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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0307
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Pfälzer Sole_Donnerstag, 7. Februar 1935

7v. Jahrgang / Ar. 32


Die Saarverbandlungen abgeschlossen / Die amtliche Mitteilung

DNV. Basel,«. Febr.
Als Abschluß der seit dem 24. Januar 1935
zwischen Vertretern der deutschen und französi-
schen Regierung und der Regierungskommission
des Saargebietes im Gang befindlichen Ver-
handlungen wurde am Mittwoch nachmittag fol-
gende amtliche Mitteilung ausgegeben:
„Das Verhandlungsergebnis ist in einem von
der deutschen und der französischen Delegation im
Einvernehmen mit der Delegation der Negie-
rungskommission des Saargebietes an Baron
Aloisi als Vorsitzenden des Dreier-Ausschusses
gerichteten Schreiben zusammengefaßt, dem in
mehr als 20 Anlagen die in Basel paraphierten
Texte der verschiedenen Vereinbarungen und Er-
klärungen beigefügt sind. Das Schreiben und
seine Anlagen sollen dem Dreier-Ausschuß als
Grundlage für die Bestimmungen dienen, die er
für die Rückgliederung des Saargebietes an
Deutschland und für die Durchführung der auf
Grund früherer Ratsbeschlüsse von den beteilig-
ten Regierungen übernommenen Verpflichtungen
zu treffen haben wird.
Die Verhandlungen fanden in Gegenwart eines
Vertreters des Finanzausschusses des Völkerbun-
des statt. Ferner wurden sie seitens des Dreier-
Ausschusses von einem Mitglied des Völkerbunds-
sekretariats verfolgt. An einem Teil der Ver-
handlungen waren auch die BIZ, die Reichs-
bank und die Bank von Frankreich beteiligt. Die
Führer der deutschen und französischen Delegation
haben sich am Mittwoch nachmittag mit einigen
Mitgliedern der Delegation auf Einladung des
Vorsitzenden des Dreier-Ausschusses nach Nom
begeben, um dem Ausschuß mündlich zu berichten."
In Ergänzung der am Mittwoch von der deut-
schen und französischen Abordnung gemeinsam
veröffentlichten Pressemitteilung über den nun-
mehr erfolgten Abschluß der Baseler Saarver-
handlungen erfahren wir noch folgendes:
Das Ergebnis der in Basel nach einer Tauer
von zwei Wochen abgeschlossenen Verhandlungen
ist in Vereinbarungen verschiedener Art nieder-
gelegt worden, dis dieser Tage in Rom endgültig
gezeichnet werden sollen. Die hierunter befindliche
Währungsverordnung ist inzwischen im Saarland
veröffentlicht worden. Sie regelt den Umtausch
der im Saarland umlaufenden Noten der Bank
von Frankreich und der anderen ausländischen
Zahlungsmittel, den Beginn der Umtauschfrist,
das Inkrafttreten des Ausfuhrverbots für Zah-
lungsmittel aus dem Saarland und die Ueber-
nahme pflicht für Reichsmarkzahlungen.
Hierfür ist vorbehaltlich der endgültigen
Entscheidung der 18. Februar in Aussicht
genommen.
Gleichzeitig wird die deutsche Zollgrenze ebenso
wie die Grenze im Verrechnungsverkehr mit dem
Ausland an die saarländisch-französische Grenze
verlegt. Damit wird die wirtschaftliche und wäh-
rungspolitische Rückgliederung des Saarlandes
im wesentlichen bereits einige Zeit vor dem 1.
März verwirklicht.
Die auf Franken lautenden Schuldverhältnisse
werden vom 1. März ab allgemein auf Reichs-
mark umgestellt. Genau umschriebene Ausnah-
men gelten bereits für die Zeit vorher.
Für die Nebergabe der Gcsamtverwaltung
zum 1. März sind die Vorbereitungen an
Ort und Stelle im Gange. Die Grundsätze
hierfür sind mit der Regierungskommission
vereinbart.
Die Saargruben gehen mit dem 1. März 1933
unter Einschluß aller Grundstücke, Vorräte und
Einrichtungen auf das Deutsche Reich über. Tas
französische Grubenpersonal scheidet am 28. Febc.
ans. Das Reich tritt in die laufenden Kohlen-
lieferungsverträge ein. Hierdurch und durch Auf-
stellung von Halbjahresprogrammen für die
Kohlenlieserungen, die auf den Kaufpreis der
Daargrüben anzurechnen sind, ist die Weiterbe-
fchöMgung der Bergarbeiter im Saarland im

