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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 12. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0517
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Pfälzer Note_Montag, 4. März 1935 _76. Jahrgang / Ar. 53

Oie Trauer um Bischof Or. Bares

Ak der Bahre
des Bischofs von Berlin

Nasch tritt der Tod...
Berlin, 3. März.
Die Sonntagsausgabe der „Germania" steht
ganz im Zeichen der Trauer um den Tod des
Bischofs Dr. Bares. Die ersten Anzeichen einer
schweren Erkrankung, so wird berichtet, machten
sich am Mittwoch vormittag am Schlüsse der
Sitzung im Bischöflichen Ordinariat bemerkbar,
als der Bischof einen Schwächeanfall erlitt. Nie-
mand, am wenigsten er selbst, dachte daran, daß
dies bereits ein Vorbote des Todes sein könnte.
Mit der Bemerkung, daß ein Tag Ruhe und
„Fasten" genüge, setzte er sich über die Erkran-
kung hinweg. Im Laufe des Donnerstag empfing
er noch einige seiner Mitarbeiter zum Vortrag
und auch fremden Besuch.
Am Freitag morgen steigerten sich die Schmer-
zen zur Unerträglichkeit. Sein Hausarzt, Dr.
Petermann, ordnete deshalb sofortige Ueber-
führung in das Hedwigs-Krankenhaus an. Zur
Behandlung wurde auch Geheimrat Prof. Dr.
Sauerbruch gerufen. Die Aerzte erkannten,
daß die Lage des Patienten zur äußersten Be-
sorgnis Anlaß gebe. Der Schwächezustand ließ
keinen operativen Eingriff*mehr zu. Die Blut-
verluste wurden von Stunde zu Stunde größer'.
In den Mittagsstunden stattete Exzellenz Nun-
tius Orsenigo dem Patienten seinen Besuch
ab. In den Nachmittagsstunden wurde der Hl.
Vater von der schweren Erkrankung des Ber-
liner Bischofs unterrichtet. Gegen 6.30 Uhr ver-
sammelten sich die Mitglieder des Domkapitels
am Krankenlager des Bischofs, und der im Hed-
wigs-Krankenhaus anwesende Bischof Dr. Ber-
ning spendete dem Kranken, dessen Zustand sich
dauernd verschlimmerte, die hl. Oelung. Der
Apostolische Nuntius, Bischof Dr. Berning und
Domkapitular Lichtenberg beteten mit den An-
wesenden die Eterbegebete. Freitag abend 10.15
Uhr tat der Bischof den letzten Atemzug.
Ueber den Verlauf der Erkrankung teilt uns
der Chefarzt des Hedwigs-Krankenhauses, Dr.
Petermann, der gleichzeitig der Hausarzt
des Bischofs war, folgendes mit:

Vie Reife Simons
Am Donnerstag Ankunft in Berlin
DNV- Berlin, 2. März.
Die britische Negrerung hat die
Reichsregierung wissen lassen, daß der Besuch
des britischen Staatssekretärs des Auswärtigen
in Berlin in der nächsten Woche stattfinden
wird. Sir John Simon wird am Donnerstag
den 7. März, abends, hier eintreffen. Die bei-
den folgenden Tage sind für die in Aussicht ge-
nommenen Besprechungen bestimmt.
Auch Polen wünscht
einen englischen Ministerbesuch
DNB. Warschau, 2. März.
Die halbamtliche „Gazeta Polska" äußert sich
in einem Kommentar von wenigen Zeilen zu
dem Plan eines Besuches englischer Minister in
Warschau. Polen, heißt es darin, nehme in-
folge seiner geographischen Lage im Zentrum
Europas zwischen Deutschland im Westen und
der Sowjetunion im Osten eine Schlüssel-
stellung ein. Aus diesem Grunde halte die
britische Regierung einen Besuch in Warschau
für eine wesentliche Ergänzung der Besuche in
Berlin und Prag. Eine Annahme der Moskauer
Einladung würde erst erfolgen, wenn eine ent-
sprechende Erklärung bezüglich der erwarteten
Einladung nach Warschau möglich wäre.
Das Blatt schreibt dazu: Verträge, die ledig-
lich Westeuropa umfassen, befriedigen offensicht-
lich die diplomatischen Kreise von Paris und
London nicht. Hierin ist hauptsächlich der Grund
für die geplante Reise des Vertreters der bri-
tischen Regierung zu suchen. Die erhebliche Be-
deutung einer solchen Reise ist zweifellos, ins-
besondere angesichts des Charakters der briti-
schen Politik, die sich durch große Objektivität

