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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
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Pfälzer Vote Dienstag, is. Februar 1935 70. Jahrgang / Nr. 42

Die Prüfung der deutschen Stellungnahme

Sie Erwägungen in London
DRV. London, 18. Febr.
Die deutsche Antwort auf die nach
Schluß der englisch-französischen Konferenz in
London aufgegebene amtliche Mitteilung wird
zur Zeit weiterhin eingehend von den in Be-
tracht kommenden Ministern und den zuständi-
gen Vertretern des britischen Auswärtigen
Amtes geprüft.
In unterrichteten britischen Kreisen erwartet
man, daß die Frage der weiteren Entwicklung
der Verhandlungen bis Mittwoch genügend ge-
klärt sein wird, um dem Eesamtkabinett bei sei-
ner Sitzung einen Beschluß zu ermöglichen. Man
nimmt an, daß der nächste Schritt in Überein-
stimmung mit der amtlichen Mitteilung eine
erneute Fühlungnahme zwischen der britischen
und der französischen Regierung sein wird. Da-
nach erwartet man einen englisch-französischen
Vorschlag bzw. eine Aufforderung an Deutsch-
land zu einer Anregung über den weiteren Ver-
lauf der Verhandlungen.
In amtlichen britischen Kreisen wird nach-
drücklichst erklärt, daß
gegenwärtig ein Besuch britischer Minister
in Berlin nicht in Aussicht stehe.
Es wird weiterhin gesagt, daß angesichts der
entscheidenden Lage, in der sich augenblicklich
das Problem der Rüstungen und der Sicherheit
befindet, Zeit notwendig sei, um eine überstürzte
Stellungnahme zu vermeiden und daß daher trotz
einer gewissen Enttäuschung, die über die Unbe-
stimmtheit eines Teiles der deutschen Antwort
empfunden werde, Pessimismus vorläufig nicht
gerechtfertigt sei. Es wird voll anerkannt, daß
der deutschen Regierung nicht zugemutet werden
kann, anders als mit der größten Vorsicht an
Fragen heranzutreten, die von entscheidender
Bedeutung für die gesamte Zukunft Deutschlands
sein müssen.
Zugleich wird jedoch hervorgehoben, daß in
Anbetracht der Größe der aufgeworfenen Pro-
bleme den Auffassungen aller in Betracht kom-
menden Länder, „auch Sowjetrußland",
Rechnung getragen werden müsse. In Zusam-
menhang damit werden die großen Schwierig-
keiten, denen man sich im Falle Frankreich gegen-
übergestellt zu sehen glaubt, nicht übersehen.
Dies trifft auch auf die Frage der Verknüpfung
des in der amtlichen Mitteilung vorgesehenen
Luftpaktes mit dem übrigen Teil der in
dieser Mitteilung aufgeworfenen Probleme zu.
Aus allen Aeußerungen britischer Wortführer
geht hervor, daß man sich in London
noch keine endgültige Meinung über das
Verhältnis des Luftpaktes zur Regelung
der Abrüstungs- und Sicherheitsfrage
gebildet hat. Man scheint vorzuziehen, eine end-
gültige Stellungnahme zu dieser Frage von der
weiteren Entwicklung der Verhandlungen ab-
hängig zu machen. Bereits jetzt wird darauf hin-
gewiesen, daß auch in den Aeußerungen Flan-
dins und Simons nach Schluß der Londoner
Konferenz im Sinne der amtlichen Mitteilung
die Notwendigkeit eines beschleunigten Abschlus-
ses des Luftpaktes unterstrichen wurde. Die Poli-
tik der britischen Regierung wird, wie aus den
Aeußerungen maßgebender britischer Kreise her-
vorgeht, augenblicklich von dem Gesichtspunkt
beherrscht,
Deutschland vor Ablauf des Oktobers im
Völkerbund zu sehen.
Dies wird als der kritische Zeitpunkt
betrachtet, da in diesem Monat die deutsche
Kündigungsfrist abläuft und Deutsch-
land danach ein für allemal aus dem Völker-
bund heraus ist.
*
„News Chronicle" nennt es in einem
Leitaufsatz befriedigend, daß die französische
Regierung gegenüber der deutschen Antwort mehr
Vertrauen und größere Vernunft zeige als die

