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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 61 - Nr. 70 (13. März - 23. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0681
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MfrMalt und Knall / Aus der Mb der Frau / Sie Lrlrllnnde

Pfälzer Note _ Samstag, 23. März 1935 7v. Jahrgang / Ar. 70

Sas Vorspiel zum Verliner Besuch
Oie pariser Oreierbesprechungen

Das Programm
DNB. Paris, 22. März. !
Die Zusammenkunft zwischen dem französischen !
Außenminister, dem Lordsiegelbewahrer Eden
und dem italienischen Unterstaatssekretär Suvich >
beginnt Samstag um 11 Uhr und wird im Laufe
eines am Quai d'Orsay zu Ehren der ausländi-
schen Gäste gegebenen Frühstücks fortgesetzt wer-
de«. Am Nachmittag werden die Besprechungen
voraussichtlich abgeschlossen werden, und man
erwartet, daß dann eine amtliche Verlaut-
barung veröffentlicht werden wird. Die Unter-
redung der Vertreter der drei Länder wird sich
in erster Linie auf die durch die Einführung der
Wehrpflicht in Deutschland geschaffene Lage be-
ziehen. Möglicherweise wird bei dieser Gelegen-
heit auch der Zeitpunkt für die in Como vor-
gesehene Unterredung zwischen Mussolini,
Simon und Laval festgesetzt werden.
Lordfiegelbewahrer Eden ist um 18.27 Uhr
französischer Zeit mit dem Flugzeug in Le Bour-
get gelandet.
Ratstagung Anfang April
DNB. Genf, 22. März. Das Völkerbunds-
sekretariat gibt folgendes bekannt:
Der ausübende Präsident des Völkerbunds-
rates. Dr. T. R. Aras (Türkei) hat beschlossen,
daß der Völkerbundsrat im Laufe der ersten
Aprilwoche zu einer außerordentlichen
Tagung zusammentreten soll, um den Antrag
der französischen Negierung zu prüfen. Der ge-
naue Zeitpunkt der Einberufung des Völker-
bundsrates wird später bekanntgegeben werden.
Der Reichsanßenmim'ster
zum englischen Besuch
DNB. Berlin, 22. März.
Der Reichsminister des Aeußern, Freiherr v.
Neurath, hat sich zu dem bevorstehenden Be-
such der englischen Regierungsvertreter dem
Vertreter einer amerikanischen Nachrichtenagen-
tur gegenüber auf dessen Bitte in folgender
Weise geäußert:
Die Reichsregierung sieht dem Besuch der eng-
lischen Regierungsvertreter mit Interesse und
Befriedigung entgegen. Angesichts der Entwick-
lung der letzten Tage kann eine offene
deutsch-englische Aussprache nur nutz-
bringend sein, und zwar für alle europäischen
Staaten. Wenn erst einmal das volle Verständ-
nis für unsere Gleichberechtigung durchgedrun-
gen ist, dann sollte es nicht schwer fallen, die
Dinge ein gutes Stück vorwärts zu bringen. So
hoffe ich, daß der Besuch zur Klärung unserer
beiderseitigen Auffassungen über die zur Ver-
handlung stehenden Fragen in nützlichster Weise
beitragen wird.
Eine englische Richtigstellung
DNB. London. 22. März.
Außenminister Sir John Simon hatte in
seiner Unterhousrede am Donnerstag u. a. ge-
sagt,. daß im Anschluß an die Besprechungen in
Paris, Berlin, Warschau, Moskau und Prag
weitere Besprechungen stattfinden wür-
den. England würde sich freuen, wenn Deutsch-
land hieran teilnehmen würde. So sei eine
Zusammenkunft in Aussicht genommen, an der
Mussolini selbst teilzunehmen beabsichtige.
In der französischen Presse ist diese unmittel-
bare Einladung an Deutschland dem englischen
Außenminister zum Vorwurf gemacht worden.
Vor allem meint man, aus der Aeußerung Si-
mons eine Aufforderung an Deutschland heraus-
lesen zu können, an den englisch-französisch-ita-
lienischen Besprechungen teilzunehmen, die nach
der Reise Simons und Edens in Norditalien
stattfinden sollen.
Zn englischen Kreisen wird diese Aus-
legung jetzt als völlig irrig bezeichnet; denn

