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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 12. Januar)
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WWMaft und Kunkl / Aus der MU der Frau / Sir LMWnde

psälzerdote Montag, 7. Zanuar 1935

7«. Jahrgang / Ar. s

Saarbrückens größter Tag!

350000 Saarländer marschieren für Deutschland / Gewaltige Kundgebung auf dem Wakkenberge

DNB. Saarbrücken, 6. Jan.
Der 8. Zanuar wird in der Geschichte des
Saargebietes für alle Zeiten ein Tag bleibenden
Gedenkens werden, denn er war die größte und
eindruckvollste Kundgebung des deutschen Saar-
volkes für das deutsche Vaterland. 3500ÜV
Saarländer gaben an diesem Tage
ihrem unbedingten Willen zu
Deutschland Ausdruck. Weit über 15Ü 000
Menschen standen auf dem Platz auf dem Wacken-
berge, 50 000 auf einem kleineren Platz, 100 000
standen in die ganze Straßenbreite füllenden,
viele Kilometer langen Marschkolonnen, ohne
bis in die Mittagsstunden auf den Kundgebungs-
vlatz gelangen zu können.
Auf allen Bahnhöfen des Saargebietes mutzten
»iele Tausende zurück bleiben, allein
IS 000 in Neunkirchen, weil anstelle der 81 ange-
forderten Sonderzüge die Saarbahnen nur 32
Züge stellen konnten und trotz stärkster
Ueberfüllung der Züge ein großer Teil der
Demonstranten nicht nach Saarbrücken befördert
zu werden vermochte. Aber allein durch ihren
Willen, nach Saarbrücken zu fahren, haben auch
diese Saarländer ihrem Willen zu Deutschland
in einer außerordentlich eindrucksvollen Weise
Ausdruck gegeben. Allein die Bahnen hatten
75 000 Menschen zur Kundgebung der Deutschen
Front nach Saarbrücken transportiert. 45 000
Menschen wurden vom Deutschen Automobilklub
in Omnibussen und Autos in ununterbrochenem
Pendelverkehr nach Saarbrücken gebracht. 100 000
aus Saarbrücken und weitester Umgebung kamen
m langen Zügen trotz strömenden Regen zu
Fuß marschiert. Davon allein ein 10 000 Men-
schen fassender Zug aus Dudweiler-
Der Morgen ist grau und diesig. Auf dem
nassen Asphalt spiegeln sich letzte Lichter der
Nacht. Und dünn und stetig rinnt der Regen.
Da: Marschtrupps von fern, dunkle Kolonnen
mit schwarzen Mützen und weißen Armbinden:
Der Ordnerdienst der Deutschen Front, den die
Polizei Organisation und Leitung der Menschen-
ströme überlassen hat, rückt an- Langsam wird
es hell. Dann ist der Morgen da und mit ihm
Saarbrückens größter Tag.
Dann quellen aus dem Bahnhof plötzlich riesige
Menschenmassen. Die ersten von den 32 Sonder-
zügen sind eingetroffen. In allen Straßen sam-
meln sich trotz des Regens die einzelnen Orts-
gruppen der Deutschen Front zum Marsch zum
Kundgebungsplatz, der weit über der Stadt auf
dem Wackenberge liegt. Und Zehntausende tref-
fen in breiten Kolonnen zu zehn und zwölf
Mann aus den umliegenden Orten ein. Die
Brücken über die Saar nach dem linken Saar-
ufer, auf dem die Kundgebungsplätze liegen, sind
gesperrt- Nur in Zügen oder mit Ausweis darf
man passieren. So will die Polizei Störungs-
versuchen durch die Separatisten vorbeugen,
eigentlich ein überflüssiges Unterfangen, denn
wer von diesen Verrätern in diese breiten, nicht
mehr aufzuhaltenden Msnschenströme gerät, wird
mitgerissen. Die Flut geht über ihn hinweg und
spült ihn fort- Jetzt treffen zu Hunderten Autos
und Autoomnibusse ein. Alle überfüllt mit be-
geisterten Menschenmassen.
Die Straßen zum Wackenberge sind lebendig
geworden. Langsam schieben sich hier die Men-
schenmassen empor, und es ist manchmal, als
würden sie die Mauern sprengen, die die Stra-
ßen säumen: Volk will zuVolk.unddie-
ser Wille ist übermächtig und all-
mächtig. Blutrot ist der Strom: es sollten
zwar keine entrollten Fahnen getragen werden,
aber was will man machen, wenn heißer, hei-
liger Wille die Hakenkreuzfahnen entrollt, wenn
Zehntausende sich entschlossen um diese Fahnen

