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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 41 - Nr. 50 (18. Februar - 28. Februar)
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Pfälzer Note

Dienstag, 26. Februar 1935

70. Jahrgang / Ar. 48

Simon über seinen Berliner Besuch

* Er hofft, Sn kurzer Zeit!
DNB. London, 25. Febr.
»Ich hoffe, in sehr kurzer Zeit Berlin zu be-
suchen". So antwortete am Montagnachmittag
im Unterhaus der englische Außenminister Sir
John Simon auf eine Anfrage des Opposi-
tionsführers Lansbury.
Lansbury fragte, ob Simon in der Lage sei,
irgend eine Erklärung zu dem Vorschlag der
deutschen Regierung abzugeben, daß ein direkter
Meinungsaustausch zwischen den beiden Regie-
rungen als Folge der kürzlichen englisch-franzö-
sischen Besprechungen in London stattfinden
solle.
Simon erwiderte: „Jawohl. Nach Entgegen-
nahme des deutschen Vorschlags über diesen Ge-
genstand fragte die englische Regierung nach,
ob sie richtigerweise annehmen könne, daß der
Zweck dieser Zusammenkunft dahin gehen
würde, die Beratungen über alle in dem eng-
lischfranzösischen Kommunique erwähnten An-
gelegenheiten um einen Abschnitt weiter zu tra-
gen. Ich habe eine Antwort von der deutschen
Regierung erhalten, in der sie mit dieser Be-
schreibung des Umfanges der vorgeschlagenen
Zusammenkunft übereinstimmt und mich ein-
lädt, zu diesem Zweck nach Berlin zu kommen.
Die englische Regierung ist der Ansicht, daß
dies eine nützliche Anregung ist, und ich hoffe,
Linnen sehr kurzem Berlin zu besuchen. Der
Zeitpunkt und die anderen Einzelheiten müssen
noch verabredet werden. Dis französische und dis
italienische Regierung haben dem ihm vor-
geschlagenen Gang des Verfahrens zugestimmt."
Lansbury fragte hierauf: „Ist es beabsich-
tigt, Moskau oder irgend eine andere euro¬

päische Hauptstadt im Zusammenhang mit die-
sen geplanten Abmachungen zu besuchen?"
Simon erwiderte hierauf: „Diese Frage wird
zur Zeit erwogen."
*
Ter englische Außenminister Sir John Si-
mon wurde am Montaq vom König vno Eng-
land im Buckingham-Palast empfangen. Tie Un-
terredung dauerte über eine halbe Stunde.
Garvin über
Simons Berliner Mission
Die Aussichten eines „Zehnjahresfriedens"
DNB London, 25. Febr. Im „Observer"
befaßt sich Garvin eingehend mit „Sir John
Simons Mission". Er führt u- a. aus, die
nächste Frage sei nicht nur, ob Simon Berlin
besuchen soll, sondern ob er wenn er dies tut,
seine Reise nach Moskau ausdehnen und War-
schau auf dem Wege mitnehmen soll. In den
letzten Wochen sei es klar geworden, daß durch
den kleineren Plan allein kein genügender Zweck
erreicht werden könne, und es sei ernstlich zu
hoffen, daß die britische Regierung sich für den
größeren Plan entscheiden werde. Dies bedeute
für keinen Augenblick die Unterschätzung des
Wertes freimütiger Unterhaltugen in der deut-
schen Hauptstadt zwischen dem Führer und dem
britischen Staatssekretär des Aeußeren, im
Gegenteil: dieser unmittelbare Austausch von
Meinungen und Vorschlägen würde die wich-
tige und sogar unentbehrliche Vorbedingung für
jeden Plan der Sicherung der Zivilisation für
einen bestimmten Zeitraum sein.
Der britische Staatssekretär des Aeußeren
könne jetzt mit Vertrauen seine Reise unter¬

