Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 1-26)

DOI Heft:
Nr. 21 - Nr. 30 (25.Januar - 5. Februar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43253#0231
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Bezugspreis: Durch Botenzustellung u. Post monatl. 2.00 bei der Geschäftsstelle
abgsholt 1.80 Linzelnr. 10 Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist die Zeitung am Er«
scheinen verhindert, besteht kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die Ispalt.
MiMmeterzeile (46 mm br.) 7 Textteil: Die 70 mm br. Millimererzeile 25 Bei
Konkurs u. Zwangsvergleich erlischt jed. Anspruch auf Nachlaß. Cerichtsst.: Heidelberg.
SelmaAitlma mit den Nelisgea: Sonntag Krk Srrlr / Srimsttvartr


Schriftleitung und Geschäftsstelle: Heidelberg, Vergh. Str. 50/61, Tel. 7151. Geschäfts«
stunden: 7.30 bis 18 Uhr, Sprechstunden der Redaktion: 11.34) Lis 12.30 Uhr. Anzeigen«
schlutz: 9 Uhr, Samstag 8.30 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte Auf«
träge wird keine Gewähr übernommen. Postscheck-Konto Karlsruhe Nr. 8105.
Unverlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgesandt.
KilsrMast unt Kunst / Aus brr Mit Ker Frau / Sie Leleftunde

Pfälzer Sole_Dienstag, 29. Januar 1935 70. ZchrgMg / Ar. 24

Oie Erzeugungsschlacht
Grundsätzliche Rede Darres vor den Landwirtschasts-Mffenschastlern

DNB. Berlin, 28. Jan-
Reichsminister Darr 6 eröffnete am Montag
vormittag die diesjährige Vortragstagung der
Grünen Woche mit einer Rede, in der er u. a.
ausführte:
Es ist kein Geheimnis, daß unsere Ernäh-
rungsgrundlage zwar auf wichtigen Teilgebie-
ten, z. B. hinsichtlich des täglichen Brotes, schon
heute durchaus gesichert ist, daß aber auf ande-
ren Gebieten, hauptsächlich in der Ernährung
unseres Tierbestandes und in der Versorgung
mit viehwirtschaftlichen Erzeugnissen, noch be-
drohliche Lücken klaffen.
Der Grundgedanke der Erzeugungsschlacht läßt
sich in wenige Worte fassen: „Nütze deinen
Boden arbeitsintensiv und erzeuge, was dem
deutschen Volke fehlt!" Wir 66 Millionen Men-
schen innerhalb der Reichsgrenzen sind ein Volk
auf engem Raum. Die Natur hat uns
nicht so reich bedacht wie manche anderen Völ«
ker. Es entspricht daher deutscher Art, im
Schweiße des Angesichts unser tägliches Brot zu
verdienen und das Verdiente sparsam zu ver-
wenden-
Am Anfang aller technischen Erwägungen der
Erzeugungsschlacht steht der Boden selbst und
seine Pflege. Der deutsche Boden ist der Träger
unserer Ernten. Wir müssen ihn daher gesund
und ertragsfähig erhalten. Es ist ein glücklicher
Umstand, daß hierfür gerade die von uns er-
strebte ausgiebige Verwendung hofeigener Ab-
fälle und Nebenerzeugnisse eine gute Gewähr
bieten.
Nicht minder große Aufgaben liegen für
Praxis und Wissenschaft auf dem Gebiet des
Pflanzenbaues- Hier gilt es, die richtige
Synthese zu finden zwischen den Notwendigkei-
ten der Bedarfsdeckung des deutschen Volkes und
den Forderungen eines naturbedingten An-
baues.
Die deutsche Pflanzenzucht hat sich mit Erfolg
bemüht, die eng gezogenen Grenzen unseres hei-
mischen Pflanzenbaues zu weiten und durch
Schaffung neuer Pflanzenformen die Gesamt-
erträge des deutschen Bodens zu heben. Große
Aufgaben harren aber noch der Lösung.
Wir brauchen heute eiweißreiche Fut-
terpflanzen. Wir müssen die Lücke, die in
der Tierernährung klafft, schließen. Wir brau-
chen ertragsichere und qualitätsreiche Oel-
pflanzen, um den Fehlbetrag in der mensch-
lichen Fettversorgung zu decken, soweit er infolge
Knappheit an wirtschaftseigenen Futtermitteln
nicht aus der Viehhaltung bestritten werden
kann- Wir brauchen weiterhin ertragsichere
Faserpflanzen, um unserer Textilindu-
strie eine ausreichende Rohstoffgrundlage zu
schaffen. Wir benötigen schließlich qualitäts-
reiche Zwischenfruchtpflanzen, um die Silos, die
jetzt mit Zuschüssen in größerer Anzahl gebaut
werden, mit hochwertigem Eiweißfutter zu
füllen.
Aus der durch unseren verknappten Boden-
raum gegebenen Zwangslage wird auch das Ge-
biet der Tierzucht, der Tierhaltung und der <
Fütterung von anderen Gesichtspunkten aus be-
handelt werden müssen als bisher. Wir stehen
in der Viehwirtschaft vor der großen Aufgabe,
mit weniger Tieren mehr zu leisten- Der in
Deutschland für die Futtererzeugung verfügbare
Bodenraum ist begrenzt. Wir müssen also, damit
keine Verengung der menschlichen Ernährungs-
basis eintritt, die Leistungen je Tier-
einheit steigern, um dadurch bei gleich-
bleibender, wenn nicht sogar verminderter Tier-
zahl eine bessere Verwertung und Ausnutzung
unserer eigenen Futterstoffe zu erreichen. Das
Zusammenwirken zweier Maßnahmen, der Er-
zeugung größerer und wertvollerer Futterernten
von gleicher Fläche und der besseren Ausnutzung
dieser Futtererntsn durch leistungsfähiger« Tie-r«

