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Emsiedeleyen, Capellen rind Ruinen. 59
Unterredungen. Die Geräumigkeit und Lange vermehrte nicht blos ihre Bequemlich-
keit, sondern auch ihre Schönheit. Auf dem Gebälke sah mau oft Statüen, die
nicht weniger die Zwischenräume zierten, so wie Gemälde die Wände belebten. Die
Tempel der Griechen erhielten schon frühzeitig einen großen Theil ihres schönen An-
sehens von diesen Säulenlauben.
Der Gebrauch der Säulenordnungen war nicht gleichgültig. Im Anfang
wählte man die dorifche Ordnung, wegen der hohen Einfalt und des stillen Ernstes,
der ihr eigen ist, und der sich nach der Meynung der ältern Baumeister am besten zu
Gebäuden dieser Art zu schicken schien. Nachher ward die ionische, und seltener die
korinthische, die zu viel Ueppigkeit für die Würde der Tempel zu haben schien, ge-
braucht. Indessen giebt Vitruv *) eine Anleitung, wie die tÄulenordnungen,
nach dem Unterschied der Gottheiten, zu wählen sind. Für Tempel der MilMVü,
des Mars und des Herkules bestimmt er die ernsthafte und starke dorische Ordnung;
die feine und zärtliche korinthische widmet er der Venus, der Flora, der Pwserpina
und den Nymphen; die ionische aber, die zwischen der Einfalt der dorischen und dem
Schmucke der korinthischen die Mitte hält, spricht er der Juno, Diana und dem
Bacchus zu. So wenig auch diese feine Vorschrift immer Zur Anwendung gekommen
ist, so scheint sie doch eine Erfindung der Griechen zu seyn. Eben dieses gilt von einer
andern, die den Tempeln des Jupiters, Mars und Herkules grauen und rörhlich-
ten Marmor, der Flora und der Grazien aber weißen und glänzenden bestimmt.
Der Charakter der alten Tempel war eine edle Einfalt und stille Größe in dm
Formen, eine Schönheit, die aus den einfachen Verhältnissen der Haupktheile und aus
der freyen und natürlichen Anordnung entsprang, und ein zustimmendes äußeres An-
sehen von Pracht ohne Ueppigkeit, das vornehmlich durch die Ordnungen und die
Säulenlauben hervorgebracht ward. Nur wenige Tempel zeichneten sich durch einen
großen Umfang aus; aber die ganze Schönheit der Architektur war fast in allen aus-
geprägt. Es waren darinn keine Versammlungen gewöhnlich, außer zuweilen bey
gewissen öffentlichen Feyerlichkeiten; viele waren gar nicht zu Opfern und andern got-
tesdienstlichen Handlungen bestimmt, sondern bloße Denkmäler.
Die Lage der Tempel erhöhete ihr Ansehen, das ihnen schon die Architektur gab.
Sie standen frey, von andern Gebäuden abgesondert, und hatten ringsumher einen
schönen Platz, der oft mit Statüen geziert war. Sie waren gemeiniglich auf einer
Erhöhung, oder auf einem kleinen Hügel errichtet, und hatten, zuweilen auf allen
Seiten umher, zuweilen blos am Eingänge, ein prächtiges marmornes Treppenwerk,
worauf man zu ihnen hinanstieg. Nach einer Bemerkung des VitkUV **) sollte man
H 2 selbst
*) lib. i. c. 2. . ^*) Uh. 2, c. 7.
 
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