Mehrheit der Pariser Zeitungen. Es wäre der
britischen Regierung schwer gefallen, dem deut-
schen Wunsch nach direkten Verhandlungen zwi-
schen London und Paris zu entsprechen, wenn
die französische Regierung entschieden dagegen
gewesen wäre. Die französische Regierung sei
anscheinend durchaus bereit, die englisch-deut-
schen Besprechungen nach Absendung einer Ant-
wort auf die deutsche Erwiderung als wün-
schenswert anzuerkennen. Der wesentliche In-
halt dieser Antwort würde vermutlich in einem
Ersuchen um größere Klarheit hinsichtlich
Deutschlands Haltung in den Punkten bestehen,
die die deutsche Note im Dunkeln lasse. Man
brauche nicht anzunehmen, daß Deutschlands Ziel
sei, zwischen Großbritannien und Frankreich
Zwietracht zu säen.
Die britischen Vorschläge
DNB London, 18. Febr.
Die britische Negierung hat dem diplomati-
schen Mitarbeiter der „Daily Mail" zu-
folge beschlossen, unverzüglich mit der deutschen
Regierung über den vorgeschlagenen Fünf-
mächte-Luftvertrag und andere die
Rüstungsbegrenzung und Deutschlands
Rückkehr in den Völkerbund berührende
Fragen zu verhandeln. Als Ergebnis der Be-
sprechungen, die während des Wochenendes zwi-
schen den Mitgliedern des englischen Kabinetts
geführt wurden, werde vermutlich Freiherr
von Neurath in absehbarer Zeit nach Lon-
don eingeladen werden. Die britische Re-
gierung arbeite an endgültigen Vorschlägen, die
sie Anfang dieser Woche der französischen Regie-
rung unterbreiten werde. Dies entspreche den
mit Flandin und Laval bei ihrem Londoner
Besuch getroffenen Abmachungen. Die britischen
Minister seien zwar enttäuscht darüber, daß die
deutsche Antwort auf die englisch-französische Er-
klärung mit Ausnahme des Luftpaktes nur in
sehr unbestimmter Form eingehe. Sie glaub-
ten aber, daß im Laufe der Verhandlungen der
Umkreis der Besprechungen genügend erweitert
werden könne, um eine freimütige Prüfung der
Fragen der Gleichheit und der Rückkehr Deutsch-
lands in den Völkerbund einzuschließen. Von
dem britischen Botschafter in Paris werde die-
ser Tage ein Bericht über die Aufnahme der
deutschen Antwort in Paris erwartet.
In einem Leitaufsatz sagt „Daily Mail", die
deutsche Antwort sei, soweit sie gehe, gut. Eine
Annahme des Kommuniques vom 3. Februar
ohne vorherige Verhandlungen sei nicht zu er-
warten gewesen. Die deutsche Note verspreche
nichts. Sie lasse aber die Tür für weitere Ver-
handlungen offen, die von der britischen Regie-
rung ausgenommen werden sollten. In der
weiterreichenden Frage einer allgemeinen euro-
päischen Regelung werde die Bereitschaft zu
einer gründlichen Prüfung versprochen. Mehr
sei nicht zu erwarten gewesen.
Lavals Vorsicht
„Homme Libre" über die englisch-französischen
Verhandlungen
DNB Paris, 18- Febr.
Zur deutschen Antwort auf die Londoner Vor-
schläge schreibt der „Homme Libre": Laval
prüft mit seinen Mitarbeitern sorgsam den
Wortlaut der deutschen Antwort. Wir kennen
die Vorsicht unseres Außenministers und wissen,
daß er ohne das Gutachten Londons keinen Be-
schluß fassen wird. Da wir nun einmal uns
grundsätzlich mit den Verhandlungen einver-
standen erklärt und beschlossen haben, sie fort-
zusetzen, wird man beides in Einklang brin-
gen müssen: die Gleichheit der Rechte mit der
Gleichheit der Sicherheit. Von der dauernden
Zusammenarbeit Frankreichs und Englands
hängt das Schicksal des Friedens ab. Ohne den
Ereignissen vorgreifen zu wollen, können wir
uns nur an die Londoner Formel halten. Da-

