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Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
„HeideLerger Reueste Nachrichteu" — ^eidelberger Anzeiger"
Dürmerstag, 2. Irili 1936
insbesondere darüber, daß der Dölkerbund fortfahre»
müffe zu versuchen, seine Mission zu erfüllen.
Der Sowjetkouilnissar Lilwinow
hielt dann eine wie üblich mit versteckten Aussällen
asgen Deutschland gespickte Rede, in der er die
Verstärkung dss Völkerbundspakts forderte. Cs habe sich
erwiesen, daß wirtschaftliche Sanktionen allein die italie-
nische Armee nicht wieder aus Abeffinien vertrciben
könnten. Deshalb sei er, Litwinow, wie fast alle Völker-
bundsmitglieder zu der Aeberzeugung gekommcn, daß die
weitere Anwendung der wirtschastlichen Sanktionen nutz-
los geworden sei. Aus den Arsachen des abeffinischen
Mißerfolgs müffe man Lehren sür die Verhü-
tung ähnlicher Vorkommniffe in der Zukunft ziehen. In
dissem Zusammenhang lies Litwinow gegcn die vorge-
schlagene Abschassung des Artikcls 10 ('Gärantie der ge-
bietsmäßigen Anversehrtheit) Sturm cbenso wie gegen
die Abschaffung des Artikels 16. Dieser Artikel berge
starke Möglichkeiten in sich, die im abeffinischen Krieg
aus vielsachen Gründen, z. V. auch wegen der „ander-
weitig in viel stärkerem 'svlaßstab betriebcnen Kriegsvor-
bereitungen" bei wsitem nicht ausgeschöpst worden seien.
Die Durchführung wirtschastlicher Sanktionen müfle für
alle Staaten oblrqatorisch werden und Hand in Hand
mit militärischen Maßnahmen gehen. Vorerst müffe Cu-
ropa mit Regionalpakten überzogen werden. Solange
nicht eine totale Abrüstung erreichbar sei, müffe
man versuchen, die kollektive Sicherheit zu verstärken.
Damit war die Mittwochaussprache beendet.
Das Remfte vom Tag.
Aw Geis iiiisgemese«.
Eine Versügung gegen die italienischen Völker-
bunds-Iournalisten.
Genf, 2. Iuli. Die während der Sihung der Dölker
bundsversammlung vom Dienstag verhafteten italie-
nischen Iournalisten wurden am Mittwoch um
22.15 Ahr aus dem St. Antonien-Gesängnis entlas-
s en. Sie begaben sich zu Fuß und unter Vewachung von
'Polizisten in Zivil ins nahegelegene Polizeigcbäudc, wo
u. a. der italienische Gesandte in der Schweiz, Tamaro,
und der italienische Generalkonsul in Genf, Speiser,
anwesend waren.
llm 22.ZV llhr wurde» die verhafteten Iournalisten
endgültig aus sreie» Fuß gesetzt, nachdem ihne» zur
Kenntnis gebracht worden war, daß gegen fle ein Aus-
weisungsbesehl vom Kanton Genf erlaffen worden
sei.
Die ausgewiesenen Iournalisten nach Loppet
abgesahren.
Genf, 2. Iuli. (Cia. Funkmeldung.) Der Dorstcher
des Iustiz- und Polizerdepartements des Kantons Genf,
Staatsratspräsident Nicole, teilte den italienischen
Iournalisten bei der Vekanntgabe des Ausweisungs-
beschluffes mit, daß fie den Kanton bis Mitternacht zu
verlaisen hätten. Da die Dekanntgabe erst um 22.30
Ahr erfolgte, der lehte Zug nach Italien aber bereits um
22.52 Llhrabgcht, bestand für die Iournalisten keine Mög-
lichkeit mehr, in ihr Hotel zurückzukehren und ihr Gepäck
zu holen. Sie beschloffen daher, im Kraftwagen nach dem
waadtländischen Ort Coppet zu sahren. llm 23.50 Uhr
sehte sich die Wagenkolonne nach Coppet in Vewegung.
Anter den Insaffen sah man neben den ausgewiesenen
Iournalisten den italienischen Gesandten in Vern und
den italienischen Generalkonsul in Gens, sowie zahlreiche
Freunde der Ausgewiesenen.
*
Cmpörung in Italien.
Rom, 1. Inli. Die Verhastung der zur Völ-
kerbundsversammlung entsandten italienischen Iourna -
listen hat in der italienischen Presie helle Cnt -
rüstung hervorgerufen. Der Reichsverband der italie-
nischen Preffe hat in ganz Italien alle ssine Mitqlieder
zu Protest- und Solidäritätskundgebungen einberusen.
Der Preffe- und Propagandaminister Alfieri hat an
den italienischen Konsul in Genf ein Telegramm gerich-
tet, in dem er den italienischen Iournalisten, die „wic
Miffetäter verhaftet wurden, weil sie ihre grenzenlose
Cmpörung über die schwers Veleidigung ihres Vater-
landes nicht zurückhalten konnten", seinen solidarischen
Grutz entbietet.
Vettere Meldungen.
Ein Reiseabkommen mit Velgie«.
Berlin, 1. Iuli. Die deutsche Regierung und die
belgische Regierunq haben in dem Bestreben, den Reise-
»erkehr von Deutschland nach Vclgien und
nach dem Grotzherzogtum Luxemburg zu fördern,
vereinbart, daß sür dic Dauer des Reisevcrkehrsabkom-
mcns vom 1. Iuli bis 30. September 1936 Personen, die
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Ausenthalt im Deut-
schen Reich haben und nicht zu geschäftlichen Zwecken nach
Velgisn oder nach dem Großherzogtum Luxemburg reisen,
ohne Genehmigunq der Devisenstellen Reisekreditbriefe,
Reiseschecks, Hotelgutscheine. Gutschein« für Pauschal-
oder Gesellschaftsreisen im Gegenwert von höchstens
5 00 Mark für die Person und den Kalender-
monat über die jeweils geltende Freigrenze hinaus er-
werben und nach Belgien oder Luxsmburg vcrbringen
können. Vei Reisekreditbriesen und Reisescheck dürfs» je-
doch insgesamt je Person und Kalendermonat Reisezah-
lungsmittel nicht über den Betrag von 200 Mark hinaus
ausgegeben werden. Das Abkommen ist im Rsichsanzei-
ger vöm 1. Iuli veröffentlicht.
Staatssekretär General der Flieger Milch aus
London abgeflogen.
London, 1. Iuli. Staatssekretär General der Flieger
Milch verlietz am Mittwoch morgen zusammen mit den
Herren seiner Vegleitung London. Cr begab sich im
Flugzeug nach Derlin zurück.
Schwerer Unsall des Musikzags dtt
Sö-Leidstandarie.
Mer Tote, sechs Schwerverletzte.
Magdeburg, 1. Iuli. Der im ganzen Reich durch
seine Konzerte beliebte Musikzug der SS.-
Leibstandarte wurde am Mittwoch nachmittag von
einem schweren Anfall betroffen.
Der Musikzug befand sich in zwei Autobuflen auf
der Heimkehr von einer Konzertrcise im Westen des Rci-
ches. Zwischen Vurg und Genthin durchfuhren die Wa-
gcn in langsamem Tempo cine stark ansteigende Strccke.
Aus der entgegengesehten Richtung kam von Genthin her
ein Lastwagcn mit Anhänger, der auf der durch einen nie-
dcrgegangencn Wolkenbruch schlüpfrig gewordenen
Asphältdecke ins Schlsudern geriet. Dcr Fahrer konnte
den schweren Zug nicht mehr zum Halten bringen und
fuhr gegen einen Vaum.
Hierbei rutschte der Anhänger so unglücklich über die
Stratze, daß er mit voller Wucht die Seitenwand
des zweiten Autobuffes der SS.-Leibstandarte in ihrer
ganzen Länge ausriß. ZweiMänner des Mu-
sikzuges waren sosorttot, zweiweitere ver-
starben nach ihrer Einlieserung im Vurger Kreiskran-
kenhaus. Autzerdcm besinden sich im Krankenbaus zur
Zeit noch sechs Schwerverlehte und eine Anzahl von
Lcichtverlctzten.
Der erste Autobus, der die Höhe bereits überwunden
hatte, bcmerkte von dem Vorfall nichts, und erst in Vcr-
tin erfuhrcn die Männer von dem furchtbaren Unglück,
das ihre Kameraden betroffsn hat. Als die Mcldunq
von dem llnfall in Lichtersclde bckannt wurde, eilts Obcr-
gruppcnsührer Sepv Dietrich sofort zur Anfall-
stcllc und zu dcn verlehten Kameraden.
Mit der Leibstandartc trauert nicht nur die gesamte
Vewcgung, sondern ganz Deutschland um die Toten, die
aus so trägischc Weise ums Leben kamen.
Verlill ehttMksöchmelivg.
Eintragung in das Goldene Buch der Reichs-
hauptstadt.
Verlin, 1. Iuli. Max Schmeling hat sich am
Mittwoch nachmittag im Bsrliner Rathaus in das G o l-
deneVuch derStadtVerlin eingetragen.
