Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

DOI Heft:
Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 12. Januar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0085
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Bezugspreis: Durch Botenzustellung u. Post monatl. 2.00 bei der Geschäftsstelle Schriftleitung und Geschäftsstelle: Heidelberg, Bergh. Str. 59/61, Tel. 7Ml. Geschäfts-
adgeholt 1.80 Einzelnr. 10 Erscheint wöchentl. 6 mal. Äst die Zeitung am Er« stunden: 7.30 bis 18 Uhr, Sprechstunden der Redaktion: 11.30 bis 12.30 Uhr. Anzeigen
scheinen verhindert, besteht kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die Ispalt. 'chlntz: 9 Uhr, Samstag 8.30 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte Auf-,
MtllimeterMe (46 min br.) 7 3^/. Textteil: Die 70 mm Lr. Millimeterzsile 2S 3^. Bei trage Wird keine Gewähr übernommen. Postscheck-Konto Karlsruhe Nr. 8105,
Konkurs u. Zwangsvergleich erlischt jed. Anspruch auf Nachlaß. Eevichtsst.: Heidelberg. Unverlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgssandt.
Skimaizriiung mit den Beilagen: Senntag der Seele / Selmatwarte MlleiMalt und Kunst / Aus der Mit der Frau / Sie Leieikunde
Pfälzer Sole Freitag, 11. Zanuar 193S 70. Zahrgang / Ar. 9

Der englische Votschaster beim Außenminister

nach Genf gehen wird.



eine
aus

am nächsten Sonntag der phantastischen Lage im
Saargebiet ein Ende machen werde. Ihm sei in
Paris, so sagt er, versichert worden, daß die
französische Regierung ebenso dringend wie die
deutsche die Rückkehr des Gebietes zu Deutsch-
land wünsche. Solange aber der Völkerbunds-
rat keine Entscheidung gefüllt habe, bleibe die
Gefahr bestehen, daß eine noch sonderbarere

rung noch einige Tage unterdrücken können, bis
der 13- Januar ihm nach 15 Jahren seine Selb-
ständigkeit wiedergibt.

Frankreichs am besten entspricht. Man fürchtet
in diesen Kreisen geradezu, daß kleine örtliche
Status quo-Einsprengsel in völlig sinnloser
Weise die Atmosphäre vergiften und die maß-
gebende französische Politik, die heute
schnelle Lösung der Saarfrage wünscht,
ihrer Richtung drängen könnten-

Der stellvertretende Landesleiter, Niet*

Volksgenossen l
1. Nach einwandfreien Erkundigungen plant
die Einheitsfront, das Aufziehen von Flaggen
am Abstimmungstage zum Anlaß zu nehmen,
ihre Beisitzer aus den einzelnen Abstimmungs-
lokalen zurückzuziehen Wir wissen darüber
hinaus, daß die Einheitsfront durch Provoak-
teure das Aufziehen von Flaggen in den Far-
ben unseres Deutschland vornehmen zu lassen
beabsichtigt. Die Abstimmungskommission hat
vor geraumer Zeit eine Verordnung erlassen,
nach der bis zur Bekanntgabe des Abstim-
mungsergebnisses nicht geflaggt werden darf.
Für jedes Mitglied der Deutschen Front war
und ist es eins Selbstverständlichkeit, daß also
in der fraglichen Zeit weder geflaggt noch sonst
nationale Symbole gezeigt werden. Wenn trotz-
dem am 13. Januar Flaggen gezeigt werden, so
ist die saardeutsche Oefentlichkeit und sind vor
allem die zuständigen Stellen schon jetzt davon
unterrichtet, daß es sich dabei um ein zu durch-
sichtigen Zwecken systematisch organisiertes
Manöver unseres Gegners handelt. Die Mit-
glieder der Deutschen Front sind angesichts sol-
cher Machenschaften der Gegner nun erst recht
im Gewissen verpflichtet, das Flaggenoerbot
strengstens einzuhalten
2. Es ist von uns weiter festgestellt worden,
daß die von der
Plakate freigegebenen Tafeln von Angehörigen
der gegnerischen Gruppen zerstört oder beschä-
digt worden sind, um auch diese Freveltaten
Mitgliedern der Deutschen Front und damit
unserer Organisation zur Last zu legen- Ich
erkläre, daß es sich bei diesen Vorgängen — es
handelt sich um die Durchsägung der Pfosten
und völlige Entfernung der Tafeln — um eine

