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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 61 - Nr. 70 (13. März - 23. März)
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Pfälzer Note

Donnerstag, 14. März 1935 _70. Zahrgang / Ar. 62

Griechenland nach dem Aufstand
Neuwahlen für die Aationaldersammlung / Auflösung des Senats
30« Angeklagte vor den Kriegsgerichten

Wieder völlige Ruhe
DNB. Verlin, 13. März.
Die griechische Gesandtschaft in Ber-
lin teilt mit: In Griechenland ist die Ruhe
völlig wieder hergestellt worden. Eisenbahn-
rmd Schiffsverkehr nehmen wieder ihren ge-
wohnten Verlauf, so daß Geschäfts- bzw. Ver-
gnügungsreisende frei und ungehindert reisen
können. Entgegengesetzte Meldungen entsprechen
nicht den Tatsachen.
Aus Athen wird gemeldet: Folgende Maß-
nahmen zur endgültigen Unterdrückung des Auf-
standes werden ergriffen: Die öffentlichen
Aemte u-werden von verdächtigen oder regie-
rungsfeindlichen Funktionären gereinigt, alle
reaktionären Organisationen wer-
den aufgelöst, Wahlen zu einer National-
versammlung werden ausgeschrieben, der Senat
wird aufgelöst. Das Kriegsrecht wird bis zur
Beendigung der Verhandlungen der Kriegsge-
richte gegen die Aufstandsteilnehmer aufrecht er-
halten.
Die Kriegsgerichte werden ihre Tätigkeit so-
bald wie möglich ausnehmen. Die Zahl der vor
den Kriegsgerichten Angeklagten beläuft sich auf
300 Personen. Venizelos wird von dem
Kriegsgericht in Absentia abgeurteilt. Die Ver-
haftungen verdächtiger Persönlichkeiten dauern
an. Unter den Verhafteten befindet sich auch
der Senatspräsident Eonatas. Aller Besitz
der Aufständischen ist beschlagnahmt worden.
Infolge der anstrengenden letzten Tage wird
Ministerpräsident Tsaldaris wahrscheinlich
für drei Tage in Urlaub gehen. Das Haus von
Venizelos, das beschlagnahmt ist, wird wahr-
scheinlich als Rathaus dienen. Um neue tenden-
ziöse Meldungen über die Zahl von Opfern, die
in den Zeitungen erschienen sind, zu dementie-
ren, ist eine offizielle Liste herausgegeben wor-
den. Sie gibt für alle Operationen, angefangen
vom 4. März, neun Tote und 96 Ver-
wundete an. Die durch den Kriegszustand
eingeführten Zwangsmaßnahmen werden heute
erleichtert werden.
Dankgottesdienste
Selbstmord von zwei Aufruhrführern
DNB. Athen, 13. März.
Mittwoch vormittag 11 Uhr fanden in allen
Kirchen Griechenlands anläßlich der Niederschla-
gung des Aufstandes Dankgottesdienste statt. In
der Kathedrale von Athen beteiligte sich eine
riesige Menschenmenge an dem Gottesdienst und
bereitete den Regierungsmitgliedern bei ihrem
Erscheinen Huldigungen, die dem Dank und der
Ergebenheit Ausdruck gaben.
Die griechischen und ausländischen Dampfer
nahmen ebenso wie die Verkehrsflugzeuge ihren
regelmäßigen Dienst wieder auf.
Zwei höhere Offiziere der Aufständischen,
Panagiotopulos und Flengas, verübten bei
ihrer Verhaftung Selbstmord. Auf dem gan-
zen griechischen Festlande und den Inseln herrscht
Ruhe und völlige Ordnung.
Aufständische aus der Flucht
DNB. Istanbul, 13. März.
Nach den hier vorliegenden Nachrichten ver-
sucht ein Teil der geschlagenen Aufständischen des
vierten griechischen Armeekorps, sich in Thrazien
auf türkisches Gebiet zu retten. Die grie-
chischen Regierungstruppen befinden sich in dem
Gebiet östlich und nördlich von Dedeagatsch auf
dem Vormarsch. Wie aus der türkischen Grenz-
station Usunküprü gemeldet wird, liegt zwischen
dieser Station und der griechischen Grenzstation
Pyrhion in dem griechischen Zipfel der Orient-
Lahn ein ans fünf Wagen bestehender Mili-

