Funktionale Raumtypen - Außengänge und Loggien
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süddeutschen Pendants. In diesen Regionen, wo im Laufe des 16. Jahrhun-
derts auch Längsflure zur horizontalen Raumerschließung immer verbreiteter
wurden, übernahmen die Arkadengänge häufiger deren Funktionen. Als
Folge waren sie in der Regel länger als die mitteldeutschen Beispiele und gli-
chen damit stärker den italienischen Vorbildern ihrer formalen Ausbildung.
9. Steigerung des Ausblicks und weitere Rückzugsräume:
Dachumgänge, Knöpfe und herrschaftliche Turmstuben
Bereits die Beschäftigung mit einzelnen Wohn- und Repräsentationsräumen
innerhalb der untersuchten Schloßanlagen zeigte, welchen hohen Stellenwert
die Ermöglichung eindrucksvoller und vielfältiger Aussichtsprospekte bei
Anlage und Plazierung dieser täglich genutzten Räume gespielt haben dürfte.
Auch die erwähnten hofseitigen Loggien und Laufgänge dienten einem ver-
gleichbaren, da aber nur zum Hof hin ausgerichtet, begrenzteren Ausblick.
Uwe Albrecht hat mit Nachdruck daraufhingewiesen, daß in Frankreich be-
reits seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bei der Anlage von
hochrangigen Schloßbauten Wert darauf gelegt worden ist, den Schloßherren
erhöhte Promenaden und Standpunkte mit umfassenden Ausblick in die Um-
gebung der Schlösser zu ermöglichten. Ursprünglich zusätzlich zur militäri-
schen Funktion der oberen Wehrgänge entwickelt, wie frühe Anlagen wie die
päpstliche Burg Villandraut von 1305/09 anschaulich zeigen, dominierte die
zivile Komponente dieser Umgänge bereits in einem anspruchsvollen Umbau
wie dem des Schlosses von Mehun-sur-Yevre, der 1367 von Jean de Berry
begonnen worden war: „Laufgänge, Aussichtsterrassen und Belvederezimmer
gehören zu den besonderen Kennzeichen der Schlösser des Jean de Berry. In
Mehun standen die verschiedenen Ebenen, auf denen das Lustwandeln mög-
lich war, sogar untereinander in Korrespondenz.“7"8 Auch später wurden
diese Tendenzen bewußt fortgesetzt, so daß sie bereits im späten Mittelalter
Uwe Albrecht 1986, S. 53. Zu Villandraut siehe S. 28 - 30. Die vier Ecktürme
Villandrauts, „deren Räume im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß mit denen der
Flügel in Verbindung standen und daher ihrem Raumprogramm auch ohne weiteres zu-
gerechnet werden können, verband auf Höhe des zweiten, nicht gewölbten und nicht
heizbaren Obergeschosses ein Wehrgang miteinander. [...] In Friedenszeiten bot sich
hier die Möglichkeit, einen Rundgang vor den Dächern des Schlosses zu unternehmen -
eine Promenade von nicht geringem Reiz, die den dort Wandelnden wie von einem
Hochsitz herab mit immer neuen Ausblicken auf das Schloß und in die Landschaft er-
freuen mochte.“ (Uwe Albrecht ebenda S. 29 f.). Zu Mehun-sur-Yevre siehe S. 50 - 53.
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süddeutschen Pendants. In diesen Regionen, wo im Laufe des 16. Jahrhun-
derts auch Längsflure zur horizontalen Raumerschließung immer verbreiteter
wurden, übernahmen die Arkadengänge häufiger deren Funktionen. Als
Folge waren sie in der Regel länger als die mitteldeutschen Beispiele und gli-
chen damit stärker den italienischen Vorbildern ihrer formalen Ausbildung.
9. Steigerung des Ausblicks und weitere Rückzugsräume:
Dachumgänge, Knöpfe und herrschaftliche Turmstuben
Bereits die Beschäftigung mit einzelnen Wohn- und Repräsentationsräumen
innerhalb der untersuchten Schloßanlagen zeigte, welchen hohen Stellenwert
die Ermöglichung eindrucksvoller und vielfältiger Aussichtsprospekte bei
Anlage und Plazierung dieser täglich genutzten Räume gespielt haben dürfte.
Auch die erwähnten hofseitigen Loggien und Laufgänge dienten einem ver-
gleichbaren, da aber nur zum Hof hin ausgerichtet, begrenzteren Ausblick.
Uwe Albrecht hat mit Nachdruck daraufhingewiesen, daß in Frankreich be-
reits seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bei der Anlage von
hochrangigen Schloßbauten Wert darauf gelegt worden ist, den Schloßherren
erhöhte Promenaden und Standpunkte mit umfassenden Ausblick in die Um-
gebung der Schlösser zu ermöglichten. Ursprünglich zusätzlich zur militäri-
schen Funktion der oberen Wehrgänge entwickelt, wie frühe Anlagen wie die
päpstliche Burg Villandraut von 1305/09 anschaulich zeigen, dominierte die
zivile Komponente dieser Umgänge bereits in einem anspruchsvollen Umbau
wie dem des Schlosses von Mehun-sur-Yevre, der 1367 von Jean de Berry
begonnen worden war: „Laufgänge, Aussichtsterrassen und Belvederezimmer
gehören zu den besonderen Kennzeichen der Schlösser des Jean de Berry. In
Mehun standen die verschiedenen Ebenen, auf denen das Lustwandeln mög-
lich war, sogar untereinander in Korrespondenz.“7"8 Auch später wurden
diese Tendenzen bewußt fortgesetzt, so daß sie bereits im späten Mittelalter
Uwe Albrecht 1986, S. 53. Zu Villandraut siehe S. 28 - 30. Die vier Ecktürme
Villandrauts, „deren Räume im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß mit denen der
Flügel in Verbindung standen und daher ihrem Raumprogramm auch ohne weiteres zu-
gerechnet werden können, verband auf Höhe des zweiten, nicht gewölbten und nicht
heizbaren Obergeschosses ein Wehrgang miteinander. [...] In Friedenszeiten bot sich
hier die Möglichkeit, einen Rundgang vor den Dächern des Schlosses zu unternehmen -
eine Promenade von nicht geringem Reiz, die den dort Wandelnden wie von einem
Hochsitz herab mit immer neuen Ausblicken auf das Schloß und in die Landschaft er-
freuen mochte.“ (Uwe Albrecht ebenda S. 29 f.). Zu Mehun-sur-Yevre siehe S. 50 - 53.