wird und muß binnen wenigen Jahren das
deutsche Volk auch in seiner Viehwirtschaft ganz
bedeutend unabhängiger vom Ausland machen,
als bisher.
Zu den Voraussetzungen des vollen Sieges
unserer Erzeugungsschlacht gehört auch die rich-
tige Anwendung der wissenschaftlichen Erkennt-
nisse in der Praxis. Die Kernfrage einer Er-
zeugungssteigerung liegt auch darin, wieweit es
gelingt, die große bisher abseits stehende Masse
der deutschen Landwirtschaft zu erfassen und zu-
nächst einmal auf die Höhe der Technik zu brin-
gen, die unsere gutgeleiteten Betriebe schon er-
reicht haben. Auf dies« Aufgabe ist die gesamte
Organisation der Lrzeugungsschlacht abgestellt
worden. Wir in einem großen Wahlkampf wer-
den die wichtigsten Parolen der Agrartechnik
und Agrarwirtschaft von Ortsbauernschaft zu
Ortsbauernschaft getragen und ihr Sinn und
ihr Ziel jedem Einzelnen eingehämmert.
Die Bodenständigkeit im wirtschaftlichen Han-
deln unserer Bauern verbietet jede Einseitig-
keit in der Wirtschaftsführung; sie verbietet fer-
ner das Bemühen um eine Ertragssteigerung,
die lediglich oder doch maßgebend durch wirt-

DNB. Berlin, 28. Jan.
Reichssendeleiter Hadamovsky hielt Mon-
tag vormittag im Haus des Rundfunks zu Be-
ginn einer Arbeitstagung vor den Intendanten,
Sendeleitern und Abteilungsleitern aller deut-
schen Reichssender, den Gaufunkwarten der
NSDAP, Vertretern der Reichsmusikkammer
und der Press« «in« groß« Rode über national-
sozialistische RundfunkprogrammgestaltNng, in
der er u. a. die Einführung von Reichssen «
düngen zeitgenössischer Komponi-
sten ankündigte.
Der Redner wies einleitend darauf hin, daß
in den zwei Jahren nationalsozialistischer Rund-
funkführung die Zahl der Rundfunkhörer von
vier Millionen auf weit über sechs Millionen
gestiegen sei. Auch die Hörerstabilität habe
wesentlich zugenommen- Die Hörerabgänge seien
etwa auf die Hälfte gesunken. Das sei ein Be-
weis dafür, daß der Hörer beginne, in steigen-
dem Maße mit seinem Rundfunk zufrieden zu
sein und daß die Programmgestaltung auf dem
richtigen Wege sei. Mit Nachdruck wandt« sich
der Redner gegen die Befürchtung, daß der
Rundfunk zum Wettbewerber anderer Kultur-
institute werden könne. Er ergänze und berei-
chere vielmehr unser Kulturleben in einer ganz
neuen bisher nicht möglich gewesenen Richtung
und sei somit ein wirklicher Fortschritt der
menschlichen Kultur. Allerdings übernehme er
damit auch die Verpflichtung, nun nicht bloß die
künstlerischen Ergebnisse des bisherigen Kultur-
lebens zu verzehren und zu verbrauchen, sondern
selbstschöpferischen Kräften neue Wege zu öffnen
und damit kulturschöpferisch gleichberechtigt in
den Kreis der bisherigen Kultureinrichtungen
einzutreten. Das solle nun durch die Reichssen-
dungen unbekannter zeitgenössischer Komponisten
geschehen, die vom 14. Februar ab 14tägig joden
Donnerstag in der Zeit vom 23 bis 24 Uhr
über alle deutschen Sender gehen werden.
Der Reichssendeleiter verwahrte sich in diesem
Zusammenhang gegen den unberechtigten Pessi-
mismus gewisser Kreise, die behaupten, daß es
uns heute überhaupt an begabten und bedeu-
tenden zeitgenössischen Komponisten fehle. Die-
ser Kulturpessimismus sei erfreulicher-
weise durch die schöpferische Kraft und Schaffens-
freude unserer zeitgenössischen Komponisten
Lügen gestraft worden. Der Gedanke, durch dsn