„Bischof Dr. Bares litt schon vor Jahren an
einer Thrombose beider Deine; eine verhältnis-
mäßig leichte Komplikation dieser Erkrankung
machte im Sommer vergangenen Jahres eine
mehrwöchige ärztliche Behandlung notwendig.
Am Dienstag, 26. Februar, abends, erkrankte er
mit leichtem Unbehagen, nahm aber am Mitt-
woch, 27. Februar, noch an einer längeren
Sitzung teil, in deren Verlauf sich heftige Schmer-
zen im Oberbauch und Uebelkeit einstellten.
Bischof Dr. Bares hoffte durch Ruhe und Scho-
nung baldige Besserung zu erreichen.
Er arbeitete auch noch am Donnerstag, den
28. Februar. Da die Beschwerden stärker wur-
den, nahm er am Abend dieses Tages ärzt-
liche Hilfe in Anspruch. Die Chefärzte am St.
Hedwigs-Krankenhaus, Dr. Petermann und Pro-
fessor Dr. Vrogsitter, stellten eine Erkrankung
ernster Natur der B a u ch o r g a n e fest und ver-
anlaßten die Ueberführung in das Kranken-
haus. Am Freitag, 1. März, nahmen die Be-
schwerden und Krankheitserscheinungen zu: es
traten auch Blutungen in den Bauchorganen
— Magen und Darm — auf.
Der zur Behandlung hinzugebetene Geheimrat
Prof. Dr. Sauerbruch, der auch am Abend noch-
mals am Krankenlager des Bischofs erschien,
schloß sich der Auffassung der behandelnden
Aerzte an. Am Freitag gegen Abend trat ein
schneller Kräfteverfall ein, und um 22.15 Uhr
starb der Bischof. Die Ursache der schweren Er-
krankung und des rapiden Verlaufs ist in einer
plötzlichen Verstopfung (Thrombose) von Blut-
gefäßen im Oberbauch zu suchen."
Tausende nehmen Abschied
Am Samstag abend wurde die Leiche vom
St. Hedwigs-Krankenhaus nach der Bischöf-
lichen Kurie überführt und dort in der
Hauskapelle aufgebahrt. Hier nahmen den
ganzen Sonntag über Tausende von ihrem Bischof
Abschied. Die feierliche Beisetzung findet am
Donnerstag in der Gruft der Hedwigskathedrale
an der Seite des Bischofs Dr. Schreiber und des

Weihbischofs Deitmer statt. Der Sarg wird vom
Ordinariat in der Behrenstraße in feierlichem
Zuge nach der St.-Hedwigs-Kirche gebracht. Die
Exequien hält der Breslauer Erzbischof Kardi-
nal Bertram. Die Gedächtnisrede auf den
großen Toten hat sein Nachfolger auf dem Bi-
schofsstuhl in Hildesheim, Bischof Machens,
übernommen. Selbstverständlich werden das ge-
samte katholische Berlin und vor allen Dingen
die kirchlichen Vereine, denen der Verewigte ein
so treuer Freund war, vertreten sein. Zugesagt
haben bisher ihr Erscheinen bei der Trauer-
feierlichkeit die Bischöfe von Eichstätt, Münster,
Hildesheim und Osnabrück.
Für die Zeit der Verwaisung des Bischöflichen
Stuhles hat das Domkapitel den bisherigen
Generalvikar Dompropst Prälat Dr. Stein-
mann zum Kapitularvikar gewählt.
Veileidstelegramme
Der Führer und Reichskanzler hat an
das Domkapitel zur Heiligen Hedwig in Berlin
folgendes Telegramm gerichtet:
„Zu dem schweren Verlust, der das Domka-
pitel und die Diözese Berlin durch den so
frühen Tod des Bischofs Dr. Nicolaus Bares
betroffen hat, spreche ich Ihnen mein herzliches
Beileid aus. gez. A d o l f H i t l e r
„Jn tiefster Erschütterung und Trauer herz-
lichstes Beileid zum unerwarteten plötzlichen
Heimgange des inniggeliebten Bischofs.
Kardinal Bertram."
„An der tiefschmerzlichen Trauer der Diözese
Berlin nimmt innigsten Anteil
Kardinal Schulte."
„Erschüttert von der Todesnachricht eures
Bischofs mein herzlichstes Beileid.
Konrad, Erzbischof."
„Einer der Edelsten ist hinübergegangen. Er-
schüttert stehe ich mit dem ganzen Bistum Hil-
desheim an der Bahre unseres früheren unver-
geßlichen Bischofs.
Bischof Machens."

