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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.9513#0971
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„Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger

Dienstag, 22. September 1936

5eite 5

Zlucht aus -er fpanWen Me.

Sem Zvd entronnen. - Was eln deutscher Flüchtltng erzäklt.

Von einein Deutsch e^n, der über vier
Führe in Lerida, einer stadt zwischen Bar-
celona und saragoffa, als Photograph lebte,
dort vebhaftet wurde und nur durch List im
letzten Augenblick dem Toü entging, er-
halten wir folgenüe Schilderung seiner persön-
lichen Erlebniffe:

Man hatte mich verhaftet. Mit einer Gründlichkeit,
die die aufs Höchste gespannten Nerven zu zerreitzen droht,
betasten zwei Wärter jeden Körperteil, untersüchen plan-
mähig jsde Tasche, jede Falte, jede Naht meines Anzugs,
häufen das Gefnndene auf einem Tisch zusammen und
geben mir, wie einem plötzlichen Jmpuls gehorchend, alles
wieder zurück. Viel ist es nicht mehr, was ich besitze, denn
das meiste haben bei meiner Verhaftung breits die Miliz-
soldaten sich angeeignet. Ein kleines Fach des grohen
Tores öffnet sich: geblendet überguere ich einen grohen
Hof, um in einem düsteren Eingang wieder unterzutau-
chen. Eine grohe Gittertür läht mich ein und schnappt
mit einem beängstigenden Geräusch hinter mir wieder zu.
Jch bin im Gefängnis.

Benommen bleibe ich stehen, eine Riesenfausi drückt
meine Schläsen zusammen, hart pocht das Blut in der
Halsschlagaüer. Kaleidoskopartig ziehen Bilüer, die ich
soeben erlebte, an meinem Auge vorüber: die geschändete
Frauenleiche, die eine - johlende Menge auf dem
Berdeck eines Autos durch die Strahen von Lerida fuhr,
das Raubvogelgesicht des Milizsoldaten, der mich nieder-
schlug, als ich die viehische Szene photographierte,
und mich verhaftete.

Sondepbar, dah mir erst jetzt der Gedanke an Frau
unü Kinder kommt, und noch sonderbarer, dah bei diesem
Gedanken mein Hirn wieder zu arbeiten beginnt; bisher
hat Ss lediglich automatisch die Geschehnisse registriert.
Jetzt erst bemerke ich auch, dah ich unverwandt an der
Gittertür stehen geblieben bin. Wie lange ich wohl schon
sv dastehe?

Einen langen breiten Gang, in dem düfter schreitenüe
Männer hin- und hergehen, umfängt mein Blick. Teil-
nehmend und neugierig zugleich haben sich etliche um mich
geschart, ein Hocker wird mir zugeschoben und dankbar
setz« ich mich nieder.

Nicht viel kann ich den Schicksalsgenoffen meines jet-
zigen Daseins erzählen: umso fruchtbarer dagegen ist,
was ich in der nächsten halben Stunde zu hören bekomme.
Todgeweihte sind es, die mich hier umgeben, und
auch mir steht ein ähnliches Schicksal bevor. Alle haben
schon mit dem Leben abgeschlossen, keiner wagt mehr, auch
nur aaf üen nächsten Tag zu hoffen, fast täglich finden

Massenhinrichtungen wahllos herausgegriffener
Gefangener statt. Und trotzdem tso absurd der Gedanke
auch ist, stehen doch die Nationalisten gut 300 Kilometer
entfernt), von jedem Neuankömmling hoffen die Unglück-
lichen eine Nachricht über das Anrücken der Retter
oder wenigstens das Zustandekommen eines internationa-
len Geiselschutzes zu hören. So stark ist diese Hoffnungs-
pshchose, dah ich mich noch am selben Abend mit den an-
dern um ein neuangekammenes Opfer schare in Üer
wahnwitzigen Hoffnung, etwas von einer solchen Rettungs-
möglichkeit zu hören.