Staatskommiffar Dr. Lippert empfing den deut-
schcn Meisterborer in seinen Amtsräumen. Die Reichs-
hauptstadt sei stölz darauf, den größten Könner dss deut-
schcn Voxsports, der Deutschlands Farben so eindrucks-
voll im Ausland vertreten habe, zu ihren Vürgern zu
zählen. Cr sei daher auch der erste Derufssport-
ler, deffen Anterschrift in dem Goldensn Chren-
buch der Stadt Verlin stehen werds.
Näch der Cintragung wurde Max Schmeling von
Dr. Lippert noch die Olympia-Bronzeplakette
der Neichshauptstadt überrcicht, die sonst nur die Mann-
schaftsführer der Olympiakämpfer aus den verschiedenen
Ländern erhalten. Der Meisterboxer danktc mit herzli-
chcn Worten.
Wcitcr erklärts Schmeling, daß er durch den Vrand
seines Landhauses gczwunqen sei, mit seiner Frau vor-
aussichtlich bis auf weitcres in seincm kleinen Iagdhaus
Quartier zu beziehen, um dort cndlich die lange ersehnte
Ruhe und Ausspannung zu finden.
Haver Echmidt aus dem Krankevhaus entlafsen.
Vier Wochen Sommerfrische. — Dann KdF-Fahrt.
herne i. W., 1. Iuli. Hauer Schmidt, der be-
kanntlich 180 Stunden verschüttet war, wurde am Mitt-
woch aus dem Krankenhaus Vergmannsheil in Vochum
entlaffen. Wie festgestellt wurde, hat seins Gesundheit
glücklicherweise keinerlei ernsten Schaden erlitten. Zusam-
men mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wird er
nun auf Veranlassung und auf Kosten der Vergwerks-
gesellschaft „Hibernia" einen vierwöchigen Crholungs-
urlaub in einer Sommerfrische verbringen. Alsdann
wird er mit seiner Familie die ihm von der Dcutschen
Arbeitsfront zugedachte KdF-Fahrt antreten.
Lleber die Vergung des Hauers Schmidt grbt die
Grubenverwaltung eincn Vericht heraus, der einen Cin-
blick gibt in die Schwierigkeiten, mit denen die Rettungs-
mannschasten bis zur glücklichen Vergung des Verschüt-
teten zu kämpfcn hatten. An dcn Rettungsarbeiten haben
sich dauernd 40 Arbeitskameraden, daräntcr die drci
Drüder des Verschütteten, und zwar in jeder Schicht
einer ssiner Vrüder bcteiligt. Ferner nahm an dcn
Vergungsarbeitcn der im Zanuar d. Is. selbst für acht
Stundcn eingeschloffene Hauer Lösche teil.
3» s« Stmideii AeiilMiliiid-Nemiork.
.hindenburgs" schnellste Ozeanüberquerung.
Hamburg, 2. Iuli. (Cig. Funkmeldung.) Das Lnst-
schisf „Hindenburg" hat nach Meldung der Deut-
schen Seewarte am Donnerstag um 7.30 llhr Newyork
erreicht.
Die gesamte Fahrzeit von 50 Stundcn für die
Strecke Deutschland — Newyork, di« durch die Aus-
nutzung günstiger Winde über dem Nordatlantik erreicht
wurde, stellt die schnellste Ozeanüberquerung dar, die bis-
ber einem Lustschisf gelunge« ist.
MmusbeMafflmMrogramm ber Rejchßbahn.
Für 80 Mltionen Zabrzeugr im ertten Satbjahr 19Z7. - Tagung bes Verwaltungsrats
ber Deutschen Reichsbabn.
Effen, 1. Iuli. Am Dienstag und Mittwoch trat der
V e r w a l t u n g s r a t der Deutschen Reichs-
bahn zu einer ordentlichen Sitzung in Cssen zusam-
men.
Die Beratungen galten zunächst den Finanzfra -
gen. Cin Aeberblick über die Cinnahmeentwick-
luNq dcs ersten Halbjähres 1936 zeigt einen Zuwachs
von 9.2 Prozent gcgenüber dem Dorjahr, dabei entfällt
auf den Pcrsonen- und Gepäckverkehr eine Mehreinnahme
von 5,5 Prozent, auf den Güterverkehr eine solche von
12,3 Prozent. Den erhöhtcn Cinnahmcn, die im wescnt-
lichen aus vcrstarkten Vcrkehrsleistungen Herrühren,
stehen crheblich vermehrte Vetriebsausgabcn
gegenüber. Der Verwaltungsrat gab seine Zustimmung
zu einem von der Reichsbahnhauptverwaltung ausgearbei-
tcten Fahrzeugbeschaffungsprogramm für
die erste Hälfte des Iahres 1937 iii Höhe von 8 0 Mil-
lionen Mark. Hierunter ist die Veschasfung neuer
Lokomotiven, Triebwagen, Personen-, Gspäck- und Güter-
wagen sowie von Straßenfahrzeugen vorgeschcn. Für
Unterhaltung und Crneuerung der baulichen Anlagen
konntcn die veranschlagten Mittel verstärkt werden.
Der Verwaltungsrat uahm ferner KenntniS von
deu Geschästsberichten verschiedener Tochterge-
sellschasten und Zweigunternehmen der Reichsbahn,
z. B. des Mitteleuropäischen Reisebüros (MER), der
Reichsbahnzentrale für den deutschen Reiseverkehr
(RdB) und der Mitropa. — Beim Mitteleuro-
päischen Reisebüro hat die llmsatzsteigerung,
die im Jahr 1933 einsetzte und sich 1934 sortsetzte, auch
im Jahr 1935 angehalten. Die Steigerung beträgl
gegenüber 1934 rund 9 Prozent. Das MER unter-
hielt am Jahres schluh 269 Jnlands- und 833 Aus-
landsvertretungen, insgesamt also 1112 Vertretungen.
Auch die Mitropa hat im Iahr 1935 einen wei-
teren Aufschwung erzielt, der in einer Umsatzstei-
gerung von 8 Prozent seinen Ausdruck fand. Die
Mitropa hatte im Sommerverkehr täglich 190 Schlas-
wage-n, 228 Speisewagen und 42 Küchenpackwagen.
Ueber den Stand der Sicherungen der Weg-
übergänge in Schienenhöhe auf den Reichsbahn-
strecken nahm der Verwaltungsrat einen eingehenden
Bericht entgegen, ebenso über die Betriebssührung des
Ruhrschnellverkehrs.
Ver PetM-Hcim-Prozetz.
Der Deviscnvergchen- und Schmuggelprozetz gegen
die Franziskaner in Clcve.
8 Cleve, 1. Iuli. Die Vcrhandlung gegcn die fünf
Franziskanerbrüder und vierzehn wcite-
ren Angcklagtsn vor dcr Llevcr Großcn Stras-
kammcr zciqtc am Mittwoch immcr mchr dic Skrupcl-
losigkeit, mit dcr sich im niederrheinischcn Grenzgebict
von den Angsklagten gegen die Schmuggel- und
Devisenverordnungen vergangen wurde.
Der Angeklagte Matthias Koch, der bei den
Schmuggcltransporten nachts Schmiere gestanden hat,
gab u. a. an, daß im Petrusheim in wenigen Monatcn
140 fette aus Holland eingeschmuggelte Schweine ge-
schlachtet und weiterverkauft wordcn sind.
Als Krastwagenführer der Franziskancrkolonie
führte Heinrich Dimmer monatclang Getreide-
transporte in wöchcntlichen Mengen von 500
Zentnern aus. Die zur Durchführung dicser Trans-
porte im Grenzgebiet notwendigen Vegleitpapiere waren
oft in Zeit- und Mengenangabcn von Büroangestcllten
der Kolonie gefälscht; darüber hinaus wurden sie
mchrsach benützt.
Von 1929 bis 1934 fuhr Wilhelm Wicnhoff Ge-
treide vom Petrusheim nach Weeze und Medem. Da-
bei ist ihm sür „Gcfälligkeiten" von Vruder Sigis-
bert wiederholt geschmuggeltes Denzin angebotcn
wordcn.
Ie»t?ches Reich.
Reichsminister Rust eröftnete am Mittwoch
„Haus der Hochschulmannschast m Weilb^
a d- L., dem Sitz einer Hochschule sur Lchrerbildu^
Der Minister erklärte bei seiner Erösfnungsrede, daß oc
neue Deutschland im Lager und in der Kolonne gestai
werde. Der alte Lehrcrverein sei tot. Dre Zert gcye
der jungen Mannschast.
Die Stadt Weimar ist zur Zehnjahresseier des es
sten Reichsparteitags gerüstet und prangt '
Festschmuck. Vesonders reich geschmückt ist der Marktpw
wo Gauleiter Strcichcr, wie bei der Kundgebung v
zehn Iahren, sprechen wird. j
Das Olympische Dors wurde am Mittwoch von d-
Wehrmacht dem Organisationskomitee für die 11. Ow«.
pischen Spicle in Berlin übergeben. Die olympi,a>
Kämpfer aus 53 Nationen werden in diesem olympiM
Dorf Anterkunft ftnden. Insgesamt sind es 5000 OlY»
piakämpfer, die hier untergebracht werden.
