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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Sammlung Prof. Anton Hess, München: Antiquitäten, Möbel, Kunstgegenstände ; (Keramik, Glas, Metall, Vertäfelungen u. Verkleidungen, Möbel, Holzfiguren, Varia) ; [Auktion in München durch die Galerie Helbing am 6. Oktober 1911] — München, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.15732#0011
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VO RWORT.

Das Wohnhaus des Bildhauers und kgl. Professors Anton Heß' an der Louisenstraße, zwischen
dem Lenbachschen Anwesen und der Kunstgewerbeschule, nahe bei den Propyläen, also an einer der
schönsten Stellen der Stadt gelegen — bildet einen vielbewunderten und für das Münchener Kunst-
leben in den letzten Dezennien des 19. Jahrhunderts sehr charakteristischen Gegenstand. — Die her-
vorragend schöne Baustelle, die äußere und innere Durchbildung des Hauses mit Atelier und Garten,
und nicht zum wenigsten der kostbare Inhalt seiner Kunstsammlungen wirken in selten schönen
Bildern zusammen.

Die Baustelle ist ein Teil des großen Eckgartens, den Meister Heinrich v. Heß, Prof. Heß' Vater,
im Jahre 1846 von König Ludwig I., der ihm stets besonders gewogen war, gekauft hatte. — In dem
idyllischen Hause, das damals mitten im Garten stand, wuchs der junge Anton unter den schönsten
Eindrücken auf, fast in ländlicher Poesie! — denn in seiner Knabenzeit standen auch die Propyläen
noch nicht. — Nur stattliche Gartenanwesen, wie das von Piloty, Löhle, Knorr und vor allem das
unmittelbar anstoßende von Moritz v. Schwind bildeten die Nachbarschaft. Längere Zeit nach dem
Ableben des Vaters — anno 1886 — verkauften die Erben Heinrichs von Heß den großen Eckplatz
an der Louisenstraße an Franz von Lenbach, während Anton Heß auf dem verbleibenden Teil sein
eigenes Haus erbaute.

Prof. Romeis wrar sein Architekt. — Aber das ganze Wesen des Hauses war aufs eingehendste
von ihm selbst ausgedacht und es ist gewissermaßen eine Art Porträt von ihm, bei dem sein ganzes
Wesen, seine Stimmungen und seine Neigungen zum charakteristischen Ausdruck kamen.

Fast jeder Künstler war damals ein Freund und Verehrer — und so weit es ihm gestattet war
— ein Sammler der alten Kunstschätze.

Anton Heß hatte schon seit Jünglingszeiten gesammelt, also schon in den 60 er Jahren, wo
man nur auserlesene Sachen für erwerbenswert hielt. — Er sammelte nicht nur die ihm so nahestehende
mittelalterliche Plastik, Geräte, Kleinkunst, Bücher etc. — er sammelte auch ganz besonders für
den Bau des Hauses, dessen Gestaltung ihn schon 10 Jahre vor Baubeginn beschäftigte. —
Er kaufte für sein künftiges Haus und baute für die erworbenen Gegenstände; so daß hier ein einheit-
licher, fertiger Zug durch das Ganze geht, der selten gefunden wärd.

Das Zusammengeflickte, das manchen Häusern dieser Sorte anhaftet, ist hier gänzlich vermieden:
man wohnt wie in einem alten Herrensitz in Südtirol. —■ Denn diese südtirolische Art durchzieht das
Haus in seinem baulichen Wesen. Die vielen bayerischen und Münchener Objekte sind dabei immer
so verwendet, daß eines das andere nicht stört. — Die beweglichen Kunstschätze vollenden den Reiz
einer sehr schönen künstlerischen Stimmung.

Es ist bedauerlich, wenn so ein ganz persönlich geschaffenes Werk nicht als solches uns in seiner
Harmonie erhalten bleibt — aber es ist begreiflich; denn nur f ü r i h n ist von ihm alles erdacht. Eine
so persönliche Wohnung verliert mit dem Ableben ihres Besitzers auch die alles verbindende Seele
und so sehen wir mit Schmerz die wundervollen Ensembles, die herrlichen Gegenstände auseinander-
gehen, die ein trefflicher Geist und feiner Kenner in einer für Sammler noch glücklichen Zeit er-
worben hatte. —■ Die weiträumigen Ateliers von Prof. Anton Heß im Erdgeschoß waren in unmittel-
barem Zusammenhang mit seiner Wohnung. Die großen Räume des 1. Stockes, eine Flucht großer
Ateliers, hatte 14 Jahre lang Franz v. Lenbach in Miete. In denselben ist von der Gedonschen Aus-
stattung jetzt noch manches erhalten. Dankbar begrüßen die Freunde Anton Heß', daß in diesem
Katalog die Erinnerung an die reizvollen Räume, an einen Teil der Kunstschätze und den vortrefflichen
Mann festgehalten wurde.

Gabriel von Seidi.
 
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