Rechts und links von dem Gang sind grohe Räume,
deren Türen offen stehen. An üen Wänden sind Matratzen
und Decken gerollt übereinander aufgeschichtet da und dort
liegen Strohmatten, — ein paar strohgeflochtene Hocker
vervollständigen die Einrichtung. Die Zellen zur rechten
Hand sind leer, denn erdrückenü heisi strahlt die August-
sanne durch die hohen unvergitterten Fenster. Nur in
einer Ecke kauern einige Männer mit sorgenvollen Gesich-
tern, die von ausgestandenen Oualen und schlaflosen Näch-
ten zeugen. Jhre Apathie macht sie gleichgültig gegen die
Glutatmosphäre der Zelle. Meist schweigend unü mit ei-
genen Sorgen beschäftigt wandeln wohl hundert Männer
jeden Alters gemeffenen Schrittes im Gang auf und nie-
der.. Jn den kühlen Zellen der Schattenseite haben sich
einige lebhaft gestikulierende Gruppen gebildet, die an-
scheinend den nagenden Sorgen durch endlose Debatten
über gleichgültige Dinge entrinnen wollen. Andere wie-
der wälzen sich in unruhigem Schlaf auf Strohmatten unü
Matratzen, erschöpft von der Oual tatenlosen Wartens
auf den sicheren Tod. Jn einer Ecke klebt an der Wand
ein kleines Bild üer wundertätigen Madonna von Lourdes,
darunter eine klein^ Ansicht der Kathedrale von Santiago
de Compostela. Wohl hundert kleine Oellämpchen aus
Konservendosen, Trinkgläsern, meist aber nur aus ge-
faltetem Papier improvisiert, brennen davor, flackern my-
stisch und geheimnisvoll, und faszinierend ist der Anblick
der schwärmerischen Gläubigen, die davor auf den Knien
liegen und mit weltentrückter Stimme halblaute Gebete
murmeln. Auch ich beginne mich in Gedanken mit dem
nahen Enüe zu beschäftigen und folge unbewutzt, wie
schlafwaudelnd den Wanderern im Korridor. Mein Unter-
Lewuhtsein zählt bald die Anzahl der Schritte: 46 vor-
wärts 46 zurück. Jn üem Raum am Enüe des Ganges,
der als Waschraum und Abort dient. stehen ein paar kleine
Holzkohlenöfen, auf denen die einzelnen Gruppen soeben
chr primitives Effen gekocht haben. Es gibt Tomaten-
suppe mit Reis. Mit gemischten Gefühlen beginne ich zu
essen, alber langsam melden sich die Lebensgeister und ich
muß feststellen, datz ich trotz der Trostlosigkeit meiner Lage
und der nagenden Sorge um meine Familie mit gutem
Appetit esse unü sogar wieder Mut zu fassen beginne.


Dann mache ich mich daran, die genaue Lage des Ge-
fängnisses zu erkunüen, um die Möglichkeit einer Flucht
Su finden. Ein Entkommen durch die hohen unvergitter-
ten Fenster stellt sich schnell als undurchführbar heraus,
denn sie führen in den Hof, den ich bei meinem Kommen
durchschritten habe. Rechts und links umgeben ihn zwei
Seitcnflügel des Gebäudes und aus der gegenüberliegen-
den Seite erkenne ich den Torbau wieder, in dem ich bei
weiner Ankunft untersucht worden bin. Jch erinnere mich
letzt, dah vor ihm ein ähnlicher Bau mit zwei schweren
Gittertüren uns noch von der Autzeuwelt trennt. — Die
Fenster der Zellen zur linken Hand sind kleiner und stark
vergittert. Eme hohe Mauer hemmt die weite Aussicht.
Diit Hilfe eines Taschenspiegels stelle ich fest, dah diese
^auer wohl 12 bis 15 Meter hoch ist. Unsere Fenster lie-

etma auf halber Höhe. Jn dem zwei Meter breiten
Z^sichenraum patroullieren schwer bewaffnete Milizsol-
dai.en. Ein junger Mann nähert sich mir. ,,Die einzige
Möglichkeit eines Entkommens ist die Kanalisatio n",
sagt er und führt mich in den Waschraum. „Hier die
Grundplatte in diesem Mort scheint lose zu sein. Man
mühte sie hochnehmen oder zerschlagen können. Der
Schacht nach abwärts ist breit genug, um einem schlank-
gebauten Mann die Fahrt in die Tiefe zu gestatten, und
einmal da unten im Ablaufkanal muß auch ein Weg nach
drauhen zu finden sein." — flüstert er und seine Augen
leuchten bei dem blotzen Gedanken an die Freiheit „Wohl
gibt es kein Zurück mehr, wenn wir dort unten nicht durch-
kommen sollten, aber ist es nicht gleichgültig, ob wir hier
öben wie Vieh niedergeschlagen werden oüer ob wir dort
unten einsam krepieren?"

