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Hintze, Erwin [Editor]
Die deutschen Zinngießer und ihre Marken (Band 1): Sächsische Zinngiesser — 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41594#0015
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Einleitung

XI

Die Arbeiten aus Bergzinn oder lauter Zinn bekamen vorschriftsmässig
drei Stempel: das Stadtzeichen, das Meisterzeichen und drittens ein Qualitäts-
zeichen. Die Annaberger Kannengiesser erhielten 1514 ein Zeichen für lauter
Zinn (S. 5). Auch in der Zittauer Vereinbarung aus dem Jahre 1531 ist von dem
„Bergzeichen“ die Rede (S. 256). Eine genaue Beschreibung des Stempels für
lauter Zinn gibt die Verordnung von 1614; das Zeichen sollte die verschränkten
Buchstaben C L und eine Krone enthalten (S. 59 und Nr. 6, 10). Später ver-
schwindet diese Marke, und die Arbeiten aus reinem Zinn werden — wie auch
anderwärts üblich — durch Stempel mit Engeln, Rosen und Kronen gezeichnet
(Nr. 131, 332, 338, 339, 374, 375, 382 usw.).
Für die Erzeugnisse aus minderwertigem Zinn gab es in Sachsen keine
besonderen Zeichen. Teils blieben solche Arbeiten ganz ungestempelt, teils
erhielten sie nur ein Meisterzeichen ohne Stadtmarke. So fordert es z. B. die
. Zittauer Vereinbarung von 1531 und die Bautzner Ordnung von 1616 (S. 19, 256).
Ebenso wurden aus altem Zinn auf Bestellung umgegossene Geräte nur mit dem
Meisterzeichen versehen (S. 59). Die Leipziger Kandelgiesserordnung von 1538
verlangt für Zinn, das die Probe zum Siebenten beobachtet und nur auf Bestellung
gearbeitet werden durfte, ein eigenes Zeichen (S. 140). Nach einem 1756 in
Waldenburg verfassten Entwurf für Zunftartikel sollte umgegossenes Zinn mit
drei gleichen Zeichen gestempelt werden (S. 247).
Ein alter Zunftbrauch gestattete den Frauen, nach ihres Mannes Tode die
Werkstatt mit Hilfe von Gesellen weiterzuführen. Die Witwen hatten dabei
natürlich die Verpflichtung, die Waren vorschriftsmässig zu zeichnen. Um zwischen
den Stempeln des Meisters und der Witwe ein deutliches Unterscheidungsmerkmal
zu schaffen, mussten die Zeichenpunzen des verstorbenen Meisters durchfeilt
werden, so dass die Abschläge mit einem Strich versehen erscheinen; siehe z. B.
die Waldenburger Bestimmungen von 1756 und die Zittauer von 1764 auf S. 247
und 256. In älterer Zeit kommt auch eine andere Art der Stempelabänderung
vor, bei der in das ehemalige Meisterzeichen des Mannes als Hinweis auf die Be-
nutzung durch die Witwe der Buchstabe W eingeschnitten ist (Nr. 292, 302, 771).
 
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