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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

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Nr. 31 - Nr. 40 (6. Februar - 16. Februar)
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Pett» ,



England eine gewisse Eile hat im Abschluß die-
ser Luftkonvention. Recht interessant ist nun
aber auch ein Vergleich zwischen diesem regio-
nalen Abkommen und dem Ostpakt. Die geogra-
phischen Tatbestände, die dem Ostpakt zugrunde
liegen, sind unklar, unübersehbar. Es sei hierbei
nur an die Tatsache erinnert, daß die Sowje t-
Union mit ihren riesigen Landausmaßen der
Hauptpartner im Ostpaktsystem ist. Demgegen-
über gibt es Lei dem Luftabkommen kerne sol-
chen irrealen geographischen Faktoren. Die Sach-
lage ist klar und eindeutig. Das Abkommen hält
sich in vernünftigen Grenzen und die Verhand-
lungen werden mit Absicht auf die fünf Lo-
carnomächte, England, Frankreich, Deutsch-
land, Italien und Belgien beschränkt. Von
Holland, das bei den englischen Luftsorgen
eine gewisse Rolle spielt, ist nicht die Rede. Wie
aus Brüssel verlautet, wünscht aber Belgien den
Anschluß der Niederlande an die Konvention.
In denjenigen englischen Kreisen, die sich für
eine Isolationspolitik Englands einsetzten und
daher alle regionalen Abkommen ablehnen, wird
die Luftkonvention keine große Freude hervor-
gerufen haben. So ist es wohl zu erklären, daß
Simon sofort in einer Funkrede die Gründe
der britischen Regierung für diese Politik erör-
terte. Offensichtlich ist auch das Bestreben zu
erkennen, daß für England der Locarno-Vertrag
nicht mehr nur mit Pflichten, sondern auch mit
der Anwartschaft auf Rechte verbunden ist. Eng-
land will unter allen Umständen Frieden
und Ruhe in Europa haben, um dann sich
ungestört der Lösung der ebenso dringenden wie
schwierigen Empirefragen zuwenden zu können.
Die Außenpolitik Englands gegenüber dem euro-
päischen Kontinent ist nicht loszutrennen von
den neuen Entwicklungen, die sich im britischen
Empire in vielfach drohender Weise abzeichnen.
Abschluß des Mewngreffes
Entschließung über die Ver,assungsunderungen
DRV. Moskau, 7. Febr.
Der 7- Rätekongreß der Sowjet-
union hat in seiner Schlußsitzung am Mitt-
woch folgenden Beschluß einstimmig ange-
nommen:
Der 7. Rätekongreß der Sowjetunion hält
nach der Mitteilung Molotows über den im
Februar von der Vollversammlung Les Haupt-
aussusses der Kommunistischen Partei der Sow-
jetunion gefaßten Beschluß, in dem einige Aen-
derungen der Verfassung als notwendig bezeich-
net wurden, den dahingehenden Antrag des
Hauptausschusses für vollkommen richtig und
zeitgemäß. Der Rätekongreß beschließt infolge-
dessen:
Erstens ist die Verfassung der Sowjetunion
in Richtung auf eine weitere Demokratisierung
des Wahlsystems zu ändern im Sinne eines Er-
satzes der nicht vollständig gleichen Wahlen
durch gleiche, der gestaffelten durch unmittel-
bare, der offenen durch geheime Wahlen. Die
sozialwirtschaftliche Grundlage der Verfassung
ist in bestimmter Form dahin festzulegen, daß
di« Verfassung mit dem jetzigen Verhältnis der
Klassenkräfte der Sowjetunion in Ueoereinstim-
Mung gebracht wird. (Schaffung einer neuen
sozialistischen Industrie, Zerschlagung des Kula-
kentums, Sieg des Kollektiywirtschaftssyftems,
Befestigung des sozialistischen Eigentums als
Grundlage der Sowjetgesellschaft usw)
Zweitens wird der Bundeshauptvollzugsaus-
schuß der Sowjetunion beauftragt, einen Ver-
fassungsausschuß zu wählen, der einen geänder-
ten Wortlaut der Verfassung gemäß den oben
genannten Grundsätzen ausarbeiten und ihn
dem Vundeshauptvollzugsausschuß zur Bestäti-
gung vorlegen soll.
Drittens sind die nächsten ordentlichen Wah-
len der Organe der Sowjetmacht in der Sow-
jetunion auf Grund des neuen Wahlkystems
durchzuführen.
Eine notwendigeRichtigstellung
Der bekannte Katholikenführer Fürst Alois
zu Löwen st ein sendet der „Saarbrücker Lan-
deszeitung" folgende Zuschrift:
Die „Saarbrücker Zeitung" Nr. 22 vom 23. 1.
d. I. brachte eine Korrespondenz aus Budapest
unter der Ueberschrist „Matz und Hubertus", die
fast notwendig zu einer Verwechslung des „Prinz"
Hubertus Löwenstein mit meiner Person führen
muß. Zur Klarstellung bemerke ich, daß Graf
Hubertus von Löwenftein-Scharfeneck keinen An-
spruch auf den Titel eines Prinzen hat, meiner
Familie in keiner Weise angehört, in der Zen-
trumspartei weder eine untergeordnete noch
überhaupt eine Rolle spielte. In entschiedenstem
Gegensätze zu ihm habe ich die Tätigkeit der
Separatisten an der Saar auf das schärfste ver-
urteilt und teile die große Freude aller guten
Deutschen, daß die Saar in das alte Vaterland
zurückkehrt.
Haid, den 31. 1. 1936.
Alois Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg.
Dis am 8. November 1931 gewählte südsla-
wische Skupschtina wurde am Mittwoch
durch ein königliches Dekret aufgelöst. Die Neu-
Wahlen wurden für den 6. Mai 1935 festgesetzt.
Li« neue Skupschtina wird am 3. Juni M einer
außerordentlich«« Sitzung zusanmnentretE».