Eine Salve kracht plötzlich im Hof, während wir mit
Jntereffe den Ort betrachten, aus dem ein penetranter
Jauchegeruch aufsteig't. „Da, hören Sie, däs Morden
i ängt schon wieder an. Gleich werden sie auch uns
holen kommen. Verlieren wir keine Zeit, wenn Jhnen das
Leben lieb ist!" und mit zitternüen Händen versucht er,
öen schweren Stein zu heben. Noch einmal kracht unregel-
wäßiges Gewehrfeuer und in panischer Eile stürze auch
>ch mich auf diese einzige Rettungsmöglichkeit. Gemein-
nim versuchen wir, die grohe Platte zu lösen. Unsere
Fingen finden nur schlecht Halt, rutschen ab. Unsere
nühe rechts und links gegen die Wände gestemmt, rütteln
btir mit der Kraft der Verzweiflung an der quadratmeter-
8rotzen Platte. Hat sie sich nicht soeben gerührt? Wir
berdoppeln unsere Anstrengungen, Schweih perlt von der
'i-tirne, unsere Kniee zittern — erfolglos. Ausgepuznpt,
söit jagenden Pulsen lehnen wir erschöpft an der Wanü;
Kreise tanzen vor ünseren Augen, ein Schwindelgefühl
öberkommt mich, ich balle die Fäuste zusammen, da —
NeuesGeschreiimGang. Kommen sie uns holen?
Mit bleierner Langsamkeit wasche ich meine Hände, kühle
Meine Stirne und trete hinaus in den Gang, in dem das
deschrei zum Tosen angeschwollen ist. Ein entsetzlicher
Anblick bietet sich meinen Augen.

. Eine Horde bewaffneter Verbrecher ist eingeürungen,
ein paar Wei'ber sind mit ihnen gekommen. Jm Hof haben

einige Mönche umgebracht, die sie im
des Krankenhauses gefunden hatten, und setzt suchen
sre unsere Näume nach Geistlichen alb. Da sie keine fin-
den konnen, lassen sie ihre Wut an zwei Männern
aus- die em unseliger Zufall in die Nähe des Einganges
gefuhrt hat. Die beiden liegen in der Mitte des Korridors
in einex großen Blutlache, und soeben springt ein ra-
lendes Weib auf eines der unglücklichen Opfer, springt auf
den anderen Körper, bleibt auf ihm stehen und stötzt mit
dem Absatz in den Unterleib. Ein markdurchdringender
schrei veranlatzt die Megäre, ihre biehische Grausamkeit
zn wiederholen. Doch kein Schrei antwortet auf diese neue
Mihhandlung, worauf das Weib sich umwenüet, um mit
ihren Absatzen den Kopf des Bewuhtlosen zu bearbeiten.

Mit glasigen Augen verfolgen alle ge'bannt und ge-
lahmt üie furchtbare Szene. Nicht die Angst hält uns da-
vor zurück, uns auf unsere Peiniger zu stürzen, sondern
die Ungeheuerlichkeit des Vorganges hat das Blut in un-
seren Adern rinnen lassen. Und bevor wir uns noch von
unserer Erstarrung erholt haben, führen die Milizen
selbst das rasende Ungeheuer fort.

Mit linden Händen, als gälte es, Geschehenes wieder
gut zu machen, untersucht ein Arzt die beiden leblosen