tärzug, der mit Offizieren und Mannschaften
der flüchtenden Aufständischen besetzt ist. Die
Aufständischen hatten die Absicht, den Zug auf
türkisches Gebiet überzuleiten, wurden aber an
der Grenze angehalten und verhandeln nun mit
den türkischen Behörden. Sie bitten, türkischen
Boden betreten zu können, um der Gefangen-1
nähme zu entgehen.
Kleinere Trupps von Aufständischen, die von
den griechischen Regierungstruppen verfolgt wur-
den, überschritten die Maritza, die die Grenze
bildet, und meldeten sich bei dem türkischen
Grenzposten. Sie wurden sogleich entwaffnet
und zum Abtransport gesammelt.
Rumänien verweigert die Aufnahme griechischer
Flüchtlinge
DNB. Bukarest, 13. März. Die rumänischen
Grenzposten sind angewiesen worden, die Ein-
reise griechischer Aufständischer aus dem Land-
oder Seewege zu verhindern.

DNB. Berlin, 13. März.
Der Reichs- und preußische Minister für Er-
nährung und Landwirtschaft hat an die Reichs-
und preußischen Minister, an die Landesregie-
rungen, die Deutsche Neichsbahngesellschast und
den Generalinspekteur für das deutsche Straßen-
wesen ein Schreiben gerichtet, in dem er mit
allem Ernst auf den Arbeitermangel in der
Landwirtschaft hinweist. In diesem Schreiben
heißt es u. a.:
Die außenhandelspolitische Lage und die damit
verbundene Devisenverknappung zwingt zur
Sicherung der Ernährung aus eigenem Boden
und zur Erweiterung der eigenen Rohstoff-
grundlage für Eewerbe'und Industrie. Ich habe
deshalb die deutschen Bauern zur Erzeugungs-
schlacht aufgerufen, um durch Zusammenfassung
aller Kräfte dieses Ziel zu erreichen. Diese Auf-
gabe ist aber nur zu lösen, wenn der Landwirt-
schaft die erforderlichen Arbeitskräfte zur Ver-
fügung stehen. Das ist nicht der Fall. Durch
die Maßnahmen der Reichsregierung haben Ge-
werbe und Industrie eine starke Förderung er-
fahren, die nicht nur/die Zahl der Erwerbslosen
vermindert, sondern gleichzeitig zur Abwande-
rung von Landarbeitern und -arbeiterinnen in
Gewerbe und Industrie geführt haben. Als Er-
satz werden der Landwirtschaft Erwerbslose aus
den Städten angeboten, die aber den Verlust
nicht ausgleichen können, da sie körperlich nicht
leistungsfähig genug sind oder aus anderen
Gründen für die landwirtschaftliche Beschäfti-
gung nicht geeignet erscheinen.

Das Ende des Senats
Verhaftung von Venizelisten
DNB Athen, 13. März. Der Kriegsminister
General Kondplis erklärte, daß der Senat durch
eine Volksabstimmung abgeschasft werden soll.
Der Senat besteht zu drei Vierteln aus Veni-
zelisten . Am Mittwoch wurde ein Verwandter
Venizelos, einer der Geldgeber für den Aufstand,
Pistolakis, verhaftet, ebenso auch der Bürger-
meister von Drama, der sich aktiv am Aufstand
beteiligt hatte.
Rücktritt des Generals Metaxas?
DNB Athen, 13 Mürz. Der Kreuzer „Awe-
roff" ist nach Salamis zurückgekehrt. In poli-
tischen Kreisen rechnet man damit, daß General
Metaxas voraussichtlich wieder aus der Regie-
rung austreten wird, nachdem der Aufstand
niedergeschlagen ist und somit seine Ausgaben
in der Regierung erledigt sind.