Dr. Ludovici leitet den Siedlerbund. llm die
deutung derVetreuung der Heimstättensisdler
sonders herauszustellen, hat der Leiter des Reichshcv
stättenamtes der DAF., Dr. Ludovici. die Leitu^
des Deutschen Siedlerbundes persönlich übcrnc"!
mcn. Aus Anlaß der Cinweihung der Crsten Reichssic
lerschule in Crlangen hat Dr. Ludovici dem Dcutiai
Siedlcrbund ein Leistungsabzeichen^ für bcst
dere Cin,;elleistungen und Gemeinschastslcistungen v>
Siedlsrn gestiftet. Die näheren Linzelheiten werden
den nächsten Tagen bekanntgegeben.
In Gcmeinschaft mit Bruder Sigisbert hat der An-
geklagte Pcter Iansen, der in der Nähc vom Pe-
trusheim Lbenfalls ein grenzdurchfchnittenes Gut bcsitzt,
von 1930 bis 1934 erheblichcn Getreidcschmuggel
betriebsn. Wcgen der Fälschungen der Vcglcitpapicre
hat er dem Angeklagtcn Höfsmann 450 Mark
Schwcigegelder gegcben.
Zu ciner kurzen Auseinandcrschunq zwischcn Staats-
anwaltschaft und Vcrteidigung führtc die Crörterung
ciner Aeußerung des slüchtigcn Bruders Sigisbcrt, nach
der das Schmuggeln ksine Sünde sei. (!) Cs
wurde festgestcllt, däß es kein« Ordensregel gibt, die die-
sen Grundsatz rechtfertigen könnte.
Des Devisenvergehens hat sich der jeht 70-
jährige Iohann Gonze, genaimt Bruder Liborius,
schuldig gemacht, der allein und in Begleitunq mit Bru-
der Cpiphan mehrfach unter dem schützenden Ordens-
kleid Gcldbeträge nach Holland geschmuggelt hat.
Dem jehigen Vorsteher der Kolonie Petrusheim,
Iohann Neiß, genannt Vruder Valentin, wirft die
Anklage ebenfalls vor, sich in Gemeinschast mit Bruder
Cpiphan gegcn das Deviscngeseh vcrgangen zu haben.
Cr hat ferner vor eincr Kontrolle durch Zollbcamtc an-
geordnct, die Geschäftsbüchcr zu vcrstcckcn. Der Ange-
klagte Horstmann, dcr dabei behilflich war, erhielt später
von Vruder Valentin 500 Mark.
Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgeseht.
Iis Minett PMioiil m Gesahr?
Eine Entlastung Valdwins geplant.
London, 1. Iuli. Im Hinblick auf die Tatsache, d'^
Valdwi» einige Tage wegen UeberanstrenguNi>
seinem Amt fernbleiben muß, ist, wie Preß Asi^
ciation zusolge verlautet, in parlamentarischen Krest^
über die Notwendigkeit einer Reorganisation d-
Ausgaben und Verantwortlichkeiten des Ministerpräd
dentenbüros gesprochen worden.
In Westminster, sa heißt es in der Preß Affoci^
tions-Meldung weiter, sehe jedermann ein, datz unß
dem gegenwärtigen Systcm die Last für einen Linzcln^
zu schwer geworden sei. Baldwin habe selber einmal 4^
sagt, datz nicmand länger als füns Iahre das aushald
könne. Weiter sei daraus hingcwiesen worden, daß Rsw
say Macdonald vor einem Iahr aus Gesundhcst^
rücksichten sein Amt als Ministerpräsident ausgegcv^
habe und die Regierungsanhänger besürchteten, daß d>.
Aeberlastung bereits die Gesündheit Valdwiv
unterqraben haben könnte. Viele AnhLnger Bau
wins seien ängstlich darauf bedacht, einen Äusw^
durch «ine Verbeffcrung der Regierungsorganisation
suchen. Dei seiner Rückkehr am Wochenende wc»
Daldwin sicherlich der Rat gegeben werden, sich v>
einigen ssiner bisherigen Verantwortlichkeiten srcil»
machen, vor allem hinsichtlich seiner täglichen Llnwcs^
heit bei den Anterhausaussprachen. Cs werde ihm av'
nahegelegt werden, in stärkcrsm Maß die Minister hcrch'
zuziehen, die nicht mit Abteilungsarbciten beschäfti
feien. ^
Die vorübcrgchcnde Abwesenheit Baldwiv'
von London und sein Gcfundheitszustand si"
Hauptthemcn der Londoner Preffe. Die OppositioN
preffe spricht teilweise von einem früher oder später
erwartenden Rücktritt und wartet bereits mit Raiw'
für die Rachfolgeschast aus.
fius aller Velt.
— Schwere Gcwitter und Wolkenbrüche über Berii^
Die Reichshauptstadt und ihre Vororts wurden
Nkittwoch nachmittag erneut durch eine Rcihe von öO
lichen Gewittern heimgesucht, die zum Teil außZ.
ordentlich schwer waren. Zahlrcichc Vlitzschlä4
und Wolkenbrüchc richteten in verschiedencn Stm'
teilcn verhcercndcn Schaden an. Sämtliche Wachen
Derliner Feuerwshr hatten den ganzcn Nachmittag übi
Ausnahmezustand. Weite Streckcn des Stratzcnbai^
netzes konnten wcgen Asberschwemmungen nicht befabrö
werden, und einzelne A-Bahnabschnitte mutztcn ebensa«
zeitweisc wegen Aeberflutung außcr Vetrieb gesetzt ivck
den. Erst gegen 19 Ahr licßen dic Anwctter nach. S'
Feuerwehr hatte jedoch noch bis in die Nacht hincin >
tun, um di« Schäden zu beseitigcn.
— Deutscher Segelslieger erhält Ehrenpreis cich
däiiischen Zeitung. Wie bereits berichtet, entsandtc d'
Acroklub von Deutschland aus Cinladung dcs dänisckl^
Flugverbandes Danskc Flyvere zu dem am 21. Iuni ",
Kopenhagen veranstaltctcn Flugtag den Segelflic^
Huth von dcr Luftsportlandesgruppc Hamburq b-
Reichslustsportführcrs. Wie wir jetzt erfahrcn, hat Ps
dänische Zeitung „Politiken" dem deutschen Segelflsi
ger Huth sür seine segelsliegerischcn Vorführungen, ß
begeisterte Aufnahme bei dcn Besuchern des Flugtagi'
fanden, einen Chrenpreis zuqesprochen. Zu bs.
Flugtag war der dänischc Kronprinz erschienen, der ",
über die Leistungen Huths ebenfalls lobend ausspr§.
Besondcrs bemerkenswcrt ist, daß Hutb mit seincm P
gelstugzeug „Rhönsperber" auf dem Lustweg im Schlc^
eines von dem Flugzeugführer Küchenmcister gefühA^
Motorflugzeuges vön Hainbura nach Kopenhagen uv
zurück flog.
— Iüdischer Schieber in Wien verhastet. Der jü?
schc Schieber und Bankbesitzer Sigmund Bosel w>st
in Wien von der Polizei in Haft genommen. Bvj
ist der bekannteste östcrreichischc Spestilant der RP
kriegszeit. Besondcrs bekannt sind seine Geschäfte mit
Oesterreichischen Postsparkaffe, die mit ungeheuR
Verlustcn dcs staatlichen Instituts und der Fliic,
des damaligen Finanzministsrs Dr. Ahrez nach Bß
silien endete. Ileber die Gründe der Verhaftung bcst'.
die offizielle Mitteilung nur, daß der Verdacht des i"
trügerischen Bankcrotts vorliegt.
Ier Pmther.
Cin Erlebnis von Alfred Edelmann.
Ls war im Sommer 1922. Seit einigcn Monaten
befand ich mich im holländischen Inscl-Indien, jencm
Paradies, das dsr holländische Dichter Multatuli den
„smaragdenen Gürtel, den Gott der Herr um den
Äequator der Erde gelegt hat", nennt. Sumatra und
Iava hatten mir ihre Schönhcit zu erschließen begon-
nen, absr auch die Schlange dieses Paradieses, dic mar-
ternde Hitze, mich schon in unerfreulichster Weisc gequält.
Ich kannte bereits dies und jenes gesährliche Raubzeug,
sogar Harimau, den Tiger, durstc ich von weitem und —
höchachtungsvoll — bewundsrn. In Ost-Iava hatte ich
einen mehr als zwei Meter langen Python übersahren;
und in der Nähe von Semarang war mir bei einer mei-
ner vielen Nachtfahrten eine jener wie betrunken flat-
terndsn Riesensledermäuse. dic man dort fliegende Hunde
nennt, an die Wade geflogen, sich dort verkrollend, so
daß ich in meinsm ersten Schreck bcinahc Dummhcitcn
am Steuer gemacht hätte.
