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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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MsrMalt un» Kunst / Aus brr Wrlt der Frau / Sir Lriessunbe

Wlzer Sole_ Mittwoch, 6. Jebmar 193S 70. Jahrgang / Ar. 31

//Gleichberechtigung in -er Sicherheit"

Alanbms Rundfunkrede
DNV. Paris, 5. Febr.
Zn seiner Rundfunkansprache an das
französische Volk will Ministerpräsident Flan«
din, wie er eingangs erklärte, so klar wie mög-
lich den Geist und die Tragweite der Londoner
Ergebnisse darlegen. Wir wissen alle, so erklärte
er, daß Deutschland seit einigen Zähren seine
Rüstungen erheblich erhöht hat. Es hat sich prak-
tisch von einem Teil der ihm vom Versailler
Vertrag auferlegten Verpflichtungen freigemacht.
Sie werden verstehen, daß ich mich darauf be-
schränke, die Tatsachen festzustellen in dem
Augenblick, wo wir versuchen, in Europa eine
aufrichtige Zusammenarbeit aller für den Frie-
den zu schaffen.Zch enthalte mich jeder Polemik
hierzu.
Aber sollen wir uns dieser vollendeten Tat-
sache gegenüber mit einem Wettrüsten ab-
finden?
Hatten wir im übrigen Zwangsmöglichkeiten,
um dieses Wettrüsten zu verhindern? Diese
Frage stellen, heißt sie lösen. Frankreich
will den Frieden. Es handelte sich zu-
nächst darum, das ganze System der Garantie-
pakte und der Pakte der gegenseitigen Unter-
stützung zu stärken, das den allgemeinen Völker-
bundspakt ergänzt. Zu dem von Briand abge-
schlossenen Locarnopakt, der die französisch-
und belgisch-deutsche Grenze garantiert, gesellt
sich nun der Entwurf für den Donaupakt,
der in Rom dank der äußerst wünschenswerten
Annäherung Frankreichs und Italiens glücklich
verhandelt worden ist. Zu diesen beiden Pakten
gesellt sich der Ostpakt, der von Barthou in
Angriff genommen wurde und den Laval zum
Abschluß zu bringen sich bemüht. Wir haben mit
Genugtuung die vollständige Uebereinstimmung
und dis wertvolle Ermutigung zu dieser Politik
gebucht, die uns die englische Regierung gege-
ben hat.
Der allgemeine Völkerbundspakt muß alle
Negionalabkommen kontrollieren
Das ist eine französische traditionelle Politik,
die die größte Hoffnung auf den künftigen Frie-
den, die gegenwärtig in der Welt besteht, nicht
aufgeben will. Das englische Volk ist davon
ebenso überzeugt wie das unsrige. Auch haben
wir gemeinsam bekräftigen können, daß die
Rückkehr Deutschlands in den Völ-
kerbund gleichzeitig mit dem all-
gemeinen Programm der Sicher-
heit und der Rüstungsbeschränkun-
gen erfolgen müsse. Das Problem der
Rüstungen und der Effektivstärke ist am schwer-
sten zu lösen. Es ist in der Tat untrennbar von
der Sicherheit, die jede große oder kleine Nation
für sich selbst und durch sich selbst sicherzustellen
das Recht hat. Die Suche nach Sicherheits-
garantien und die Auslegung der Durchfüh-
rungsgarantien stellte seit Jahren das Hinder-
nis dar, gegen das der Friedenswille der Regie-
rungen und der Völker sich stieß. Unsere engli-
schen Freunde haben uns gebeten, unseren Wil-
len zum. Abschluß einer allgemeinen Konvention
der Rüstungsbeschränkung, die frei verhandelt
werden soll, zu bekräftigen. Wir haben dem zu-
gestimmt und dabei daran erinnert, daß Frank-
reich ebenso wie das mitunterzeichnete England
der Erklärung vom Dezember 1832 über ^ie
Gleichberechtigung in der Sicherheit für alle
treu bleibt.
Morgen also — und das wünschen wir leb-
haft — werden Verhandlungen wieder
ausgenommen werden können zum Abschluß
dieser allgemeinen Rüstungskonvention. Ich
hoffe, daß Deutschland, das kürzlich seinen
Friedenswillen bekundet hat, diese Gelegenheit,
ihn zu beweisen, ergreifen wird. Dieses große
Volk mu ' ^'-ch uns (sgslsmSM st lidi-smsiit)
an dem nschenswerten Aufbau der euro-
päischen heit teilnehmen. Die Sorge um
unsere ...Mt hat uns nie die Sicherheit der
anderen vergessen lassen.
Die Luftwaffe
ist infolge ihrer niederschmetternden Ueber-
raschungswirkung zum gefährlichsten Kriegs-
mittel geworden. Kein um sein Geschick besorg-

