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HOFFMANN EDITH
ein nördlicher Einschlag ist nur in einigen unbedeutenden Initialen dér Innen-
blatter zu vermeiken.
Anderen Charakter habén die Pressburger (Pozsony) Arbeiten dieser Zeit.
Hier ist vor allém ein Missale (Cod. lat. 214) aus dem Jahre 1341 zu
erwáhnen (Abb.). Die hübschen gotischen figuralen Initialen und feinen Rand-
verzierungen habén einen mehr kalligraphischen Stíl, wie sie damals diesseits
dér Alpen allgemein üblich waren. Wahrscheinlich stammen sie von dér Hand
des Schreibers. Die gleiche Art zeigt ein anderes Missale dér Bibliothek (Cod.
lat. 94), welches nur wenig jünger sein kaim, als das vorerwáhnte. Wichtigkeit
verleiht dér Handschrift — aus dér das Canonblatt herausgerissen ist —, dass
die Initiale am Anfang des Canons von einer mehr als hundert Jahre jüngeren
Hand verfertigt ist, von dér wahrscheinlich auch dér gekreuzigte Christus des
Canonblattes stammte. Dieser Miniator ist am Ende des XV. Jahrhunderts in
mehreren Pressburger Handschriften zu erkennen. So vor allém in dem Missale
Strigoniense dér BATTHYÁNY-Bibliothek in Karlstadt (Gyulafehérvár), welches im
Jahre 1377 von Heinrich Stephani, Plebanus von Csukárd (neben Pressburg)
geschrieben und illuminiert wurde und um 1480 von dem genannten jüngeren
Pressburger Miniator mit reichem Schmuck versehen wurde.
Das Werk des Plebanus von Csukárd bedeutet eine neue Station in dér
Entwicklung dér ungarischen Miniaturmalerei, weil bei ihm westliche Einflüsse
zuerst mit voller Entschiedenheit auftreten, namentlich französische. Dér franzö-
sische Einfluss tritt bei uns, sowie in Böhmen, als natürliche Folge dér Versetzung
des papstlichen Hofes nach Avignon ein, welchen Hof auch Pressburger Pröbste
etc. besuchten.
Italienische Traditionen, dér Einfluss von deutschen Arbeiten dér rónia-
nischen Zeit und von neueren französischen Codices habén zusammengewirkt,
um die hübsche Bibéi (Cod. lat. 78) hervorzubringen, welche dér Canonicus
Wenzeslaus Ganoys dér Pressburger Domkirche vermachte (Abb.). Die undatierte
Handschrift zeigt den Stil des ausgehenden XIV. Jahrhunderts. Dieser Codex ist
ein Beleg dafür, was für Handschriften damals in Pressburg vorhanden waren.
Auch ein anderes Missale (Cod. lat. 215) vöm Ende des XIV. Jahrhunderts (Abb.)
zeigt ein Gemisch von deutschem, französischem und italienischem Stil, welche
Einflüsse sich interessant mit dem nüchternen Realismus des ungarischen
Künstlers vermengen. Wie überall, so kann mán es auch in Ungarn wahr-
nehmen, dass die neuen Stile sich nicht gleich organisch dem vorhandenen,
heimischen anschmiegen, sondern dass sie noch eine Zeit latig isoliert und
leicht erkennbar bleiben und erst langsam Wurzel fassen, indem sie sich dem
originellen Wesen dér heimischen Kunst notgedrungen anpassen, — die einzige
Möglichkeit um auch ihrerseits einen tieferen Eindruck ausüben zu können.
Am Ende des XIV. Jahrhunderts ist noch ein neuerer Einfluss zu
erkennen: dér böhmische. Auch hier waren es teilweise importierte Stücke,
welche ihre Wirkung auf die ungarischen Miniatoren ausübten. Den Beweis
dafür liefert ein Missale des National-Museums (Cod. lat. 93), welches fúr
Böhmen verfertigt worden, aber bald nach seiner Entstehung in ungarischen
Besitz gelangte (Abb.). Die erste Handschrift, in welcher sich dieser Einfluss zeigt,
HOFFMANN EDITH
ein nördlicher Einschlag ist nur in einigen unbedeutenden Initialen dér Innen-
blatter zu vermeiken.
