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Hugo Helbing <München> [Editor]
Die Judaica-Sammlung S. Kirschstein, Berlin: Kultgeräte für Haus und Synagoge, Manuskripte, Gemälde, Miniaturen, Graphik, Urkunden, Bücher ; 12. bis 14. Juli 1932 — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.6567#0007
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Mit der „Sammlung Kirschstein" wird eine durch Umfang, wie innere Bedeutung
bemerkenswerte jüdische^ Sammlung vorgelegt. Die Bestrebungen, den Niederschlag
jüdischen kulturellen Lebens in seinen greifbaren Gestaltungen zu erfassen und zu einem
möglichst abgerundeten Bilde zu formen, sind erst in den jüngst verflossenen Jahrzehnten
aufgetreten. Diese Erscheinung findet ihren Hauptgrund in der Tatsache, daß die früheren
Geschlechter das ihren ganzen Lebensbezirk durchpulsende Judentum in sich so stark emp-
fanden, daß sie dem Brauchtum besonderes Augenmerk zuzuwenden nicht für nötig hielten.
Neben dieser naiven Einstellung, die das Alltägliche nicht weiter beachtenswert findet, griff
— zumal im europäischen Westen — eine gewisse Entfremdung von jüdischen Einrichtungen
immer mehr Platz. Aus diesen Ursachen ist der lebenden Generation, besonders der Jugend,
die Kenntnis jüdischer Lebensformen fast abhanden gekommen und damit die Gefahr herauf-
beschworen, daß ein wesentlicher Quell jüdischen Lebens völlig verschüttet würde. Hier ein-
gesetzt zu haben, ist das Verdienst einzelner Männer, die durch Sammlung des zerstreuten
Kulturguts diese Werte bewahrten und damit eine Tätigkeit entfalteten, die vielfach ohne
Unterstützung der jüdischen Öffentlichkeit nur mit größter Mühe durchgeführt wurde.

Bereits in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts — zu einer Zeit, da die geschilderte
Bewegung erst einsetzte — hat S. Kirschstein sein Augenmerk den Zeugnissen jüdischer Kultur
zugewandt in der Absicht, das Wissen von Judentum und jüdischem Wesen einem weiteren
Kreise auch außerhalb der Judenheit zugänglich zu machen. Durch eine solche Sammlung
sollte augenfällig die Bedeutung der geistigen und künstlerischen Kräfte dargetan werden,
die in jüdischen Werken vergangener Zeiten, wie auch der Gegenwart wirksam sind. Mit un-
endlicher Ausdauer und eingehender Kleinarbeit, die nur ein Gleichstrebender voll zu wür-
digen verstehen wird, hat er in der vorliegenden Sammlung einen Überblick geschaffen. Die
vorwiegend geistige Einstellung, wie auch die äußeren Geschicke, die das jüdische Volk in
seiner zweitausendjährigen Geschichte erfahren mußte, haben es mit sich gebracht, daß dabei
der Niederschlag des Kulturlebens in Form der Schrift und des Druckes vorwiegt, doch ist
das Gegenständliche und durch seine Gestaltung Eigenartige auch hier in überraschend star-
kem Maße vertreten. Um diese Schöpfung ganz zu erfassen, muß man, wie der Sammler selbst,
das Große wie das Kleine mit gleicher Liebe und unabhängig von seinem materiellen Werte
schätzen. Auf diese Weise stellt das Ganze eine Individualität dar, die einem auf diesem Fun-
dament Weiterbauenden einen nicht hoch genug zu bewertenden Grundstock bietet und deren
Zerreißung aufrichtig zu bedauern ist.

Aus der großen Reichhaltigkeit kann nur einzelnes hervorgehoben werden. Von den
Kultgeräten verdienen die Decke für die Beschneidung (Nr. 121), der große Chanukkah-Stand-
leuchter aus einer polnischen Synagoge (Nr. 145) und vor allen Dingen die im Heime des Be-
 
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