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haben scheint. Diese Angleichung des Gegenstandes an die Gestalt des Feldes stellt
die letzte Formulierung des Feldtypus bei Mengs dar.107
Die künstlerische Entwicklung des Mengs verläuft also unter dem Bestreben, die
Gegenstandswelt aus ihren in der Tradition eingegangenen ornamentalen Bin-
dungen zu lösen und mit den Ordnungselementen des Feldes zu verschmelzen.
Dafür gibt die Mengssche Theorie keine Entsprechung, allenfalls für die Bildung des
Gegenständlichen selbst, was aber für die hier charakterisierte künstlerische Lei-
stung von untergeordneter Bedeutung bleibt.
Das »Neue« bei Mengs oder die Bildform des Frühklassizismus
»Mengs übernahm die römische Tradition als ein dankbar Empfangender; seine
eigene Leistung bestand in einem kritischen Neuwerten ihrer Elemente, nicht in
einem schöpferischen Neuformen oder Uniformen nach dem Vorgänge des größeren
Annibale Carracci«. Mit diesen Worten faßt Hermann Voss108 die Leistung des
Künstlers zusammen. Unabhängig von der in diesem Urteil mitschwingenden Wert-
frage, die sich besonders in der Unterscheidung von »kritischem Neuwerten« und
»schöpferischem Neuformen« ausspricht, ist zu fragen, worin das dem Werk von
Mengs zugestandene »Neue« besteht, inwieweit es überhaupt als etwas »Neues«
zu bezeichnen ist.
Für den historisch Rückschauenden kann das »Neue« nicht nur das »Andere« in
bezug auf das »Alte«, es muß vielmehr etwas für die weitere Entwicklung Maß-
gebendes sein.
In der Kunstgeschichte bezeichnen die Begriffe Barock und Klassizismus im histo-
rischen Sinne abgeschlossene, in der künstlerischen Haltung entgegengesetzte Stil-
einheiten, die sich festumrissen gegeneinander abgrenzen. Doch in der ständig
fortlaufenden künstlerischen Entwicklung verwischen sich diese vom Begriff her
nahegelegten Abgrenzungen. Was nicht mehr barock und noch nicht klassizistisch
genannt werden kann, ist schwer zu benennen. Aus diesem Grunde schwankt die
Charakterisierung der Übergangszeit, in der Mengs lebte, zwischen den Bezeich-
nungen »spätbarocker Klassizismus« und »Frühklassizismus«, je nachdem, welche
Stilmerkmale in der Interpretation betont werden.109 Die Akzentuierung entweder
des »Alten« oder »Neuen« spricht dann auch das Urteil über das künstlerische
Lebenswerk.
Ob Mengs im Gegensatz zu seinen theoretischen Bemühungen etwas im Hinblick
auf die spätere Entwicklung »Neues« in seinem Werk formuliert hat, oder ob er
auch darin nur als »dankbar Empfangender« der Tradition verpflichtet blieb, soll
an der Problematik seiner Bildform erörtert werden.
Theodor Hetzer charakterisiert das Mengssche Verhältnis zur Fläche folgendermaßen.-
»In Tiepolo feiert die organische Fläche ihre letzten, jauchzendsten Triumphe, Anton
Raffael Mengs gab ihr den Todesstoß«.110 Und weiter: »Mengs geht von Einzelheiten

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