Schweres LawinemmM in der Schweiz

Sieden Personen gelötet
DNB. Bern, 8. Febr. In St. Antonien

im Prättigau (Kanton Graubünden) ereignete
sich am Mittwoch ein schweres Lawinenunglück.
Vom Kühnihorn löste sich plötzlich eine mächtige
Lawine, die zwei Wohnhäuser und einen Stall
vollkommen verschüttete. Dabei kamen sechs
Personen ums Leben. Der Ort St. An-
tonien ist völlig von jedem Verkehr abgeschnit-
ten, da Lawinen die Straßen blockiert haben.
Die Zahl der Todesopfer bei dem Lawinen-
unglück in St. Antonien hat sich auf sieben
erhöht.
Weitere Lawinenopser
Vern, 6. Feb. In der ganzen Schweiz haben
sich in allen Berggegenden infolge der starken
Schnefälle, auf die Föhn und Regen folgten,
Lawinen losgelöst. Es sind sieben Todes-
opfer zu beklagen. Die Unglücksfälle ereigne-
ten sich bei Les Avants am Genfer See, im
Berner Oberland und im Kanton Graubün-
den. Die tieferen Lagen sind schneefrei gewor-
den. In den höheren Lagen liegt der Schnee
in großen Massen. Es gibt Bezirke, wo die
Schneehöhe 3—4 Meter beträgt. Einzelne Ort-
schaft waren mehrere Tage von der Außenwelt
abgeschnitten. Die Verbindung ist jetzt überall
wieder hergestellt.
Aus Unterwasser (Toggenburg) wird ge-
meldet, daß dort seit Ende der letzten Woche
drei jugendliche Skifahrer, die eine Tour in
das Gebiet des Churfürsten unternommen hat-
ten, vermißt werden. Zwei von ihnen wur-
den am Mittwoch erfroren aufgesunden.
Auch der weltberühmte Kurort Davos
war am Dienstag von der Außenwelt völlig ab-
geschnitten, da sämtliche Eisenbahnstrecken, Stra-
ßen und Leitungen verschüttet bzw. zerstört
waren. In der Nacht zum Mittwoch gelang es
dann, die Strecke Pilieur—Davos freizumachsn,
sodaß am Mittwoch morgen die Züge wenigstens
auf dieser Strecke wieder fahrplanmäßig verkeh-
ren konnten. Die Schneehöhe beträgt in Davos
2^ Meter. In den einzelnen Hütten des Par-
senn-Gebietes befinden sich noch zahlreiche Ski-
läufer, die die Talfahrt nicht antreten können,
da sie mit größter Lebensgefahr verbunden wäre.
Die Hütten sind aber lawinensicher und mit
Proviant genügend ausgerüstet. Der Autobus-
verkehr zwischen den einzelnen Ortschaften des