nehmen im Bewußtsein, daß eine Aussprache
über die gesamte Lage Europas im Osten und
im Westen zugestanden und erwünscht sei. Vor-
behaltlos, so schreibt Garvin, beglückwünschen
wir den Führer zu der entscheidenden Staats-
kunst, mit der er technische Schwierigkeiten und
Verwicklungen beseitigt und den Weg freige-
macht hat. Er hat sich klug und kühn leiten
lassen, denn er hat sich selbst die erste Gelegen-
heit verschafft, um der gesamten Welt einen
dauerhaften Dienst zu leisten, indem er die stabi-
lisierende Rolle wieder aufnahm, die kein deut-
scher Staatsmann seit Bismarck selbst mit dem-
selben Gesicht und derselben Autorität zu spie-
len fähig war. Alle fähigen Beobachter seien,
so fährt Garvin fort, immer mehr davon über-
zeugt, daß bei den bevorstehenden englisch-deut-
schen Besprechungen der große Plan des
„Zehnjahresfriedens" an erster Stelle
stehen müßte. Diesem Plan schien Hitler in
seinen Unterredungen mit Lord Lothian
günstig gestimmt zu sein.
Man brauche wegen eines Jahres mehr oder
weniger im Vertrage nicht kleinlich zu sein.
Sieben Jahre würden fast ebensogut genügen
wie zehn, um große Erleichterung zu schaffen
und weitreichendere Hoffnungen auf wirtschaft-
liche Wohlfahrt und politische Verantwortung
zu eröffnen.
Ein „Zehnjahresfrieden" würde notwen-
digerweise zu gründen sein auf die gegenseitige
Garantie des Status quo für diesen
Zeitraum und für alle in den teritorialen Rah-
men der Vereinbarungen eingeschlossenen
Nationen.

Oie Feiern im Gaargebiet

Zur Abstimmung über die
schweizerische Wehrdorlage
Die Mehrheit, die sich für die Wehrvorlage
ausgesprochen hat, mutz mit 75 000 als ver-
hältnismäßig schwach bezeichnet werden. Die
Vorlage haben angenommen von den be-
deutenderen Kantonen der Kanton Bern mit
80 060 Ja-Stimmen gegen 73 000 Nein-Stim-
men, von den stark sozialistisch durchsetzten Kan-
tonen Zürich mit 92 000 Ja-Stimmen gegen
65 000 Nein-Stimmen, Genf mit 19 000 Ja-
Stimmen gegen 14 000 Nein-Stimmen, Basel-
Stadt mit 20 000 gegen 16 000 Die übrigen
Kantone haben wie folgt abgestimmt: St.Gallen
mit 33 000 gegen 30 000, Aargau mit 35 000 ge-
gen 29 000, Luzern mit 23 000 gegen 19 000,
Graubünden 15 000 gegen 12 000, Wadt mit
49 000 gegen 42 000, Thurgau mit 21 000 gegen
11 000, Tessin mit 18 000 gegen 12 000. Zu den
Neinsagern gehören in erster Linie die
kleinen bäuerlichen Kantone der Jnnenschweiz:
Obwalden, Niedwalden, Appenzell, Zug, Schwyz
mit beispielsweise 8000 Nein-Stimmen gegen-
über 5000 Ja-Stimmen, Freiburg wies 17 000
Nein-Stimmen auf gegen 14 000 Ja-Stimmen,
Wallis 13 000 Nein-Stimmen und 11000 Ja-
Stimmen, Neuenburg 13 000 Nein-Stimmen ge-
gen 12 500 Ja-Stimmen und Basel-Land 12 000
Nein-Stimmen gegen 9000 Ja-Stimmen.
Dieses Ergebnis ist ein starker Ausdruck der
allgemeinen wirtschaftlichen Unzufriedenheit in
der Schweiz, die besonders die kleinbäuerlichen
Kreise ergriffen hat.
„Eine Volksabstimmung
närrisch"
Paris, 25. Febr. Das „Petit Journal" bringt
eine bemerkenswerte Erklärung des österreichi-
schen Außenministers Berger-Walde n-
egg, der zur Frage der Wiedereinsetzung der
Monarchie in Oesterreich sagte, diese Frage
werde in Oesterreich selbst gar nicht erörtert,
sondern eigentlich nur im Ausland. Allerdings
sei dazu zu sagen, daß die Würde Oesterreichs
es nicht zulasse, daß dem Lande verboten werde,
sich diese oder jene Regierungsform zu geben.
Auf die Frage einer etwaigen Volksabstimmung
in Oesterreich erklärte Verger-Waldenegg lä-
chelnd, daß man ebenso gut den deutschen

Das amtliche Programm
DNB. Saarbrücken, 25. Febr.