es habe nie in der Absicht Englands gelegen,
diese Dreierbesprechungen in eine Viermächte-
konserenz umzuwandeln. Der Hinweis Simons
habe lediglich besagen wollen, daß, falls nach
dem Berliner Besuch und den anschließenden
Dreierbesprechungen eine erfolgversprechende
Grundlage für weitere Erörterungen gefunden
sei, es sich als nützlich erweisen könnte, eine
weitere Aussprache unter allen unmittelbar
am Sicherheitsproblem interessierten Mächten,
darunter auch Deutschland, stattfinden
zu lassen. Sollte eine solche Aussprache praktisch
Wirklichkeit werden, dann würden zu den Teil-
nehmern auch die am Ostpakt und am Donau-
pakt interessierten Staaten gehören.

DNB Paris, 22. März.
Die Kammer ratifizierte Freitag vormittag
die römischen Abkommen mit 555 gegen 9
Stimmen.
In der vorausgehenden Aussprache hat
Franklin-Bouillon mit der bei ihm ge-
wohnten Leidenschaft wieder einmal eine wilde
Hetzrede gehalten und die französische Außen-
politik der letzten 15 Jahre angegriffen.
Franklin Bouillon sprach sich für die Ratifi-
zierung der römischen Abkommen aus, hielt aber
eine Prüfung hinsichtlich der Methoden der Er-
gebnisse der Abkommen für notwendig. Laval
sei etwas zu großmütig gewesen und habe die-
sen Großmut teuer bezahlen müssen. Das sei
die Folge der sinnlosen Politik, die Frankreich
seit zehn Jahren aus wahlpolitischen Gründen
Italien gegenüber geführt habe. Die römischen
Abkommen dürften nicht gesondert behandelt
werden, sie seien eng verknüpft mit der euro-
päischen Eesamtlage.
Auf die Londoner Erklärung ein-
gehend, machte Franklin Bouillon den Vertre-
tern Frankreichs den Vorwurf, daß sie sich auf
die Unterzeichnung dieser Erklärung eingelassen
hätten, bevor sie die englische Haltung eindeutig
sestgelegt hätten. Mit Unrecht erhebe man jetzt
Vorwürfe gegen England, denn England habe
Frankreich über seine Politik Deutschland gegen-
über garnichts versprochen. Man hoffe auf die
Zusammenkunft in Como aber Sir
John Simon habe bereits erklärt, er werde alles
tun, daß auch Deutschland dort ver-
treten sei. Davon will Franklin Bouillon
nichts wissen. Es sei genug mit der Lüge, daß
es ein gutes Deutschland gebe, das den Frieden
wolle und daß alles in Genf geregelt werden
könne. (!) Man solle aufhören, an oen Schaf-
stall von Genf zu glauben, denn auf der einen
Seite seien dort Wölfe und auf der anderen
Schafe. (!) Es sei keine gemeinsame Politik,
wenn von englischer Seite die Rückkehr Deutsch-
lands nach Eens verlangt werde und von Frank-
reich eine Note geschickt würde, die diese Rück-
kehr unmöglich mache.
Alan solle aufhören, England gegenüber schüch-
tern zu sein. Deutschland habe durch seine
Aufrüstung der zivilisierten Welt den Krieg
erklärt. (!) Die Frage sei nun, ob man nach-
geben oder Widerstand leisten werde. Man
müsse die Nationen des Friedens gegen die
Räubernationen (!) militärisch gruppieren
und brauche keine Angst zu haben. Deutschland
und Ungarn zusammen seien 80 Millionen Men-
schen, die die Vernichtung der Verträge und den
Krieg wollten. (!) Ihnen gegenüber wollten
400 Millionen Menschen die Aufrechterhaltung
der Friedensverträge. Wenn man von Polen
und England absehe und annehme, daß Liese
neutral seien, blieben immer noch 320 Millionen
übrig. Müsse man nicht rot werden darüber,