Körper. „Cracias a dios, sie sittd tot!" — Er wirft sich in
die Knie, macht das Zeichen des Kreuzes über den beiüen
Entseelten und beginnt mit lauter Stimme, ein Vaterun-
ser zu beten. Jn die Knie gesunken fällt die ganse Schar
in das Gebet ein. Noch tst es nicht zu Ende, da treten
zwei Guardias Civiles ein, bleiben aber ehrfurchtsvoll ste-
hen, bekreuzigen sich und beten mit. Die Leichen sind weg-
geschafft, üer Korrtdor vom Blut gereinigt: — unter dem
Druck des Geschehenen, wie auf Verabredung spricht nie-
mand von der ungeheuerlichen Tat. Dumpf brütend be-
ginnen wir wieder den Korridor auf und nieder zu gehen.
An der Stelle der Untat hemmen wir unsere Schritte. Ein
Greis ist dort niedergesunken, küht die noch feuchten
Platten und bricht plötzlich zusammen. Der Herr über
Leben und Tod hat ihn erlöst. Wieder hallt «in feierliches
Gebet durch den Raum. Es ist inzwischen Abend gewor-
den. Wieder sinü wir an üer Arbeit, versuchen die Platte
zu entfernen. Die Erle'bnisse der letzten Stunde sind ein
magischer Antrieb für unser Beginnen. Mit flackernden
Augen sehen andere unseren Bemühungen zu, springen
für uns ein, als die Erschöpfung uns wieder übermannt.
Ein Hocker wird zerschlagen, zwei seiner Fuhe als Hebel
unter die Oeffnung der Platte geklemmt: ein Bettlaken
wirü darum geschlungen und mit verbissenen Zügen
quälen sich fünf Mann, den Stein aus seiner Lage zu
ziehen. — Vergebliches Bemühen, der Stein scheint durch
unsichtbare Querstangen in den Boüen einzementiert zu
sein. Doppelt schwer drückt uns der Miherfolg nieder und
fiebernd suchen unsere Augen die Wände ab, als sollten
sie sich auftun, um uns entrinnen zu lassen. Aber kein
Wunder geschieht, nackt starrt uns die weitze Wand entge-
gen, und wieder überfallen mich die Gedanken an das un-
gewisse Ende. Klaren Kopf behalten murmle ich vor mich
hin, zwinge mich dazu, weitere Möglichkeiten eines Flucht-
versuchs zu überdenken. Muß es üenn eine Flucht sein?
Was habe ich denn verbrochen. Ja, ich habe ein paar
Scheüßlichkeiten der roten Horden Photographiert. Das
genügt wohl, um vom Erdboden verschwinden zu müssen.
Ein Menschenleben gilt nicht viel im roten Spanien.
Kann mir das Konsulat keine Hilfe bringen? Reicht sein
Einfluh noch kns hierher und wird die Hilfe nicht zu spät
kommen? Jetzt bereue ich, nicht unter dem Schutz unserer
Behörde den brodelnden Boden Spaniens verlassen zu
haben.

A««»«», ^sr«!«»» ««k§ss^«L««.

Müüe werfe ich mich auf eine Strohmatte inmitten
meiner Leiüensgenossen. Matten und Matratzen bedecken
jetzt den ganzen Erdboden.

Da, ein Geräusch an der Gittertüre, Waffenklirren
auf dem Gang! Kommen die Mörder wieder? — Nein, es
sind Guardias civiles: Rufe ertönen, Namen werden ver-
lesen. Geht es in die F reiheit oder holen sie uns zum
Sterben? — Jch höre meinen Namen, mein Herz-
schlag setzt aus, kalter Schweih tritt mir auf üie Stirn,
unfähig bin ich, mich zu erheben. Eine wahnwitzige Jdee
zuckt üurch meinen Kopf: warum sollst du dich melden,
niemand kennt hier deinen Name» — vielleicht finden sie
dich nichtl — Aber wozu die Qual verlängern, sterben
müssen Wir doch alle! — und ich will mich ebheben.

„Wenn sie nur diese verfluchte Komödie von Justiz
fallen lassen möchten," flüstert mein Nachbar, „sie führen
Dich zum Untersuchungsrichter und vergrötzern Deine
Qual durch die irrige Hoffnung, hier würde Recht ge-
sprochen."

Näher kommen die Stimmen, mein Name wivd
nocheinmal gerufen und i ch m e l d e m i ch. Ein Hoff-
nungsschimmer durchzuckt mich: vielleicht bietet sich da ein
Fluchtweg! Eine lange Doppelreihe von Gefange-
nen, rechts und links von Soldaten der Miliz und von der
Guardia civil mit gezogenen Revolvern begleitet, nimmt
ihren Weg durch das Torgeibäude. Jch habe es einznrichten
verstanden, dah ich in den letzten Reihen marschiere. —
Doch nicht hinaus auf die Straße führt man nns, wie
ich im «tillen gehofft habe, sondern zwischen hqhen Mau-
ern hmdurch biegen wir nach rechts ab. Nach fünfzig
Schritten geht seitlich eine Treppe hoch, — oben schlietzen
sich weitere Bewaffnete unserer Eskorte an. Ueber einen

Ein Sünger als Erfinber.

Ein Spkrnsüiigkr erianb -en gjftfrelen Pu-er.

Von Dr. L. H.