Kurz und gut, ich fühlte mich schon lange nicht mehr
als „Greenhorn" in Indien und beherrschte die Cingebo-
renensprache, Malaiisch und Iavanisch, bereits aiisrei-
chend, um etwas tieser in die Seels des Cingeborenen
dringen zu können.
Cin Amsterdamer Freund hatte mich im Iahr vorher
bestürmt, seinem hoch im iavanischen Wilisgebirge lsben-
den Verwandten Myers Bestellungsn auszurichten, wenn
mich mein Weq in jene Gegend verschlagen sollte. Das
trat nun ein; ich stellte sest, daß ich nur wenige Autostun-
den von der Zitronella-Farm, der Herr Myers als Ver-
walter vorstand, entfernt war, und entschloh mich kurzer-
hand zum Desuch.
Kurz vor Mittag kam ich an und wurde von dem
Hausherrn und seiner Gattin empfangen. Cs gab die
wundsrvolle javanische Reistafel mit ihren Duhenden
von Nebengerichten, nach Landesbrauch überwältigend
gewürzt mit Sambel, jener höllischsn indischen Paprika-
art. Nach Tisch zeigte mir Myers seine Pflanzungeu und
die Laboratorien, in denen aus dcm Zitronellagras das
wertvolle Parfumöl gewonnen wird, und wir begabcn
uns zurück zum Wohngebäudc, wo uns die Haüsfrau
bercits mit neuen Tafelköstlichkeitcn erwartcte. In Gc-
spräch vertraute sie mir dann cinen echten hausfraulichcn
Kummer an: ein „Kipepndief", ein Hühnerdieb, triebe
in lchter Zeit sein Anwescn unter ihren Vcständen. Das
ist nun dort an und für sich durchaus nicht tragisch, wcil
autzer in den von Curopäcrn bewohnten Großstädtcn Ge-
slügel kaum Wert hat.
Mein Gastgcber belehrte mich abcr, hier gcbe es
keineswegs um den wirtschaftlichen Wert der Hühner; in
dieser Gegend sci bekanntlich dcr gcfleckte Panther zu-
hause, und man könne nicht wiffsn —, obglsich ja nicht
gut anziinehmen sei, daß der grotzc Panther sich an sol-
chen Äinzigkeiten vergrifse.
Ich fragte nach etwaigen Spuren von dem Räubcr.
— Keine gefunden. Der grobe 5Nes der Gartenanlagen
verhindere das Cindrücken erkennbarer Fährten. Äber
zwei Angestelltc wollten die Vsstie nächtlichsrweise ge-
schen habcn. Na also, sagte icki, da wird man die beidcn
ausforschen müsien. — Hcrr Mycrs lachte bclustigt: aus
die Schilderungen von Malaien könne man sich niiht ver-
laffen. Aber er lietz bcide Diener antrcten und mich
mein Heil im Aussragen versuchen.
„Ihr habt also den Hühnerdieb gesehen?" — „Ia,
Herr, ich zweimal, Kemis dreimal." — „War es cin
großes Tier? Wie groß war es?" Beidc suchtcn sich
zucrst um eins Antwort zu drücken, es sei jedesmal dun-
kel gewesen, sehr dunkel, schwarze Nacht, etwa 10 sthr
abends. stnd sic hätten sich jcdcsmal sooo erschrcckt. Änd
so leise sei es geschlichen, und nachhsr hätten die armen
Kippen so fürchterlich geschrien, daß sie, die Helden, sich
schnell verkrochen.
Aber es half ihnen nichts, ich wolltc Größenangaben.
Und ich erhiclt sie denn auch. Freilich: während Kcmis
eine Vestis wie ein ausqcwachsenes Mastkalb gesehen zu
haben glaubte, wußte sein Kollege nur von der Größe
eines Zwergpintschers. Veide versicherten aber übgrein-
stimmend, das Tier habe weder gequietscht noch gebellt,
noch überhaupt einen Laut ausgestoßen. Ich war also
so klug wie zuvor und mutzte einige gutgemeints Witze
Ubcr mcine gründliche Kenntnis der Cingeborenen hin-
nehmen.
Der Mann mit der Zwergpintschcrschilderung schicn
mir jedoch am vcrtrauenswürdigsten. Ich plädicrte also
däfür, daß es cin „Luwak" sein müffc, cin dort häufiq
vorkommender Mardcr, der plumpcr und vicrschrötiger
als unser heimischer Marder ist, aber ebsnfalls als Gc-
slügelräuber auftritt. Herr Myers blieb skeptiscki, und
scine Frau hatte eingestandenermatzen blaffc Ängst, daß
cs doch cin Panther sein könntc.
Da der Räuber gerade in der letzten Zcit beinahe
Nacht für Nacht gckommen war, lag dic Möglichkeit vor,
daß er auch an diesem Abcnd erscheinen würde, und die
beiden Iungcn hatten ja übcreinstimmcnd vcrsichert, er
Pflege jeweils gegen 10 5lhr zu kommen. So wolltcn wir
also heute abend zu dicser Zeit einmal aufpaffen.
Wir satzen denn auch bis ungesähr 10 Uhr. ohne dah
etwas geschehen wäre, und da ging der Mond auf. Ich
wollte gerade vorschlagen, unseren Ansitz aufzugeben, als
sich die Crcigniffc blitzschnell überstürzten. Noch war
der Mond kaum mit einem blaffen Streisen am Rand
dcs Horizonts aufgetaucht, als sich über die mehr als
mannshohe llmsaffungsmauer blitzschnell und lautlos,
aber anscheincnd gleichzcitig von uns beiden Grotzwild-
jägcrn bemerkt, ein mächtiqer Schatten schwang. Ich
zwang mich zur Ruhe, schaltete das Licht ein, und schon
lag mir die entsichcrtc Pistole in der Hand. Im gleichen
Augenblick abcr sah ich Mynheer Mvers ruhig zielen,
sah cine großc Raubkatze etwa zehn Metcr entfernt von
uns stehen — anschcinend von dem plötzlichen Licht ver-
duht, denn das Tier stand einen Augenblick mit der
Breitseite gegcn uns, schier wie ein Vildwerk. Lange
gcnug, um als Ziel zu dicnen. Schnell hintereinander
krachren zwei Schüffe, die Bestie machte einen mindestens
meterhohen Sah kerzengerade in die Höhe, ftel nieder
imd ritz im Todeskamps den Vodcn mit den Pranken
auf. Dann ein Verzucken, und wir konnten uns die
Bcute nahe bctrachtcn.
Cs war ein voll ausgewachsener Panther, in seiner
sündhaften Schönheit ein prachtvolles Tier. Ünnötig zu
sagen, datz -ie Hausbedientenschast sehr schnell bei der
Hand war. Der „Kebon", der Gärtner, zog die Gr^,
katie inil kundiger Hand sogleich ab und verichaP
ihren Kadaver: aw nächstcn Morgcn sah icb das iä>'
Fell ickwn acsalzcn und zum Trockiien in der Sonnc P
gehängr. Nsticr- hatte zwei prachtvolle Vlattschüiic "
bringen können.
Als ich tags daraus meincn Wagen durch die Wst
dcr tropischer Hcrrlichkeit wicder zu Tal steucrte, h''.
ich kaum acht auf dcn Wcg. Tief ergrisfen lietz ich
unvergleichliche Panorama aus mich wirkcn; mein Asi)
berauschte sich an der märchenhasten Pracht einer v>,.
meterhohcn Agave, dercn Vliite allcin mannshocki ist, >1
einc Allce schisr unirdisch hoher Pappeln, die das d'
Rcstchen Grün unter eincm Mantel von grcllblas?
Klematisblüten vcrstccktcn, unbarmhsrzig abgewm,
von dieser — tcuslichen Schönheit. llnd ich dachte, sß
doch in diescm Lande Leben und Tod so nahe beisanE
wohnen, bis-
Vis mich mein malaiischer Boy hart am Arm paA
„Sieh, Herr!" Gegen das Grün des PslanzenwE
hob sich am Rand der Strahe grell der fahlgclbe KöR
eines Panthers ab, öb dcs Motorcngcräuschs ver"^
fend, dann — das Vild wic wegradiert; schräg si!,
oben schien einen kurzen Augenblick strichwcise ein a-'"
Schemen zu stehen, dann erlosch das Vild.
Kleine Rotizen.
Heinz Hilpert lätzt im Berliner DewA
Theater in der Spielzeit 1936/37 nachgenanntc
spielwcrke zur Uraussührung bringen:' „Amor vv,
omnia" von Michael Reinhöld Lenz, „Marie E bx.
lotte Lorday" von Walther Gilbricht, „ Pß
herrschende Geschlscht" von Michael Cgan
„Heiraten istbesser" von Hermann RoßnP
Im Vordergrund des übrigen Spielplans steht das ^
sische Drama. ,,>
Die gesamten zum Bund deutschcr Lhemikcr.^.
sammengeschloffenen chemischen Vereine und Vcrva,
halten ihr erstes Reichstrefsen vom 7. bis 11- I""
München ab.
Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
„HeideLerger Reueste Nachrichteu" — ^eidelberger Anzeiger"
Dürmerstag, 2. Irili 1936
insbesondere darüber, daß der Dölkerbund fortfahre»
müffe zu versuchen, seine Mission zu erfüllen.
Der Sowjetkouilnissar Lilwinow
hielt dann eine wie üblich mit versteckten Aussällen
asgen Deutschland gespickte Rede, in der er die
Verstärkung dss Völkerbundspakts forderte. Cs habe sich
erwiesen, daß wirtschaftliche Sanktionen allein die italie-
nische Armee nicht wieder aus Abeffinien vertrciben
könnten. Deshalb sei er, Litwinow, wie fast alle Völker-
bundsmitglieder zu der Aeberzeugung gekommcn, daß die
weitere Anwendung der wirtschastlichen Sanktionen nutz-
los geworden sei. Aus den Arsachen des abeffinischen
Mißerfolgs müffe man Lehren sür die Verhü-
tung ähnlicher Vorkommniffe in der Zukunft ziehen. In
dissem Zusammenhang lies Litwinow gegcn die vorge-
schlagene Abschassung des Artikcls 10 ('Gärantie der ge-
bietsmäßigen Anversehrtheit) Sturm cbenso wie gegen
die Abschaffung des Artikels 16. Dieser Artikel berge
starke Möglichkeiten in sich, die im abeffinischen Krieg
aus vielsachen Gründen, z. V. auch wegen der „ander-
weitig in viel stärkerem 'svlaßstab betriebcnen Kriegsvor-
bereitungen" bei wsitem nicht ausgeschöpst worden seien.
Die Durchführung wirtschastlicher Sanktionen müfle für
alle Staaten oblrqatorisch werden und Hand in Hand
mit militärischen Maßnahmen gehen. Vorerst müffe Cu-
ropa mit Regionalpakten überzogen werden. Solange
nicht eine totale Abrüstung erreichbar sei, müffe
man versuchen, die kollektive Sicherheit zu verstärken.
Damit war die Mittwochaussprache beendet.
Das Remfte vom Tag.
Aw Geis iiiisgemese«.
Eine Versügung gegen die italienischen Völker-
bunds-Iournalisten.
Genf, 2. Iuli. Die während der Sihung der Dölker
bundsversammlung vom Dienstag verhafteten italie-
nischen Iournalisten wurden am Mittwoch um
22.15 Ahr aus dem St. Antonien-Gesängnis entlas-
s en. Sie begaben sich zu Fuß und unter Vewachung von
'Polizisten in Zivil ins nahegelegene Polizeigcbäudc, wo
u. a. der italienische Gesandte in der Schweiz, Tamaro,
und der italienische Generalkonsul in Genf, Speiser,
anwesend waren.
llm 22.ZV llhr wurde» die verhafteten Iournalisten
endgültig aus sreie» Fuß gesetzt, nachdem ihne» zur
Kenntnis gebracht worden war, daß gegen fle ein Aus-
weisungsbesehl vom Kanton Genf erlaffen worden
sei.
Die ausgewiesenen Iournalisten nach Loppet
abgesahren.
Genf, 2. Iuli. (Cia. Funkmeldung.) Der Dorstcher
des Iustiz- und Polizerdepartements des Kantons Genf,
Staatsratspräsident Nicole, teilte den italienischen
Iournalisten bei der Vekanntgabe des Ausweisungs-
beschluffes mit, daß fie den Kanton bis Mitternacht zu
verlaisen hätten. Da die Dekanntgabe erst um 22.30
Ahr erfolgte, der lehte Zug nach Italien aber bereits um
22.52 Llhrabgcht, bestand für die Iournalisten keine Mög-
lichkeit mehr, in ihr Hotel zurückzukehren und ihr Gepäck
zu holen. Sie beschloffen daher, im Kraftwagen nach dem
waadtländischen Ort Coppet zu sahren. llm 23.50 Uhr
sehte sich die Wagenkolonne nach Coppet in Vewegung.
Anter den Insaffen sah man neben den ausgewiesenen
Iournalisten den italienischen Gesandten in Vern und
den italienischen Generalkonsul in Gens, sowie zahlreiche
Freunde der Ausgewiesenen.
*
Cmpörung in Italien.
Rom, 1. Inli. Die Verhastung der zur Völ-
kerbundsversammlung entsandten italienischen Iourna -
listen hat in der italienischen Presie helle Cnt -
rüstung hervorgerufen. Der Reichsverband der italie-
nischen Preffe hat in ganz Italien alle ssine Mitqlieder
zu Protest- und Solidäritätskundgebungen einberusen.
Der Preffe- und Propagandaminister Alfieri hat an
den italienischen Konsul in Genf ein Telegramm gerich-
tet, in dem er den italienischen Iournalisten, die „wic
Miffetäter verhaftet wurden, weil sie ihre grenzenlose
Cmpörung über die schwers Veleidigung ihres Vater-
landes nicht zurückhalten konnten", seinen solidarischen
Grutz entbietet.
Vettere Meldungen.
Ein Reiseabkommen mit Velgie«.
Berlin, 1. Iuli. Die deutsche Regierung und die
belgische Regierunq haben in dem Bestreben, den Reise-
»erkehr von Deutschland nach Vclgien und
nach dem Grotzherzogtum Luxemburg zu fördern,
vereinbart, daß sür dic Dauer des Reisevcrkehrsabkom-
mcns vom 1. Iuli bis 30. September 1936 Personen, die
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Ausenthalt im Deut-
schen Reich haben und nicht zu geschäftlichen Zwecken nach
Velgisn oder nach dem Großherzogtum Luxemburg reisen,
ohne Genehmigunq der Devisenstellen Reisekreditbriefe,
Reiseschecks, Hotelgutscheine. Gutschein« für Pauschal-
oder Gesellschaftsreisen im Gegenwert von höchstens
5 00 Mark für die Person und den Kalender-
monat über die jeweils geltende Freigrenze hinaus er-
werben und nach Belgien oder Luxsmburg vcrbringen
können. Vei Reisekreditbriesen und Reisescheck dürfs» je-
doch insgesamt je Person und Kalendermonat Reisezah-
lungsmittel nicht über den Betrag von 200 Mark hinaus
ausgegeben werden. Das Abkommen ist im Rsichsanzei-
ger vöm 1. Iuli veröffentlicht.
Staatssekretär General der Flieger Milch aus
London abgeflogen.
London, 1. Iuli. Staatssekretär General der Flieger
Milch verlietz am Mittwoch morgen zusammen mit den
Herren seiner Vegleitung London. Cr begab sich im
Flugzeug nach Derlin zurück.
Schwerer Unsall des Musikzags dtt
Sö-Leidstandarie.
Mer Tote, sechs Schwerverletzte.
Magdeburg, 1. Iuli. Der im ganzen Reich durch
seine Konzerte beliebte Musikzug der SS.-
Leibstandarte wurde am Mittwoch nachmittag von
einem schweren Anfall betroffen.
Der Musikzug befand sich in zwei Autobuflen auf
der Heimkehr von einer Konzertrcise im Westen des Rci-
ches. Zwischen Vurg und Genthin durchfuhren die Wa-
gcn in langsamem Tempo cine stark ansteigende Strccke.
Aus der entgegengesehten Richtung kam von Genthin her
ein Lastwagcn mit Anhänger, der auf der durch einen nie-
dcrgegangencn Wolkenbruch schlüpfrig gewordenen
Asphältdecke ins Schlsudern geriet. Dcr Fahrer konnte
den schweren Zug nicht mehr zum Halten bringen und
fuhr gegen einen Vaum.
Hierbei rutschte der Anhänger so unglücklich über die
Stratze, daß er mit voller Wucht die Seitenwand
des zweiten Autobuffes der SS.-Leibstandarte in ihrer
ganzen Länge ausriß. ZweiMänner des Mu-
sikzuges waren sosorttot, zweiweitere ver-
starben nach ihrer Einlieserung im Vurger Kreiskran-
kenhaus. Autzerdcm besinden sich im Krankenbaus zur
Zeit noch sechs Schwerverlehte und eine Anzahl von
Lcichtverlctzten.
Der erste Autobus, der die Höhe bereits überwunden
hatte, bcmerkte von dem Vorfall nichts, und erst in Vcr-
tin erfuhrcn die Männer von dem furchtbaren Unglück,
das ihre Kameraden betroffsn hat. Als die Mcldunq
von dem llnfall in Lichtersclde bckannt wurde, eilts Obcr-
gruppcnsührer Sepv Dietrich sofort zur Anfall-
stcllc und zu dcn verlehten Kameraden.
Mit der Leibstandartc trauert nicht nur die gesamte
Vewcgung, sondern ganz Deutschland um die Toten, die
aus so trägischc Weise ums Leben kamen.
Verlill ehttMksöchmelivg.
Eintragung in das Goldene Buch der Reichs-
hauptstadt.
Verlin, 1. Iuli. Max Schmeling hat sich am
Mittwoch nachmittag im Bsrliner Rathaus in das G o l-
deneVuch derStadtVerlin eingetragen.
