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138 Th. II. C. 111. Besonderheiten häuslicher Sitte.

Gegensätze stehen, finden um ihres vorübergehenden
Charakters willen hier ihren besten Platz $ und bilden
dabei doch zugleich von den zulezt berührten Ausschwei-
fungen häuslicher Sitte zu den bedeutsamsten Acten
dieser einen um so geeigneteren Uebergang, als sie
selbst durch Herkommen oder Gesetz in vieler Hinsicht
geschüzter erscheinen, als ihre UnSittlichkeit es erwar-
ten liesse. An sich musste freilich das griechische Ge-
meinwesen , schon um seiner so vielfach auf die Fami-
lie begründeten bürgerlichen und gottesdienstlichen Ord-
nungen willen, auf die Erhaltung der Häuser und die
ehelichen Verbindungen seiner Mitglieder kein geringes
Gewicht legen]) , und in manchen Staaten finden wir
diese Betheiligung bis zu gesetzlichen Vorkehrungen ge-
gen Hagestolze ausgedehnt 2) ; doch ging eben dadurch
nur zu leicht der sittliche Charakter der Ehe in dem
rechtlichen unter ; und wie selbst der Ehebruch zunächst
als Störung des Hausfriedens angesehen ward, die den
Beleidigten zu unmittelbarer Rache ermächtigte3), so
galt auch die Entehrung einer Jungfrau nur als Ein-
griff in fremde Rechte, der durch nachfolgende Heurath
völlig ausgeglichen ward4). Aus demselben Grunde
hatte auch das Concubinat für den Griechen bloss das
Anstössige, dass seine Früchte der bürgerlichen oder
wenigstens familienrechtlichen Vortheile ehelicher Nach-
kommen entbehrten 5) 5 sonst sehen wir in der homeri-
schen Zeit selbst Ehefrauen die Kinder ihrer Nebenbuh-
lerinnen mit den eigenen aufziehen 6)5 und wenn auch
die Nachsicht der späteren Gesetzgebung gegen Kebswei-
berei keine Digamie einschliesst, die ohnehin nach grie-
chischen Begriffen zwei getrennte Hausstände begründen
würde7), so waren doch solche Fälle, wo die ηαλλακη
die Stelle der Hausfrau selbst einnahm, gesetzlich vor-
gesehen und geschüzt8). Was ferner die öffentlichen
Buhlerinnen betrifft, die in mannichfacher Abstufung9)
auf eigene Hand oder im Dienste fremder GewinnsuchtI0)
die Befriedigung der Geschlechtslust zum Gewerbe mach-
ten, so vereinigte sich allerdings die allgemeine Ver-
 
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