Heute. braucht nicht nur die Frau, die vor dem Spie-
gel steht, Puder und Salbe, um die Haut zu xflegen.
Auch der Mann, der Wanüerbursche wie der Soldat,
greift nach üen Mitteln, die eins unserer wichtigsten Or-
gane, eben die Haut, vor den Angriffen von Wind und
Wetter schützen sollen. Die chemische Jnüustrie hat auf
diesem Gebiet außerordentliche Fortschritte gemacht. Auch
hier sind es die Deutschen, die an der Spitze marschie-
ren. Jhr Pionier aber war nicht etwa ein gelehrter Pro-
fessor, sondern ein Opernsänger, den der wiffenschaftliche
Forscherdrang von den weltbedeutenden Brettern ins
Laboratorium führte, Luüwig Leichner, dessen Ge-
kmrtstag sich in diesem Jahr zum hundertsten Mal jährte.

Man hat schon in früheren Jahrhunderten Puder und
Salben gekannt, die der Hautpflege dienten. Man hat
sogar die chemischen Bestandteile der Schminken und
ähnlichen Schönheitsmittel der alten Zeit aufs genaueste
festgestellt. Aber man fand überall das gleiche: Lauter
giftige Stoffe waren es, die man damals zusam-
menbraute: Wismut, Ouecksilber, Blei, Chrom. Und nicht
nur in üen ehrwürdigen Aeghpter-Gräbern fanden sich
diese unheilvollen Mixturen. Man war auch im 19. Jahr-
hundert noch auf diese Mittel angewiesen. Sehr zum
Verdruh der OperNsänger, die bei der Herstellung ihrer
Gesichtsmaske solcher Chemikalien und sehr unter dem
Gift litten.

Achtcrmann.

Ein Opernsänger war es denn auch, der seine Be-
rufskameraden von dieser Plage befreite. Ludwig L e i ch-
n e r ist ein recht vielseitiger Mann gewesen. Zunächst be-
tätigte er sich im Unternehmen seines Vaters. Aber bald
wandte er sich der Bühne zu und er erntete dabei folche
Erfolge, daß er einer der besten Wagnersänger und der
erste Hans Sachs wurde, der in dieser Rolle auherhalb
Bahreuths auftrat.

Es erregte nicht geringes Aufsehen, als der Sänger
eines Tages im Tcchnischen Laboratorium auftauchte und
sich emsig der Untersuchung von kosmetischen Mit-
teln widmete. Es ift zu begreifen, dah die Professoren
ihren stimmgewaltigen Schüler eifrig unterstützten, ob-
wohl dieser Zweig der Chemie damals durchaus nicht als
vollwertige Wissenschaft angesehen wurde. Und es glückte
dem Sänger denn auch, Hautpflegemittel herzu-
stellen, die keine Gifte ettthielten und gleichzeitig wir-
kungsvoll und haltbar waren. Die neue Tätigkeit nahm
ihn so sehr in Anspruch und erwies sich als so gewinn-
bringend, dah Ludwig Leichner die Bühne verlieh. Er
brachte es zum Königlich Preuhischen Kommerzienrat.
Aber die Verehrung für den alten Beruf blieb in ihm le-
bendig. So also hat eine Mime dafür gesorgt, üah ihm die
Nachwelt Kränze flicht, allabendlich, im Musentempel,
wenn Hans Sachs zur Pudexquaste greift.

Peng! sagte das Glücksschwem

und zersprang in tausend Stücke. Drei Jahre hatt«
sich'S vollgcfrefsen, nun langte «S wohl für ein Klavier.
Herr Hase hatte mit Bedacht gespart: JedeS Dreimark-
Stück verschwand im Schlitz des SparschweinS. Dann
wurden die Taler zwar rar und rarer, er mußte auch
zu andrem Silber greifen ...

Der zweite Teil spielt beim Klavierhändler: Rasch war
man handclseinig, stolz zählte Hase seine Dreimark»
Stücke »or. Dcr Händler lachte bloß: „Gelungner
Scherz! Die sind ja nicht mchr gültig! DaS HLtte»
Sie doch lcsen müffen — vor über «inem Jahr!" —>
Nein, Hase weiß von nichtS ...

Tja — hätte er Zeitung gelesen!

Da licst man zeitig stetS, waS nützt,
und wie man sich vor Schaden schützt.

kleinen Hof geht es jetzt, rechts ist ein Ge'bäude, links eine
niedrige Maucr, dahinter Dunkelheit. Gespannt versuche
ich, das Dunkel zu durchdringen. Jst dort die Freiheit?