scharen und das Rot der Hakenkreuzfahnen um-
gehen ist von dem roten Herzblut der Saarbe-
völkerung?
Auch die Musikkapellen sollten nicht geführt
werden. Aber die Begeisterung braucht Luft.
Schmetternde Märsche ertönen, Trommeln und
Pfeifen darin, Fanfaren des Jungvolkes gellen
und dumpf dröhnen die Landknechtstrommeln.
Der Regen rinnt, aber die Saarbevälkerung
marschiert! Die Häuser sind auf Grund der Ver-
ordnung der Regierungskommission ohne Fah-
nenschmuck, aber die Herzen der Saarländer
haben geflaggt. Trotz und Treue ist ihr Tritt.
DieMengeharrt aufdemWacken-
berge.
Schon lange vor 10 Uhr ist der große, weit
mehr als 100 000 Menschen fassende Platz zum
größten Teil gefüllt, und noch längst ist nicht
die Hälfte der Sonderzüge in Saarbrücken ein-
getroffen- Fast eine Stunde aber dauert der
Marsch vom Bahnhof zum Wackenberge. Der
Platz ist aufgeweicht, in blanken Pfützen stehen
die Massen und gehen nicht von der Stelle. Sie
wissen, was es gilt! Frauen und Greise sollen
heimgeschickt werden. Doch sie wollen nicht gehen-
Gesang schallt die Straße herauf: Wir tragen
in hämmernden Herzen den Glauben an Deutsch-
lands Glück!
„Ich hab' mich ergeben
mit Herz und mit Hand
Dir Land voll Lieb' und Leben
Du heil'ges Heimatland!"
Auf dem nun fast ganz gefüllten Riesenplatz
haben sich etwa 140 000 Menschen eingefunden,
und immer neue Ströme quellen herauf. Von
dem Lautsprecherwagen aus werden in höchster
Eile neue Leitungen gelegt, neue Lautsprecher
montiert, damit möglichst viele teilhaben können
an dieser Demonstration des Willens der Saar-
bevölkerung. Bor dem Schulgebäude haben sich
Hunderte von Fahnen angesammelt. Um 11 Uhr
muß schließlich mit der Kundgebung begonnen
werden, wenn ein rechtzeitiger Schluß sicherge-
stellt werden soll. Leider ist um diese Zeit noch
nicht die Hälfte der zur Kundgebung eingetrof-
fenen Menschen auf dem Wackenberge angelangt.
In den Landstraßen stecken noch die vielen kilo-
meterlangen Züge und sperren in der ganzen
Straßenbreite jeglichen Verkehr. Die Polizei
mutz schließlich einen Teil dieser Züge zur Um-
kehr bewegen, ehe sie die Kundgebung überhaupt
erreicht haben, damit nicht bei dem Abmarsch
vom Kundgebungsplatz eine restlose, jegliche

Achtung! Rundsunkhörer!
Bürckel spricht am Mittwoch in Kaiserslautern
DNB Berlin, 5. Jan. Der Saarbevollmäch-
tigte des Reichskanzlers, Gauleiter Bürckel,
spricht nicht am 11. Januar, sondern am
Mittwoch, 9. Januar 1835, abends 2V.VV Uhr
in einer öffentlichen Kundgebung in der Frucht-
halle zu Kaiserslautern vor den Vertretern der
in- und ausländischen Presse über das Thema:
„Am 13. Januar: Den Weg frei zur
Verständigung!"
Die Eröffnung der Saar-Ausstellung auf
Wachsplatte über alle deutschen Sender
DNB Berlin, 5. Jan. Die Kundgebung
anläßlich der Eröffnung der Saar-Ausstellung
durch Reichsminister Dr. Goebbels am 6.
Januar vormittags 11 Uhr in der Kroll-Oper
wird vom Reichssender Berlin Montag,
abend im Anschluß an seinen Nachrichten-
dienst von Wachsplatte wiedergegeben. Die
Veranstaltung geht über alle Sender.