Zusammenhang mit den anderen Maßnahmen
der Reichsregierung sichergestellt. Zunächst ist ein
Programm für die Zeit bis Ende Juni ausge-
stellt worden. Verhandlungen über die vorge-
sehenen Warndt-Pachtverträge sind noch 'M
Gange. Auch sür den Warndt ist über die wei-
tere Beschäftigung der deutschen Arbeiter eins
Verständigung erzielt. Die drei saarländischen
Verbindungsbahnen nach Lothringen werden
ebenfalls ab 1. März mit sämtlichem rollenden
Material übergeben. Die zur Zeit beschäftigten
französischen Eisenbahnbeamten werden aus dem
Saargebiet zurückgezogen. Die deutschen Beamten
weten wieder in den Reichsdienst über. Eine
Vereinbarung mit den Sozialversicherungsträ-
gern gewährleistet den Versicherten ihre Rechte.
Ein deutsch-französisches Abkommen soll in näch-
ster Zeit die Bestimmungen der Versicherungen
grundsätzlich regeln. Auch für die französischen
Privatversicherungen ist eine besondere Verein-
barung hinsichtlich des saarländischen Versiche-
rungsstandes getroffen worden.
Für die Aufbringung des im römischen Ab-
kommen vom 3. Dezember 1934 vereinbarten
Pauschbetrages von 900 Mill. Franken wurden
die technischen Vorkehrungen zur Einsammlung
und Abführung der umzutauschenden Franken
geschaffen.
Tie BIZ. übernimmt die Rechnungsführung
und Verwaltung der für den erwähnten Pausch-
betrag von 900 Millionen Franken und den
Dienst der saarländischen Ausländsanleihen be-
stimmten Beträge.
Währungsregelung und
Rückkauf der Gruben
Basel, 6. Febr.
Gemäß der in den Baseler Saarverhandlun-
gen vereinbarten Währungsregelung sind am
Dienstag bereits von der Regierungskommission
des Saargebiets die Bestimmungen über den
Zahlungs- und Umtauschverkehr veröffentlicht
worden.
An Hand der Baseler Abmachungen hierüber
kann noch hinzugefügt werden, daß der für den
Umtausch der Franken gegen Reichsmark maß-
gebende Kurs täglich von der Reichsbank in
Saarbrücken bekanntgegeben wird. Für die in-
ternationalen Truppen wurden gewisse Aus-
nahmen vereinbart, ebenso für die vor dem 1.
März 1935 aus dem Saargebiet auswandern- !
den Personen. Selbstverständlich ist von dem
Tag ab, wo die Umwechslungsaktionen begon-
nen hat, auch die Reichsmark im Saargebiet
als Zahlungsmittel verwendbar. Dabei wurde
die wichtige Bestimmung getroffen, daß dies
auch dann der Fall ist, wenn die Schuld auf
französische Franken lautet.
Der BIZ wurde im Dezember auf Ersuchen
des Völkerbunüsrates die Abrechnung und
Transferierung der eingesammelten Fran-
kenbeträge übertragen. Sie verwaltet sie
auf einem besonderen Konto und zweigt die für
den Dienst der saarländischen Außenschuld, so-
weit diese von der Regierungskommission ge-
nehmig t werden, bestimmten 5 vH hiervon ab.
Die Pauschalsumme für den Rückkauf der
Saargruben beträgt bekanntlich 900 Mil-
lionen Franken. Ihre Abtragung erfolgt durch
die restlichen 95 vom Hundert der 'M Saar-
lands eingesammelten nichtdeutschen Noten und
durch die Lieferung von Saarkohle nach Frank-
reich, und zwar auf Grundlage von handelsüb-
lichen Abmachungen mit den französischen Groß-
abnehmern. Das Lieferungsprogramm I
wird jeweils für ein halbes Jahr festgesetzt.
Der Gegenwert ist an die Bank von Frankreich
zu zahlen, die wiederum den Betrag dem bei !
der BIZ geführten Konto gut schreibt. Das s
gleiche geschieht mit den von der französischen
Regierung oder den französischen Grubenpäch-
tern für die für Gemeindesteuern, Bergschäden
usw. zu entrichtenden Summen. Zu den am 1.
März in das Eigentum dss Deutschen Reiches

