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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 11 - Nr. 20 (14.Januar - 24. Januar )
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MlrMalt und Kunst / Aus der MU der Frau / Nir Lelestunde

Pfälzer Sole

Dienstag, 22. Januar 1935

7v. Jahrgang / Ar.


Ausklang in Genf
Abschluß der Ratstagung

DNV. Genf, 21. Ian.
Dor Völkerbundsrat hat Montag abend
seine 84. Tagung beendet, ohne in den drei Fra-
gen, die ihn noch beschäftigen und die sich alle
auf das Schlichtungsverfahren nach Artikel 11
Absatz 2 der Satzungen beziehen, zu einem Ab-
schluß gelangt zu sein.
Die Frage der Entschädigung für die wäh-
rend des 'Weltkrieges von England beschlag-
nahmten finnländischen Schiffe wurde
einem Iuristenausschuß überwiesen, der prüfen
soll, ob es zweckmäßig ist, das Schlichtungsver-
fahren sortzusetzen, was bekanntlich von Eng-
land und anderen Großmächten bestritten wird.
An den gleichen Ausschuß wurde mit der glei-
chen Fragestellung auch die Angelegenheit der
schweizerischen Entschädigungsforderung
«us dem Weltkriege verwiesen.
Was schließlich dieBeschwerde des Irak
wegen persischer Grenzverletzungen betrifft, so
sollen die Schlichtungsbemühungen bis zur näch-
sten Ratstagung fortgesetzt werden Der Ver-
treter des Irak erklärte die Bereitschaft seiner
Regierung, sich einem Gutachten des Haager
Gerichtshofes zu unterwerfen, während der per-
sische Vertreter geltend machte, daß der Irak eine
völlig umstrittene Erenzregelung zum Ausgangs-
punkt der Verhandlung machen wolle und daß
in Anbetracht der Umstände die Anrufung des
Haager Gerichtshofs zum mindesten verfrüht
wäre. Es handle sich im wesentlichen um die
Bewertung alter Urkunden über die Grenz-
ziehung zwischen Persien und dem ehemaligen
ottomanischen Reich.
Die Sowjets im Völkerbund
DRV. Genf, 21. Jan. Während der öffent-
lichen Ratstagung am Montag nachmittag wurde
der neue sowjetrussische Untergeneralsekretär
Rosenberg vom Völkerbundsrat vereidigt.
Außer Rosenberg ist bekanntlich ein anderer sow-
jetrussischer Vertreter namens Rosenblum
durch Beschluß des Völkerbundsrates zum Mit-
glied des Finanzausschusses ernannt worden.
Diese Ernennung wurde in geheimer Tagung
vollzogen, wobei es an Widerspruch innerhalb
des Finanzausschusses selbst nicht gefehlt haben
soll. Außer Rosenberg und Rosenblum wurde
noch der russische Finanzsachverständige Swa-
nydze zum Mitglied des Wirtschaftsausschusses
und der russische Professor der Medizin Broon-
ner zum Mitglied des Hygiene-Ausschusses des
Völkerbundes ernannt. Auch in den internatio-
nalen Ausschuß für geistige Zusammenarbeit soll
später ein sowjetrussisches Mitglied auf franzö-
sischen Antrag ausgenommen werden.
Sine neue Veschwerdeschrist
der Memelländer
DNV Genf, 21. Jan-
Wie aus Völkerbundskreisen zuver«
lä^ig verlautet, hat der Vizepräsident des
Memelländischen Landtags, Schulrat Meyer,
in Ergänzung seiner bisherigen Beschwerden die
Signatarmächte des Memelabkommens in einer
besonderen Eingabe auf die Auswirkungen der
Anwendung des neuen litauischen Staatsschutz-
gesetzes im Memelgebiet aufmerksam gemacht.
Aufgrund dieses Gesetzes ist Anfang Januar ein
Strafverfahren gegen die Mitglieder des am 28.
Juni 1934 gewaltsam abgesetzten verfassungs-
mäßigen Direktoriums Schreiber eingeleitet
worden. Die drei Mitglieder des Direktoriums:
Dr. Schreiben, Wolgahn und Sziegaud, sind
unter verschärfte Polizeiaufsicht gestellt worden
wnd dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen.
Ihnen wird neben einigen weniger wichtigen
Punkten zur Last gelegt, sich gegen die Bestim-
nungen des litauischen Staatsschutzgesetzes ver-
prntzen zu Hafen, und zwar gegen die Artikel,