Engadin mußte natürlich ebenfalls eingestellt
werden. In den hochgelegenen kleinen Bergort-
schaften herrscht bereits Mangel an den notwen-
digen Lebensmitteln.
Auch im Glarner Land sind etliche Lawinen
niedergegangen, die stellenweise bedeutenden
Schaden anrichteten. Im Kanton Schwyz wur-
den am Hotel Alpstübli bei Stooß durch Lawi-
nen zwei Zimmer eingedrückt. Die Bergbahn
auf den Rigi mußte wegen starker Schneerutsche
den Betrieb einstellen.
Die Temperaturen, die durch den Föhn
der letzten Tage ziemlich hoch lagen, sind am
Mittwoch beträchtlich unter Null gesunken,
wodurch die Lawinengefahr langsam abnehmen
dürfte.
Zwei der vermißten Schüler bei Winterthur tot
aufgefunden?
Basel, 7 Febr. Die seit Sonntag unterbro-
chenen Nachforschungen nach den drei auf dem
Käserrugg bei Winterthur vermißten Schülern
wurden am Mittwoch wieder ausgenommen.
Drei Herren aus Unterwasser stiegen in die
Berge und suchten mit Feldstechern die Ost-
hänge des Käserrugg ab. Dabei sahen sie in
einem Felsenhang eine Leiche, die ohne Schnee-
schuhe war. Beim Besteigen des Käserrugg
fanden sie eine zweite Leiche, die als der Schü-
ler Fridolin Störri identifiziert wurde; die
Leiche wurde nach der Alp Jltios hinunterge-
bracht. Die andere in den Felsen bemerkte
Leiche konnte noch nicht geborgen werden. Von
dem dritten Schüler fehlt noch jede Spur. Am
Donnerstag wird eine Rettungsmannschaft mit
allem notwendigen Hilfsgerät von Unterwasser
aus nochmals nach dem Käserrugg aufbrechen
um die Leiche zu bergen und nach dem dritten
Verunglückten zu suchen
Aus Österreich
Neues Lawinenunglück im Zillertal
Innsbruck, 6. Febr. Bei dem der Firma Krupp
in Essen gehörigen Magnesitwerk im Zillertal
wurde durch eine Lawine eine Materialhütte
weggerissen. Ein Arbeiter kam in den Schnee-
massen um. Die Bergungsarbeiten mußten
wegen weiterer Lawinengefahr eingestellt wer-
den. — Die Arbeiten zur Freimachung der Arl-
bergstraße werden mit größter Anstrengung fort-
gesetzt, gestalten sich aber sehr schwierig, da am
Mittwoch morgen neue Lawinen über dis Bahn-
strecke niedergegangen sind.

Im Groß-Glockner-Gebiet von einer Lawine
verschüttet
Salzburg, 6. Febr. Im Groß-Glockner-Gebiet
wurde am Montag der Skiläufer Christoph
Perchtold aus Mörtschach bei Heiligenblut
von einer Lawine verschüttet. Perchtold wurde
am Mittwoch vormittag als Leiche geborgen.
*
In Heiligenblut im Großglocknergebiet
wurde ein Bauernknecht von einer Lawine be-
graben. Gleichzeitig wurde ein Transforma-
torenhaus der Materialseilbahn für den Bau
der neuen Elocknerstraße zerstört. Eine Ber-
gungskolonne der Alpinen Rettungsstelle, di«
sich auf die Suche nach der Leiche des Knechtes
begeben hat, ist bis jetzt noch nicht zurückgekehrt,
vnd man befürchtet, daß ihr in dem Gebiet, in
dem ununterbrochen Lawinen niedergehen,
etwas zugestoßen sein könnte. Im Bezirk
Gmunden wurde ein 60jähriger verheirateter
Schleusenwärter der Öberösterreichischen Kraft-
werke von einer Lawine getötet.
Ser Tod
der vier ReWwehr-Skisahrer
Erschöpfung als Todesursache
München, 6. Feb. die vier vermißten Reichs-
wehr-Skifahrer sind, wie gemeldet, am Diens-
tag abend in der Nähe Les Krottenkopfhauses
tot aufgefunden worden. Da die Leichen in
nächster Nähe des Hauses lagen, ist anzuneh-
men, daß der Tod durch Erschöpfung ein-
getreten ist Die Bergungsarbeiten sind im
Gang, doch gestalten sie sich wegen der hohen
Schneelage ziemlich schwierig.
Die Leichen der vier im Gebiet des Krotten-
kopfes verunglückten Reichswehrskifahrer wur-
den nach mühevoller Bergungsarbeit am Mitt-
woch nachmittag in die Leichenhalle Parten-
kirchen überführt. Nur einer der Reichswehr-
soldaten wies eine Verletzung, und zwar im Ge-
sicht auf. An der Bergung beteiligten sich eine
Reichswehrpatrouille mit 14 Mann sowie zehn
Mann der Alpinen Rettungsstelle Partenkirchen
und der Bergwacht München. Die Bergungs-
arbeiten waren früh bei Tagesgrauen begonnen
worden und dauerten bis 14 Uhr.

