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Antiquariat und Autographenhandlung Heinrich Hinterberger
Katalog: Einblattdrucke und Flugschriften des 15.-19. Jahrhunderts: Original-Manuskripte deutscher Dichter und Denker: musikalische Meister-Handschriften deutscher und ausländischer Komponisten : berühmte Sammlung repräsentativer Handschriften, 1. Teil — Wien: Heinrich Hinterberger, Nr. 9.1936

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57219#0007
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Die Sammlung, deren erster Teil „Deutsche Literatur" und „Musik"
hier dargeboten wird, ist längst in den Kreisen der Kenner als eine der
geschlossensten und universalsten berühmt. Ihre Eigenart besteht darin,
daß die großen schöpferischen Gestalter der Vergangenheit und Gegen-
wart nicht in zufälligen Blättern oder Briefen dargestellt werden, sondern
in ihrer eigentlichsten Wesensform, in Dichtung und Komposition. Dem
Sammler dieser außerordentlichen Kollektion kam es von Anfang darauf
an, den Künstler in der Werkstatt, im eigentlichsten Schaffensprozeß zu
belauschen und Schöpfungen, die längst in das Bewußtsein der Welt
als vollendete eingegangen sind, noch einmal im geheimnisvollen Zu-
stand des Werdens und Entstehens sichtbar zu machen. Schon zu einer
Zeit beginnend, wo nur wenigen Sammlern der besondere Wert litera-
rischer und musikalischer Manuskripte erkenntlich war, hat er voraus-
schauend diese besondere und vielleicht kostbarste Art des Autographen-
sammelns gepflegt und mit besonderer Kenntnis und besonderem Ge-
schmack eine Universalität des künstlerischen Weltbilds allmählich er-
reicht, wie sie ein zweitesmal wohl kaum mehr zu erzielen sein wird.
Wenn der Besitzer sich heute dieser einzigartigen Sammlung entäußert
— mit Ausnahme einiger Stücke, die für ihn persönliche Erinnerungs-
werte darstellen — so war für seinen Entschluß bestimmend, daß er durch
seine persönliche Berufstätigkeit nicht mehr die Muße fand, sie weiter
mit der alten Sorgsamkeit auszubauen; statt sie erstarren zu lassen, zog
er vor, sich lieber von ihr zu trennen, einged.enk Goethes wunderbarer
Worte „Traurig ist es, wenn man das Vorhandene als fertig und abge-
schlossen ansehen muß. Rüstkammern, Galerien und Museen, zu denen
nichts hinzugefügt wird, haben etwas Grab- und Gespensterartiges. Man
beschränkt seinen Sinn in einem so beschränkten Kunstkreis, man ent-
wöhnt sich, solche Sammlungen als ein Ganzes anzusehen, anstatt daß
man durch immer neuen Zuwachs erinnert werden sollte, daß in der
Kunst wie im Leben kein Abgeschlossennes beharre, sondern ein Unend-
liches in Bewegung sei".
 
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