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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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MstMast und Suilir / Aus ter MU »rr Frau / Sir LkleUllnre

70. Jahrgang / Ar. 36

Dienstag, 12. Februar 1S3S

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SrlmalzMWg mll den Leilasra: Sonntag der Seele / Selmatlvsrte Ä


Furchtloser Glaube

Gärung an der abessinischen Grenze

Italien mobilisiert
zwei Divisionen
DNV. Nom, 11. Febr.
Nach einer amtlichen Mitteilung der „Agencia
Stefan!" find in der Zeit zwischen dem 5. und
11. Februar zwei italienische Divisionen mobili-
siert worden. Die als Vorsichtsmaßnahme be-
zeichnete Einberufung dieser Kontingente aus der
Iahresklafie 1911 habe sich, wie das Kommunique
hinzufügt, in größter Ordnung vollzogen.
Die Mobilisierung von zwei italienischen Di-
visionen wird in unterrichteten italienischen
Kreisen als eine Vorsichtsmaßnahme bezeichnet,
die ausschließlich wegen der sich häufenden Zwi-
schenfälle im abessinischen Grenzge-
biet erfolgt ist. Wie man weiter zuverlässig
erfährt, wird eine Verschiffung der italienischen
Divisionen vorerst nicht vorgenommen. Die ita-
lienische Regierung will aber für den Fall wei-
terer abessinischer Angriffe sofort über zur Ver-
schiffung bereitstehende Truppenverbände ver-
fügen können. In der schärfsten Form werden
in diesem Zusammenhang die Gerüchte über die
angeblich bereits erfolgte Zusammenziehung
großer italienischer Streitkräfte in den beiden
italienischen Kolonien Eritrea und Soma-
li land dementiert, die abessinischen Angriffe,
die nur zum Teil öffentlich bekannt geworden
seien, hätten freilich in den letzten Monaten in
beunruhigender Weise zugenommen und Italien

davon überzeugt, daß es auf die Verteidigung
der beiden Kolonien besser bedacht sein müsse.
Richtig sei, daß Italien bei der deutlich erkenn-
baren Gärung an der abessinischen
Grenze und der Ueberraschungsgefahr, die
damit verbunden sei, seit einiger Zeit bewaff-
nete Kräfte zusammengezogen und entsprechende
Bewegungen eingeleitet habe. Diese aber hät-
ten nur den Zweck der Abwehr, für die Italien
rechtzeitig bereit sein müsse.
*
Die von Italien in der letzten Woche vorge-
nommene Mobilisierung von zwei Divisionen
umfaßt nach amtlicher Auskunft etwa 25 000
Mann. Wesentlich hoher liegende Schätzungen,
die von mehr als 30 000 Mann sprechen wollen,
müssen als übertrieben betrachtet werden. Auch
sind bis jetzt nicht mehr als zwei Divisionen
mobilisiert worden. Die Sammlung der beiden
Divisionen soll in Florenz und in Mes-
sina erfolgen. Es bestätigt sich, daß die Ver-
schiffung dieser Truppen vorerst nicht vorgenom-
men wird. Die zuständigen Stellen treffen je-
doch alle Vorbereitungen, um im Falle einer
weiteren Häufung der Zwischenfälle und der
Verschärfung der Beziehungen diese vollständig
ausgerüsteten Truppen sofort in die Grenz-
gebiete von Italienisch-Ostafrika entsenden zu
i können, wo an den Hauptpunkten bereits seit
längerer Zeit Material und Proviant für große
Truppenverbände angesammelt worden sind. Die
in den letzten Monaten gleichzeitig in die Grenz-
gebiete entsandten italienischen Freiwilligen be-