Oesterreich ist em deutscher Staat!
Die „Reichspost" gegen die Wiener Hetzpreffe

DNB. Wien, 6. Febr.
Die „Reichspost" zieht in einem Artikel
einen Trennungsstrich zwischen der Politik, die
Oesterreichs Freiheit und Selbständigkeit ver-
teidigen soll und der Politik einer gewissen Wie-
ner Presse, die beharrlich Oesterreichertum mit
deutschfeindlicher Tendenzmache verwechselt und
dadurch jene kompromittiert. Oesterreich,
so schreibt das Blatt, ist ein deutscher Staat
und Oesterreichertum ist Deutschtum von beson-
derer Eigenart. Es will diese Eigenart be-
haupten und ist entschlossen, sie gegen Angriffe,
von wem immer sie ausgehen, mit aller Kraft
zu verteidigen. Die Abwehr, die unser Recht und
unsere moralische Stärke ist, in Angriff zu ver-
wandeln, daran denkt- Oesterreich nicht, und es
ist begreiflich, wenn es großen Unwillen hervor-
ruft, daß gewisse Wiener Blätter ihr reichlich
spät entdecktes Oesterreichertum durch eine de-
monstrativ zur Schau gestellte Deutschfeindlich-
keit erweisen zu müssen glauben, die mit
ihren Geschmacklosigkeiten und Uebertreibungen
nicht nur ein ganz falsches Bild von der Gesin-
nung des bodenständigen Wieners und Oester-
reichs gibt, sondern als Proselytenmache für die
Gegner wirkt.

Wenn in einer Zeit, in der die große
europäische Politik ganz dem Bestreben
gewidmet ist, das Deutsch« Reich wieder für
die Mitarbeit zu gewinnen und die endliche
Wiederbefriedung Europas zu erreichen, diese
Bemühungen durch beharrliches Hetzen und Gift-
mischen gestört werden, wenn ohne jeden An-
haltspunkt das Publikum täglich mit Sensa-
tionstiteln wie „Schwere politische Folgen
Londons für Deutschland", „Ablehnung der
Londoner Vorschläge in Berlin", „Paris und
London erwarten deutsche Winkelzüge", „Deutsche
Machenschaften in London" u. dergl. mehr
überschüttet wird, dann kann der A b s ch e u ge-
gen eine solche Mache zu verfehlten Entschlüssen
führen, namentlich in Kreisen, die über die
wirklichen Verhältnisse nicht unterrichtet sind.
Umso wichtiger ist es, das wahre Oesterreicher-
tum von solcher undeutschen Mache, die von Be-
weggründen getrieben ist, die dem Abwehrkampf
Oesterreichs fremd sind, in allgemein wahrnehm-
bare Distanz zu halten. Oesterreichs Selbstver-
teidigung strebt nach Frieden und Ver-
ständigung; die geschilderte Pressemache
will die Verewigung des Streites und die Ver-
hinderung jeder Verständigung. Sie arbeitet den
Radikalinskis unter den Eleichschaltern in die
Hände.

Sie entmenschte Mutter
im Verhör
Ein erschütterndes Bild menschlicher Ver-
kommenheit
Berlin 6. Feb. Die Vernehmung der ent-
menschten Mutter, der 25jährigen Frau Jü-
nemann, die sich, nachdem sie ihre drei
drei kleinen Kinder hilflos in ihrer Wohnung
hatte verhungern lasten, selbst der Polizei ge-
stellt hat, enthüllte ein ebenso tragisches wie
furchtbares Bild menschlicher Verkommenheit.
Das Motiv zu der beispiellosen Tat ist in dem
selbstsüchtigen Trieb dieser Frau zu suchen, ein
ungebundenes Leben führen zu können. Fran
Jünemann, di« keinerlei Reue zeigt, wird sich
wegen Mordes an ihren drei Kindern zu ver-
antworten haben, denn neuerdings hat sich der
Zustand ihres Sohns« Bernhard SodHnteiiL»