übergehenden Gruben gehören auch alle Liegen-
schaften und alle Liegnschaftsrechte des fran-
zösischen Staates innerhalb des Saarlandes, die
Eisenbahnen und Zollbahnhöfe mit Zubehör
wie z. V das bewegliche Vermögen der Gruben
und ihrer Nebenbetriebe, Grundstücks, Gleissig-
nale und Telephonanlagen sowie das rollende
Material Das französische Erubenpersonal
wird, wie schon gemldet, seinen Dienst mit dem
Ablauf des Monats Februar beenden. 2n ge-
wissen Einzelfällen ist zur Erleichterung der
technischen Ueberleitungsmaßnahmen eine Ter-
minverlängerung vorgesehen. Die Räumung
der Dienstwohnungen des französischen Per-
sonals hat innerhalb kurzer Fristen zu erfolgen.
Die Verträge für die Ausbeutung der Warndt-
gruben werden in Sonderverhandlungen fest-
gestellt. Kurz vor Abschluß wurde jedoch in
Basel bereits eine Verständigung über die
Weiterbeschäftigung der deutschen Warndtar-
beiter erzielt.
Die Zurückziehung
-er internationalen Truppen
Die Zurückziehung der internationalen Truppen
DNV. Saarbrücken, 6. Febr.
Das Hauptquartier der internationalen Trup-
pen im Saargebiet hat dem Völkerbund bzw.
dem augenblicklich in Rom tagenden Dreieraus-
schuß Vorschläge über die Zurückziehung der in-
ternationalen Truppenkontingente unterbreitet.
Die endgültige Entscheidung und die Regelung
der einzelnen Fragen liegt jedoch, wie ausdrück-
lich betont wird, bei den Völkerbundsstellen.
Nach den unverbindlichen Anregungen des
Hauptquartiers sollen die holländischen Truppen !
am 18. Februar, die schwedischen Truppen am!
18. Februar, die Italiener an den darausfolgen-
den Tagen und die Engländer als letzte in ver-
schiedenen Etappen vom 20. bis 27. Februar das i
Saargebiet verlassen.
Man nimmt jedoch hier nicht an, daß der
Dreierausschuß Veranlassung haben wird, diese
vorgeschlagenen Termine abzuändern und rech-
net mit einer baldigen Erklärung seines Ein-
verständnisses. Präsident Knox wird voraus-
sichtlich in Rom Gelegenheit nehmen, diese Fra-
gen von sich aus mit dem Dreierausschuß zu er-
örtern. Man hofft hier eine baldige Entschei-
dung herbeiführen zu können, damit die Vorbe-
reitungen für den Rücktransport zeitig genug
eingeleitet werden können. Bezeichnend für die
Tatsache, daß man mit einem baldigen Abzug
der Truppen rechnet, ist eins Aufforderung der
Regierungskommission, sämtliche noch nicht zur
Begleichung vorgelegten Rechnungen für Sach-
lieferungen usw. an die internationalen Saar-
truppen bis spätestens Dienstag, 12. Februar,
im Regierungsgebäude einzureichen.
Keine Empfänge Seim Führer
DNB- Berlin, 6. Febr- Die beim Führer für
die nächsten zehn Tage angesetzten Empfänge
fallen wegen wichtiger politischer Besprechungen
aus.
Ernstliche Hochwassergefahr am Rhein nicht
mehr zu befürchten
DNB. Koblenz, 8. Febr. Durch die wesent-
lich gebesserte Wetterlage ist eine ernstliche Hoch-
wassergefahr am Rhein und seinen Nebenflüssen
vermutlich nicht mehr zu befürchten. Im Laufe
des Mittwochnachmittag konnte das Verbot der
Moselschiffahrt wieder aufgehoben werden.
Die Beisetzung Professor Junkers
München, 6. Febr. Die Veisetzungsfeier für
Professor Junkers findet am Samstag, den 9.
Februar, 11 Uhr vormittags, auf dem Wald-
friedhof in München statt, nachdem heute im
Münchener Krematorium eine schlichte Andacht
im engsten Familienkreis war. !