laufen sich auf wenige tausend Mann, die bei
einem weiteren Umsichgreifen der Gärung unter
den abessiischen Grenzstämmen nur einen unge-
nügenden Schutz der seit Jahren von Italien
besetzten vorgeschobenen Posten bilden können.
Von italienischer Seite wird deshalb größter
Wert auf die Feststellung gelegt, daß die getrof-
fenen Maßnahmen ausschließlich vorbereitenden
und Abwehrcharakter tragen und daß
darüber hinaus weder über diplomatische
Schritte noch über militärische Aktion etwas be-
stimmtes gesagt werden könne.
Was die Möglichkeiten eines Ulti-
matums betrifft, so wird ausdrücklich ver-
sichert, daß zur Zeit keine Absicht in dieser Rich-
tung bestehe. Sollten sich aber die Ereignisse
weiter zuspitzen, und die Beziehungen sich noch
kritischer gestalten, so sei es durchaus nicht aus-
geschlossen, daß Italien im weiteren Verlaufe
zu diesem Verfahren greifen werde, nachdem die
vom Völkerbundsrat vor Monatsfrist an-
empfohlenen direkten Verhandlungen zwischen
Italien und Abessinien bis heute nicht in
Gang gebracht werden konnten.
Mimatum nicht ausgeschloffen?
DNB. London, 11. Febr. Wie Reuter aus
Rom meldet, besteht nach einer Aeußerung des
Wortführers im italienischen Ministerium des
Aeußern durchaus die Möglichkeit, daß Italien
an Abessinien ein Ultimatum richtet, falls die
Beziehungen zwischen den beiden Ländern sich
weiterhin zuspitzen sollten.

Zum 13. Jahrestag der Thronbesteigung
Papst Pius XI.
„Du bist Petrus und auf diesen Felsen will
ich meine Kirche bauen und die Pforten der
Hölle werden sie nicht überwinden." Diese er-
habenen und glorreichen Worte Christi lösen in
jedem Glieds seiner heiligen Kirchs ein Gefühl
reinster Freude und tiefster Dankbarkeit aus,
sobald der Blick sich nach Rom wendet, zum
Statthalter Christi auf Erden, dem Vater der
ganzen Christenheit. Ganz besonders lebendig
stehen sie der katholischen Christenheit aber an
dem Tage vor Augen, an welchem der gegen-
wärtig regierende Papst Pius XI. dis 13.
Wiederkehr des Tages feiert, an dem er mit der
Tiara der Päpsts geschmückt wurde. Dies umso-
mehr, als der Malachiasspruch des Heiligen
Vaters ,FicIss inii-spicla", d. h. zu deutsch:
„Furchtloser Glaube" heißt.
Im vorigen Jahr konnte Pius XI. sein silber-
nes Bischossjubiläum begehen. Am 28. Oktober
1919 empfing er aus den Händen des Kardinals
Rakowski die Weihe als der erste Nuntius des
gläubigen, wiedererstandenen Polens. Zwei
Jahre später schon, am 13. Juni 1921, ernannte
Papst Benedikt XV. den Warschauer Nuntius
zum Erzbischof von Mailand und nahm ihn in
das hl. Kollegium der Kardinäle auf. Zwei
Tage später lobte Benedikt XV., der große
Papst des Friedens, bei Überreichung des
Kardinalbiretts den Apostolischen Nuntius Po-
lens, „welcher mit angenehmer Festigkeit, mit
auserlesenem Takt, mit unerschütterlichem Ernst
verstanden Hütte, die Eintracht zwischen Staat
und Kirche in den schwierigsten Augenblicken und
in heikelsten Situationen zu stärken."
Am 6. Februar 1922 erfolgte die Wahl
des Kardinalerzbischofs von Mailand, Achille
Ratti, zum Oberhaupt der katholischen Kirche.
In einem weltgeschichtlichen Akt segnete der neu-
gewählte Papst Pius XI. zum ersten Mal an
diesem Tage seit Verlust des Kirchenstaates 1870
von der äußeren Loggia der St. Peterskirchs
urdi st andi, „nicht nur Rom, nicht nur Italien,
sondern alle Nationen und alle Völker" mit dem
Wunsche „eines allgemeinen Friedens, den wir
alle so glühend ersehnen". Am Sonntag, den 1 2.
Februar 1922, fand dann im St. Peters-
dom die feierliche Krönung Pius XI. statt.
13 Jahre Pontifikat mag an sich kein langer
Zeitabschnitt sein, wenn man ihn mit dem Maß-
stab eines jungen Menschenkindes bemißt, doch
ein Zeitabschnitt, so reich und so ernst an Er-
eignissen, daß man sie in ihrem ganzen Umfange
auf ein Jahrhundert ausdehnen könnte und
müßte, wollte man sie in ihrer ganzen Bedeu-
tung erfassen, pictss inirspicts! Furchtloser
Glaube ist bei Pius XI. nicht nur ein Spruch des
Malachias geblieben, sondern in seinem bis-
herigen Pontifikat, wie schon vorher, zur wir-
kungsvollsten Tat geworden. „Am Himmelfahrts-
tage 1920" — so sagte aus Anlaß des silbernen
Vischofsjubiläums der „Osservatore Romano" —,
„an welchem das heldenhafte Warschau an sei-
nen Mauern den bolschewistischen Ansturm er-
folgreich hemmte, an der Vigil von Weihnach-
ten 1922, dem Erlaß der Enzyklika Urbi srcsno
Vs!, im großen Jubiläumsjahr von 1925, im
Lateranfrieden vom 11. Februar 1929, in dem
ganz besonders großen Jubiläumsjahr von 1933,
schrieb der Apostolische Nuntius Polens, der
Papst Pius XI., der Papst der Missionen, der
Papst der Katholischen Aktion, der Papst der
Seminarien, der Papst der 18 Konkordats, sei-
nen Namen in das Buch der Geschichte ein. Und
im Mittelpunkt des Pontifikats, im Jahre 1925,
ragt die Enzyklika Quss pnmas hervor, in
welcher der Papst der Welt das Königtum
Christi proklamierte."
imi-spicio! Furchtloser Glaube! — Un-
erschlltteruch in der Verteidigung des Glaubens
ist Pius XI. ebenso gewillt aber auch bemüht,
überall in der Welt Staat und Kirche
zu friedvoller Gemeinschaftsarbeit
zum Segen der einzelnen Völker und der ge,
samten Völkergemeinschaft zusammenzubringLN.
Alles übertönt aber sein beständiger R-rf nach