die alle Personen mit vier Jahren Zuchthaus
bedrohen, die „litauische Interessen schädigen,
das litauische Nationalbewußtsein einschläfern
oder schwächen, den Forderungen der litauischen
Regierungsbehörden nicht nachkommen, wenn
daraus eine Schädigung der litauischen Inter-
essen entstehen kann". Das „Vergehen" des
Direktoriums Schreiber besteht darin, daß es im
Frühjahr 1934 den Schulleitern des Memel-
gebietes eine Verfügung hat zugehen lassen, wo-
nach der vom litauischen Gouverneur widerrecht-
lich mit der Aufsicht über die autonomen Schu-
len des Memelgebietes Leauftrgte litauische
Schulreferent nicht ohne Genehmigung des
Direktoriums dem Unterricht in den memel-
ländischen Schulen beiwohnen sollte. Mit die-
ser Verfügung hat das Direktorium Schreiber

DNV Saarbrücken, 21- Jan-
Am gestrigen Sonntag fanden auf Anordnung
der Bischöfe in allen katholischen Kirchen des
Saargebiets feierliche Dankgottesdienste statt,
um der Freude über den glücklichen Ausgang
des 13. Januar Ausdruck zu geben und seine
Bedeutung für Volk und Kirche gebührend zu
würdigen Der bekannte Dekan Dr. Schlich
hielt in der Lhristkönig-Kirche zu Saarbrücken
eine große Festpredigt, um den 13. Januar als
herrlichen Sieg des Rechts und der Freiheit zu
feiern, den die Saarbevölkerung in dem glän-
zenden Abstimmungssieg durch ihre Treue und
Standhaftigkeit und ihre nie wankende Liebe
zum deutschen Volk und Vaterland davongetra-
gen habe. Manche hätten zwar vorher gemeint,
die Abstimmung würde der Prüfstein für die
Katholiken sein; man habe gezweifelt, ge-
tuschelt, verleumdet, das Kreuz auf einer gegen
den Willen des Bischofs gegründeten und jetzt
verschwundenen Zeitung sei da und dort als
Symbol des Verrats der Katholiken gedeutet
worden. Mit Unrecht: die Katholiken
hätten ihre Treue glänzend be-
währt : denn in den rein katholischen Orten
und Gemeinden sei der Hundertsatz für Deutsch-
land am höchsten. Deshalb feiern wir diesen
Tag als Tag der Freude, so führte der Dekan
aus; wir freuen uns, daß wir mit unserem Volk
wieder eine Einheit bilden. Wir freuen uns,
das uns das Vaterland wiedergegeben ist, so wie
wir dem Vaterland zurückgegeben sind. Wir
danken Cott, daß Menschen das nicht trennen
konnten, was durch die Vorsehung in der Ge-
schichte seit Jahrhunderten zusammengefügt war.
Als Tag der Ehre wird dieser Tag in die
Geschichte als ein glanzvoller Tag eingehen, weil
an ihm das deutsche Volk an der Saar die hohe
Idee Les Vaterlandes gegen alle Verlockung und
Verfügung verteidigt und zum Siege geführt
hat-
Ende des Separatistenspuks
DNV Saarbrücken, 21. Jan. In Güdingen
(Landkreis Saarbrücken) hatte der rote Ee-
werkschaftskassierer Kiefer die Kasse mitgenom-
men, die Bücher und Belege verbrannt und ist
dann über die französische Grenze gegangen.
Mitglieder der roten Eewerkschaftsfront, die
wenigstens die Möbel, die überdies Eigentum
der Gewerkschaft waren, retten wollten, kamen
mit dem entsprechenden Gerichtsbeschluß zu spät;
denn schon standen die Möbel auf der anderen
Seite der Straße, am französischen Wald, um
dann allmählich gänzlich abtransportiert zu
werden. Die Ernüchterung der zurückbleibenden
Separatisten über ihre flüchtigen Gewerkschafts-