und Elastizität auszeichnet. Es ist selbstverständ- >
lich, daß der Besuch eines britischen Staatsman-
nes von der polnischen Regierung gern gesehen
würde, deren Beziehungen mit der Kritischen
Regierung die allerbesten sind.
Aeuer politischer Mord
in der Sowjetunion
DNB. Moskau, 2. März.
Amtlich wird gemeldet, daß in der Nacht
vom 28. Februar zum 1. März in der Nähe von

Noworosisk der Kommunist Truchschumow
ermordet wurde. Die eingeleitete Untersuchung
hat ergeben, daß Truchschumow von ehemaligen
reichen Bauern getötet wurde. Die Beweg-
gründe sollen rein politische sein. Der oberste
Staatsanwalt hat telegraphisch angeordnet, datz
die Untersuchung gegen die Verhafteten in zehn
Tagen abgeschlossen werden soll, damit die Ab-
urteilung sofort erfolgen kann.
Im Februar 1935 wurden nach den bisherigen
Mitteilungen 18 politische Morde festge-
stellt.

Der erste Saar-Regierungs-räsideni
Der bisherige hessische Staatsminister Jung ernannt

DNB. Saarbrücken, 2. März.
Der Reichsinnenminister hat auf Vorschlag
des Saarbevollmächtigten Gauleiter Vürckel den
hessischen Staatsminister Jung zum Regie-
rungspräsidenten des Saargebietes mit dem Sitz
in Saarbrücken ernannt.
Regierungspräsident Jung ist der erste
Reichs-Regierungspräsident. Er wird sein Amt
am kommenden Montag antreten. Jung war
der einzige Staatsminister des Freistaates
Hessen, da dort die Zahl der Minister auf einen
verringert wurde.
Philipp Wilhelm Jung wurde am 16. Sep-
tember 1884 in Nieder-Flörsheim bei Worms
als Sohn eines Volksschullehrers geboren. Nach
dem Besuch des Gymnasiums in Worms stu-
dierte er in Heidelberg, München und Gießen
Rechtswissenschaft. 1912 ließ er sich in Worms
als Rechtsanwalt nieder. Nach dem Kriege, den
er zuletzt als Batterieführer im Landwehrfeld-
artillerieregiment 13 mitmachte, trat er wäh-
rend der Besatzungszeit im Kampfe gegen die
Separatisten hervor. Der nationalsozialistischen

Bewegung hat Jung seit einer ganzen Reihe
von Jahren treue Dienste geleistet. Am Aufbau
der Partei in Hessen war er führend beteiligt.
Auch als Verteidiger von Nationalsozialisten hat
er sich in zahlreichen Prozessen zur Verfügung
gestellt. Im März 1933 wurde er Staatskommis-
sar der Stadt Mainz, im Mai Staats,ekretär im !
hessischen Staatsministerium, um dann im Sep- I
tember 1933 zum hessischen Staatsminister er-
nannt zu werden. Unter seiner Leitung ist die
hessische Verwaltung reorganisiert und den Er-
fordernissen der Zeit angepaßt und das Finanz-
wesen wieder auf eine gesunde Grundlage ge-
stellt worden.
*
Zur Erinnerung an die Rückkehr des Saarlan-
des zur Heimat hat der Reichsarbeitsminister für
die ehemaligen Angehörigen der alten Wehrmacht
und ihre Hinterbliebenen, die durch ihre Treue
der deutschen Sache zum Sieg verhalfen haben,
50 000 RM. als „Sa ar spende" bereitgestellt.
Tie Ausschüttungen werden am 13. Januar jeden
Jahres, als dem Gedenktage des Abstimmungs-
sieges. vorgenommen werden.