General Gmuis zur Weltlage
Der Stille Ozean als neuer Gefahrenherd

DNB. Kapstadt, 11. Febr.
In einer aufsehenerregenden Rede vor dem
Südafrikanischen Institut für internationale An-
gelegenheiten behandelte General Smuts die
gesamte Weltlage, vor allem die Lage im Fer-
nen Osten.
Im einzelnen führte Smuts u. a. aus: Der
Völkerbund müsse bestehen bleiben, wenn
die Zivilisation aufrecht erhalten werden solle. >
Der nächste Schritt in Europa müßte in Richtung !
einer allgemeinen Abrüstung getan werden.
Als Teil dieser Politik müßte die deutsche
Gleichberechtigung voll anerkannt
und Deutschland auf diese Weise bewogen wer-
den, wieder dem Völkerbund beizutreten. Smuts
erklärte, er habe den starken Eindruck, daß der
Augenblick für einen solchen Fortschritt in den
europäischen Beziehungen gekommen sei. Kürz-
liche Ereignisse in Europa hätten eine Gelegen-
heit geschaffen, die rasch die gesamte Lage in
Europa umwandeln könne. Smuts sprach sich
dann gegen die „Experimente" aus, die jetzt in
Rußland, Italien und anderswo unternommen
würden und fuhr fort: Während Europa durch
diese Konflikte zerrissen werde, erwache das
schlafende Asien. Zwei Drittel der mensch-
lichen Rasse hätten sich in Bewegung gesetzt, nie-
mand wisse wohin. An der Spitze dieser Bewe-
gung stehe eine große Macht, die bereits Flotten-
gleichberechtigung mit den beiden größten See-
mächten in der Welt beanspruche. Man stehe hier
einer der Hauptentwicklungen in der Geschichte
gegenüber. Bei der Politik, die Japan jetzt
cingeleitet habe, bestehe die ernste Gefahr, daß
der Stille Ozean der mögliche Gefahren-
punk t der Welt werde. Japan sowie Rußland,
China, dis Vereinigten Staaten, Großbritan-
nien, Kanada, Australien, Neuseeland und In-
dien, alle könnten hineingezogen werden. Man
befinde sich am S ch e i d e w e g e, der stets das
kritische Stadium in diesen Fragen sei, und die
Zukunft werde zum großen Teil von der Klug-
beit abhängen, mit der die Lage behandelt

