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Hirschler & Comp.
Der wertvolle künstlerische Nachlass des Herrn Carl Göbel, geb. 1824, gest. 1899: prächtige Aquarelle, Zeichnungen, Studien, Skizzen : Versteigerung: Dienstag, 21. bis inklusive Samstag, 25. April 1903 — Wien, 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.32091#0010
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Ziele zu ermöglichen, würden seinem Talente — wie er selbst
sagte - jene hiezu erforderlichen Bildungswege geboten worden
sein. Blickt man nun mit Musse Konvolut um Konvolut seiner
Studien durch, so fiihlt man sich in das Leben und Schaffen
des Meisters förmlich hineingezogen; der stets rege Eifer, der
ihn beseelt und ihn auch zumeist das charakteristische Moment
einesGegenstandes erfassen lässt,gestattet uns wahrzunehmen, dass
er nicht viel Weil’ und Sinnen nötig hatte, sondern gleich frisch-
weg empfand, was er zum Ausdruck bringen sollte. Wie er den
Bleistift zu führen verstand, ist nachgerade köstlich anzusehen,
ja einen so fixen Zeichner sieht man nicht oft, wieGöbel einer
gewesen ist, daher er auch alle Formen, seien sie nun streng archi-
tektonische oder figurale oder aber landschaftliche, mit Sicherheit
beherrschte. Wie schnell solche Arbeiten entstanden und wie
wohlgefällig alles sass, was er hinwarf, oft mit einer Eile, von
der einer meiner Kameraden einst sagte, „es ginge ihm der Blei-
stift durch“, muss einen unbedingt zur Bewunderung anregen.
Freilich der Künstler, dem’s so leicht von der Hand geht, muss
sich vor dem Manierismus zu bewahren suchen, der sich einem
derartigen Schaffen wie der böse Feind zugesellt.

Ehe wir auf die eingerahmten Bilder der Auktionsausstellung
zu sprechen kommen, wollen wir die sehr geehrten Kunstfreunde
bitten, uns namentlich zu den „Uneingerahmten“, das ist zu den
Mappen mit den vielen Konvoluten von Zeichnungen zu folgen, die
in fast kunterbunter Fülle einen Schatz von Studien und Skizzen
darbieten. Da kommen wir zuerst auf Kostümstudien, die, in je
frühere Zeit des Meisters sie gehören, umso besser und wert-
voller sind. Für den feinfühligcn Sammler gibt es hier unbedingt
eine reiche Ausbeute, verfolgt er auch weiters jene Partien der
Konvolute, in welchen die Nationaltrachten aus fast aller Herren
Ländern mit unendlich frischem Griffe zur Geltung gelangen.
Manche dieser Bilder sind eines Valerio würdig, der bekanntlich
zu Ende der Fünfzigerjahre in Wien auf diesem und ähnlichem
Gebiete grosse Anerkennung fand. Mit Liebe und Hingebung weilt
Göbel bei den Volkstypen der österreichischen Kronländer,
Steiermark, Oberösterreich und das Salzkammergut, Nord- und
Südtirol treten uns mit all den ursprünglichen lebensfrischen
Charakterzügen entgegen. Selbstverständlich geben dem Künstler
auch Ungarn und die damit vereinigten Länder viel Material zu
künstlerischer und stets eigenartiger nationaler Wiedergabe.
Von Spanien haben wir schon gesprochen, aber auch Afrika
sehen wir typisch vertreten, und endlich selbstverständlich
Italien vom Norden bis zutn Süden hinab. Ja, man könnte
sich tagelang mit dem Inhalte dieser Portefeuilles beschäftigen,
und es ist im Grunde bedauerlich, dass so eine Einheit des
künstlerischen Schaffens in hundert und hundert Teilchen
zerstäubt werden soll und nicht als ein Ganzes zusammen-
gehalten zu werden vermag. In seinen reichhaltigen Darstel-
lungen aus den Gebirgsgegenden ist er stets zutreffend, natürlich
und schlicht, er greift nach all den Formen gleich tüchtig aus,
seien es nun Berge, Felsen, Bäume oder Häuser; da gibt es

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