Staatskommiffar Dr. Lippert empfing den deut-
schcn Meisterborer in seinen Amtsräumen. Die Reichs-
hauptstadt sei stölz darauf, den größten Könner dss deut-
schcn Voxsports, der Deutschlands Farben so eindrucks-
voll im Ausland vertreten habe, zu ihren Vürgern zu
zählen. Cr sei daher auch der erste Derufssport-
ler, deffen Anterschrift in dem Goldensn Chren-
buch der Stadt Verlin stehen werds.
Näch der Cintragung wurde Max Schmeling von
Dr. Lippert noch die Olympia-Bronzeplakette
der Neichshauptstadt überrcicht, die sonst nur die Mann-
schaftsführer der Olympiakämpfer aus den verschiedenen
Ländern erhalten. Der Meisterboxer danktc mit herzli-
chcn Worten.
Wcitcr erklärts Schmeling, daß er durch den Vrand
seines Landhauses gczwunqen sei, mit seiner Frau vor-
aussichtlich bis auf weitcres in seincm kleinen Iagdhaus
Quartier zu beziehen, um dort cndlich die lange ersehnte
Ruhe und Ausspannung zu finden.
Haver Echmidt aus dem Krankevhaus entlafsen.
Vier Wochen Sommerfrische. — Dann KdF-Fahrt.
herne i. W., 1. Iuli. Hauer Schmidt, der be-
kanntlich 180 Stunden verschüttet war, wurde am Mitt-
woch aus dem Krankenhaus Vergmannsheil in Vochum
entlaffen. Wie festgestellt wurde, hat seins Gesundheit
glücklicherweise keinerlei ernsten Schaden erlitten. Zusam-
men mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wird er
nun auf Veranlassung und auf Kosten der Vergwerks-
gesellschaft „Hibernia" einen vierwöchigen Crholungs-
urlaub in einer Sommerfrische verbringen. Alsdann
wird er mit seiner Familie die ihm von der Dcutschen
Arbeitsfront zugedachte KdF-Fahrt antreten.
Lleber die Vergung des Hauers Schmidt grbt die
Grubenverwaltung eincn Vericht heraus, der einen Cin-
blick gibt in die Schwierigkeiten, mit denen die Rettungs-
mannschasten bis zur glücklichen Vergung des Verschüt-
teten zu kämpfcn hatten. An dcn Rettungsarbeiten haben
sich dauernd 40 Arbeitskameraden, daräntcr die drci
Drüder des Verschütteten, und zwar in jeder Schicht
einer ssiner Vrüder bcteiligt. Ferner nahm an dcn
Vergungsarbeitcn der im Zanuar d. Is. selbst für acht
Stundcn eingeschloffene Hauer Lösche teil.
3» s« Stmideii AeiilMiliiid-Nemiork.
.hindenburgs" schnellste Ozeanüberquerung.
Hamburg, 2. Iuli. (Cig. Funkmeldung.) Das Lnst-
schisf „Hindenburg" hat nach Meldung der Deut-
schen Seewarte am Donnerstag um 7.30 llhr Newyork
erreicht.
Die gesamte Fahrzeit von 50 Stundcn für die
Strecke Deutschland — Newyork, di« durch die Aus-
nutzung günstiger Winde über dem Nordatlantik erreicht
wurde, stellt die schnellste Ozeanüberquerung dar, die bis-
ber einem Lustschisf gelunge« ist.
MmusbeMafflmMrogramm ber Rejchßbahn.
Für 80 Mltionen Zabrzeugr im ertten Satbjahr 19Z7. - Tagung bes Verwaltungsrats
ber Deutschen Reichsbabn.
Effen, 1. Iuli. Am Dienstag und Mittwoch trat der
V e r w a l t u n g s r a t der Deutschen Reichs-
bahn zu einer ordentlichen Sitzung in Cssen zusam-
men.
Die Beratungen galten zunächst den Finanzfra -
gen. Cin Aeberblick über die Cinnahmeentwick-
luNq dcs ersten Halbjähres 1936 zeigt einen Zuwachs
von 9.2 Prozent gcgenüber dem Dorjahr, dabei entfällt
auf den Pcrsonen- und Gepäckverkehr eine Mehreinnahme
von 5,5 Prozent, auf den Güterverkehr eine solche von
12,3 Prozent. Den erhöhtcn Cinnahmcn, die im wescnt-
lichen aus vcrstarkten Vcrkehrsleistungen Herrühren,
stehen crheblich vermehrte Vetriebsausgabcn
gegenüber. Der Verwaltungsrat gab seine Zustimmung
zu einem von der Reichsbahnhauptverwaltung ausgearbei-
tcten Fahrzeugbeschaffungsprogramm für
die erste Hälfte des Iahres 1937 iii Höhe von 8 0 Mil-
lionen Mark. Hierunter ist die Veschasfung neuer
Lokomotiven, Triebwagen, Personen-, Gspäck- und Güter-
wagen sowie von Straßenfahrzeugen vorgeschcn. Für
Unterhaltung und Crneuerung der baulichen Anlagen
konntcn die veranschlagten Mittel verstärkt werden.
Der Verwaltungsrat uahm ferner KenntniS von
deu Geschästsberichten verschiedener Tochterge-
sellschasten und Zweigunternehmen der Reichsbahn,
z. B. des Mitteleuropäischen Reisebüros (MER), der
Reichsbahnzentrale für den deutschen Reiseverkehr
(RdB) und der Mitropa. — Beim Mitteleuro-
päischen Reisebüro hat die llmsatzsteigerung,
die im Jahr 1933 einsetzte und sich 1934 sortsetzte, auch
im Jahr 1935 angehalten. Die Steigerung beträgl
gegenüber 1934 rund 9 Prozent. Das MER unter-
hielt am Jahres schluh 269 Jnlands- und 833 Aus-
landsvertretungen, insgesamt also 1112 Vertretungen.
Auch die Mitropa hat im Iahr 1935 einen wei-
teren Aufschwung erzielt, der in einer Umsatzstei-
gerung von 8 Prozent seinen Ausdruck fand. Die
Mitropa hatte im Sommerverkehr täglich 190 Schlas-
wage-n, 228 Speisewagen und 42 Küchenpackwagen.
Ueber den Stand der Sicherungen der Weg-
übergänge in Schienenhöhe auf den Reichsbahn-
strecken nahm der Verwaltungsrat einen eingehenden
Bericht entgegen, ebenso über die Betriebssührung des
Ruhrschnellverkehrs.
Ver PetM-Hcim-Prozetz.
Der Deviscnvergchen- und Schmuggelprozetz gegen
die Franziskaner in Clcve.
8 Cleve, 1. Iuli. Die Vcrhandlung gegcn die fünf
Franziskanerbrüder und vierzehn wcite-
ren Angcklagtsn vor dcr Llevcr Großcn Stras-
kammcr zciqtc am Mittwoch immcr mchr dic Skrupcl-
losigkeit, mit dcr sich im niederrheinischcn Grenzgebict
von den Angsklagten gegen die Schmuggel- und
Devisenverordnungen vergangen wurde.
Der Angeklagte Matthias Koch, der bei den
Schmuggcltransporten nachts Schmiere gestanden hat,
gab u. a. an, daß im Petrusheim in wenigen Monatcn
140 fette aus Holland eingeschmuggelte Schweine ge-
schlachtet und weiterverkauft wordcn sind.
Als Krastwagenführer der Franziskancrkolonie
führte Heinrich Dimmer monatclang Getreide-
transporte in wöchcntlichen Mengen von 500
Zentnern aus. Die zur Durchführung dicser Trans-
porte im Grenzgebiet notwendigen Vegleitpapiere waren
oft in Zeit- und Mengenangabcn von Büroangestcllten
der Kolonie gefälscht; darüber hinaus wurden sie
mchrsach benützt.
Von 1929 bis 1934 fuhr Wilhelm Wicnhoff Ge-
treide vom Petrusheim nach Weeze und Medem. Da-
bei ist ihm sür „Gcfälligkeiten" von Vruder Sigis-
bert wiederholt geschmuggeltes Denzin angebotcn
wordcn.
Ie»t?ches Reich.
Reichsminister Rust eröftnete am Mittwoch
„Haus der Hochschulmannschast m Weilb^
a d- L., dem Sitz einer Hochschule sur Lchrerbildu^
Der Minister erklärte bei seiner Erösfnungsrede, daß oc
neue Deutschland im Lager und in der Kolonne gestai
werde. Der alte Lehrcrverein sei tot. Dre Zert gcye
der jungen Mannschast.
Die Stadt Weimar ist zur Zehnjahresseier des es
sten Reichsparteitags gerüstet und prangt '
Festschmuck. Vesonders reich geschmückt ist der Marktpw
wo Gauleiter Strcichcr, wie bei der Kundgebung v
zehn Iahren, sprechen wird. j
Das Olympische Dors wurde am Mittwoch von d-
Wehrmacht dem Organisationskomitee für die 11. Ow«.
pischen Spicle in Berlin übergeben. Die olympi,a>
Kämpfer aus 53 Nationen werden in diesem olympiM
Dorf Anterkunft ftnden. Insgesamt sind es 5000 OlY»
piakämpfer, die hier untergebracht werden.