tes Volk kann sich auf diesem Gebiete eine aus-
gesprochene Unterlegenheit gefallen lassen. Da-
gegen bildet die sichere Ueberlegenheit der Ver-
teidiger des Friedens gegen den etwaigen An-
greifer, um mit Sir John Simon zu sprechen,
die entscheidendsten Verhütungsmaßnahmen. Es
ist beachtlich, daß die Festigung des Friedens
durch Luftabkommen auf Erwägungen stieß, die
sich auch jenseits des Kanals geltend gemacht
hatten. Auf diese Weise haben wir uns sehr
rasch einigen können. Ich kann hinzufügen, daß
wir auch den Abschluß bestimmter Verpflichtun-
gen vorbereitet haben, die das bisher nicht ver-
wirklichte Verdienst haben, eine
sofortige Aktion gegen den Krieg
festzulegen. Die Plötzlichkeit des Angriffs gegen
den Frieden wird künftig die sofortige Antwort
des Gegenangriffs gegen den Krieg gegenüber-
stehen. Ich für meinen Teil will nicht daran
zweifeln, daß die übrigen zum Abschluß dieses
Luftabkommens aufgeforderten Teilnehmer ihm
beitreten. Aber wir haben auch vorgesehen, daß
sich die britische und die französische Regierung
sofort nach Eingang der Antworten ins Einver-
nehmen setzen. Nach meinem Dafürhalten ist die
Beteuerung dieses gemeinsamen französisch-eng-

Die Lawinenschaden
in Ssterreich
Auch die Enns-Bahn von Lawinen gesperrt --
Dörfer abgeschnitten. — Die 60 Skiläufer be-
freit, andere eingeschlossen
Wien, 5. Feb. Die weiteren aus den Bun-
desländern einlaufenden Meldungen zeigen,
daß die L a wi n e n k a t a ft r o p h e n, die
Oesterreich in den letzten Tagen heimgesucht
haben, fast ohne Beispiel sind. Montag abend
mußte auch die Ennstal-Bahnstrecke der Bun-
desbahnen eingestellt werden, da ein Hilfszug,
der zur Wegräumung einer Lawine ausge-
fahren war, von zwei weiteren Lawinen in
der Nähe von Johnsbach eingeschlossen wurde.
Kurz vorher hatte sich auf der Strecke ein
schweres Zugunglück ereignet. Auf den ver-
eisten Schienen entgleiste ein Personenzug,
wobei drei Personen schwer verletzt wurden.
Viele Gebirgstäler und Dörfer
Oesterreichs, auch solche, die sonst durch Bah-
nen und große Straßen erreicht weroen kön-
nen, sind von der Außenwelt völlig ab-
geschnitten.
Auf der Bürgeralm in Steiermark wurde
ein Skilehrgang mit vielen Personen von
Lawinen eingeschlossen. Da genügend
Nahrungsmittel vorhanden sind, besteht keiner-
lei Besorgnis. Die auf der Planer Hütte ein-
geschlossenen 60 Skiläufer konnten
Montag abend das Tal erreichen.
Die Heimkehrer erzählen, sie hätten eine
fürchterliche Nacht durchgemacht. Die Lage sei
sehr bedrohlich gewesen, als eine Lawine das
Dach der Hütte eingedrückt habe. Ununterbro-
chen seien die Lawinen donnernd zu Tal ge-
gangen.
Neue Lawienstürze in Tirol
Innsbruck, 5. Feb. Die Lawinengefahr in
den Bergen Tirols dauert an. Aus allen
Teilen des Landes werden schwere Schä-
den gemeldet. Zwischen Imst und Landeck
sperrte gestern abend eine große Lawine den
Inn ab, sodaß die Gefahr einer Ueberschwem-
mung bestand. Nach dreiviertel Stunden konnte
sich aber das Messer selbst wieder einen Weg
bahnen. Durch die gleiche Lawine wurde auch
die Vundesstraße verschüttet. Die Stadt Bad
Hall war infolge eines Lawinensturzes eine
Zeitlang ohne Licht. Auch das Elektrizitäts-
werk von Landeck wurde stillgelegt.