Entwirrung unmöglich machende Verstopfung
der Straßen eintritt. Und so sieht man denn
unten in der Ebene mit ihren Fahnen lange
Züge schon wieder abmarschieren, als die Kund-
gebung noch im Gange ist.
Kurz nach 11 Uhr klingt der Badenweiler
Marsch auf. Der Fahneneinmarsch beginnt. Dann
ergreift
Karl Brück, der Landesorganisationsleiter
der Deutschen Front,
i das Wort. Er gedenkt der 20 000 toten Saarlän-
j der, die für Deutschland gefallen sind. Die Fah-
nen senken sich, und, ergreifend in dieser Stim-
mung und in dieser Stunde, verhallt getragen
das Lied „Ich hatt' einen Kameraden". Dann
spricht Karl Brück kämpferische Worte, die mit
Jubelbrausen ausgenommen werden. Es ist eine
harte Abrechnung mit jenen bezahlten Elemsn-
! ten, die versuchen, für 30 Silberlinge ihr Vater-
land zu verkaufen.
Inzwischen hat es aufgehört zu schneien und
langsam wird es lichter um den Berg. Jetzt
spricht der Führer der Deutschen Gewerkschafts-
front und Landsspro-pagandaleiter der Deutschen
Front,
Peter Kiefer.
Er hat sofort die Herzen der Bevölkerung ge-
wonnen und den Weg zu ihnen gefunden. Auch
er wird immer wieder von Jubel unterbrochen,

insbesondere wenn er mit den sogenannten Ar-
beiterparteien und den freien Gewerkschaften
abrechnet, die den Saarbergarbeiter, den Saar-
kumpel, verraten und verkauft haben.
Hunderttausend-e singen das Saarlied, neh-
men es auf und tragen es weiter, sodaß es wie
ein einziger Schwur wirkt. Dann spricht der
stellvertretende Landesleiter der Deutschen Front,
Nietmann, der dem seit Wochen schwer er-
krankten Landesleiter Pirro dankt, Latz er trotz
seiner schweren Krankheit zu dieser Kundgebung
erschienen ist. Deutschlandlied und Horst-Wesiel«
Lied, mit erhobenen Armen gesungen, schließen
dann die Kundgebung, und als die Fahnen in
den Wind gehoben werden, bricht für eine Mi-
nute an einer Stelle die Sonne durch die Wol-
ken, überhellt den ganzen Berg und schafft ein
Gemälde, das wie ein lichtes Vorfrühlings-
gemälde wirkt.
Bis 2 Uhr sind die Saarbrücken gesperrt, da
auf dem rechten Saarufer die sogen. Status-
quo-Front aufzumarschieren versucht. Wer
vergleicht, wie am Morgen diese breiten Men-
schenströme durch die Straßen quollen, und nun
diesen kümmerlichen Aufmarschversuch mit roten
Fahnen sieht, der hat die feste und unumstößliche
Gewißheit, daß das Schicksal des Saargebietes
heute entschieden ist, und daß diese Entscheidung
die ist, die das deutsche Saarvolk will und wünscht:
Für Deutschland!