— Doch schon öffnet sich wieder ein Tor vor uns, durch
düstere Gänge hallen unsere Schritte, rechts, links, eine
Treppe hoch, wieder rechts, links. Dann wevden wir in etn
kleines Gelaß gestoßen, das nur matt von einer kleinen
Lampe erhellt wird. Die Tür fällt zu, mit knirschendem
Geräusch schiebt sich ein Riegel vor.

Jn aller Eile sehe ich mich in dem Gelah um. Gegen-
über der Türe ist ein kleines Gitterfenster, das auf einen
lichtlosen Hof führt. Rund herum sind Bänke an den
Wänden dcs Gelasses befestigt. Ein ekelerregender Ge-
ruch erfüllt den Raum: eine äbfluhlose Ecke hat unseren
Vorgängern zur Verrichtung ihrer Notdurf gedient. Die
Flüssigkeit hat sich unter der Bank an der Türseite ge-
sammelt und bildet da eine Lache. Nicht lange Üauert es
und ein Kämpfen entsteht um den Platz an dem kleinen
Fenster, cin Drängen nach einem bitzchen frischer Luft.
Schon werden die Schwächeren beiseite gestohen, da brin-
gen ein paar besonnene Worte aus dem Hintergrund Ord-
nung in das Gedränge. Jm Kreislauf ziehen 41 Mann
an dem Fensterchen vorbei, um ergeben wieder unterzu-
tauchen in die ekle Atmosphäre des Raums.

!>1«»»» ?V««»« s«r«ks».

Eine Viertelstunde vergeht so, da knirscht der Riegel,
die Tür wird aufgestohen. Zwölf Namen verlesen. Froh,
üer erstickenden Luft des Gelasses zu entrinnen, eilen die
Aufgerufenen z'ur Tür, wo sie wieder von den Bewaffne-
ten in Empfang genommen werüen. Ein Poltern, Fluchen
und Schreien von drautzen läht wieder die düsternen Ah-
nungen in uns aufsteigen, aber rasch fordern die gequäl-
ten Lungen wieder ihr Recht und ein neuer Kreislauf zum
Fenster setzt ein.

Schon beim zweiten Aufruf höre ich meinen Na-
men und einem plötzlichen Jmpuls folgenü ziehe ich es
vor, mich nicht zu melden. Verwundert wiederholt der
Rufer meinen Namen, da höre ich zu meiner Erleichte-
rung von drauhen eine Stimme „De'r Mann hat schon
Leim Aufruf im Carcel gefehlt. Er wird wohl schon
erledigt sein."

Mein Name wird gestrichen und die Verlesung
geht fort. — Wieder ist eine grohe Anzahl weggeführt
worden, wisder hat sich vor der Tür des Gelaffes ein
Kampf oder eine brutale Szene der Mitzhandlung abge-
spielt. Jch zähle noch 14 Mann. Wohin sind die ande-
ren geführt worden, was ist mit ihnen geschehen? Noch
heute stelle ich mir diese Frage, und wohl nie wird sie mir
jemand beantworten können, denn keiner meiner Schick-
salsgenossen im Carcel ist mehr am Le'ben. Und ich bin
frei, frei durch den plumpsten Fluchtversuch,
den man sich denken ?ann.

Nür 14 Mann noch nehmen den Kreislauf zum Fen-
ster auf, stockend diesmal und länger am Fenster verwei-
lend. Stumm wie seelenlose Körper bewegen wir uns.
Nur die zitternden Hände, die ein Taschentuch, eine
Streichholzschachtcl, ein Papierkneuel mihhandeln, zeugen
von der inneren Erregung. Jmmer klarer aber schält sich
in den paar Minuten in meinem Kopf ein Fluchtplan her-
ans. Mein Name ist von der Liste gestrichen, niemand hat
uns gezählt, als wir hierhergeführt wurden. Wenn es mir
also gelingt, mich hier zu v e r st e ck e n, muh ich hier
zurückbleiben. Vielleicht laffen die Schergen die
Türe offen, wenn sie den letzten Trupp weggeholt haben,

— und wenn nicht, dann bin ich mindestens diese Nacht

XViitscliäftlicli kakren -

das 6ebot der 8wnde




vas der Wagen kür 8ie!


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unter ottiriellerKontrotte mtt einervoll-
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überreugten von der Wirisckattlickkeit
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kreisivürdis und sparsam bei anerkannt
köckttem kakrkomkort.
 
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