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Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Sammlung Geheimrat Ritter von Groth sowie Beiträge aus anderem Besitz: Zeichnungen, Graphik, Antiquitäten, Keramik, Gobelins, Möbel, Plastiken, Gemälde alter Meister ; Versteigerung in der Galerie Hugo Helbing, München, Dienstag, 3. Juli, Mittwoch, 4. Juli — München, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.1105#0003
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Geheimrat Professor Dr. Paul von Grotk

Der verstorbene Geheimrat von Groth war einer jener seltenen höchst ver-
ständnisvollen Sammler verflossener Dezennien. Inmitten einer illustren
Gesellschaft des Münchener Altertumsvereins hatte er seine Kenntnisse der
Kunst der Vergangenheit erworben. Hier fand er Erholung und Genuß nach
angestrengter Arbeit im Dienste der Wissenschaft. Denn der berühmte
Mineraloge und Kristallograph war nicht nur ein viel begehrter Lehrer,
sondern auch ein Förderer und Mehrer der mineralogischen Schätze, die
er zuerst systematisch geordnet hat. Er war schon durch Abstammung für
die bildende Kunst begabt und hat von seinem Vater, der Maler war, die
Veranlagung zur Kunst geerbt. In dem kleinen Kreise der Altertumsfreunde
war er der beliebteste von allen, und er war auch so klug, die Ratschläge
der Künstler wie Rudolf und Otto Seitz, Holmberg, von Cederström und
anderer zu befolgen. So kam es, daß sich in ihm die Leidenschaft des Samm-
lers regte und er neben der Antike sein Augenmerk besonders auf das Ge-
biet der Handzeichnung und des Kupferstichs richtete, ein Gebiet, das vor
30—40 Jahren noch nicht so stark beackert war. Natürlich konnten auch
schon damals Handzeichnungen von Dürer, Grünewald, Titian und Michel-
angelo, Kupferstiche von Meister E. S., Schongauer nicht mehr billig er-
worben werden, dafür gab es eine große Anzahl von Handzeichnungen
ganz beachtenswerter Künstler, namentlich der Italiener, der Deutschen
und Holländer des 17. und 18. Jahrhunderts, die oft, weil sie nicht erkannt,
zu leicht erschwinglichen Preisen zu erstehen waren. Es war also der Er-
werb von solchen Blättern damals nicht aussichtslos, ja man konnte noch
Funde machen. Einer von jenen Händlern, die dem Sammler stets etwas
brachten, war Mössel am Rindermarkt und hier war neben anderen eine
der Stellen, wo Groth im Verein mit seinen Altertumsfreunden Erwerbun-
gen machte. Doch Vorsicht war auch hier geboten; denn es gab und gibt
auch heute noch Handzeichnungen, die Fälschungen, die Seifenabzüge
sind. Einmal, seiner Sache nicht ganz sicher, richtete Groth in einer Sitzung
des Altertumsvereins die Frage an die Altertumsfreunde, ob all die ausge-
stellten Zeichnungen auch alt seien. Als dann die Antwort lautete, daß Einiges
neu sei, meinte Groth mit humorvollem Lächeln: „Also das ist neu und soll
alt sein. Ich komme gerade aus der Akademie der Wissenschaften, da
wollte einer was Neues sagen, was alt war. Komisch ist die Welt!" Und
wie konnte er dabei lachen und sich freuen, wenn er etwas erstanden hatte,
was allgemein als gut anerkannt wurde. Wie seine blauen Augen dann
leuchteten, und man empfand so recht mit, wie er das rein Künstlerische
einer Antike, einer Zeichnung voll und ganz in sich aufsog. Und in der
Tat, zu den interessantesten Erscheinungen auf dem Gebiete des Sammeins
 
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