Dr. Ludovici leitet den Siedlerbund. llm die
deutung derVetreuung der Heimstättensisdler
sonders herauszustellen, hat der Leiter des Reichshcv
stättenamtes der DAF., Dr. Ludovici. die Leitu^
des Deutschen Siedlerbundes persönlich übcrnc"!
mcn. Aus Anlaß der Cinweihung der Crsten Reichssic
lerschule in Crlangen hat Dr. Ludovici dem Dcutiai
Siedlcrbund ein Leistungsabzeichen^ für bcst
dere Cin,;elleistungen und Gemeinschastslcistungen v>
Siedlsrn gestiftet. Die näheren Linzelheiten werden
den nächsten Tagen bekanntgegeben.
In Gcmeinschaft mit Bruder Sigisbert hat der An-
geklagte Pcter Iansen, der in der Nähc vom Pe-
trusheim Lbenfalls ein grenzdurchfchnittenes Gut bcsitzt,
von 1930 bis 1934 erheblichcn Getreidcschmuggel
betriebsn. Wcgen der Fälschungen der Vcglcitpapicre
hat er dem Angeklagtcn Höfsmann 450 Mark
Schwcigegelder gegcben.
Zu ciner kurzen Auseinandcrschunq zwischcn Staats-
anwaltschaft und Vcrteidigung führtc die Crörterung
ciner Aeußerung des slüchtigcn Bruders Sigisbcrt, nach
der das Schmuggeln ksine Sünde sei. (!) Cs
wurde festgestcllt, däß es kein« Ordensregel gibt, die die-
sen Grundsatz rechtfertigen könnte.
Des Devisenvergehens hat sich der jeht 70-
jährige Iohann Gonze, genaimt Bruder Liborius,
schuldig gemacht, der allein und in Begleitunq mit Bru-
der Cpiphan mehrfach unter dem schützenden Ordens-
kleid Gcldbeträge nach Holland geschmuggelt hat.
Dem jehigen Vorsteher der Kolonie Petrusheim,
Iohann Neiß, genannt Vruder Valentin, wirft die
Anklage ebenfalls vor, sich in Gemeinschast mit Bruder
Cpiphan gegcn das Deviscngeseh vcrgangen zu haben.
Cr hat ferner vor eincr Kontrolle durch Zollbcamtc an-
geordnct, die Geschäftsbüchcr zu vcrstcckcn. Der Ange-
klagte Horstmann, dcr dabei behilflich war, erhielt später
von Vruder Valentin 500 Mark.
Die Verhandlung wird am Donnerstag fortgeseht.
Iis Minett PMioiil m Gesahr?
Eine Entlastung Valdwins geplant.
London, 1. Iuli. Im Hinblick auf die Tatsache, d'^
Valdwi» einige Tage wegen UeberanstrenguNi>
seinem Amt fernbleiben muß, ist, wie Preß Asi^
ciation zusolge verlautet, in parlamentarischen Krest^
über die Notwendigkeit einer Reorganisation d-
Ausgaben und Verantwortlichkeiten des Ministerpräd
dentenbüros gesprochen worden.
In Westminster, sa heißt es in der Preß Affoci^
tions-Meldung weiter, sehe jedermann ein, datz unß
dem gegenwärtigen Systcm die Last für einen Linzcln^
zu schwer geworden sei. Baldwin habe selber einmal 4^
sagt, datz nicmand länger als füns Iahre das aushald
könne. Weiter sei daraus hingcwiesen worden, daß Rsw
say Macdonald vor einem Iahr aus Gesundhcst^
rücksichten sein Amt als Ministerpräsident ausgegcv^
habe und die Regierungsanhänger besürchteten, daß d>.
Aeberlastung bereits die Gesündheit Valdwiv
unterqraben haben könnte. Viele AnhLnger Bau
wins seien ängstlich darauf bedacht, einen Äusw^
durch «ine Verbeffcrung der Regierungsorganisation
suchen. Dei seiner Rückkehr am Wochenende wc»
Daldwin sicherlich der Rat gegeben werden, sich v>
einigen ssiner bisherigen Verantwortlichkeiten srcil»
machen, vor allem hinsichtlich seiner täglichen Llnwcs^
heit bei den Anterhausaussprachen. Cs werde ihm av'
nahegelegt werden, in stärkcrsm Maß die Minister hcrch'
zuziehen, die nicht mit Abteilungsarbciten beschäfti
feien. ^
Die vorübcrgchcnde Abwesenheit Baldwiv'
von London und sein Gcfundheitszustand si"
Hauptthemcn der Londoner Preffe. Die OppositioN
preffe spricht teilweise von einem früher oder später
erwartenden Rücktritt und wartet bereits mit Raiw'
für die Rachfolgeschast aus.
fius aller Velt.
— Schwere Gcwitter und Wolkenbrüche über Berii^
Die Reichshauptstadt und ihre Vororts wurden
Nkittwoch nachmittag erneut durch eine Rcihe von öO
lichen Gewittern heimgesucht, die zum Teil außZ.
ordentlich schwer waren. Zahlrcichc Vlitzschlä4
und Wolkenbrüchc richteten in verschiedencn Stm'
teilcn verhcercndcn Schaden an. Sämtliche Wachen
Derliner Feuerwshr hatten den ganzcn Nachmittag übi
Ausnahmezustand. Weite Streckcn des Stratzcnbai^
netzes konnten wcgen Asberschwemmungen nicht befabrö
werden, und einzelne A-Bahnabschnitte mutztcn ebensa«
zeitweisc wegen Aeberflutung außcr Vetrieb gesetzt ivck
den. Erst gegen 19 Ahr licßen dic Anwctter nach. S'
Feuerwehr hatte jedoch noch bis in die Nacht hincin >
tun, um di« Schäden zu beseitigcn.
— Deutscher Segelslieger erhält Ehrenpreis cich
däiiischen Zeitung. Wie bereits berichtet, entsandtc d'
Acroklub von Deutschland aus Cinladung dcs dänisckl^
Flugverbandes Danskc Flyvere zu dem am 21. Iuni ",
Kopenhagen veranstaltctcn Flugtag den Segelflic^
Huth von dcr Luftsportlandesgruppc Hamburq b-
Reichslustsportführcrs. Wie wir jetzt erfahrcn, hat Ps
dänische Zeitung „Politiken" dem deutschen Segelflsi
ger Huth sür seine segelsliegerischcn Vorführungen, ß
begeisterte Aufnahme bei dcn Besuchern des Flugtagi'
fanden, einen Chrenpreis zuqesprochen. Zu bs.
Flugtag war der dänischc Kronprinz erschienen, der ",
über die Leistungen Huths ebenfalls lobend ausspr§.
Besondcrs bemerkenswcrt ist, daß Hutb mit seincm P
gelstugzeug „Rhönsperber" auf dem Lustweg im Schlc^
eines von dem Flugzeugführer Küchenmcister gefühA^
Motorflugzeuges vön Hainbura nach Kopenhagen uv
zurück flog.
— Iüdischer Schieber in Wien verhastet. Der jü?
schc Schieber und Bankbesitzer Sigmund Bosel w>st
in Wien von der Polizei in Haft genommen. Bvj
ist der bekannteste östcrreichischc Spestilant der RP
kriegszeit. Besondcrs bekannt sind seine Geschäfte mit
Oesterreichischen Postsparkaffe, die mit ungeheuR
Verlustcn dcs staatlichen Instituts und der Fliic,
des damaligen Finanzministsrs Dr. Ahrez nach Bß
silien endete. Ileber die Gründe der Verhaftung bcst'.
die offizielle Mitteilung nur, daß der Verdacht des i"
trügerischen Bankcrotts vorliegt.
Ier Pmther.
Cin Erlebnis von Alfred Edelmann.
Ls war im Sommer 1922. Seit einigcn Monaten
befand ich mich im holländischen Inscl-Indien, jencm
Paradies, das dsr holländische Dichter Multatuli den
„smaragdenen Gürtel, den Gott der Herr um den
Äequator der Erde gelegt hat", nennt. Sumatra und
Iava hatten mir ihre Schönhcit zu erschließen begon-
nen, absr auch die Schlange dieses Paradieses, dic mar-
ternde Hitze, mich schon in unerfreulichster Weisc gequält.
Ich kannte bereits dies und jenes gesährliche Raubzeug,
sogar Harimau, den Tiger, durstc ich von weitem und —
höchachtungsvoll — bewundsrn. In Ost-Iava hatte ich
einen mehr als zwei Meter langen Python übersahren;
und in der Nähe von Semarang war mir bei einer mei-
ner vielen Nachtfahrten eine jener wie betrunken flat-
terndsn Riesensledermäuse. dic man dort fliegende Hunde
nennt, an die Wade geflogen, sich dort verkrollend, so
daß ich in meinsm ersten Schreck bcinahc Dummhcitcn
am Steuer gemacht hätte.