Die bevorstehende Rede Flandins
DNB Paris, 22. März. Wie von zuständiger
Seite zu der für den kommenden Montag vor-
gesehenen Rede des französischen Ministerpräsi-
denten verlautet, beabsichtigt Flandin, sich in
erster Linie über die Notwendigkeit der natio-
nalen Einigung am Vorabend der Ee-
meindewahlen zu verbreiten.
In französischen Kreisen rechnet man damit,
daß die geplante Reise des französischen Außen-
ministers Laval nach Moskau zwischen dem
10. und dem 20. April erfolgen werde.

griff
Außenminister Laval
das Wort.
Auf die Angriffe Franklin Bouillons ein-
gehend, erinnerte Laval an die Regelung der
Saarfrage und die Beilegung des ungarisch-
südslawischen Streitfalles in Genf. In einem
unruhigen Mitteleuropa, so fuhr der Außen-
minister fort, könne nichts dauerhaftes ent-
stehen, ohne vertrauensvolle Zusammenarbeit
zwischen Italien und Südslawien. Deutschland
werde durch seine Geste hoffentlich die Organisie-

DNB Berlin, 23. März.
Im Berliner Funkhaus eröffnete Reichssende-
leiter Hadamovsky inmitten eines kleinen
Eästekreises den deutschen Fernsehprogrammbe-
trieb.
Mit den Worten „Achtung! Achtung! Hier
Ultrakurzsender Witzleben auf Wellenlänge 7,06
Meter. Erster regelmäßiger Fernsehbetrieb!
leitete der Pressechef der Reichssendeleitung
Boese den Abend ein.
Der am persönlichen Erscheinen verhinderte
technische Direktor der Reichsrundfunkgesell-
schaft, Dr. Hub mann, grüßte die anwesenden
durch den Fernsehsender und dankte der Deut-
schen Reichspost und der Industrie für die tech-
nischen Vorarbeiten.
Hierauf ergriff Oberingenieur Dr. Hoff-
mann das Wort. Deutschland habe im Ge-
gensatz zu allen anderen Ländern nunmehr
einen Fernsehdienst eröffnen können. Aehnlich
der vom Deutschen Rundfunk ausgeführten
„Echo des Tages"-Sendung werde versucht wer-
den, im Deutschen Fernsehdienst den Spiegel des
Tages" auszubauen. Es sei auch geplant, direkte
Fernsehsendungen mit einem kleinen Zeitunter-
schied von etwa einer Minute durchzuführen
Einen solchen Versuch wolle man erstmalig am
1. Mai 1935 vom Tempelhofer Feld aus vor-
nehmen.
Ueber die technische Entwicklung des
Fernsehens sprach Oberpostrat Dr. Vanne itz
von der Reichspostzentrale Berlin. Er kam zu
der Feststellung, daß bei dem heutigen Stande
der Wissenschaft recht gute Bilder übertragen

phantastische Ausführungen
DNB Paris, 22. März.
Vor dem Heeresausschuß der Kammer soll
Kriegsminister General Maurin angekündigt
haben, daß die Stärke einer deutschen Division
binnen kurzem 20 000 Mann betragen werde, so
daß das aktive Heer sich auf 720 000 Mann be-
ziffern würde. Gegenwärtig arbeiteten 70 v. H.
der deutschen Kriegsmaterialfabriken. Die Her-
stellung von Maschinengewehren erfolge Tag und
Nacht in vier Schichten zu je sechs Stunden
unter strenger Geheimhaltung des Herstellungs-
verfahrens. Große Mengen von Konserven
seien ausgekaust worden, besonders Oelsardinen
aus Portugal. Die Flugzeugfabriken stellten
täglich 15 Apparate her, so daß Deutschland in
drei Monaten über 1500 neue Flugzeuge ver-
fügen könne. Die große Zahl der ausgebildeten
Zioilpiloten erlaube die sofortige Ingebrauch-
nahme dieser Militärflugzeuge.
Der Kriegsminister soll ferner auf die um-
fassende militärische Ausbildung der deutschen
Jugend hingewiesen und behauptet haben, daß
der Arbeitsdienst eigentlich einem Dienstjahr
gleichkomme. Die Vollendung des deutschen
Heeresaufbauplanes könne im Frühjahr 1936 er-
Zum Schluß habe der Kriegs-
minister noch mitgeteilt, er beabsichtige, die
Rüstungsfabrikation zu beschleunigen und aus-
zubauen und neue Kredite für das Jahr 1935
und für die folgenden Jahre zu beantragen.