Reichskanzler Hitler zum Rücktritt auffordern
könnte. Die Oesterreicher verlangten das nicht,
weil sie als wohlerzogene Leute gelten wollten.
Die Forderung nach einer Volksabstimmung in
Oesterreich sei einfach närrisch.
(Der Herr Minister Verger-Waldenegg wird
wohl nicht für sich in Anspruch nehmen, daß
seine Begründung dafür, daß eine Volksabstim-
mung in Oesterreich närrisch sei, schon über»

Vertreter des Führers Rudolf Heß, Reichs-
minister Dr. Goebbels und Reichskommissar
Bürckel.

zeugend und logisch wäre Die Berufung auf
den Kanzler Hitler ist da wohl ganz und gar
nicht angebracht)

In der Nähe von Lyon stürzte ein mit elf
Personen besetzter Kraftwagen in einen 15 Meter
tiefen Abgrund. Der Führer war sofort tot, wäh-
rend alle zehn Soldaten mehr oder minder schwer
verletzt wurden.

Das amtliche Programm für die Rück-
gliederungsfeierlichkeiten der Saar liegt nun-
mehr vor. Es wird sich an den Feiern fast die
gesamte höhere Führerschaft des Reiches, viele
Minister, Reichsleiter und Gauleiter beteiligen.
Am 1. März um 9.13 Uhr wird die Rückglie-
derung des Saargebietes im geschlossenen Raum
durch Baron Aloisi und den Dreierausschuß
des Völkerbundes an Reichsminister Dr. Frick
im Kreisständehaus zu Saarbrücken vollzogen.
Um 10.15 Uhr erfolgt die feierliche Flaggen-
hissung vor dem Gebäude der Regierungskom-
mission, der sich der gleiche feierliche Akt auf
der Bergwerksdirektion anschließen wird.
Um 11.15 Uhr wird Reichskommissar Gau-
leiter Vürckel durch den Reichsinnenminister
Dr. Frick im Rathaus zu Saarbrücken feierlich
eingeführt.
Um 13 Uhr ist Beginn des Aufmarsches.
19.45 Uhr wird die historische Wechsel-
rede zwischen dem Führer und dem Gauleiter
Vürckel anläßlich der Bekanntgabe des Ab-
stimmungsergebnisses in den Morgenstundendes
15. Januar 1935 wiederholt.
Um 20 Uhr beginnt die Befreiungskund-
gebung auf dem Platz vor der Regierungs-
kommission, die über alle deutschen Sender
übertragen wird. Es werden sprechen der Stell-

Anschließend an die Kundgebung findet in
Saarbrücken ein Riesenfeuerwerk statt, bei dem
die Ufer der Saar illuminiert werden. In allen
Ortschaften mit Ausnahme von Saarbrücken
finden Fackelzüge statt.
Am zweiten Tage werden die Führer der Be-
wegung eine Rundfahrt durch das Saargebiet
antreten. Für den 2. März sind ferner eine An-
zahl weiterer Feierlichkeiten vorgesehen. Inden
Abendstunden wird in Saarbrücken der große
Fackelzug veranstaltet.
Eine Bekanntmachung des Reichskommissars
Vürckel
DNB. Neustadt a. H., Der Reichskommissar
für die Rückgliederung des Saarlandes, Vürckel,
gibt bekannt: Der Besuch einzelner SA- und
SS-Männer in Uniform anläßlich der Saar-
befreiungsfeier wird strengstens verboten. Im
Saargebiet dürfen sich nur solche SA- und SS-
Männer aufhalten, die zu einem geschlossenen
Verband gehören und zur Dienstleistung am 1.
März herangezogen werden. Der Aufenthalt in
Zivil ist gestattet. Diese Anordnung geht alle
Gliederungen der Partei an. Zur Durchführung
dieser Bekanntmachung ist eine Kontrolle ein-
gesetzt.

