Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heigelin, Karl Marcell
Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche (Band 3) — Leipzig, [1833]

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3372#0063
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
5y

finden; sondern die Fantasie führt ihm ein Motif zu, welches sich mit
jenem Begriffe verbindet, und die Anforderungen der Aufgabe befrie-
digt. Dies ist ein Akt der Freiheit; denn jedes Programm erlaubt ver-
schiedne Lösungen. Je höher nun der Künstler steht, desto mehr wird
es ihm möglich sein, den Entwurf in seiner inneren Anschauung zu
einem klaren Ganzen auszubilden. Ja er wird dazu ein Bedürfnis füh-
len; denn dieses innere Schaffen ist für ihn das förderndste, und das
Genuss-reichste. Das Kunstwerk, welches als Ganzes, in der Fantasie
steht, wird nun nach seinen verschiedenen geometrisehen Projekzionen
zu Papier gebracht, um es technisch zu vollenden; aber auch verschie-
dene perspektivische Ansichten davon entworfen, um die Wirkung des-
selben zu studiren. Diese Arbeiten auf dem Papier sind zugleich wei-
tere Ausführung und Kritik der Erfindung. Steht seine eigene Arbeit
nun äuserlich vor ihm, so wird der Künstler auch die besten fremden
Werke ähnlicher Art damit vergleichen, und durch diese Prüfung be-
stärkt oder zu Verbesserungen veranlasst werden. Ja er kann jezt,
oder schon zuvor, dahin kommen, dass er sein Hauptmotif verwirft,
und eine andere Lösung unternimmt. Bei der Ausarbeitung des Ent-
wurfes ^virkt jede Projekzion auf die anderen, kleinere einzelne Disso-
nanzen zeigen sich hier, bei der strengen Zusammenstellung aller Thei-
le, selbst im besten Falle; der Künstler findet oft noch Manches um-
zugestalten, auszubilden, an der Anordnung, an den Konstrukzioneny
an den Verhältnissen, und besonders an der erst jezt reichlicher zu
entwikelnden Verzierung. Bei diesem Vollenden, und noch bei der
lezten zarten Feile in der Rein-Zeichnung erprobt sich die sorgfältige
Bildung des Meisters, während aus dem Haupt-Entwürfe des Ganzen
sein glükliches natürliches Talent und die erworbene Kraft seines Gei-
stes zu erkennen ist.
 
Annotationen