Sie Londoner Veschlüffe
Obwohl es bei den Vorbereitungen zu dem
französischen Ministerbesuch in London bereits
in Paris zu einer Art „prinzipiellen Einigung"
oder „V o r e i n i g un g" gekommen war, ss
waren doch die Verhandlungen in London zwi-
schen den englischen und französischen Staats-
männern nicht frei pon Schwierigkei-
ten, die in ihrer Art typisch sind sür die ge-
genwärtige außenpolitische Lage. Der Ausgang
der Besprechungen war mehr als einmal zwei-
felhaft. Man hatte ja allgemein angenommen,
daß bereits am Samstag Nacht das abschließende
Kommunique veröffentlicht werden könnte. Es
liegt Grund zur Annahme vor, daß dies wegen
der Frage der Luftkonvention nicht
schehen konnte, und so erfolgte denn auch di«
entscheidende Wendung durch die plötzliche Ein-
berufung des englischen Kabinetts-
rates, auf dem dann die Luftkonvention an-
genommen wurde. Allein schon die Tatsache
dieser Einberufung zeigt, welche Schwierigkeiten
überwunden werden mußten. Die gesamten Ver-
handlungen haben so einen überaus dramati-
schen, spannungsreichen Verlauf genommen.
London ist ein Anfang, eins
Etappe. Es zeigt sich sowohl, daß sich Eng-
land und Frankreich in diesen überaus schwieri-
gen Fragen geeinigt haben, daß aber auch
englischen Bemühungen, eine gemeinsame Platt-
form für die kommenden Verhandlungen M
schaffen, von einem Erfolg gekrönt sind. Das
von England stammende Prinzip der
Gleichzeitigkeit, der sog. Synchronisierung
in der Behandlung und Regelung der Fragen,
die den Rüstungsausgleich, das Paktsystem, di«
Rolle des Völkerbundes und den Donauraum
betreffen, beherrscht das gesamte Kommunique.
Allein, gerade hieraus geht auch hervor, daß es
sich nur um einen ersten Anfang, um di«
Schaffung einer Basis handelt, aus der dann
formal die weiteren einschlägigen Erörterun-
gen stattfinden können. Sowohl in Paris wbs
in London ist man darauf vorbereitet, daß dies«
diplomatischen Hauptverhandlun-
gen sehr langwierig sein können.
In den Londoner Beschlüssen finden sich all«
jene Elemente vor, über die schon seit einer
Reihe von Wochen gesprochen und verhandelt
wird: Völkerbundspolitik, Rüstungsausgleich,
Donauraum und Paktsystem. Auch daß das
Prinzip der Gleichzeitigkeit angenommen wurde,
ist nach den Mitteilungen der letzten Tage nichts
Neues mehr. Es muß jedoch aufmerksam gemacht
werden auf die Bedeutung der Tatsache, daß
nach dem Geist des Kommuniques die faktisch«
Anerkennung der deutschen Gleich-
berechtigung nicht mehr vom vorherigen
Eintritt Deutschlands in den Völkerbund oder
von einem vorherigen Beitritt zu dem Pakt-
system abhängig ist. Damit wäre also eins
der Hauptforderungen Deutsch-
lands erfüllt worden. In London aber
auch in Paris hat man also erkannt, daß
Deutschland niemals von seiner bekannten Ein-
stellung, daß die Anerkennung der Gleichberech-
tigung nicht mit irgendwelchen anderen Zuge-
ständnissen oder Erfüllungen von Vorbedingun-
gen verkoppelt werden kann, abgeht.
Das Kommunique ist voll von Wünschen.
Gerade hierbei muß aber gefragt werden, wie
man sich im konkreten Fall dann die Schaffung
des vorgeschlagenen Generalpaktes denkt.
Welches wird dabei das praktische Verhältnis
von Rüstungskonvention und Sicherheitsgaran-
tien sein? Welche Stellung wird England zum
Donaupakt einnehmen? Wie wird es sich gegen-
über der Ostpaktfrage verhalten, Das alles sind
sehr wichtige Fragen, insbesondere für Deutsch-
land.
Am handgreiflichsten von den Londoner Be-
schlüssen ist das Luftabkommen. Es bedeu-
tet eine Erweiterung des Locarnopaktes
und damit eins erneute starke Bestätigung des
Locarnovertrages durch England. Schon lange
waren ja in London Bestrebungen erkennbar,
die auf eine „Entmilitarisierung der westeuro-
päischen L«st" hinzielten. Beachtlich Lüh
 
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