werde. Wenn sich Japan als widerspenstig er-
weise und entschlossen sei, koste es was es wolle,
eine Politik durchzuführen, die ein neues Flot-
tenwettrüsten bedeute, oder die Unversehrtheit
Chinas und den Frieden im Fernen Osten be-
drohe, so würden die anderen Mächte des Stillen
Ozeans ihre Politik danach richten müssen.
Smuts betonte die Notwendigkeit eines Zu-
sammengehens zwischen den Vereinigten
Staaten und dem britischen Reich. Die
Dominien wünschten nichts mehr als ein enges
Zusammenwirken mit den Vereinigten Staaten
in Wsltangelegenheiten. Wenn Japan wisse, daß
tatsächlich eine Politik praktischen Zusammen-
wirkens zwischen der britischen und der ameri-
kanischen Gruppe bestehe, so würde diese Kennt-
nis aller Wahrscheinlichkeit nach genügen, um
den Frieden im Stillen Ozean zu sichern.
Japan gegen General Smuts
„Kein Krieg, wenn die Forderungen Tokios
anerkannt werden"
Tokio, 11. Febr. Die gesamte japanische
Presse bringt die Erklärungen des südafrika-
nischen Ministerpräsidenten General Smuts
über die Lage im Stillen Ozean in großer
Aufmachung. Seine Ausführungen über die
Notwendigkeit eines politischen Zusammenge-
hens zwischen England und den Vereinigten
Staaten gegen Japan werden in japanischen
Kreisen einer heftigen Kritik unterzogen.
Die neu eingeleitete Offensive in gewissen
Länder gegen die Gleichberechtigung Japans
auf der See könne, nach Auffassung der japa-
nischen Kreise, zu keinen kriegerischen Kon-
flikten führen, weil die japanische Regierung
mehrere Mal öffentlich erklärt habe, daß sie zu
einer friedlichen Zusammenarbeit auf dem
Pazifik mit allen Großmächten bereit sei. Die
japanische Regierung habe nicht die Absicht, ein
Wettrüsten im Stillen Ozean durchzuführen,
wenn die Interessen des japanischen Volkes
nicht verletzt würden.

Der Führer beglückwünscht
den Papst
DNB. Berlin, 12. Febr. Ter Führer und
Reichskanzler hat Seiner Heiligkeit dem Papst
zum heutigen Krönungstage drahtlich herzliche
Glückwünsche übermittelt.
Der Krönungstag in Rom
Jahresfeier der LaLeranverträge
DNB. Rom, 11. Febr.
Italien feierte am 11. Februar den sechsten
Jahrestag des Abschlusses der Lateran-Verträge
Die im Jahre 1929 von Mussssolini und dem
damaligen Kardinalstaatssekretär Easparri un-
terzeichnete Versöhnung zwischen dem italieni-
schen Staat und dem Vatikan wird von der
italienischen Presse auch wieder mit Sympathie
begrüßt, vor allem unter Hervorhebung einiger
innerpolitischer Auswirkungen.
Am Dienstag wird in der Vatikanstadt
der 13. Jahrestag der Krönung des Papstes
Pius XI. feierlich begangen. Anläßlich des Ta-
ges findet in der Sixtinischen Kapelle in Ge-
genwart des Papstes ein feierliches Hochamt
statt, an dem wie üblich die hohe Geistlichkeit,
das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplo-
matische Korps sowie das römische Patriziat
teilnehmen. In der Lateran-Basilika wird am
Nachmittag ein feierliches Tedeum gesungen.
Ein Arbeitssrontdors
Eleiwitz, 11. Febr. Im Rahmen des großen
Siedlungsprogramms der DAF im Notstands-
und Grenzgebiet Oberschlesien sind in dem
Eleiwitzer Vorort Zermik bereits 80 Siedler-
stellen geplant, während sich in Veuthen weitere
459 Stockwerkwohnungen im Bau befinden. Die
Siedlungshäuser werden nicht nach Schablone in
langweiligen Reihen errichtet, sondern gruppie-
ren sich, von einem großen Garten umgeben, in
lockerer Aufteilung und in verschiedener Bau-
art um einen gemeinsamen Dorfanger herum.
Die neuen Siedler, die in ihrer Freizeit auf
ihrer Stelle für den häuslichen Bedarf an Obst,
Gemüse und Viehfutter selbst sorgen sollen, wer-
den vorher in einer Lehrsiedelei geschult und
von einem Eartenfachmann betreut, so daß sie
vor Enttäuschungen und wirtschaftlichem Scha-
den bewahrt bleiben und Freude an ihrem
Grund und Boden behalten.
 
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