Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb.9. Haus Behrens in Darmftadt. 1900/1901.
Grundriß des Erdgefchoffes. Maßftab 1:200

Schemata der hiitorifchen Tradition anzuwenden.
Gewiß erfcheint uns heute, nach nunmehr zehn
jähren, die naturaliftifche Betonung des Funktio-
nellen übertrieben und in der Wirkung nicht
immer ruhig genug: Aber daß diefes für den
Anfang der einzige entwicklungsmögliche Weg
war, um die Scylla des äußerlich Dekorativen und
die Charybdis der in modernem Sinne nichts-
fagenden Stilkonvention zu vermeiden, davon
belehren uns die Beifpiele eines Olbrich einer-
feits, und der bald nach Darmftadts Ausheilung
einlegenden Biedermeierei andererseits.
3. DAS HAUS PETER BEHRENS. DER
AUSSENBAU. Das Haus Behrens Iteht am
Alexanderweg auf der Mathildenhöhe (Abb. 6),
ein kraftvoller Kubus, an allen Kanten durch mehr-
fach profilierte Lifenen aus grün glafierten Ver-
blendern gefaßt, die fich an dem feiten Haupt-
gelims totlaufen. Ihren Vertikalismus nimmt die
knapp auffi^ende Pyramide des Daches mit
leinen einfchneidenden Zwerchgiebeln auf, das
rotbraune Falzziegel, von befonders (tiaffer Form,
decken. Weiterhin wirken als fenkrechte Ele-
mente die Kamine, die ftabähnliche Verlänge-
rung nach oben des großen Efelsrückenfenlters
der Hauptfront und die, während der Tage der
Ausheilung am Garteneingang aufgepflanzten,
mächtigen, reich gemulferten Banner. Die nach

dem gotifchen Prinzip von (fruktiven Gliedern und
entlafteten Füllungen aufgelösten Wände find in
weißlichem Put> gehalten und kontrahieren ge-
schmackvoll mit dem fonoren Grün der Bündel-
pfeiler, dem Rotbraun der Dachziegel, dem Violett
der Eifenklinker des Hausfockels. An der Straßen-
feite öffnet fich ein Portal von feierlicher Pracht,
das Gewände in Rundltäben aus grünen Ver-
blendlteinen reich gegliedert, die dunkle Holz-
türe SelbSt von einem krilfallartigen Licht über-
strahlt und von fchmiedeeifernen, bronzierten
Bändern geSchmückt, die in phantatti Sehen Linien
ein koStbares Strahlenmotiv bilden. Über der
Türe wölbt fich das flache Erkerchen der Biblio-
thek mit der Reihe feiner fünf pfeilergerahmten
Fenfter vor. Sehr bemerkenswert ilf auch die
Gartenfront des Haufes (Abb. 7): Eine Veranda
mit absteigender Treppe, das FenSter des Damen-
zimmers, geben das Lallende des Erdgefchoffes.
Vier große Fenlter im Obergefchoß darüber,
rhythmifiert durch viele breite Backfteinpfeiler,
wirken als vertikale Auflöfung nach oben, die
dann das Gefims, in feiner kräftigen Horizon-
talen durch die beiden Schweren Dachgauben
verStärkt, wieder zufammenhält. — Und endlich
zeigen auch die beiden Seitenfronten architek-
tonifch vollendete Ausführungen, die fie nicht zu
etwas Nebenfächlichem, wie bei den Häufern
der Bauunternehmer, (rempeln: Die durchaus
fymmetrifche WeStfaffade bildet den Nebenein-
gang mit den gereiIlten Treppenfentfern darüber
zu einem in fich gefchloffenen zentralen Recht-
eckfelde aus, delSen Form das ganze, von Lifenen

Abb.10. Haus Behrens inDarnilladt. 1900/1901.
Grundriß des Obergefchofres. Maßftab 1:200

13
 
Annotationen