lischen Willens, dem Luftkrieg den Damm der
Bündnisse der friedlichen Völker entgegsnzustel-
len, ein entscheidender Schritt auf dem Wege
des Friedens.
Italien begrüßt das
Londoner Ergebnis
DNB. Rom, 5. Febr.
Die Ergebnisse der Besprechungen in London
werden erst am Dienstag von der italienischen
Presse ausführlich behandelt. Uebereinstimmend
wird ausgeführt, daß die französisch-italienischen
Abmachungen von Rom die notwendige Voraus-
setzung für die Londoner Besprechungen gebildet
hätten, durch die die Londoner Besprechungen in
wichtigen Punkten ergänzt würden. London sei
zu einer logischen Entwicklung der Vereinbarun-
gen zwischen Mussolini und Laval geworden. Mit
Nachdruck wird ferner von der Zusammenarbeit
Englands, Frankreichs und Italien gesprochen,
die in keiner Weise ein Druck auf Deutschland
sein solle.
Das „Giornale d'Italia" spricht von
dem kraftvollen Versuch zur Wiederherstellung

Weitere Schreckensnachrichten aus dem österrei-
chischen Alpengebiet
Innsbruck, 5. Febr. Infolge der umfangreichen
Telefon- und Verkehrsstörungen treffen erst jetzt
allmählich Nachrichten über die Auswirkungen
der Lawinenkatastrophen in den letzten zwei Ta-
gen ein. Ein derart umfangreiches Niedergehen
von Lawinen ist seit Jahrzehnten nicht
mehr beobachtet worden. Aus dem Zil-
lertal wird gemeldet, daß bei Ginzling eine
große Lawine zwei Bauernhäuser vollkommen
verschüttete, wobei ein 27 Jahre alter Bauern-
knecht ums Leben kam. Außerdem wurden 29
Stück Vieh in den Schneemassen getötet. Daß
nicht mehr Menschenleben zu beklagen waren, ist
nur dem Umstand zu danken, daß die Lawine
abging, während sich die Bauersleute beim Got-
tesdienst in der Kirche befanden. In Hintertux
wurden durch Lawinen mehrere Viehställe weg-
getragen. Sämtliche Gebiete des Hinteren Ziller-
tales sind von der Außenwelt vollkommen abge-
schlossen. Vom Hotel „Post" in Stuben am Arl-
berg wurde die Veranda weggerissen. Die Lage
im Innsbrucker Vorort Mühlau, wo am
Montag eine Lawine bis in die Ortsmitte vor-
brach, ist weiterhin bedenklich, da die Gefahr be-
steht, daß noch eine zweite Lawine nachkommt.
Mehrere Häuser wurden deshalb geräumt. Auch
das Hintere Oetztal ist von der Außenwelt
vollkommen abgeschnitten. Alis Arlberg wer-
den vom Montafoner Tal schwere Lawinenschä-
den gemeldet, denen mehrere Wirtschaftsgebäude
zum Opfer fielen. In Gargellen wurden
drei Bauern und eine Frau, die auf dem Wege
zur Viehfütterung waren, von einer Lawine ver-
schüttet. Sie konnten aber noch lebend geborgen
werden. Man befürchtet, daß die Lawine noch
weitere Menschenopfer gefordert haben. So wer-
den in Zirl in Nordtirol ein Jäger und in
Vorarlberg ein zwanzigjähriger Skifahrer, die
von den Bergen nicht zurückgekehrt sind, vermißt.
Zwei weitere Todesopfer im Lande Salzburg
Salzburg, 5. Febr. Durch Len Schneefall
wurden in der Stadt Salzburg viele Störungen
in der Stromzufuhr und an den Telegraphen-
und Fernsprechleitungen verursacht. In den Ge-
birgsgegenden schneit es seit fünf Tagen un-
unterbrochen. In Ferleiten-Tal wurde die
Groß-Glöckner Hochalpenstraße durch Lawinen
verschüttet und Ferleiten von der Außenwelt
vollkommen abgeschnitten. Vom Kitzsteinhorn
bei Zell am See ist eine Lawine niedergegan-
gen, die bis zum Hotel „Kesselfall" reicht und
die Garage zerstört hat. Die übrigen Hotel-
anlagen sind in größter Gefahr, da noch immer