„Angesichts neuer verzweifelter und vielgestal-
tiger Anstrengungen der Gegner von Ruhe und
Ordnung im Saargebiet, die Durchführung der
Abstimmung zu gefährden oder gar am 13. Jan.
zu verhindern, sehe ich mich veranlaßt, folgende
Anweisungen an die Mitglieder der Deut-
schen Front ergehen zu lassen:

Gegen die Provokation
Die Deutsche Front verbietet alle Empfänge
von Abstimmungsberechtigten
DNV Saarbrücken, 10. Ian.
Da die Front des Status quo vollständig in
der Auflösung begriffen ist und die Anhänger
den Führern in Massen davonlaufen, versuchen
sie nun in ihrer Verzweiflung durch Provo-
kationen Unruhe zu schaffen, und damit die
Abstimmung zu gefährden oder zu verhindern.
Dazu sollten ihnen besonders die großen Emp-
fänge dienen, die die deutsche Bevölkerung des
Saargebietes bisher den dort eintreffenden Ab-
stimmungsberechtigten bereitet hat- Bekannt-
lich hatte man bei diesen Empfängen nie etwas
vom Status guo bemerkt. Bei dem Empfang
am Donnerstag haben nun provokatorische Ele-
mente versucht, Zusammenstöße herbeizu-
führen, sind aber an der disziplinierten Haltung
der deutschdenkenden Bevölkerung restlos ge-
scheitert. Der stellvertretende Landesleiter der
Deutschen Front, Nietmann, hat daraufhin an
alle Mitglieder der Deutschen Front einen Auf-
ruf erlassen und sämtliche we-rere Empfänge von

Gespräch
über die Saarabstimmung
DNV. Verlin, 10. Ian.
Der englische Botschafter, Sir Eric Phipps,
hat den Reichsminister des Auswärtigen, Frhr.
von Neurath, ausgesucht und angeregt, daß
Deutschland als Ratsmitglied an der bevor-
stehenden außerordentlichen Ratstagung des
BSHerbundeg teilnehme, auf der die Ent-
schließungen über das Saargebiet auf Grund der
Ergebnisse der Abstimmung gefaßt werden sollen.
Der Neichsminister hat den Botschafter wissen
lassen, daß die Reichsregierung, nachdem sie ihren
Austritt aus dem Völkerbund erklärt habe, sich
aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in der
Lage sehe, dieser Anregung Folge zu geben.
Gleichzeitig wurde der englische Botschafter
darauf hingewiesen, daß Nachrichten hier vorlie-
gen, wonach die endgültige Entscheidung über
das Schicksal des Saargebietes erst in einer spä-
teren Ratstagung erfolgen sollte, daß aber nach
Auffassung der Reichsregierung ernste Bedenken
dagegen bestünden, die Entscheidung über das
Schicksal des Saargebietes hinauszuzögern, da es
insbesondere für die saarländische Wirtschaft
schwerwiegende Schädigungen mit sich brächte,
wenn der ungesunde Zwischenzustand
mit all seinen llnsichsrheitsfaktoren über das
Maß des dringend Notwendigen hinaus verlän-
gert würde.

Außenminister
aus dem Wege nach Gens
Auch Henderson erwartet
DNB Genf, 10. Ian. Es steht fest, daß zu der
am Freitag beginnenden Ratstagung wieder
eine große Anzahl von Außenministern und
führenden Politikern in Genf Eintreffen wird.
England wird diesmal gleichzeitig durch Sir
John Simon und Eden vertreten sein; Frank-
reich wird wieder den Außenminister Laval ent-
senden. Als Vertreter Italiens wird, wie üblich,
Baron Moisi in Genf anwesend sein. Auch die
drei Außenminister der Kleinen Entente wer-
den hier erwartet, sowie der sowjetrussischs
Außenkommissar Litwinow und der türkische
Außenminister Rüschtü Aras, der sogar bei die-
ser wichtigen Tagung des Völkerbundsrates den
Vorsitz führen wird- Im Gegensatz zur »Ußer-
ordentlichen Dezembertagung des Nates soll anch
der polnische Außenminister Beck diesmal Boeder
am Ratstisch erscheinen.
Welche Bedeutung der Abrüjtungsfrage für die
Besprechungen hinter den Kulissen diesmal zu-
gemessen wird, geht schon aus der Tatsache Her-
Lage als die jetzige eintrete. Im Interesse der vor, daß auch Henderson sich in der nächsten Zeit

Mr schnellste Rückkehr der Laar
DNB. London, 10. Ian. In einem langen
Aufsatz in der „Daily Mail" drückt Ward

Heimatlande zurückkehre.