Rede des Siellvemeiers des Kühlers

„Tag der deutschen Saar"
im Berliner Sportpalast
DNB. Berlin, 6. Jan.
Der Stellvertreter des.Führers leitete seine
! Rede auf der großen Saar-Kundgebung im Ber-
! liner Sport-Palast am letzten Sonntag vor der
Abstimmung damit ein, daß er besonders den
aus Uebersee gekommenen Abstimmungsbe-
rechtigten und überhaupt allen Deutschen, die zur
Abstimmung an die Saar gehen, im Namen des
l Führers und im Namen Deutschlands dankte.
- Ausgehend von dem persönlichen Erlebnis
eines Aufenthaltes in Saarbrücken während des
j Heimfluges von der Front nach Kriegsende be-
! tonte Rudolf Hetz, daß damals weder er, noch
! die Volksgenossen der Saar, noch Deutschland
! insgesamt hätten glauben können, daß dieses
! deutsche Land 15 Jahre unter fremder Herrschaft
stehen könne.
„Für die Ruhe der politischen Entwicklung,"
so stellte der Stellvertreter des Führers fest,
„wäre es ein Glück gewesen, wenn Frankreich
! den Vorschlag des Führers angenommen hätte,
, die Saar solle ohne Abstimmung Deutschland an-
gegliedert werden, durch freundschaftliche Ver-
handlungen zwischen den beteiligten Staaten.
Vielleicht ist es aber gut, wenn der Welt noch
einmal in einer so in die Augen springenden
Weise gezeigt wird, welchem Volkstum die Deut-
! scheu des Saargebietes angehören und angehören
wollen. Und vielleicht ist es gut für Deutschland
und die ganze Welt, es wird dieser noch einmal
sinnfällig gezeigt,
wie widernatürlich manche Teile Les
Vertrages
sind, der nach dem Glauben vieler der gequälten
Menschheit Frieden bringen sollte und, weiß der
Himmel, doch wirklich keinen Frieden brachte."
Wir wollen dankbar anerkennen, daß die fran-
zösische Regierung — nachdem sie schon auf der
Abstimmung bestehen zu müssen glaubte — sich
ehrlich und mit Erfolg bemüht, aus dem Wege
zu räumen, was Schwierigkeiten erzeugen und

die Befriedung zwischen Deutschland und Frank-
reich hätte ungünstig beeinflussen können. Wir
glauben, daß die französische Regierung dem
Friedensbedürfnis und dem Rechtsempfinden des
französischen Volkes auch in der nächsten Zeit
dadurch Rechnung tragen wird, daß sie alles tut,
um mit Deutschland gemeinsam nach der Abstim-
mung die noch abzuwickelnden technischen Ein-
zelheiten der Wiederangliederung rasch und ein-
wandfrei zu lösen.
Rudolf Hetz betonte dann, er sei stolz, noch ein-
mal und weithin hörbar sagen zu dürfen, worum
es im Kampfe um die Saar für Deutschland vor
alle ging und gehe. In einer historischen Ueber-
sicht wies er auf
die Deutschheit der tausendjährigen Geschichte
des Landes an der Saar hin, für die selbst fran-
zösisches Zeugnis spreche. Auch die wirtschaftliche
Verflechtung mit dem deutschen Mutterlande, die
sich einwandfrei zahlenmäßig belegen läßt, spricht
klar dafür, daß die Saar zur deutschen Wirt-
schaft gehört.
Aber es ginge bei aller Wichtigkeit der Wirt-
schaft bei der bevorstehenden Entscheidung nicht
um Kohle, Eisen und Glas, es ginge um viel
mehr — um Land und Menschen, um Boden, der
mit deutschem Blut geweiht, mit deutschem
Schweiß gedüngt ist, über alles um Menschen,
sie so deutsch sind als wie die deutschesten unter
uns. Sie wollen zu uns. Wir haben ihnen alle
Tore geöffnet. 15 Jahre lang haben diese Deut-
schen ihr deutsches Wesen mit zusammen gebisse-
nen Zähnen verteidigt. Sie haben damit nicht
nur ihre Treue zu Deutschland bewiesen, sie
haben auch verhindert, daß das Pulverfaß
„Saar" sich entzündete. Den Volksgenossen der
Saar rief Rudolf Hetz zu:
„Ihr kehrt heim in ein Reich, dem Zhr
wieder mit Stolz angehören dürft!"
Dieses Reich habe Millionen seiner Kinder zu
Brot und Arbeit zurückgeführt, es sorge für seins
Schaffenden und nehme sich in Liebe seiner
Aermsten an. Es sei ein Reich, in dem nach dem
Wort des alten Fritzen jeder nach seiner Facon
 
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