Für die große Öffentlichkeit vollständig über-
raschend traf die Nachricht vom Tode des Bischofs
Dr. Nikolaus Bares von Berlin ein. Das
katholische Deutschland erleidet einen schweren
Verlust mit dem Hinscheiden dieses zweiten
Bischofs von Berlin, des würdigen Nachfolgers
seines Vorgängers Dr. Christian Schreiber. Weit
über die Grenzen seines eigenen Wirkungskreises
hinaus hatte sich Bischof Bares große Achtung
und Ehrfurcht erringen können. Er gehörte zu
den hervorragendsten Führergestalten des deut-
schen Episkopats.
Nikolaus Bares wurde am 24. Januar 1871
in Idenheim in der Eifel als Sohn eines Land-
wirts geboren. Nach dem Besuch des Konvikts
in Trier und des Friedrich-Wilhelm-Eymna-
siums in Köln trat er nach abgelegtem Abitur
in das Priesterseminar in Trier ein. Am 30.
März 1895 wurde er vom Bischof Korum zum
Priester geweiht und ging als Kaplan nach


Koblenz. Nach vierjähriger Seelsorgertätigkeit,
wobei er sich besonders der studierenden Jugend
angenommen hatte, wurd er Religionslehrer an
der Realgymnasialanstalt in Kemperhof bei
Koblenz (1899). Nachdem er vorher in Bonn
das Oberlehrerexamen absolviert hatte, kam er
1905 als Religionslehrer an das Kaiser-Wil-
Helm-Eymnasium nach Trier. Von 1907 ab ging
er auf zwei Jahre an die Universität Berlin, wo
er u. a. auch Schüler von Harnack und Deißmann
war. In Breslau promovierte er bei dem Dog-
matiker Professor Pohle zum Dr. theol.
Nach seiner Rückkehr nach Trier wurde er am
Priesterseminar Professor der Exegese des neuen
Testamentes. Als 1918 Regens Dr. Becker aus
Gesundheitsrücksichten sein Amt niederlegte,
wurde Bares sein Nachfolger als Regens des
Trierer Priesterseminars. Im Dezember 1920
berief Bischof Korum Bares ins Domkapitel,
nachdem er im September des gleichen Jahres
zum Geistlichen Rat ernannt worden war und
kurz darauf auch Päpstlicher Hausprälat wurde.
Nach langwierigen Verhandlungen zwischen der
Kurie und dem preußischen Staat wegen der
Neubesetzung des seit Mai 1928 vakanten Bi-
schofsstuhles in Hildesheim ernannte dann am
16. 1.1929 Papst Pius XI. Dr. Bares zum Bischof
auf dem Stuhl des Heiligen Bernward in Hil-
desheim.
Dr. Bares gehört zu den Gründern des katho-
lischen Akademikerverbandes. Durch Herausgabe
der „Ecker Bibel" sowie durch zahlreiche Aufsätze
zur Exegese und Seelsorge und das 1910 erschie-
nene Buch über „Die moderne protestantische
Abendmahlslehre" hat er sich um die katholische
theologische Wissenschaft Verdienste erworben.
Nach fast vierjähriger Tätigkeit als Bischof
von Hildesheim wurde Bares am 21. Dezember
1933 von Papst Pius XI. auf den Vischofsstuhl
von Berlin als Nachfolger des verstorbenen
ersten Bischofs in der Reichshauptstadt, Dr.
Schreiber, berufen. Nachdem Bares am 31. Ja-
nuar 1934 den Treueid vor Ministerpräsident
Göring abgelegt hatte, wurde er am 3. Februar
 
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