das durch historisches Interesse aus dem Gegebenen ausgelesen wird, der
historischen Erkenntnis nur dadurch zugänglich, daß es gedacht werden
kann als Teil einer umfassenden Regelhaftigkeit alles Wirklichen, dem
es sich als Teil einordnet h Jede Tatsache, die historisch interessant wird,
ist so eingefügt in Regelhaftigkeiten, welche die historischen Wissen-
schaften kennen müssen, um ihre Absicht zu erreichen. So wenig pro-
blematisch für die Wissenschaftslehre die Möglichkeit ist, in der Wirk-
lichkeit regelmäßige Abläufe festzustellen, so sehr wird doch die Mög-
lichkeit, die zahlreichen Eigenschaften, welche in einer historisch inter-
essanten konkreten Wirklichkeit zusammengefaßt sind, in diese erkann-
ten Regeln einzuordnen, zu einem Problem der Methodologie.
Eine historische Begebenheit folgt auf eine andere in kausaler Ab-
hängigkeit durch eine große Zahl von Regeln, welche zwischen den wirk-
lichen Bestandteilen dieser Begebenheiten herrschen. Einen solchen kau-
salen Zusammenhang nennt Max Weber einen konkreten oder individuel-
len Kausalzusammenhang. Dieser Terminus hat oft Anlaß zu Verwir-
rung gegeben. Sie ist, wie wir noch sehen werden, aus der Interpretation
verständlich, die ihm Rickert zunächst gab. Bei Max Weber aber besagt er
nicht etwa, daß die Regelhaftigkeit des Geschehens ein bloßes Abstrak-
tionsprodukt sei, dem gegenüber eine ursprüngliche Kausalität stände,
derart, daß die ihr untergeordneten Nexus des Geschehens selbst nicht
allgemein, sondern mit der wechselnden Wirklichkeit auch wechselnd
seien. Er meint nicht etwa, daß es keine Gesetzlichkeit des Geschehens
gäbe 2. Vielmehr ist der konkrete Kausalzusammenhang gerade dadurch
1 Teil ist das Individuum in einer solchen Regelhaftigkeit nicht in dem Sinne,
daß es als Ganzes Glied eines sich stets wiederholenden Zusammenhanges ist, son-
dern in diesem, daß alle seine Elemente solche Glieder von Gesetzlichkeiten sind.
Dazu Grenz. 5. Aufl. 589 ff.
2 Auf 66 und 68 macht Weber eine Bemerkung, die der Interpretation bedarf.
Er bestreitet die Möglichkeit eines kausalen Notwendigkeitsurteils in der empiri-
schen (historischen) Wissenschaft. Nur adaequate Verursachungen können an-
gegeben werden: „Daß es ,notwendig1 so kommen mußte, bleibt reines a priori“.
Dies könnte meinen, daß die Voraussetzung der Determiniertheit aller Wirklich-
keit nicht gerechtfertigt sei, zumal Weber oft solche Behauptungen a priori in der
Geschichtswissenschaft verspottet. Aber das ist durchaus nicht der Fall. Weber
meint vielmehr, daß in der Erkenntnis der Historie eine Bestätigung des Deter-
minismus nicht erreicht werden kann, aber daß doch die Voraussetzung, alles
Geschehen sei determiniert, auch für die Historie erforderlich ist. (Belege: 289, 557,
562) „. . . sobald er zum Gegenstand empirischer Betrachtung gemacht wird, selbst-
redend von Anfang bis zu Ende, mit Einschluß aller rationalen Erwägungen und
sittlichen Vorstellungen . . . ganz ebenso streng determiniert zu denken, wie irgend
ein Naturereignis“. Aber sie kann diesen Determinismus nicht belegen, schon
deshalb, weil dann auch die Verwendung ihrer Kategorien der objektiven Möglich-
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historischen Erkenntnis nur dadurch zugänglich, daß es gedacht werden
kann als Teil einer umfassenden Regelhaftigkeit alles Wirklichen, dem
es sich als Teil einordnet h Jede Tatsache, die historisch interessant wird,
ist so eingefügt in Regelhaftigkeiten, welche die historischen Wissen-
schaften kennen müssen, um ihre Absicht zu erreichen. So wenig pro-
blematisch für die Wissenschaftslehre die Möglichkeit ist, in der Wirk-
lichkeit regelmäßige Abläufe festzustellen, so sehr wird doch die Mög-
lichkeit, die zahlreichen Eigenschaften, welche in einer historisch inter-
essanten konkreten Wirklichkeit zusammengefaßt sind, in diese erkann-
ten Regeln einzuordnen, zu einem Problem der Methodologie.
Eine historische Begebenheit folgt auf eine andere in kausaler Ab-
hängigkeit durch eine große Zahl von Regeln, welche zwischen den wirk-
lichen Bestandteilen dieser Begebenheiten herrschen. Einen solchen kau-
salen Zusammenhang nennt Max Weber einen konkreten oder individuel-
len Kausalzusammenhang. Dieser Terminus hat oft Anlaß zu Verwir-
rung gegeben. Sie ist, wie wir noch sehen werden, aus der Interpretation
verständlich, die ihm Rickert zunächst gab. Bei Max Weber aber besagt er
nicht etwa, daß die Regelhaftigkeit des Geschehens ein bloßes Abstrak-
tionsprodukt sei, dem gegenüber eine ursprüngliche Kausalität stände,
derart, daß die ihr untergeordneten Nexus des Geschehens selbst nicht
allgemein, sondern mit der wechselnden Wirklichkeit auch wechselnd
seien. Er meint nicht etwa, daß es keine Gesetzlichkeit des Geschehens
gäbe 2. Vielmehr ist der konkrete Kausalzusammenhang gerade dadurch
1 Teil ist das Individuum in einer solchen Regelhaftigkeit nicht in dem Sinne,
daß es als Ganzes Glied eines sich stets wiederholenden Zusammenhanges ist, son-
dern in diesem, daß alle seine Elemente solche Glieder von Gesetzlichkeiten sind.
Dazu Grenz. 5. Aufl. 589 ff.
2 Auf 66 und 68 macht Weber eine Bemerkung, die der Interpretation bedarf.
Er bestreitet die Möglichkeit eines kausalen Notwendigkeitsurteils in der empiri-
schen (historischen) Wissenschaft. Nur adaequate Verursachungen können an-
gegeben werden: „Daß es ,notwendig1 so kommen mußte, bleibt reines a priori“.
Dies könnte meinen, daß die Voraussetzung der Determiniertheit aller Wirklich-
keit nicht gerechtfertigt sei, zumal Weber oft solche Behauptungen a priori in der
Geschichtswissenschaft verspottet. Aber das ist durchaus nicht der Fall. Weber
meint vielmehr, daß in der Erkenntnis der Historie eine Bestätigung des Deter-
minismus nicht erreicht werden kann, aber daß doch die Voraussetzung, alles
Geschehen sei determiniert, auch für die Historie erforderlich ist. (Belege: 289, 557,
562) „. . . sobald er zum Gegenstand empirischer Betrachtung gemacht wird, selbst-
redend von Anfang bis zu Ende, mit Einschluß aller rationalen Erwägungen und
sittlichen Vorstellungen . . . ganz ebenso streng determiniert zu denken, wie irgend
ein Naturereignis“. Aber sie kann diesen Determinismus nicht belegen, schon
deshalb, weil dann auch die Verwendung ihrer Kategorien der objektiven Möglich-
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