Der Reichsernährungsminister geht ferner auf
die in enger Fühlungnahme mit dem Reichsar-
beitsminister und dem Präsidenten der Reichs-
anstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen-
versicherung getroffene gesetzliche Regelung (Ge-
setz zur Befriedigung des Bedarfs der Landwirt-
schaft an Arbeitskräften vom 26. Februar 1935)
ein und bemerkt hierzu u. a., daß der für die
Landwirtschaft und für die Ernährung gefahr-
vollen Entwicklung nur dann mit Erfolg ent-
gegengetreten werden, kann, wenn alle Behör-
den und alle privaten und öffentlich-rechtlichen
Organisationen, die irgendwelche gewerbliche
Aufträge vergeben oder ausführen, tätig Mit-
arbeiten.
Erste Voraussetzung ist, daß alle Arbeiter aus-
schließlich durch die zuständigen Landes bzw. Ar-
beitsämter vermittelt werden, d. h. daß alle
oben angeführten Organisationen sich nur dieser
Vermittlung bedienen, die einzig und allein in
der Lage ist, nach volkswirtschaftlichen Gesichts-
punkten die Arbeitskräfte planvoll anzusetzen.
Deshalb ist es auch erforderlich, daß den mit
der Vermittlung betrauten Beamten der Ar-
beitsämter jederzeit Zutritt zu den Arbeitsstel-
len gewährt wird, damit sie sich an Ort und
Stelle von der Zusammensetzung der Belegschaft
überzeugen können. Es muß davon ausgegangen
werden, daß vom Lande stammende Arbeits-
kräfte, gleich welcher Art, grundsätzlich nicht
mehr eingestellt werden. Arbeitskräfte, die in
den letzten drei Jahren eingestellt wurden und

Verhaftung des früheren Ministerpräsidenten
Sofulis
DNB Athen, 14. März. Auf Samos wurde
der frühere Ministerpräsident Sofulis, der
unter Venizelos lange Jahre Präsident der
Kammer gewesen war, verhaftet, da er unter
Verdacht der Teilnahme an der Revolution steht.
Er wird mit einem Torpedoboot nach Athen ge-
bracht werden. Die griechische Regierung hat
um die Erlaubnis angesucht, ein Torpedoboot
nach der Insel Patmos (Dodekanes) zu entsen-
den, um ein von den Rebellen verlassenes
Unterseeboot abzuholen.
Venizelos kommt nach Rhodos
DNB Athen, 14. März. Ein italienisches Tor-
pedoboot bringt den ehemaligen Ministerpräsi-
denten Venizelos nach der Insel Rhodos.

Letzte Kämpfe
Schweres Gefecht zwischen Regierungstruppen
und Aufständischen
DNB Sofia, 13. März. Wie aus Petritsch an
der bulgarisch-griechischen Grenze von den bul-
garischen Behörden gemeldet wird, war dort am
Mittwochnachmittag von 3.00 Uhr bis zum Ein-
bruch der Dunkelheit anhaltendes starkes Ge-
schütz- und Maschinengewehrfeuer zu vernehmen.
Nach Mitteilungen griechischer Grenzposten han-
delte es sich um ein schweres Gefecht zwischen
griechischen Regierungstruppen und dem zum
aufständischen 4. Armeekorps gehörenden 22. In-
fanterie-Regt., das bisher seine Uebergabe ab-
gelehnt hat. Ueber den Ausgang des Kampfes,
der sich in der Gegend von Drama abgespielt
hat, liegen hier bis zur Stunde noch keine
Meldungen vor.