Anderen Charakter habén die Pressburger (Pozsony) Arbeiten dieser Zeit.
Hier ist vor allém ein Missale (Cod. lat. 214) aus dem Jahre 1341 zu
erwáhnen (Abb.). Die hübschen gotischen figuralen Initialen und feinen Rand-
verzierungen habén einen mehr kalligraphischen Stíl, wie sie damals diesseits
dér Alpen allgemein üblich waren. Wahrscheinlich stammen sie von dér Hand
des Schreibers. Die gleiche Art zeigt ein anderes Missale dér Bibliothek (Cod.
lat. 94), welches nur wenig jünger sein kaim, als das vorerwáhnte. Wichtigkeit
verleiht dér Handschrift — aus dér das Canonblatt herausgerissen ist —, dass
die Initiale am Anfang des Canons von einer mehr als hundert Jahre jüngeren
Hand verfertigt ist, von dér wahrscheinlich auch dér gekreuzigte Christus des
Canonblattes stammte. Dieser Miniator ist am Ende des XV. Jahrhunderts in
mehreren Pressburger Handschriften zu erkennen. So vor allém in dem Missale
Strigoniense dér BATTHYÁNY-Bibliothek in Karlstadt (Gyulafehérvár), welches im
Jahre 1377 von Heinrich Stephani, Plebanus von Csukárd (neben Pressburg)
geschrieben und illuminiert wurde und um 1480 von dem genannten jüngeren
Pressburger Miniator mit reichem Schmuck versehen wurde.
Das Werk des Plebanus von Csukárd bedeutet eine neue Station in dér
Entwicklung dér ungarischen Miniaturmalerei, weil bei ihm westliche Einflüsse
zuerst mit voller Entschiedenheit auftreten, namentlich französische. Dér franzö-
sische Einfluss tritt bei uns, sowie in Böhmen, als natürliche Folge dér Versetzung
des papstlichen Hofes nach Avignon ein, welchen Hof auch Pressburger Pröbste
etc. besuchten.
Italienische Traditionen, dér Einfluss von deutschen Arbeiten dér rónia-
nischen Zeit und von neueren französischen Codices habén zusammengewirkt,
um die hübsche Bibéi (Cod. lat. 78) hervorzubringen, welche dér Canonicus
Wenzeslaus Ganoys dér Pressburger Domkirche vermachte (Abb.). Die undatierte
Handschrift zeigt den Stil des ausgehenden XIV. Jahrhunderts. Dieser Codex ist
ein Beleg dafür, was für Handschriften damals in Pressburg vorhanden waren.
Auch ein anderes Missale (Cod. lat. 215) vöm Ende des XIV. Jahrhunderts (Abb.)
zeigt ein Gemisch von deutschem, französischem und italienischem Stil, welche
Einflüsse sich interessant mit dem nüchternen Realismus des ungarischen
Künstlers vermengen. Wie überall, so kann mán es auch in Ungarn wahr-
nehmen, dass die neuen Stile sich nicht gleich organisch dem vorhandenen,
heimischen anschmiegen, sondern dass sie noch eine Zeit latig isoliert und
leicht erkennbar bleiben und erst langsam Wurzel fassen, indem sie sich dem
originellen Wesen dér heimischen Kunst notgedrungen anpassen, — die einzige
Möglichkeit um auch ihrerseits einen tieferen Eindruck ausüben zu können.
Am Ende des XIV. Jahrhunderts ist noch ein neuerer Einfluss zu
erkennen: dér böhmische. Auch hier waren es teilweise importierte Stücke,
welche ihre Wirkung auf die ungarischen Miniatoren ausübten. Den Beweis
dafür liefert ein Missale des National-Museums (Cod. lat. 93), welches fúr
Böhmen verfertigt worden, aber bald nach seiner Entstehung in ungarischen
Besitz gelangte (Abb.). Die erste Handschrift, in welcher sich dieser Einfluss zeigt,