Kurz und gut, ich fühlte mich schon lange nicht mehr
als „Greenhorn" in Indien und beherrschte die Cingebo-
renensprache, Malaiisch und Iavanisch, bereits aiisrei-
chend, um etwas tieser in die Seels des Cingeborenen
dringen zu können.
Cin Amsterdamer Freund hatte mich im Iahr vorher
bestürmt, seinem hoch im iavanischen Wilisgebirge lsben-
den Verwandten Myers Bestellungsn auszurichten, wenn
mich mein Weq in jene Gegend verschlagen sollte. Das
trat nun ein; ich stellte sest, daß ich nur wenige Autostun-
den von der Zitronella-Farm, der Herr Myers als Ver-
walter vorstand, entfernt war, und entschloh mich kurzer-
hand zum Desuch.
Kurz vor Mittag kam ich an und wurde von dem
Hausherrn und seiner Gattin empfangen. Cs gab die
wundsrvolle javanische Reistafel mit ihren Duhenden
von Nebengerichten, nach Landesbrauch überwältigend
gewürzt mit Sambel, jener höllischsn indischen Paprika-
art. Nach Tisch zeigte mir Myers seine Pflanzungeu und
die Laboratorien, in denen aus dcm Zitronellagras das
wertvolle Parfumöl gewonnen wird, und wir begabcn
uns zurück zum Wohngebäudc, wo uns die Haüsfrau
bercits mit neuen Tafelköstlichkeitcn erwartcte. In Gc-
spräch vertraute sie mir dann cinen echten hausfraulichcn
Kummer an: ein „Kipepndief", ein Hühnerdieb, triebe
in lchter Zeit sein Anwescn unter ihren Vcständen. Das
ist nun dort an und für sich durchaus nicht tragisch, wcil
autzer in den von Curopäcrn bewohnten Großstädtcn Ge-
slügel kaum Wert hat.
Mein Gastgcber belehrte mich abcr, hier gcbe es
keineswegs um den wirtschaftlichen Wert der Hühner; in
dieser Gegend sci bekanntlich dcr gcfleckte Panther zu-
hause, und man könne nicht wiffsn —, obglsich ja nicht
gut anziinehmen sei, daß der grotzc Panther sich an sol-
chen Äinzigkeiten vergrifse.
Ich fragte nach etwaigen Spuren von dem Räubcr.
— Keine gefunden. Der grobe 5Nes der Gartenanlagen
verhindere das Cindrücken erkennbarer Fährten. Äber
zwei Angestelltc wollten die Vsstie nächtlichsrweise ge-
schen habcn. Na also, sagte icki, da wird man die beidcn
ausforschen müsien. — Hcrr Mycrs lachte bclustigt: aus
die Schilderungen von Malaien könne man sich niiht ver-
laffen. Aber er lietz bcide Diener antrcten und mich
mein Heil im Aussragen versuchen.
„Ihr habt also den Hühnerdieb gesehen?" — „Ia,
Herr, ich zweimal, Kemis dreimal." — „War es cin
großes Tier? Wie groß war es?" Beidc suchtcn sich
zucrst um eins Antwort zu drücken, es sei jedesmal dun-
kel gewesen, sehr dunkel, schwarze Nacht, etwa 10 sthr
abends. stnd sic hätten sich jcdcsmal sooo erschrcckt. Änd
so leise sei es geschlichen, und nachhsr hätten die armen
Kippen so fürchterlich geschrien, daß sie, die Helden, sich
schnell verkrochen.
Aber es half ihnen nichts, ich wolltc Größenangaben.
Und ich erhiclt sie denn auch. Freilich: während Kcmis
eine Vestis wie ein ausqcwachsenes Mastkalb gesehen zu
haben glaubte, wußte sein Kollege nur von der Größe
eines Zwergpintschers. Veide versicherten aber übgrein-
stimmend, das Tier habe weder gequietscht noch gebellt,
noch überhaupt einen Laut ausgestoßen. Ich war also
so klug wie zuvor und mutzte einige gutgemeints Witze
Ubcr mcine gründliche Kenntnis der Cingeborenen hin-
nehmen.
Der Mann mit der Zwergpintschcrschilderung schicn
mir jedoch am vcrtrauenswürdigsten. Ich plädicrte also
däfür, daß es cin „Luwak" sein müffc, cin dort häufiq
vorkommender Mardcr, der plumpcr und vicrschrötiger
als unser heimischer Marder ist, aber ebsnfalls als Gc-
slügelräuber auftritt. Herr Myers blieb skeptiscki, und
scine Frau hatte eingestandenermatzen blaffc Ängst, daß
cs doch cin Panther sein könntc.
Da der Räuber gerade in der letzten Zcit beinahe
Nacht für Nacht gckommen war, lag dic Möglichkeit vor,
daß er auch an diesem Abcnd erscheinen würde, und die
beiden Iungcn hatten ja übcreinstimmcnd vcrsichert, er
Pflege jeweils gegen 10 5lhr zu kommen. So wolltcn wir
also heute abend zu dicser Zeit einmal aufpaffen.
Wir satzen denn auch bis ungesähr 10 Uhr. ohne dah
etwas geschehen wäre, und da ging der Mond auf. Ich
wollte gerade vorschlagen, unseren Ansitz aufzugeben, als
sich die Crcigniffc blitzschnell überstürzten. Noch war
der Mond kaum mit einem blaffen Streisen am Rand
dcs Horizonts aufgetaucht, als sich über die mehr als
mannshohe llmsaffungsmauer blitzschnell und lautlos,
aber anscheincnd gleichzcitig von uns beiden Grotzwild-
jägcrn bemerkt, ein mächtiqer Schatten schwang. Ich
zwang mich zur Ruhe, schaltete das Licht ein, und schon
lag mir die entsichcrtc Pistole in der Hand. Im gleichen
Augenblick abcr sah ich Mynheer Mvers ruhig zielen,
sah cine großc Raubkatze etwa zehn Metcr entfernt von
uns stehen — anschcinend von dem plötzlichen Licht ver-
duht, denn das Tier stand einen Augenblick mit der
Breitseite gegcn uns, schier wie ein Vildwerk. Lange
gcnug, um als Ziel zu dicnen. Schnell hintereinander
krachren zwei Schüffe, die Bestie machte einen mindestens
meterhohen Sah kerzengerade in die Höhe, ftel nieder
imd ritz im Todeskamps den Vodcn mit den Pranken
auf. Dann ein Verzucken, und wir konnten uns die
Bcute nahe bctrachtcn.
Cs war ein voll ausgewachsener Panther, in seiner
sündhaften Schönheit ein prachtvolles Tier. Ünnötig zu
sagen, datz -ie Hausbedientenschast sehr schnell bei der
Hand war. Der „Kebon", der Gärtner, zog die Gr^,
katie inil kundiger Hand sogleich ab und verichaP
ihren Kadaver: aw nächstcn Morgcn sah icb das iä>'
Fell ickwn acsalzcn und zum Trockiien in der Sonnc P
gehängr. Nsticr- hatte zwei prachtvolle Vlattschüiic "
bringen können.
Als ich tags daraus meincn Wagen durch die Wst
dcr tropischer Hcrrlichkeit wicder zu Tal steucrte, h''.
ich kaum acht auf dcn Wcg. Tief ergrisfen lietz ich
unvergleichliche Panorama aus mich wirkcn; mein Asi)
berauschte sich an der märchenhasten Pracht einer v>,.
meterhohcn Agave, dercn Vliite allcin mannshocki ist, >1
einc Allce schisr unirdisch hoher Pappeln, die das d'
Rcstchen Grün unter eincm Mantel von grcllblas?
Klematisblüten vcrstccktcn, unbarmhsrzig abgewm,
von dieser — tcuslichen Schönheit. llnd ich dachte, sß
doch in diescm Lande Leben und Tod so nahe beisanE
wohnen, bis-
Vis mich mein malaiischer Boy hart am Arm paA
„Sieh, Herr!" Gegen das Grün des PslanzenwE
hob sich am Rand der Strahe grell der fahlgclbe KöR
eines Panthers ab, öb dcs Motorcngcräuschs ver"^
fend, dann — das Vild wic wegradiert; schräg si!,
oben schien einen kurzen Augenblick strichwcise ein a-'"
Schemen zu stehen, dann erlosch das Vild.
Kleine Rotizen.
Heinz Hilpert lätzt im Berliner DewA
Theater in der Spielzeit 1936/37 nachgenanntc
spielwcrke zur Uraussührung bringen:' „Amor vv,
omnia" von Michael Reinhöld Lenz, „Marie E bx.
lotte Lorday" von Walther Gilbricht, „ Pß
herrschende Geschlscht" von Michael Cgan
„Heiraten istbesser" von Hermann RoßnP
Im Vordergrund des übrigen Spielplans steht das ^
sische Drama. ,,>
Die gesamten zum Bund deutschcr Lhemikcr.^.
sammengeschloffenen chemischen Vereine und Vcrva,
halten ihr erstes Reichstrefsen vom 7. bis 11- I""
München ab.