Meilermangel in der LaOwirlschasi
Ein Schreiben des ReichsernShrnngsministerS

Simon und Eden
am 25. und 26 März in Serlin
DNB. Berlin, 13. März.
Nachdem der Reichsminister des Auswärtigen
letzten Samstag dem englischen Botschafter Sir
Eric Phipps mitgeteilt hatte, daß der Besuch
des englischen Ministers in ungefähr 14 Tagen
erfolgen könnte, hat der englische Botschafter
der deutschen Negierung hierfür den 25. und 28.
März vorgeschlagen. Der englische Botschafter
wurde dahin unterrichtet, daß die englischen
Gäste der Reichsregierung zu diesem Zeitpunkt
willkommen sein werden.
Tas englische Oberhaus hat einen Antrag
Ponsonbys, der Regierung das Mißtrauen aus-
zusprechen, ohne Abstimmung abgelehnt.
Die Zeitschrift „News Letter" veröffentlicht
einen Aufsatz MacDonalds über das eng-
lische Weißbuch. MacDonald betont darin,
daß das Schriftstück von seiner eigenenRegierung
nach sorgfältiger Erwägung und Durchsicht aus-
gegeben worden sei. Friede sei sein leitender
Gedanke.
aus der Landwirtschaft stammen, müssen den
Arbeitsämtern gemeldet werden, damit so die
Möglichkeit gegeben wird, diese Arbeitskräfte
wieder in die Landwirtschaft zurückzuvermitteln.
Bei der Vergebung von Aufträgen an private
Firmen müssen diese verpflichtet werden, keine
vom Lande stammenden männlichen oder weib-
lichen Arbeitskräfte neu einzustellen. Der Reichs-
ernührungsminister bittet in dem Schreiben wei-
terhin, anzuordnen, daß alle Nachgeordneten
Dienststellen vorläufig für das Jahr 1935 keine
vom Land stammenden als Arbeiter oder Arbei-
terinnen verpflichten.
Hhpoihekenzinssenkung
aus 4 vom Hundert
Eine beispielgebende Tat in Hannover
Hannover, 13. März. Der Vorstand der Spar-
kasse der Hauptstadt Hannover hat unter Lei-
tung von Oberbürgermeister Dr. Menge einen
bedeutungsvollen Entschluß gefaßt. Er wird die
Ersparnis aus der Senkung der Spareinlagen-
zinsen, die am 1. März in Kraft getreten ist,
in voller Höhe zur Senkung der Zinsen für Hy-
potheken und Kredite verwenden. Die Spar-
kasse der Kapitalversicherungsanstalt Hannover
entschloß sich zu gleicher Zinssenkung. Die Zin-
sen für Hypotheken, die von den beiden Spar-
kassen im Jahre 1933 bereits dreimal freiwillig
gesenkt wurden, indem auch gleichzeitig der Zins-
fuß für Aufwertungshypotheken, der gesetzlich auf
6 v. H. festgesetzt ist, entsprechend ermäßigt wurde,
betragen mit Wirkung vom 1. April 1935 an
4 v. H. Die Hannoverschen Sparkassen haben da-
mit als erste öffentliche Sparkassen in Deutsch-
land den Zinsfuß für Hypotheken auf 4 v. H.
gesenkt.
Die Kauflrast
um 22 Prozent gestiegen
NdZ. Berlin, 13. März. Nach dem bisherigen
Verlauf der Einkommensentwicklung wird, wie
das NdZ meldet, von der Deutschen Arbeitsfront
das Einkommen der deutschen Arbeiter, Ange-
stellten und Beamten im ersten Vierteljahr 1935
auf rund 7,6 Milliarden Mark geschätzt. Das be-
deutet seit der Machtübernahme durch den Natio-
nalsozialismus eine Zunahme um 26,7 Prozent.
In der gleichen Zeit ist, verursacht sowohl durch
die Erhöhung der industriellen Rohstoffpreise,
durch das Anziehen der Weltmarktpreise, als
auch durch die zur Existenzsicherung des deutschen
Bauerntums getroffenen Maßnahmen eine Er-
höhung der Lebenshaltungskosten eingetreten,
die nach den Feststellungen des Statistischen
Reichsamtes rund 4,7 Prozent betrug. Wenn
man die Zunahme des Lohneinkommens dieser
Steigerung gegenüberstellt, so ergibt sich mithin
eine Steigerung der Kaufkraft der deutschen
Arbeitslöhne seit der Machtergreifung um rund
22 Prozent.

Reichsinnenmini-ster Frick dankt für Äle ih«
zugeaauaenen Glückwünsche.
 
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