vertraue und wies aus die Zusammenkunft am
Samstag zwischen den Vertretern Frankreichs,
Italiens und Englands hin sowie aus die in
Como vorgesehenen Besprechungen . Er habe
nur ein Bestreben und dieses Bestreben werde
von der Kammer und ganz Frankreich geteilt:
die Organisierung des Friedens in einem star-
ken Frankreich, das von seiner Sicherheit über-
zeugt sei, unter Führung des Völkerbundes. Eine
Reihe von Pakten sei in Vorberei-
tung, die auch denjenigen offen blieben, die
sie nicht gleich unterzeichnen sollten. Die Politik

werden könnten. Für diesen Sommer sei ein
großangelegter Versuch aus dem Brocken als
Aufstellungsort für eine Fernsehanlage
geplant, worauf man sich entscheiden werde, in
welcher Form der weitere Ausbau des Fern-
sehsendenetzes vorgenommen werden müsse.
Reichssendeleiter Hadamovsky eröffnete
sodann den regelmäßigen Fernsehprogrammbe-
trieb. Er wies einleitend darauf hin, daß die
Zeit eines bisher unbegreiflichen Wunders be-
gonnen habe und einer der kühnsten Menschen-
träume dank der geistigen Schöpferkraft der
deutschen Wissenschaftler und der Präzisions-
arbeit der deutschen Arbeiter verwirklicht wor-
den sei. Auf deutschem Boden vollziehe sich in
diesem Augenblick ein Kultursortschritt, der ein-
mal als Krönung vieler technischer Einzelent-
wicklungen der Vergangenheit angesehen wer-
den würde In dieser Stunde sei der Rundfunk
berufen, die größte und heiligste Mission zu er-
füllen: das Bild des Führers unauslöschlich in
alle deutschen Herzen zu pflanzen. Es sei jetzt
Aufgabe der Industrie, auf der nächsten Funk-
ausstellung einen in beliebigen Mengen liefer-
baren Fernsehapparat auf den Markt zu brin-
gen. Hiermit würde auch ein führender Export-
artikel geschaffen werden.
Hadamovsky verlas sodann zwei an den Füh-
rer und Reichsminister Dr. Goebbels gerichtete
Telegramme und eröffnete damit das regel-
mäßige Fernsehprogramm des Fernsehsenders
Verlin-Witzleben. Im Anschluß hieran wurde
nunmehr das aus 16 Nummern bestehende erste
Fernsehprogramm unter dem starken
Beifall der Gäste vorgeführt.

Setzrede Franklin-Bouillons
Die sranzösiche Kammer ratifiziert die römischen Abkommen
daß die französische Diplomatie im Hinblick aus wartet werden,
die V e r br e che n, die sich vorbereiten, (!) un-
fähig sei, den Block der Gerechtigkeit
zu verwirklichen? (!)
Zum Schlutz der sich an diese wüsten Ausfälle
Franklin Bouillons anschließende Aussprache er-

rung des Friedens nur verlangsamt haben.
Frankreich wolle niemand von der Zusammen-
arbeit ausschlietzen. Laval betonte, daß er auf
die Entwicklung der internationalen Aktion

Frankreichs sei gegen kein Land gerichtet. Die
Welt wüßte das bereits, er lege aber Wert dar-
auf, das noch einmal mit lauter Stimme zu


Regelmäßiges Programm des Fernsehsenders Mtzleben
 
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