schaftsfremde Betriebsmittel gewonnen würde.
Sie verlangt dagegen eine möglichst viel-
seitigeWirtschaft unter Berücksichtigung
vor allem der natürlichen und der persönlichen
Voraussetzungen, die im Hofe und im Dauern
liegen.
Hier müssen wir die Aufgaben einer künf-
tigen Betriebslehre suchen. Diese muß
ihre liberal-kapitalistischen Gedankengäng« aus-
merzen und sich zu einer nationalsozialistischen
Betriebslehre entwickeln-
Agrarpolitik einerseits, Agrartechnik und
Agrarwirtschaft andererseits, sind keine Gegen-
sätze. Sollen letztere zur vollen Entfaltung ge-
langen und unserem Volke ihre höchste Nutzwir-
kung liefern können, so bedürfen sie der straffen
und sicheren Führung durch eine Agrarpolitik,
die sich auf dem Staatsgedanken von Blut und
Boden aufbaut.
Wenn in diesem Sinne Agrarpolitik, Praxis
und Wissenschaft sich zu einer Zusammenarbeit
zusammenfinden, dann kann der Sieg in der
deutschen Erzeugungsschlacht nicht zweifelhaft
sein.

Rundfunk die zeitgenössischen Komponisten der
Öffentlichkeit zu übermitteln, habe bereits leb-
hafte Zustimmung gefunden. Aus Anregung des
Reichspropagandaministers Dr- Goebbels seien
all« maßgebenden Dirigenten und Musikfachmän-
ner im Reich zur kritischen Mitarbeit und zur
Beschäftigung mit diesen unbekannten Kompo-
nisten aufgefordert worden. Di« Reichsmusik-
kamer habe mit ihren Fachverbänden ihre volle
Unterstützung zugesagt. Die Sendungen, bei
denen es sich um Orchesterkompositionen sinfoni-
schen Charakters, um Werke für Orchester und
Soloinftrumente und Vokalwerke mit Orchester
handele, würden abwechselnd von den Reichs-
senoern gegeben. Der Reichssendeleiter sprach
die Hoffnung aus, daß es mit diesen Spät-
abendsendungen gelingen werde, die ganze musi-
kalische Welt an den Lautsprecher zu bringen.
Der unbekannte Musiker trete an die Front und
erhalte durch den Rundfunk die große Chance
seines Künstlertums.
An die Stelle der Planlosigkeit und des
Durcheinander von früher sei nunmehr ein groß-
zügiger Programmplan getreten, dessen
zwei wesentliche Grundlagen seien: die Entspan-
nung des Hörers durch leichte Unterhaltungs-
sendungen in den dafür geeigneten Stunden
und die Pflicht zu künstlerischer und weltanschau-
licher Aufbauarbeit im Geiste des National-
sozialismus. So werde man einerseits den aktu-
ellen Forderungen des Tages und dem Unter-
haltungsbedürfnis der Hörerschaft und anderer-
seits dem grundsätzlichen politischen Aufbaupro-
gramm der Partei gerecht- Die Unterhaltungs-
arben des Rundfunks sei nicht etwa eine kul-
tur-politisch minderwertige, sondern sie sei im
G.^-^reil die notwendige Voraussetzung für die
Durchführung der künstlerischen Aufgaben des
Rundfunks und stehe wertmäßig gleichberechtigt
neben ihr. Der Kampf der Weltanschauung und
das Ringen um die nationalsozialistische Idee
seien nicht zu Enid«, sondern gingen weiter. Der
Rundfunk, so schloß Reichssendeleiter Hada-
mowsky unter lebhaftem Beifall, stehe als Trä-
ger und Vorkämpfer dabei in der vordersten
Front.

Der 7. Rate-Kongreß der Sowjet-Union
wurde am Montag eröffnet. Kalinin hielt eine
Ansprache, über die Aufgaben, die der Kongreß
z« Wm hrb«.