Analphabetismus in Indien
Genf, Ende Februar.
Das Analphabetentum ist in Indien beson-
ders stark, und die gebildeten Inder selber be-
haupten, daß nur etwa 10 v. H. ihrer Volksge-
nossen lesen und schreiben könnten. Aehnliche
Aufschlüsse gibt auch der kürzlich bekannt gewor-
dene sogenannte Simon-Bericht, aus dem die im
Folgenden wiedergegebenen Ziffern entnommen
sind:
Im Jahre 1927 gab es in Indien britischer
Herrschaft rund 160 000 Volksschulen, die 5 Klas-
sen aufweisen. Auffallend ist es, wieviel kleiner
der Jahrgang der 5. als derjenige der 1. (An-
fangs-)Klasse ist; so haben von rund 4 Mill,
Schülern im Jahre 1922 nur etwa 430 000, als,)
kaum mehr als 10 Proz. fünf Jahre später,
1927, die fünfte Klasse passiert. Auf diese Art
und Weise gehen große Summen bei der Erzie-
hung der Kinder verloren, denn von Jahrgang
zu Jahrgang und von Klasse zu Klasse wird die
Zahl der Schulbesucher kleiner. So wurden im
Jahre 1922 2,1 Mill. Pfd-, im Jahre 1923
300 000 Pfd. Sterling, und im Jahre 1924
217 000 Pfd. Sterling vergebens für Schüler
ausgeworfen, die nicht in die nächsthöhere Klasse
aufrückten. Der Bericht stellt dazu fest, daß der
einzige Zweck der indischen Elementarschulen sei,
den Schülern Lesen und Schreiben beizubringen,
und es ist nicht anzunehmen, daß diejenigen,
welche nur ein oder zwei Jahre in der Elemen-
tarschule zubringen, tatsächlich über Kenntnisse
im Lesen und Schreiben verfügen.
Einer der wichtigsten Gründe für den man-
gelnden Schulbesuch der Kinder dürfte dis
Armut der Eltern sein, welche ihre Kinder zur
Arbeit verwenden.
Ein Vergleich mit dem Britisch-Jndien un-
mittelbar benachbarten Gebieten ergibt dort
gegenüber den 10 Proz. von Indern, die lesen
und schreiben können, weitaus höhere Hundert-
sätze, nämlich in Varoda 14, in Travancoro
22,5, in Cochinchina 21 und in Ceylon 38,5
Prozent der Bevölkerung.
Es muß nunmehr abgewartet werden, ob sich
unter der neuen indischen Verfassung diese Ver-
hältnisse bessern. Vorläufig aber bietet Indien
eine gewaltige Aufgabe auch in dieser Hinsicht
für die christliche Mission.

Rechtsanglelchllirs der
lutherischen Landeskirchen
Wie der „Völkische Beobachter" meldet, haben
dieser Tage, um dem Neubau der Deutschen
Evangelischen Kirche die Wege zu ebnen, nach
einer Mitteilung der Pressestelle der Evangeli-
schen Landeskirche Bayern die Landes-
bischöfe von Bayern, Württemberg
und Hannover im Benehmen mit der vor-
läufigen Leitung der Deutschen Evangelischen
Kirche ein Uebereinkommen getroffen, nach dem
sich die genannten lutherischen Kirchen zu enger
Zusammenarbeit und Rechtsangleichung auf
dem Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung
und der Ordnung von Verkündigung und
Predigtamt vereinigen.

Ein Untersuchungsgefangener von zwei unga-
rischen Ausweisungshäftlingen ermordet
Unruhstadt (Grenzmark Posen-Westpr.),
25. Febr. Am Sonntagvormittag ermordeten
im hiesigen Amtsgerichtsgefüngnis, während
der Justizwachtmeister in der Kirche war, die
beiden ungarischen Staatsangehörigen Sandor
Kölner und Leno Szabo, die seit November v.
Js. in Ausweisungshaft sitzen, den Untersuch-
ungsgefangenen Paul Hoyer. Sie zertrümmer-
ten ihm den Schädel und entflohen dann über
die Gefängnismauer in Richtung der polnischen
Grenze. Die Ermittlungen der Grenzpolizei
haben ergeben, daß die Mörder nach Polen
entkommen sind. Die polnische Polizei hat alle
Schritte zur Ergreifung der Täter eingeleitel.
Der Prinz von Wales in München
München, 25. Febr. Der Prinz von Wales
traf am Montag mittag auf der Durchreise in
München ein- Er besuchte das Armeemuseum,
das Kriegerdenkmal und das Deutsche Mu-
seum. Vor der Feldherrnhalle, am Mahnmal,
ließ er seinen Wagen eine kurze Weile anhal-
ten. Am Abend reiste der Prinz mit dem Nacht-
schnellzug nach Paris weiter.
 
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