nichts anderes getan als den autonomen Stand-
punkt vertreten und diesen gegenüber dem Eou-
terneur verteidigt.
Das eingeleitete Strafverfahren zeigt, daß
die Verteidigung der autonomen Rechte durch
die verfassungsmäßige Vertretung der Bevölke-
rung im Memelgebiet aufgrund des litauischen
Staatsgesetzes als staatsfeindlich behandelt
wird- Damit wird auch d^r Zweck dieses für
das Memelgebiet geschaffenen litauischen Son-
dergesetzes offenbar, nämlich es den Memellän-
dern unmöglich zu machen, sich gegen dis Ueber-
griffe der litauischen Behörden zu wehren. Die-
ses Vorgehen der litauischen Behörden gegen das
Direktorium Schreiber ist von ganz grundsätz-
licher Bedeutung für die weiters rechtliche Ent-
Wicklung im Memelgebiet.

bonzen, denen sie bisher vertraut hatten, ist
nicht ausgeblieben- Symptomatisch für Groß-
zügigkeit und Großmut der überwältigenden
deutschgesinnten Vevölkerungsteile ist ein Vor-
fall in Kirkel (Saar-Pfalz). Ein mächtiger
Zug von Deutschfrontlern, unter denen auch eine
Reihe von bekannten bisherigen Status-quo-
Anhängern einträchtig mitmarschierte, zog zum
„Naturfreundehaus", um dort zunächst die rote
Separatistenfahne zu verbrennen und dann eine
mächtige Hakenkreuzfahne aufzuziehen. Das
Naturfreundehaus, bisher einer der Hauptstütz-
punkte dort untergebrachter Emigranten, wird
demnächst zu einem deutschen Jugendheim aus-
gebaut werden.
Aufhebung der Einreise-
genehmlgungsürdasSaargebiet
DNV. Saarbrücken, 21. Ian. Die Regie,
rungskommission teilt mit:
Aufgrund des Beschlusses der Regierungskom-
mission vom 21. Januar 1935 wird die Verord-
nung vom 29. November 1934 betreffend das Er-
fordernis einer besonderen Einreisegenehmigung
für das Saargebiet für die Zeit vom 27. Dezem-
ber 1934 bis 26. Januar 1935 mit sofortiger
Wirkung aufgehoben.
Der Kommandeur der italienischen Saartruppen
in Genf
DNBGenf, 21- Jan. Der italienische Brigade-
general Visconti Prasca ist in Genf eingetrof-
fen, um sich, wie von italienischer Seite erklärt
wird, über die Fragen, die mit den Aufgaben
der Saartruppen zusammenhängen, zu informie-
ren. Naturgemäß hat das Gerücht, daß von
italienischer Seite eine baldige Zurückziehung
dieser Truppen gewünscht wird, dadurch wieder
neues Leben erhalten-
Das Fest Karls des Großen
Am 28. Januar feiert die Stadt und Diözese
Aachen das Fest Karls des Großen. Nach ur-
altem Herkommen findet im Aachener Dom, der
Pfalzkapelle und Grabstätte des ersten Deutschen
Kaisers, am darauffolgenden Sonntag — in die-
sem Jahre also am 3. Februar — eine beson-
dere kirchliche Feier statt. Karls geschichtliche
Großtaten und christlichen Kulturwerke verbin-
den des deutschen Volkes ersten Kaiser auf das
innigste mit dem Bistum Aachen, llmso freudi-
ger wahren die Diözesanen das hehre Andenken
an Karl den Großen: die Diözesan-Kirchen-
zeitung wird aus diesem Anlaß dem großen
Kaiser eine Sondernummer widmen.