Eine Rede des Reichssendeleiters
Arbeitstagung der Intendanten und Sendeleiter im Berliner Funkhaus

DerMnjsterwchselinRsW
Nom, 27- Jan.
Seit Jahren ereignete sich zum ersten Mal in
der ewigen Stadt, daß junge Studenten sich
gegenseitig heftig mit Schneebällen in der Via
del Jmpero bewarfen. Ein ungewöhnliches Er-
eignis im italienischen Winter! Aber dieses
allgemeine Fest der Kinder und der Jugend —
denn ein Fest ist es, wenn im Süden einmal
Schnee in so ungewöhnlichen Mengen fällt —
vermochte die Italiener weniger aufzuregen als
die Tatsache, daß innerhalb ganz kurzer Frist
der italienische Regierungschef seine nächsten
Mitarbeiter im Kabinett plötzlich auswechfelte.
Die großen italienischen Zeitungen schreiben
Kommentare über die bemerkenswerte Ge-
räuschlosigkeit dieser personellen Umbesetzung.
Man spricht von der hohen Amtsauffassung des
Duce, der die Person völlig hinter den Auf-
gaben zurücktreten ließe und erinnert dabei an
die plötzliche Versetzung Valbos nach dem er-
folgreichen Amerikaflug nach Lybien . . .
Das alles trifft sicher zum Teil zu! Aber
sichtlich Verbirgt sich hinter diesem Kabinetts-
wechsel auch noch etwas anderes. Unzweifelhaft
waren einige der verabschiedeten Minister, wie
z. B. der Finanzminister Jung, gesundheit-
lich von den Strapazen des Arbeitstempos, das
der unverwüstliche Duce diktierte, ein wenig
stark mitgenommen- Unzweifelhaft gehört es
ferner zur Regierungspkaxis Mussolinis, dafür
zu sorgen, daß Unterführer nicht zu fest mit
ihren Aemtern verwachsen und die Gefahr per-
sönlicher Gruppierungen innerhalb der höchsten
Parteispitzen zu groß wurden.
Ein paar Tage vor dem Kabinettswechse!
hatte Mussolini bereits die Uebernahme des
Kolonialministeriums durch sein persönliches
Ressort verfügt, war General de Bono zum
Gouverneur von Somaliland und Eritraea er-
nannt worden, sodaß unter der Oberleitung
Mussolinis dis beiden fähigsten italienischen
Organisatoren de Bono und Dalbo auf die Be-
wältigung des Kolonialproblems konzentriert
worden waren. Und jetzt erfolgt die Umbesetzung
des Landwirtschafts-, Finanz- und Korpora-
tions-Ministeriums.
Niemand wird in Italien leugnen können,
daß der eben veröffentlichte Staatshaus-
halt äußerst mühsam balanciert worden ist
und kaum jemand weiß, woher Mussolini dis
neuen Mittel zur Arbeitsbeschaffung
nehmen wird, wenn die Stützung durch dis
Dank von Frankreich nicht zustande kommt. Bei
einem Volkseinkommen von 60 Milliarden Lire
und einem Eesamtbudget von 20 Milliarden
Lire machten die am 16. April 1934 durchge-
führten Senkungen der Staatsgehälter nur
einen geringen Prozentsatz aus. Der Vermin-
derung der Beamtenzahl in einzelnen Ministe-
rien und Behörden stand eine ziemliche Ver-
mehrung in anderen Aemtern gegenüber. Dis
vermehrten Heeresausgaben und die Notwen-
digkeit der Aufnahme neuer Schatzwechsel ver-
nichteten die Erträgnisse der im Februar des
vergangenen Jahres durchgeführten Zinskonver-
tierung von 61,3 Milliarden Lire von 5 auf
8,5 Prozent.
Das vor einigen Monaten verkündete
Agrar-Reformgesstz wurde nicht von
den unteren Instanzen in dem vom Duce er-
wünschten Tempo in die Tat umgesetzt. Dabei
ist dieses Gesetz, das so viele Hoffnungen unter
den landhungrigen Landarbeitern und Pächtern
geweckt hatte, von ungewöhnlicher Bedeutung
nicht nur für die Kultivierung des Oedlandss
und die Hebung der landwirtschaftlichen Pro-
duktion, sondern letzten Endes auch für die stär-
kere Eingliederung dieser besitzlosen Klassen in
den faschistischen Staat- Wie stark die Reibun-
gen zwischen der Deflationspolitik der Regie-
rung. der Armut des Landes an Rohstoffen und
der Konkurrenz mit Spanien, Palästina. Grie-
chenland in der Südfruchtausfuhr bereits ge-
worden waren, kam am besten in der Notwen-
digkeit einer Devisenkontrolle zum Ausdruck. Die
Fremdenindustrie Italiens schaut infolgedessen
 
Annotationen