Die in Ungarn illuminierten Handschriften.
. Ungarn war wáhrend des ganzen Mittelalters dér Schauplatz erschüt-
ternder politischer Ereignisse. Dér fortwáhrende Wechsel dér Herrscherháuser
brachte auch in das Kunstleben immer neue Anregungen und immer neue
Einwirkungen frenider Kunstrichtungen mit sich. Diese fremden Einflüsse
machen sich auch in dér Entwicklung dér Miniaturmalerei deutlich bemerkbar.
Das álteste, in Ungarn geschmückte Buch ist nach unserer heutigen
Kenntnis dér sogenannte PnAY-Codex (Ung. Sprachdenkmáler No i), ein
Missale, entstanden um 1200, welches das álteste ungarische Sprachdenkmal,
eine Leichenrede enthált. Die fünf Federzeichnungen (Abb.), welche das
Buch schmücken, zeigen den Einfluss von Salzburger Miniatűrén des XII.
Jahrhunderts, was auch natürlich ist, wenn wir bedenken, in welch regem
Verkehr Ungarn im XII. Jahrhundert mit Regensburg, Salzburg und dem
Admonter Kloster war, und dass auch eines dér schönsten Salzburger Pracht-
werke. die Admonter Gutbkeled-Bibel (Gebhards-Bibel) — wie Fejérpataky
(und nicht Buberl I) nachgewiesen hat — bis zűr Mitte des XIII. Jahrhunderts
Besitz des Klosters von Csatár in Ungarn war.
Das XIV. Jahrhundert steht im- Zeichen dér italienischen Verbindungen.
Wahrend des ganzen Jahrhunderts regieren die Anjoüs von Neapel in Ungarn,
Dalmatien ist eine ungarische Provinz und zahlreiche ungarische Jünglinge
studieren auf italienischen Universitáten; ja, die Universitát in Bologna hatte in
diesem Jahrhundert sogar sieben ungarische Rektorén.
Die unter italienischem Einfluss entstandenen prachtvollsten Denkmáler
dér ungarischen Miniaturmalerei befinden sich im Ausland, so die unter neapolita-
nischetn Einfluss entstandene Bilder-Chronik in Wien und das bolognesischen
Einfluss verratende Legendárium im Vatican. Bolognesischen Einfluss zeigt
auch ein unbedeutendes Capitularis liber dér Wiener Nationalbibliothek. Das
ungarische Nationalmuseum besitzt im ganzen zwei Codices, dérén Miniatűrén
italienischen Charakter zeigen. Und zwar; ein für ungarischen Gebrauch be-
stimmtes Missale (Cod. lat. 334), entstanden vor 1382 in Dalmatien. Die Hand-
schrift ist künstlerisch zwar unbedeutend, aber von sprachlischem Standpunkt
höchst wichtig, weil sie den áltesten, mit lateinischen Buchstaben geschrie-
benen Text in altkroatischer Sprache enthált. Die andere Handschrift dér
Bibliothek ist ein jüngst erworbenes Missale vöm Anfang des XV. Jahrhunderts
(Cod. lat. 395), welches im XVIII. Jahrhundert Eigentum des Dominikaner-
klosters in Kaschau war. Laut Zeugnis des Kalenders und dér Sequenzen war
sie für ungarischen Gebrauch bestimmt, vielleicht eben für Kaschau, mög-
licherweise wurde sie sogar dórt verfertigt. Jedenfalls zeigen die Miniatűrén
einen starken Einfluss bolognesischer Miniatűrén des XIV. Jahrhunderts und
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. Ungarn war wáhrend des ganzen Mittelalters dér Schauplatz erschüt-
ternder politischer Ereignisse. Dér fortwáhrende Wechsel dér Herrscherháuser
brachte auch in das Kunstleben immer neue Anregungen und immer neue
Einwirkungen frenider Kunstrichtungen mit sich. Diese fremden Einflüsse
machen sich auch in dér Entwicklung dér Miniaturmalerei deutlich bemerkbar.
Das álteste, in Ungarn geschmückte Buch ist nach unserer heutigen
Kenntnis dér sogenannte PnAY-Codex (Ung. Sprachdenkmáler No i), ein
Missale, entstanden um 1200, welches das álteste ungarische Sprachdenkmal,
eine Leichenrede enthált. Die fünf Federzeichnungen (Abb.), welche das
Buch schmücken, zeigen den Einfluss von Salzburger Miniatűrén des XII.
Jahrhunderts, was auch natürlich ist, wenn wir bedenken, in welch regem
Verkehr Ungarn im XII. Jahrhundert mit Regensburg, Salzburg und dem
Admonter Kloster war, und dass auch eines dér schönsten Salzburger Pracht-
werke. die Admonter Gutbkeled-Bibel (Gebhards-Bibel) — wie Fejérpataky
(und nicht Buberl I) nachgewiesen hat — bis zűr Mitte des XIII. Jahrhunderts
Besitz des Klosters von Csatár in Ungarn war.
Das XIV. Jahrhundert steht im- Zeichen dér italienischen Verbindungen.
Wahrend des ganzen Jahrhunderts regieren die Anjoüs von Neapel in Ungarn,
Dalmatien ist eine ungarische Provinz und zahlreiche ungarische Jünglinge
studieren auf italienischen Universitáten; ja, die Universitát in Bologna hatte in
diesem Jahrhundert sogar sieben ungarische Rektorén.
Die unter italienischem Einfluss entstandenen prachtvollsten Denkmáler
dér ungarischen Miniaturmalerei befinden sich im Ausland, so die unter neapolita-
nischetn Einfluss entstandene Bilder-Chronik in Wien und das bolognesischen
Einfluss verratende Legendárium im Vatican. Bolognesischen Einfluss zeigt
auch ein unbedeutendes Capitularis liber dér Wiener Nationalbibliothek. Das
ungarische Nationalmuseum besitzt im ganzen zwei Codices, dérén Miniatűrén
italienischen Charakter zeigen. Und zwar; ein für ungarischen Gebrauch be-
stimmtes Missale (Cod. lat. 334), entstanden vor 1382 in Dalmatien. Die Hand-
schrift ist künstlerisch zwar unbedeutend, aber von sprachlischem Standpunkt
höchst wichtig, weil sie den áltesten, mit lateinischen Buchstaben geschrie-
benen Text in altkroatischer Sprache enthált. Die andere Handschrift dér
Bibliothek ist ein jüngst erworbenes Missale vöm Anfang des XV. Jahrhunderts
(Cod. lat. 395), welches im XVIII. Jahrhundert Eigentum des Dominikaner-
klosters in Kaschau war. Laut Zeugnis des Kalenders und dér Sequenzen war
sie für ungarischen Gebrauch bestimmt, vielleicht eben für Kaschau, mög-
licherweise wurde sie sogar dórt verfertigt. Jedenfalls zeigen die Miniatűrén
einen starken Einfluss bolognesischer Miniatűrén des XIV. Jahrhunderts und
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