verschlechtert, so daß auch er voraussichtlich
kaum am Leben bleiben dürste. Nach eigenem
Geständnis hat Frau Jünemann durch die NSV
und die Wohlfahrtsbehörden für sich und ihre
Kinder stets reichlich genug Bargeld und Na-
turalien erhalten. So bekam sie erst am 14.
Januar eine Unterstützung von 60 Reichsmark
ausgezahlt. Anstatt aber dieses Geld für ihre
Kinder zu verwenden, traf sie sich noch am
gleichen Abend in einem Cafe mit mehreren
Freundinnen und blieb mit ihnen in leicht-
sinniger Gesellschaft bis spät in die Nacht zu-
sammen, wobei sie mehr als 25 Mark für
Bier, Schnäpse und Zigaretten ausgab. Nach
ihren eigenen Angaben hat sie seit diesem Tage
nur noch selten ihre Wohnung aufgesucht und
fast ausschließlich bei einem Freunde, den sie
kurz vorher kennen gelernt haben will, über-
nachtet. Vom 25. Januar ab hat sie den Kin-
dern überhaupt Mn« Nahrung mehr zukonr-

men lassen. Angeblich war sie am 30. Januar
das letzte Mal in ihrer Wohnung. Damals
hätten die Kindern sie um Nahrung gebettelt,
doch hätte sie zu wenig Zeit gehabt, sich um
sie zu kümmern. Ohne sich durch das Wimmern
irgendwie rühen zu lasten, ließ sie die bereits
halb Verhungerten hilflos zurück- Als die Ra-
benmutter am 31. Januar noch eine Anzahl
Lebensmittelgutscheine und Kohlenkarten von
der NSV erhielt, gab sie diese in der Pen-
sion, in der sie übernachtete, in Zahlung, wie
sie überhaupt fast alles Bargeld, das ihr in die
Hände kam, ausschließlich für ihre eigenen
selbstsüchtigen Zwecke verwandte. Sie war
eine starke Raucherin und hat bis zu 50 Ziga-
retten je Tag geraucht. Ihre Selbstgestellung
ist, wie sie angibt, nur deshalb erfolgt, weil
sie durch die Veröffentlichungen in der Presse
und durch die Fahndungen der Kriminalpoli-
zen vollständig in die Enge getrieben war und
wußte, daß sie bei ihrem Auftreten in der
Öffentlichkeit sofort verhaftet werden würde.
Die Vernehmungen der unmenschlichen Frau
Jünemann dauerten den ganzen Tag über an
und fanden in den späten Abendstunden ihren
Abschluß. Im Verlauf der Vernehmung gab
Frau Jünemann zu, daß sie ihre Kinder mit
lleberlegung ums Leben bringen
wollte. Sie bezeichnet sich selbst als Mör-
derin und erklärte, daß sie die Tat aus Liebe
zu einem Mann ausgsführt habe. Sie wird im
Laufe des Donnerstag dem Richter vorgeführt
werden.

In Sheffield kam es am Mittwoch. zu
ernsten Arbeitslosenunruhen. Neun Polizeibe-
amte wurden verletzt; einer von ihnen so schwer,
daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußt«.
*
In den zwischen der deutschen und der fran-
zösischen Regierung in Berlin geführten Wirt-
schaftHverhandlungen sind die beiden Regierungen
übereingekommen, die Bestimmungen des Abkom-
mens vom 25. pril 1929 über den kleinen
Grenzverkehr zwischen beiden Ländern auf
die Gesamtheit der deutsch-französischen Grenze
auszudehnen. *
Zn Warschau trafen auf Einladung des
polnischen Kriegsministeriums drei deutsche
Kavallerieoffiziere ein, und zwar der Komman-
deur der Kavallerieschule Hannover, General-
major Freiherr von Dalwigk-Lichtenfels, Oberst-
leutnant Krüger und Major Voigt, um die Ka-
vallerieschule in Eraudenz zu besichtigen.
Der „Indie" veröffentlicht eine amtliche Be-
kanntmachung Dr. Leys, wonach die bisherige
Rechtsabteilung zum Rechtsamtder D « » »
schen Slrbertsfront erklärt wird.
 
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