einer gemeinsamen und festen Aktionslinie der
Großmächte in Bezug auf die Hauptfragen. Die
Deutschland zugestandene Gleichberechtigung
könne natürlich auch Oesterreich und Ungarn
nicht versagt werden.
Auf das geplante Abkommen über den gegen-
seitigen Luftschutz geht nur das „Giornale d'
Italia" näher ein. Das halbamtliche Blatt
schreibt dazu: Diese bemerkenswerte neue Wen-
dung könne durchaus nicht lediglich als ein«
praktische Anwendung des Locarnopaktes betrach-
tet werden. Das neue Abkommen würde darüber
hinaus eins Garantie Frankreichs und Deutsch-
lands auch für England mit sich bringen. Auch
beziehe sich der Locarnopakt ausdrücklich auf den
Völkerbund, dem die letzte Entscheidung Vorbe-
halten bleibe, während der neue Plan keinerlei
Bezugnahme auf den Völkerbund enthalte und
die Verantwortung für die Entscheidung und
Aktion direkt auf die Unterzeichnerstaaten be-
schränke. Auch hier trete so von neuem der
Grundsatz der Zusammenarbeit zwischen den
interessierten Mächten auf. Italien begrüße mit
aufrichtiger Herzlichkeit die Londoner Abmachun-
gen, die eine weitere Entwicklung der römischen
Vereinbarungen darstellten.

weitere Lawinen niedergehen. Eine Lawine von
der Mandl-Wand trug den Wintervorbau des
Arthur-Hauses am Mitterüerg bei Bischofshofen
fort. Im East einer Tal erfolgten viele
Lawinenstürze, weshalb der Verkehr zwischen
Hof-Gastein und Bad Gastein eingestellt ist und
die Schule in Hof-Gastein geschlossen werden
mußte, da die Kinder nicht mehr zur Schule
kommen können. Eine von Wtesfeld bei Loser
niedergegangene Lawine verschüttete den 16-
jährigen Joseph Moeschl, der aber glück-
licherweise noch lebend geborgen werden konnte.
Im Hochkönigsgebiet herrschte ein überaus hef-
tiges Gewitter mit Donner und Blitz. Gleich-
zeitig wütete ein furchtbarer Sturm- Bei
Schwarzensee in der Nähe von St. Wolfgang
wurde der Schleusenwächter des Elektrizitäts-
werkes von einer Lawine erfaßt und getötet.
In nächster Nähe wurde von einer zweiten La-
wine ein Vauernknecht verschüttet, der gleich-
falls nurmehr tot geborgen werden konnte.
Eine Reichswehryalrouille
vemnßMt
München, 5. Feb. Nach einer Mitteilung der
Deutschen Bergwacht wird seit Montag, eine
Reichswehrpatrouille, bestehend aus dem Un-
teroffizier Häuf und den Kanonieren Tcker,
Zornmeier und Jehmlich, vermißt- Die Pa-
trouille befand sich auf dem Wege Esterberg—
Aml—Krottenkopf—Walchensee. Sie sollte am
Montag mittag in Landsberg am Lech wieder
ihren Dienst antreten, ist aber dort nicht eins-
getroffen. Zuletzt wurde sie am Sonntag um
die Mittagszeit beim Esterberg—Bauer ge-
sehen. Rettungspatrouillen der Artillerieab-
teilung Landsberg sowie der Deutschen Berg-
wacht sind sofort nach Bekanntwerden des Vor-
falles zur Hilfeleistung ausgesandt worden.
Tot aufgefunden
Die vermißt gemeldeten Reichswehrsoldaten
Unteroffizier Häuf, Kanoniere Ecker, Z o r»
msier und Jehnlich sind von einer aus
Reichswehr und Bergwachtmännern zusammen-
gesetzten Expedition am Dienstag abend etwa
50 Meter unterhalb des Krottenkopf-Hauses tot
aufgefunden worden. Die Nachforschungen nach
den im Wank-Gebiet bei Garmisch-Partenkir-
chen vermißten Bergwachtmännern Beck und
Hillinger sind bisher ergebnislos verlaufen.
Ein halbes Dorf überschwemmt
Memmingen, 5. Feb. Im nahen Markterk-
heim brach die Günz, die zu einem reißende«

//

„Seit Jahrzehnten nicht mehr beobachtet
 
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