mit ist auch gesagt, daß wir uns mit der ein-
fachen Beseitigung der militärischen Vorschriften
des Versailler Vertrages nicht einverstanden er-
klären können. Diese Streichung setzt voraus,
daß Teil V des Vertrages durch ein allge-
meines Rllstungsbeschränkungsabkommen ersetzt
wird, in das der Wortlaut des Nordostpaktes
und des mitteleuropäischen Paktes aufgenomm-
men werden muß. Das ist die Haltung, in der
England allgemeine Sicherheit und Frankreich
seine besondere Sicherheit finden würde. Die
Londoner Vereinbarungen bilden ein geschlosse-
nes Ganzes. Wir könnten es Deutschland nicht
erlauben, nur die Teile herauszunehmen, die
sich auf die Stärkung seiner These von der
Gleichberechtigung beziehen, dagegen diejenigen
beiseite zu lassen, die unsere Thesen von der
Gleichheit und der Sicherheit betreffen. Wir
haben in London ein ganz bestimmtes Pro-
gramm angenommen. Bleiben wir einig, denn
das Geheimnis des Friedens liegt in der
engen französisch-englischen Zusammenarbeit.
Erklärungen der Mächte
zum Lustabkommen
DNB. London, 18. Febr.
Ein Abgeordneter hatte den Außenminister
gefragt, ob er über das geplante Luftabkommen
mit Deutschland, Frankreich und Belgien irgend-
eine weitere Erklärung abgeben könne.
Anstelle des Außenministers erwiderte Lord-
siegelbewahrer Eden, er könne dem Haus jetzt
mitteilen, daß die belgische, die deutsche und die
italienische Regierung ihre Ansicht geäußert hät-
ten über die ihnen nach der Londoner Konferenz
von der englischen und französischen Regierung
unterbreitete Einladung, die den Zweck hatte,
zu erwägen, ob nicht eine Luftkonvention für
Westeuropa ausgehandelt werden könne. Die
belgische Regierung, so fuhr Eden fort, hat in
einer am 11. Februar veröffentlichten amtlichen
Note ihre Bereitwilligkeit zur Teilnahme an
diesen Verhandlungen mitgeteilt. Die italieni-
sche Regierung billigt in einer am 9 Februar
veröffentlichten Note die Vorschläge im Grund-
satz, vorausgesetzt, daß die Frage der besonderen -
gegenseitigen Verantwortlichkeit Italiens und
Englands zueinander Berücksichtigung finde.
Deutschland hat uns in einer am 14. Febr.
veröffentlichten Antwort mitgeteilt, daß es den
Vorschlag begrüße und bereit sei, in Ueberein-
stimmung mit den anderen Regierungen über
Mittel und Wege zum Abschluß einer Konven-
tion zu beraten.
Auf eine weitere Frage teilte Eden mit, daß
das Unterhaus über den Gang der Dinge aus
dem laufenden gehalten würde.

Die Unterzeichnung
des Saarabkommens vollzogen.
DNB N o m, 18. Febr.
Die Unterzeichnung der Abkommen über dle
Rückgliederung des Saargebiets an das Reich
hat in Neapel in Gegenwart des Vorsitzenden
des Dreierausschusses, Baron Aloisi, statt-
gefunden.
Baron Aloisi dankte den beteiligten Delega-
tionen für die geleistete Arbeit. Er dankte auch
dem Vertreter der Regierungskommission des
Saargebiets, Präsident Knox, und den Mitglie-
dern des Finanzausschusses des Völkerbundes.
Botschafter von Hassell stattete den wärmsten
Dank für die Mitarbeit der italienischen Her-
ren ab. Seinen Ausführungen schloß sich der
französische Botschafter Chambrun an. Nach der
feierlichen Unterzeichnung der Schlußverein-
barungen begaben sich die Botschafter Deutsch-
lands und Frankreichs in Begleitung der beiden
Delegationen und der Mitglieder des Dreier-
komitees auf Einladung des Vorsitzenden Baron
Aloisi nach Lapri zu einem gemeinsamen Früh-
stück.