Sobotagkversuche der Separatisten
deutsche Front mahnt zur Rühe
Reue Machenschaften der in Auflösung begriffenen Status quo-Front
DNV. Saarbrücken, 10- Ian. jeglichen Zusammenstoß mit Mitgliedern der
Nachdem es der status-quo-Front mißglückt ist, ' status-quo-Front ausschließen,
dur Nationen Zusammenstöße mit den
Mitgi^^a der Deutschen Front herbeizuführen mann, hat folgenden Aufruf erlassen:
und so eine Lage zu schaffen, dje die Abstim¬
mung vielleicht unmöglich machen könnte, greift
sie nun angesichts der geschlossenen und entschlos¬
senen Haltung des größten Teiles der Saarbe-
völkerung zu neuen Mitteln. Die große Angst
vor der Abstimmung am kommenden Sonntag
hat sie zu einem neuen Verzweiflungs¬
schritt getrieben, durch den sie die Abstim¬
mung nun mit Sicherheit glaubt sabotieren zu
können.
Nach einwandfreien Ermittlungen plant o-e
Einheitsfront, auf ein bestimmtes Stichwort hin
am Sonntag mittag ihre Beisitzer aus den
einzelnen Nbsti m m ungs! oka!en zu-
rück z u z r e h e n. Da dann die Wahlvorftände
den Bestimmungen nrchr mehr entsprechen und
zum Torso würden, wäre damit die Fortführung
der Abstimmung unmöglich gemacht. Glücklicher¬
weise ist es gelungen, rechtzeitig hinter diese
Machenschaften zu kommen und Schritte vorzu-
bereiten, die auch diese Dinge unmöglich machen.
Die status-quo-Front will ihren fein ausge-
heckten Plan mit einer Begründung verwirk-
lichen, die die Schuld der Deutschen Front zu-
schreibt und zwar will sie durch Provokateure i n
den Farben Deutschlands flaggen
lassen und dann diese Usbertretung des Flag-
genverbotes als neuen Terrorakt und als Ueber-
tretung der Abstimmungsbestimmungen aufzie¬
hen. Damit soll dann die Sicherheit der Abstim-
mung in Frage gestellt sein. Nach dem Motto
„Haltet den Dieb" beklagt sie sich dabei schon jetzt
über den „Terror" der Deutschen Front und be-
reitet diesen Schritt für den kommenden Sonn-
tag stimmungsgemäß vor- Sie veranstaltet
Presse-Empfänge für die Auslandspresse und
versucht, ihr schon jetzt einen angeblichen Terror
der Deutschen Front zu beweisen.
Demgegenüber hat die Landesleitung der
Deutschen Front auch auf ihr letztes Recht
verzichtet, um auf jeden Fall die Abstimmung
sicherzustellen, und Maßnahmen getroffen, die

Sie Vekanntgabe
des Abstimmungsergebnisses
Durch Rundfunk über alle Sender der Welt
DNB Saarbrücken, 10. Ian.
Die AL st immungskom Mission hat
grundsätzlich beschlossen, das Ergebnis der Volks-
abstimmung im Saargebiet am Montag
abend durch den Mund ihres Präsidenten
Rohde über alle Sender der Welt verkünden
zu lassen. Als amtliche Ergebnisse der 83 Ab-
ftimmungsbezirke werden nacheinander die Ein-
zelergebniffe mit ihren Stimmen für Deutsch-
land, Frankreich und den Status quo sowie die
endgültigen Stimmen in deutscher und franzö-
sischer Sprache bekanntgegeben. Abschließend
verkündet Rohde das Gesamtergebnis der Volks-
abstimmung im Saargebiet, das, wie man er-
klärt, um Genf nicht vorzugreifen, ausdrücklich
als nichtamtlich erklärt wird.

