1934 (Reichsgesetzblatt 1, S. 1269) wer-
den als leitende Persönlichkeiten im Sinne des
Paragr. 2 Abs. 1 de? Gesetzes bestimmt:
, 1. der Führer und Reichskanzler,

2. leitende Persönlichkeiten des Staates:
'I. die Reichsminister, die Reichsstatthalter, so-
wie die Vorsitzenden und Mitglieder der
Landesregierungen,
II. die Staatssekretäre des Reiches und der
Länder,
III. die preußischen Oberpräsidenten einschließlich
des Staatskommissars der Hauptstadt Berlin.
3. leitende Persönlichkeiten der NSDAP.,
I. die Reichsleiter,
II. die Gauleiter.

Ter Berichterstatter des ..Daily Herald" in
Bombay meldet, der Maharadscha von Patiala
habe ein Telegramm des Staatssekretärs für
Indien, Sir Samuel Hoare, erhalten, in dem
der Vorschlag gemacht wird, daß sofort eine Ab-
ordnung der Fürsten nach London
reisen möchte, um dort über die in Zusam-
menhang mit den Verfassungsgesetzen entstand
denen Schwierigkeiten zu beraten.

Oer Tag -er Heimkehr
Die Uebergabe des Saargebietes
an das Deutsche Reich
Wer hätte noch vor einem halben Jahr zu hof-
fen gewagt, daß schon am 1. März alle Glocken
im Saargebiet die Rückkehr in das Deutsche
Reich einläuten würden. Man rechnete mit weit-
aus längeren Uebergangsterminen, auch nach-
dem der Tag der Abstimmung feststand. Man
machte sich aus weitaus mehr Schwierigkeiten
gefaßt als tatsächlich vorhanden waren. Nur das
Volk im Saargebiet selbst hatte die unerschüt-
terliche Zuversicht auf eine baldige Rück-
kehr ins Reich. Sprach man mit den Menschen
kurz vor der Abstimmung, so sahen sie nur noch
I Tage zwischen der Abstimmung und der Rückkehr.
Diese starke Zuversicht hat sie nicht betrogen.
In den schweren Monaten vor der Abstim-
mung hat man die übermenschliche Disziplin
des Saarvolkes mit Recht immer wieder geprie-
sen. Wer fühlte sich nicht alles verpflichtet, sie
zum Ausharren zu ermuntern. Aber ein noch
größeres Lob sollte ihnen gespendet werden für
die Disziplin nach der Abstimmung, als die
Gefahr nahe lag, Heißsporne könnten sich für die
erlittene Unbill zu rächen versuchen. Diese Ge-
fahr ist noch nicht beseitigt, denn auch nach der
Ueberirahme der Verwaltung durch die deutschen
Behörden muß unter allen Umständen jeder
Racheakt, jede Gewalttat vermieden werden.
Haben wir es auch notwendig, das Andenken
dieses wunderbaren Sieges vom 13. Januar
durch eine Tracht Prügel, so verdient sie auch
immer sein mag, zu trüben? Die Rädelsführer
sind verschwunden, Irregeleitete blieben zurück.
Sie müssen in den Staatsverband eingegliedert
werden. Das kann nur durch Ucberzeugung ge-
schehen.
Ein gewaltiges Programm bringt der
1. März nicht nur für das Saargebiet, sondern
auch für das ganze Reich. Die Feiern haben doch
einen immerhin tiefen Unterschied gegenüber
jenem spontanen Freudenrausch, der die ganze
Nation am 15. Januar vereinte, um den über-
wältigenden Sieg des Gedankens der Zusammen-
gehörigkeit aller Deutschen zu feiern. Wenn das
Wort „spontan" jemals am Platze war, dann
damals. Was wir am 1. März feiern, ist da-
gegen so etwas wie ein Staatsakt, hat die
gleiche Bedeutung wie der 18. Januar etwa. Es
ist nach außen hin weit sichtbar die urkunden-
mäßige Rückkehr, die tatsächliche Machtergreifung
in einem Stück deutschen Volksbodens, das uns
fünfzehn Jahre lang vorenthalten wurde. Kein
Wunder, daß auch die Gedanken andere sind, die
uns hier bewegen als die am 15. Januar, wo
wir mit Stolz und Glück im Herzen, überwäl-
tigt von einem hohen Schwung des Hochgefühls
nationalen Stolzes, nur an die großen morali-
schen und ideellen Wirkungen dieses Tages für
die Zukunft der Nation und des deutschen Volks-
tums überhaupt dachten. Am 1. März dagegen
beschäftigen uns die Probleme des täg-
lichen Lebens, die Einordnung der zurück-
kehrenden 800 000 Deutschen in das Gefüge des
neuen Staates, Es wird mehr die Rede sein
von dem, was Deutschland tun kann, um den
Brüdern und Schwestern die Heimkehr so freund-
lich als nur möglich zu gestalten, um Hemmun-
gen aus dem Wege zu räumen, die unvermeidlich
erscheinen. Wenn Kinder zurückkehren in das
Elternhaus, das von Grund auf in den letzten
zwei Jahren erneuert worden ist, wird ihnen
zunächst manches fremd erscheinen, werden fis
Zeit brauchen, um sich einzugewöhnen, ihren
Platz im Haushalt einzunehmen.
Gauleiter Bürckel hat als Saarbevollmäch-
tigter mit eiserner Entschlossenheit dafür Sorge
getragen, daß seine Schutzbefohlenen von all
jenen Gefahren verschont bleiben, die wir. unter
dem Namen Bürokratie beinahe als unvermeid-
lich empfinden. Man muß sich immer wieder
überlegen, wie schwer es verwaltungstechnisch
sein wird, ein Land, in dem noch zum größten
Teil die Gesetze der Vorkriegszeit gelten, eine
Zeitspanne von fünfzehn Jahren entscheidender
Entwicklung überspringen zu lassen. Die Neu-
 
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