Zwei Hinrichtungen
wegen Landesverrats
DNB Berlin» 18- Febr,
Der Volksgerichtshof des Deutschen Reiches
hat durch Urteil vom 1K. Februar 1835 «egen
Verrats militärischer Geheimnisse die geschiedene
Benita von Falkenhayn geb. von Zollt«
kofer-Altenklingen, und die Renate von Ratz»
mer, beide aus Berlin, zum Tode verurteilt.
Außerdem wurde wegen des gleichen Verbre-
chens gegen die polnischen Staatsangehörigen
Georg von Sosnowski und die Irene von
Jena auf lebenslanges Zuchthaus erkannt-
Das Urteil gegen von Falkenhayn und von
Natzmer ist, nachdem der Führer und Reich«,
kanzler von seinem Begnadigungsrecht keinen
Gebrauch gemacht hat, heute früh vollstreckt
worden.
Wenn sich der Führer und Reichskanzler ent-
schlossen hat, von seinem Begnadigungsrecht zu-
gunsten der Verurteilten keinen Gebrauch zu
machen, so mutz auf eine ganz ungewöhnlich«
Schwere der begangenen Taten geschlossen wer-
den. Die Vollstreckung der Todesstrafe gegen
zwei Frauen, die Namen von geschichtlichem
Klang tragen, beweist die Unerbittlichkeit und
Strenge, mit . der das schändlichste Verbrechen,
das gerade von Angehörigen solcher Kreise um
schnöden Geldes willen begangen werden konnte,
geahndet werden mußte. Gerade Lei den Per-
sönlichkeiten dieses Standes hätte man ja wissen
müssen, wie ehrlos und gemein die Handlung
ist, die sie gegen die Ehre der eigenen Nation
begangen haben. Daß der Staat diesen Umstand
als straferschwerend empfunden hat, beweist nur,
daß er in Fragen des Rechts und der Gerechtig-
keit sich in vollem Einklang mit dem gesunden
Empfinden des ganzen Volkes befindet. Dieses
Urteil wird eine Warnung sein und abschreckend
auf alle wirken, die auch nur mit dem Eedan-
ken eines Verbrechens des Landesverrats spielen.

Marxistiche
Propagandaversuche
anläßlich des Fußball-Länderkampfes
Holland—Deutschland
DNB. Amsterdam, 18. Febr.
Wie erst nachträglich bekannt wird, hatten am
Sonntag anläßlich Les Fußball-Länderkampfes
Holland-Deutschland die Kommunisten und
andere radikale Organisationen die Absicht, den
vorschriftsmäßigen Verlauf dieses sportlichen
Ereignisses durch eine ausgedehnte deutsch-
feindliche Propagandaaktion zu be-
einträchtigen. Man hatte sich zu diesem Zweck
mehrere tausend Flugblätter drucken lasten, die
auf dem Stadionplatz und im Olympischen Sta-
dion selbst verteilt werden sollten. Besonders
raffiniert und hinterhältig war ein orangefar-
benes Programm für den Fußball-LLnderkamps
abgefaßt, das auf den Außenseiten die Aufstel-
lung der beiden Mannschaften auf den Innen-
seiten aber scharfe Angriffe gegen das natio-
nalsozialistische Deutschland und Beleidigungen
nicht nur der deutschen, sondern auch der hollän-
dischen Regierung enthielt.
Der Polizei, die ausgedehnte Maßnahmen
zur Vermeidung von Zwischenfällen getroffen
hatte, gelang es noch rechtzeitig eine Haus-
suchung in den Räumen der kommunistischen
Organisation vorzunehmen und dabei mehrere
tausend Exemplare des erwähnten „Fußball-
Programms" zu beschlagnahmen. Gegen meh-
rere Vorstandsmitglieder dieser Organisation ist
Strafanzeige erstattet worden- Trotz dieser Vor-
beugungsmaßnahmen wurden vor dem Stadion
sowie an verschiedenen Stellen der Stadt doch
zahlreiche Schmähschriften verteilt. 26 Personen,
die von der Polizei ertappt wurden, wurden
vorübergehend festgenommen.
 
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