Die Grenzsicherung
wieder durchgesührt
Militärpatrouillen statt Landjäger an der
saarländisch-lothringischen Grenze
DNV. Saarbrücken, 10. Ian. Wie man
heute überall an der saarländisch-lothringischen
Grenze beobachten konnte, sind die zur großen
Beunruhigung der Bevölkerung plötzlich von
Landjägern entblößten Grenzgebiete nunmehr
von ständigen Militärpatrouillen der
verschiedenen im Saargebiet stationierten inter-
nationalen Truppenkontingente besetzt worden.
Durch diese Vorsichtsmaßnahme wird eine we-
sentliche Beruhigung innerhalb der Bevöl-
kerung erzielt werden, da damit die von allen
Seiten gewünschte Grenzsicherung ermög-
licht wird.

Völkerbundsrat und Saargebiet,
DNB. Genf, 10. Jan- Aus gutunterrichteten
Kreisen des Völkerbuaosekretariats wird bestä-
tigt, daß der Zeitpunkt der endgültigen Völ-
kerbundentscheidung über ü-e Saarab-
stimmung noch ganz ungewiß und vom Ausgang
der Volksabstimmung abhängig ist. Bei einer
ganz klaren Abstimmung für Deutschland, die
nirgends, auch nicht in Teilen des Saargebiets, !
Zweifel möglich macht, würde eine Entscheidung
des Völkerbundsrates etwa acht Tage nach Be-
kanntwerden des Wahlergebnisses möglich sein.
Dann würde das Dreierkomitee sofort
vom Rat mit der Ausarbeitung der endgültigen
Vorschläge beauftragt werden. Gleichzeitig könn-
ten die übrigen Maßnahmen zur Ueberleitung
ohne Zögern in Angriff genommen werden.
Sollten aber auf Grund des Wahlergebnisses
Unklarheiten übrig bleiben, etwa durch kleine
örtliche Mehrheiten für den Status quo,
so müßte die Lage auf Grund der Vertragsbe-
stimmungen erst geprüft werden, was einige
Zeit in Anspruch nehmen müßte. Zugleich wären
diplomatische Sondierungen dann
nicht ausgeschlossen. Für diesen Fall hält man
es dann allerdings auch in Völkerbundskreisen
für möglich, daß der Völkerbundsrat später, etwa
,, » im Februar, zur Entscheidung nochmals einbe-
Abstrmmungsberechtigten, auch solchen aus dem rufen wird- Auch in vernünftigen französi-
Reiche, untersagt. Das Saarvolk hat bisher sch en Kreisen verhehlt man sich übrigens nicht,
schon so viel über sich ergehen lassen müssen, es daß eine klare und lückenlose Mehr-
muß mit verbundenem Munde am kommenden heit für Deutschland— wie die Dinge
Sonntag abstimmen; es wird auch seine Begeiste- heute liegen — im Grunde auch den Interessen

Sie Ausschmückung
der Saarabstimmungszüge
DNV Berlin, 10. Ian. Die Abstimmungszüge
dürfen bei Eintritt in das Saargebiet nicht mit
Wimpeln, Erünschmuck, Plakaten oder Anschrif¬
ten (auch im Wageninnern) versehen sein. Die
Aufenthalte der Züge auf den Grenzstationen Price die Hoffnung aus, daß die Abstimmung
sind sehr kurz bemessen. Eine Ausschmückung der
Wagen kann daher höchstens in geringem Um¬
fange und nur so zugelassen werden, daß die
Ausschmückung beim Uebergang der Wagen in
das Saargebiet leicht und rasch wieder entfernt
werden kann. Namentlich muß es vermieden
werden, daß etwa Plakate fest angeklebt werden
und daß Erünschmuck so festgebunden wird, daß
er nicht ohne weiteres abzunehinen ist. Ange¬
sichts der Bedeutung der Saarabstimmung darf europäischen Ruhe sei zu hoffen, daß diese rein in Genf aufhalten wird und daß für die Ver--
erwartet werden, daß die Reisenden der Abstim- deutsche Provinz so schnell wie möglich zum einigten Staaten der Berner Gesandte Wilson
mungszüge für die hier nötige Zurückhaltung
Verständnis haben.
 
Annotationen