Katholizismus «ndSaterland
Von einer besonderen theologischen
Seite wird uns geschrieben:
Der 13. Januar 1935 wird nicht nur mit Recht
ein Ehrentag in der Geschichte unseres deutschen
Volkes und Vaterlandes bleiben, sondern auch
ein Ehrentag für Deutschlands Ka-
tholiken. Denn die deutsche Saar ist zu
weitaus größtem Teil auch katholische Saar.
Katholisches deutsches Volk hält seit Jahr-
hunderten, wie an den meisten Grenzen unseres
deutschen Vaterlandes, so auch an der Saar,
in opferebereiter Nibelungentreue die Grenz-
wacht.
Katholisches Saarvolk hat wieder einmal dem
gesamten deutschen Brudervolk gezeigt, daß es
für jeden katholischen Deutschen, wie das die
katholischen Bischöfe in ihrem markanten und
historischem Aufruf ausgesprochen haben, eine
selbstverständliche, eine sittliche Pflicht und ge-
radezu eine christliche Tugend ist, in Treue zum
Vaterland zu halten, sich zu ihm zu bekennen
und, wenn es gilt, alle Opfer auf sich zu neh-
men. Deutsches Saarvolk hat in ergreifendem
Beispiel gezeigt, daß es nicht nur trotz, sondern
wegen seines Katholizismus untrennbar in Blut
und Boden der deutschen Heimat verwurzelt ist
und bei aller Liebe zur hl. Mutter, der katho-
lischen Kirche ebenso in hingehender Liebs be-
reit war, an das Herz der anderen geliebten
Mutter, die deutsche Heimat, zu eilen.
Die Vaterlandsliebe ist für den katholischen
Christen in der Tat nicht nur eine Sache des
natürlichen Verstandes und des Herzens, son-
dern auch eins religiös-sittliche Pflicht. Nach
der theistischen Weltanschauung ist der Staat
nicht etwas rein Zufälliges oder willkürlich
Gemachtes, sondern ein organisches Gebilde.
Der Staat gehört nach katholischer Auffassung
ebenso in den göttlichen Weltplan wie die
Kirche. Zwei selbständig nebeneinander stehende
Lebensordnungcn sind von Gott gewollt: die
Kirche für den Dienst des ewigen Heiles ds*
Staat für dis Förderung des irdischen Wesens.
In beiden soll der Mensch seins Aufgabe er-
füllen.
Nach der Lehre Papst Leo XIII. gibt es zwei
Pflichtenkreise, welche die Menschen umschließen:
„Der erstere zielt aus die Blüte des Staates,
der andere auf das Gesamtwohl der Kirche,
beide auf die Vervollkommnung der Menschen."
Die Pflichten im Staate gegenüber denen der
Kirche hintanzusetzen, wäre ebenso unrichtig, wie
nur die Pflichten in der Kirche anzuerkennen
und diejenigen gegenüber dem Staat zurückzu-
stellen, Deswegen schrieb am 30. Oktober 1906
der heiligmäßige Papst PiusX. an den Kölner
Kardinal Fischer:
„Das Wohl der Gesellschaft erwächst aus
einem doppelten Elemente, dem religiösen und
dem bürgerlichen."
Die Treue zum Vaterland umfaßt die Treue
zur rechtmäßigen staatlichen Obrigkeit und dre
opferwillige Bereitwilligkeit zum Tragen der
Lasten, welche der Staat zur Erfüllung seiner
Aufgaben notwendig hat. Der Opfsrsinn des
katholischen Christen kennt, vor allem in Stun-
den der Not und Gefahr für das Vaterland,
keine Grenzen.
Den Katholiken wurde zuweilen im Staats-
und Kulturleben manche Sorge bereitet und
manches Leid angetan. Wer wollte es aber wa-
gen zu behaupten, daß sie sie gleichwohl ihre
Pflichten gegen Staat und Volk nicht stets ges-
treu erfüllt hätten! llmso schmerzlicher ist es
ihnen freilich, immer noch einem gewissen Miß-
trauen, ja selbst Zweifeln in ihrer völkischen und
vaterländischen Gesinnung zu begegnen. So
kann man auch heute noch bisweilen die Be-
hauptung hören, daß der Katholik auch in nicht-
kirchlichen Dingen, speziell in politischen Dingen,
vom römischen Papst abhängig sei. Dies sei so
kann man es oft noch lesen, umso bedenklicher,
als die Stellung des Papstes eine internatio-
nale sei und die vom Papst vertretenen politi-
schen Interessen mit denen des Reiches und des
Staates leicht in Widerspruch treten könnten.

Der Tag der Ehre
Dankgottesdienst in den katholischen Kirchen des Saargebiets
 
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